Rheuma ist ein Sammelbegriff für über 100 verschiedene Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, die oft mit chronischen Schmerzen einhergehen. Diese Schmerzen können verschiedene Ursachen haben und das Nervensystem auf vielfältige Weise beeinträchtigen. Dieser Artikel beleuchtet die Zusammenhänge zwischen Rheuma und Nervenschmerzen, die verschiedenen Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Rheuma?
Rheuma ist keine eigenständige Krankheit wie Multiple Sklerose, sondern ein Überbegriff für verschiedene Erkrankungen, die unterschiedliche Körperbereiche betreffen können. Gemeinsam haben sie chronische Schmerzen, die häufig durch Entzündungen verursacht werden. Die Kurzbezeichnung „Rheuma“ stammt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Fließen“, was sich auf einen fließenden/reißenden Schmerz bezieht, den die Erkrankungen mit sich bringen. Rheumatische Erkrankungen betreffen nicht nur ältere Patienten.
Man unterscheidet hauptsächlich fünf Gruppen von rheumatischen Erkrankungen:
- Entzündliche rheumatische Erkrankungen: Diese basieren auf entzündlichen Prozessen, bei denen sich das Abwehrsystem gegen körpereigene Zellen wendet (Autoimmunerkrankungen). Betroffen sind meist Gelenke, Sehnen, Haut und andere Körpergewebe.
- Degenerative rheumatische Erkrankungen (Arthrose): Hier sind z. B. Gelenkknorpel der Wirbelsäule beschädigt oder krankhaft verändert, was zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führt.
- Metabolische rheumatische Erkrankungen: Diese werden durch hormonelle Störungen verursacht.
- Weichteilrheumatismus: Hier sind weiche Körpergewebe wie Muskeln und Sehnen betroffen, aber auch Bänder, Schleimbeutel oder Fettgewebe.
- Schmerzen als Hauptanzeichen: Schmerzen treten vor allem in den Gelenken, aber auch in Knochen, Muskeln und Bindegeweben auf. Oft kommen Rötungen, Schwellungen, Überwärmungen oder Funktionseinschränkungen bzw. eine Einschränkung der Beweglichkeit hinzu.
Wie Rheuma das Nervensystem beeinflusst
Rheumatische Erkrankungen können den gesamten Organismus befallen, und das Nervensystem ist dabei häufiger betroffen als angenommen. Neben Schmerzen können auch Lähmungen, epileptische Anfälle, Taubheitsgefühl, Schlaganfälle, Sehstörungen bis hin zur Erblindung oder Gehörverlust im Zusammenhang mit rheumatischen Erkrankungen beobachtet werden. Auch Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit kommen häufiger vor. Werden Botenstoffe des Gehirns beeinträchtigt, können seltener auch psychische Erkrankungen resultieren.
Es ist wichtig, Durchblutungsstörungen von Entzündungen abzugrenzen, um einer dauerhaften Schädigung von Nervenzellen vorzubeugen. Die Betreuung von Rheuma-Patienten, bei denen das Nervensystem betroffen ist, erfordert eine enge Zusammenarbeit von Rheumatologen, Neurologen, Schmerztherapeuten, Psychosomatikern, Orthopäden, Neurochirurgen und Psychiatern, da sowohl Diagnostik als auch Therapie komplex sein können.
Lesen Sie auch: Kann ein Anfall tödlich sein?
Ursachen von Nervenschmerzen bei Rheuma
Nervenschmerzen bei Rheuma können verschiedene Ursachen haben:
- Direkte Nervenkompression: Gelenk- und Sehnenentzündungen oder Degenerationen können Nerven abdrücken, was zu Fehlempfindungen bis hin zur Unempfindlichkeit führen kann. Auch eine Schädigung der Nerven, z. B. im Bereich der Füße und Beine, ist möglich.
- Entzündliche Prozesse: Entzündungen können Nerven direkt schädigen oder die Nervenfunktion beeinträchtigen.
- Durchblutungsstörungen: Entzündete Gefäßwände können zu Durchblutungsstörungen führen, die Nervenschäden verursachen können.
- Sensibilisierung: Chronische Schmerzen können zu einer Sensibilisierung des Nervensystems führen, wodurch normale Reize als Schmerz wahrgenommen werden.
- Neuropathie: Schädigungen der Nerven selbst können zu chronischen Schmerzen führen.
Symptome von Nervenschmerzen bei Rheuma
Die Symptome von Nervenschmerzen bei Rheuma können vielfältig sein und hängen von der Ursache und dem betroffenen Nerv ab. Häufige Symptome sind:
- Stechende, brennende oder bohrende Schmerzen
- Einschießende Schmerzen
- Kribbeln oder Taubheitsgefühl
- Missempfindungen
- Schmerzverstärkung bei Berührung oder Bewegung
- Funktionsstörungen (z. B. Muskelschwäche)
Diagnose von Nervenschmerzen bei Rheuma
Die Diagnose von Nervenschmerzen bei Rheuma erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung. Wichtig sind:
- Erhebung der Krankengeschichte: Fragen zu Art, Lokalisation und Verlauf der Schmerzen.
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Nervenfunktion, Sensibilität und Reflexe.
- Bildgebende Verfahren: MRT oder CT können Nervenkompressionen oder andere Ursachen der Nervenschmerzen aufzeigen.
- Elektrophysiologische Untersuchungen: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um Nervenschäden festzustellen.
Behandlung von Nervenschmerzen bei Rheuma
Die Behandlung von Nervenschmerzen bei Rheuma zielt darauf ab, die Ursache der Schmerzen zu beseitigen und die Schmerzen zu lindern. Die Therapie ist oft multimodal und erfordert die Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen.
Medikamentöse Therapie
- Schmerzmittel: Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen oder Diclofenac können bei entzündungsbedingten Schmerzen helfen. Bei starken Schmerzen können Opioide eingesetzt werden, jedoch nur unter strenger ärztlicher Aufsicht.
- Antidepressiva: Trizyklische Antidepressiva (z. B. Amitriptylin) oder selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) wie Duloxetin können bei chronischen Nervenschmerzen helfen.
- Antiepileptika: Gabapentin oder Pregabalin können bei neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden.
- Kortikosteroide: Können Entzündungen reduzieren und dadurch Nervenschmerzen lindern.
- Cannabis/Cannabinoide: Können in einigen Fällen bei neuropathischen Schmerzen helfen, die Datenlage ist jedoch noch unzureichend.
Nicht-medikamentöse Therapie
- Physiotherapie: Gezielte Übungen können die Muskulatur stärken, die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen lindern.
- Ergotherapie: Hilft, den Alltag trotz Schmerzen besser zu bewältigen.
- Psychotherapie: Kann helfen, mit chronischen Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
- Entspannungstechniken: Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung können helfen, Stress abzubauen und Schmerzen zu lindern.
- Physikalische Therapie: Wärmeanwendungen, Kälteanwendungen, Elektrotherapie oder transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) können Schmerzen lindern.
- Multimodale Schmerztherapie: Ein interdisziplinäres Behandlungskonzept, das verschiedene Therapieansätze kombiniert.
Spezifische Therapien
- Nervenblockaden: Lokalanästhetika werden in die Nähe des betroffenen Nervs injiziert, um die Schmerzübertragung zu blockieren.
- Operation: Bei Nervenkompressionen kann eine Operation erforderlich sein, um den Nerv zu entlasten.
Spezifische rheumatische Erkrankungen und ihre Auswirkungen auf das Nervensystem
Einige rheumatische Erkrankungen sind besonders häufig mit Nervenschmerzen verbunden:
Lesen Sie auch: Sicher Autofahren mit Parkinson: Ein Leitfaden für Deutschland
- Rheumatoide Arthritis: Die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung kann durch Entzündungen und Gelenkzerstörungen Nerven einklemmen oder schädigen.
- Schuppenflechten-Arthritis: Auch diese chronisch entzündliche Gelenkerkrankung kann Nervenschmerzen verursachen.
- Morbus Bechterew: Diese Erkrankung betrifft vorwiegend die Wirbelsäule und kann durch Verfestigungen und Fehlstellungen Nerven einklemmen.
- Polymyalgia rheumatica: Diese entzündliche Erkrankung der Muskulatur kann zu Muskelschmerzen und Steifigkeit führen, die auch Nerven beeinträchtigen können.
- Vaskulitis: Entzündungen der Blutgefäße können die Nervenversorgung beeinträchtigen und zu Nervenschäden führen.
- Sjögren-Syndrom: Diese Autoimmunerkrankung kann die Tränen- und Speicheldrüsen befallen, aber auch das Nervensystem beeinträchtigen.
- Systemischer Lupus Erythematodes (SLE): Diese Autoimmunerkrankung kann verschiedene Organe befallen, darunter auch das Nervensystem.
- Borreliose (Lyme-Krankheit): Diese durch Zecken übertragene Krankheit kann das Nervensystem befallen und zu Nervenschmerzen führen.
- Systemische Sklerose: Diese seltene Erkrankung führt zu Verhärtungen der Haut und des Bindegewebes, kann aber auch innere Organe und das Nervensystem betreffen.
Weichteilrheumatismus und Nervenschmerzen
Weichteilrheumatismus betrifft die weichen Gewebe im Körper wie Muskeln, Sehnen, Bänder und Schleimbeutel. Auch hier können Nervenschmerzen auftreten, z. B. durch:
- Muskelverspannungen: Verspannungen können Nerven einklemmen und Schmerzen verursachen.
- Sehnenentzündungen: Entzündungen können auf nahegelegene Nerven drücken.
- Schleimbeutelentzündungen: Auch hier kann Druck auf Nerven entstehen.
Ein bekanntes Beispiel für Weichteilrheumatismus ist die Fibromyalgie, die durch chronische Schmerzen in Muskeln und Sehnenansätzen gekennzeichnet ist. Viele Betroffene leiden zusätzlich an psychischen Störungen wie Depressionen und Angststörungen, was die Schmerzwahrnehmung beeinflussen kann.
Die Rolle der Psyche bei Nervenschmerzen
Chronische Schmerzen, insbesondere Nervenschmerzen, können die Psyche stark belasten. Depressionen, Angststörungen und Stress können die Schmerzwahrnehmung verstärken und die Lebensqualität beeinträchtigen. Umgekehrt können psychische Erkrankungen auch die Entstehung und Chronifizierung von Schmerzen begünstigen.
Daher ist es wichtig, bei der Behandlung von Nervenschmerzen auch die psychische Gesundheit der Patienten zu berücksichtigen. Psychotherapeutische Maßnahmen wie kognitive Verhaltenstherapie oder Stressbewältigungstechniken können helfen, mit den Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
Selbstmanagement und Lebensqualität
Patienten mit Rheuma und Nervenschmerzen können selbst viel dazu beitragen, ihre Lebensqualität zu verbessern:
Lesen Sie auch: Corona und das Gehirn: Was wir wissen
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung, angepasst an die individuellen Möglichkeiten, kann die Muskulatur stärken, die Beweglichkeit verbessern und Schmerzen lindern.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung kann Entzündungen reduzieren und das allgemeine Wohlbefinden verbessern.
- Stressmanagement: Entspannungstechniken, ausreichend Schlaf und soziale Kontakte können helfen, Stress abzubauen.
- Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann Mut machen und neue Perspektiven eröffnen.
- Information: Informieren Sie sich umfassend über Ihre Erkrankung und die Behandlungsmöglichkeiten.