Anleitung zum Aufstehen aus dem Bett nach einem Schlaganfall

Ein Schlaganfall kann die Mobilität erheblich beeinträchtigen. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten, alltägliche Bewegungen wie das Aufstehen aus dem Bett auszuführen. Dieser Artikel bietet eine detaillierte Anleitung, wie man nach einem Schlaganfall sicher und effektiv aus dem Bett aufstehen kann, und berücksichtigt dabei verschiedene Aspekte der Rehabilitation und Hilfsmittel.

Einführung

Die Rehabilitation nach einem Schlaganfall ist ein komplexer Prozess, bei dem die Wiederherstellung der Selbstständigkeit im Vordergrund steht. Das Aufstehen aus dem Bett ist ein wichtiger Schritt auf diesem Weg. Es erfordert Kraft, Koordination und Gleichgewicht. Dieser Artikel richtet sich an Schlaganfallpatienten, ihre Angehörigen und Pflegekräfte und bietet praktische Anleitungen und Tipps, um diesen Prozess zu erleichtern.

Grundlagen der Mobilisation nach Schlaganfall

Die Mobilisation spielt eine zentrale Rolle bei der Rehabilitation von Schlaganfallpatienten. Sie zielt darauf ab, die Muskelfunktion und die Beweglichkeit der Gelenke zu verbessern. Fehlende Mobilität führt zu Immobilität, was wiederum zu Muskelabbau, erhöhter Sturzgefahr und weiteren Komplikationen führen kann.

  • Mobilität: Beschreibt die Eigenbewegung eines Menschen, um von A nach B zu gelangen oder die Körperposition zu ändern.
  • Immobilität: Schwierigkeiten, sich selbstständig fortzubewegen oder die Position zu wechseln.
  • Bettlägerigkeit: Vollständige Immobilität.

Regelmäßige Mobilisationsübungen sind daher essenziell, um die Beweglichkeit zu erhalten oder zu verbessern, Symptomen und Erkrankungen vorzubeugen und die Selbstständigkeit sowie das Selbstwertgefühl des Betroffenen zu fördern.

Wichtige Konzepte und Techniken

Kinästhetik

Kinästhetik ist die Lehre von Bewegung und Bewegungsempfindung. Sie konzentriert sich auf die Nutzung der eigenen Körperbewegung und der des Gegenübers, um Bewegungsabläufe so kraftsparend und einfach wie möglich zu gestalten. Kinästhetik ist keine Technik, sondern ein Konzept, das ein effektives Zusammenspiel zwischen Pflegekraft und Pflegebedürftigem ermöglicht.

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Bobath-Konzept

Das Bobath-Konzept richtet sich speziell an Patienten mit neurologischen Erkrankungen, wie z.B. einer Halbseitenlähmung (Hemiplegie) nach einem Schlaganfall. Es fördert das Bewusstsein für Körperbewegungen und verbessert die Pflegepraxis.

Expertenstandard Mobilität

Der Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Mobilität in der Pflege“ befasst sich mit der Frage, wie die Mobilität pflegebedürftiger Menschen erhalten oder verbessert werden kann. Er richtet sich an professionelle Pflegekräfte und ist besonders in der Altenpflege von Bedeutung.

Vorbereitung zum Aufstehen

Kommunikation und Sicherheit

Vor dem Aufstehen sind klare Absprachen und eine sichere Umgebung entscheidend.

  • Kommunikation: Besprechen Sie mit dem Patienten, welche Bewegungen geplant sind.
  • Sicherheit: Sichern Sie Hilfsmittel wie Katheter oder Sonden und entfernen Sie Stolperfallen wie lose Kabel oder Teppiche.
  • Impuls und Bewegung: Der Patient entscheidet, in welche Richtung er sich bewegen möchte.

Mobilisationshilfen

Mobilisationshilfen sind vielseitige Hilfsmittel, die miteinander kombiniert werden können. Dazu gehören beispielsweise:

  • Pflegebetten: Verstellbare Betten, die den Aufstehvorgang erleichtern.
  • Haltegriffe: Bieten zusätzlichen Halt und Sicherheit.
  • Gleitbretter: Erleichtern den Transfer vom Bett in den Rollstuhl.
  • Aufstehhilfen: Unterstützen den Patienten beim Aufstehen.

Schritt-für-Schritt-Anleitung zum Aufstehen aus dem Bett

Die folgende Anleitung beschreibt einen sicheren und effektiven Weg, um nach einem Schlaganfall aus dem Bett aufzustehen.

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1. Vorbereitung im Liegen

  1. Gespräch: Sprechen Sie mit dem Patienten und erklären Sie das Vorgehen.
  2. Positionierung: Stehen Sie auf einer Seite des Bettes. Bitten Sie den Patienten, das gegenüberliegende Bein aufzustellen. Wenn er das nicht kann, helfen Sie ihm dabei.
  3. Armposition: Führen Sie den gegenüberliegenden Arm des Patienten zur Schulter, die auf Ihrer Seite ist.
  4. Freie Körperseite: Die Ihnen gegenüberliegende Körperseite hat nun keinen Bettkontakt mehr.

2. Drehen zur Bettkante

  1. Griff: Greifen Sie mit einer Hand an die frei gewordene Schulter und mit der anderen Hand um die frei gewordene Seite des Beckens.
  2. Bewegung: Bewegen Sie den Patienten an Schulterblatt und Becken in Richtung Kopfende.
  3. Drehen: Drehen Sie den Patienten zur Bettkante.

3. Aufsetzen an der Bettkante

  1. Beine aus dem Bett: Bewegen Sie beide Unterschenkel des Patienten aus dem Bett, sodass der Oberkörper sich aufrichtet.
  2. Stabilität: Stellen Sie sicher, dass der Patient stabil an der Bettkante sitzt und beide Füße den Boden berühren. Gegebenenfalls kann eine kleine Bank als Unterstützung dienen.

4. Aufstehen aus der Sitzposition

  1. Positionierung: Der Patient sitzt aufrecht an der Bettkante, die Füße stehen fest auf dem Boden.
  2. Unterstützung: Der Patient stützt sich mit beiden Händen auf einem zweiten Stuhl oder einer anderen stabilen Unterlage ab.
  3. Aufrichten: Die Pflegekraft zieht die Hose hoch und unterstützt den Patienten beim Aufstehen.

5. Stabilisierung im Stehen

  1. Haltung: Achten Sie auf eine aufrechte Haltung des Patienten.
  2. Unterstützung: Bieten Sie weiterhin Unterstützung, bis der Patient sicher steht.
  3. Weitere Schritte: Der Patient kann nun weitere Bewegungsabläufe anschließen, wie z.B. das Gehen mit Hilfsmitteln.

Hilfsmittel für das Aufstehen

Im Badezimmer

  • Haltegriffe: Rostfreie und geriffelte Haltegriffe bieten sicheren Halt. Eine L-Form hilft beim Aufstehen aus dem Sitzen.
  • Duschstühle und -hocker: Ermöglichen Pausen beim Duschen. Achten Sie auf Stabilität und Rutschfestigkeit.
  • Badewanneneinstiegshilfen: Erleichtern den Einstieg in die Badewanne, insbesondere für Personen mit eingeschränkter Kniebeweglichkeit.
  • Badewannenlifter: Elektrische Ausstiegshilfen ermöglichen das selbstständige Baden ohne fremde Hilfe.

Toilette

  • Toilettensitzerhöhungen: Erleichtern das Hinsetzen und Aufstehen.
  • Haltegriffe: An der Wand neben der Toilette geben zusätzliche Sicherheit.
  • Klostühle: Für den nächtlichen Gebrauch, um die Sturzgefahr zu reduzieren.

Körperpflege

  • Haarkämme und -bürsten mit verlängerten Griffen: Erleichtern das Kämmen bei eingeschränkter Armbeweglichkeit.
  • Rückenbürsten: Helfen beim Waschen schwer erreichbarer Körperstellen.
  • Einmalwaschlappen mit integrierter Seife: Für eine einfache und schnelle Körperreinigung.

Essen und Trinken

  • Rutschfeste Teller mit erhöhtem Rand: Verhindern das Verrutschen der Speisen und erleichtern das einhändige Essen.
  • Bestecke mit verdickten Griffen: Sind leichter zu greifen bei Feinmotorikstörungen.
  • Schneidebretter mit integriertem Messer: Erleichtern das Schneiden von Lebensmitteln mit einer Hand.
  • Lerntrinkbecher und Schnabelbecher: Vermeiden das Verschütten von Flüssigkeiten.
  • Verdickungsmittel für Flüssigkeiten: Bei Schluckstörungen (Dysphagie) zur Anpassung der Konsistenz.

An- und Ausziehen

  • Gleitschienen mit Zugband: Erleichtern das Anziehen von Socken und Hosen.
  • Schnellverschluss-Schnallen für Gürtel: Ermöglichen einhändiges Öffnen und Schließen.
  • Reißverschlussverlängerungen: Erleichtern das Bedienen von Reißverschlüssen.

Gehen und Stehen

  • Gehstöcke (Einpunkt-, Vierpunkt-, Walkingstöcke): Bieten Stabilität und Sicherheit beim Gehen.
  • Rollatoren: Entlasten die Beine und geben zusätzliche Unterstützung.
  • Rollstühle: Ermöglichen Mobilität ohne Gehen. Achten Sie auf die richtige Größe und Ausstattung.
  • Fußheberorthesen: Verbessern das Gangbild bei Vorfußheberlähmung.

Schlafen

  • Rückenkeilkissen: Ermöglichen das Schlafen in aufrechter Position.
  • Ergonomische Beinkissen: Lagern die Beine hoch und entlasten den Rücken.
  • Knie- und Kopfkissen für Seitenschläfer: Fördern eine bequeme Schlafposition.

Weitere wichtige Aspekte

Sturzprophylaxe

Stürze sind ein häufiges Problem bei Schlaganfallpatienten. Folgende Maßnahmen können helfen, Stürze zu vermeiden:

  • Beweglichkeit erhalten und trainieren: Regelmäßige Übungen zur Verbesserung der Muskelkraft und des Gleichgewichts.
  • Sichere Umgebung schaffen: Stolperfallen beseitigen, gute Beleuchtung gewährleisten.
  • Hilfsmittel nutzen: Gehhilfen, Rollatoren und andere Hilfsmittel können die Sicherheit erhöhen.
  • Regelmäßige Kontrollen: Überprüfen Sie regelmäßig den Zustand der Hilfsmittel und passen Sie diese gegebenenfalls an.

Umgang mit Spastik

Spastik, eine erhöhte Muskelspannung, ist eine häufige Folge eines Schlaganfalls. Folgende Maßnahmen können helfen, Spastik zu reduzieren:

  • Regelmäßige Dehnübungen: Halten Sie die Muskeln flexibel und beugen Sie Kontrakturen vor.
  • Physiotherapie: Gezielte Übungen zur Entspannung und Kräftigung der Muskeln.
  • Medikamentöse Behandlung: In einigen Fällen können Medikamente helfen, die Spastik zu reduzieren.

Psychologische Unterstützung

Ein Schlaganfall kann nicht nur körperliche, sondern auch psychische Auswirkungen haben. Angst, Depressionen und Frustration sind häufige Begleiterscheinungen. Es ist wichtig, den Patienten psychologisch zu unterstützen und ihm zu helfen, mit den Veränderungen umzugehen.

  • Gespräche: Ermutigen Sie den Patienten, über seine Gefühle und Ängste zu sprechen.
  • Unterstützungsgruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein.
  • Psychotherapie: Bei Bedarf kann eine Psychotherapie helfen, mit den psychischen Belastungen umzugehen.

Anpassung der Umgebung

Die Anpassung der Wohnumgebung kann die Selbstständigkeit und Sicherheit des Schlaganfallpatienten erheblich verbessern.

  • Barrierefreiheit: Beseitigen Sie Hindernisse wie Schwellen und Stufen.
  • Beleuchtung: Sorgen Sie für ausreichend helle Beleuchtung, insbesondere in Fluren und Treppenhäusern.
  • Möbel: Stellen Sie sicher, dass die Möbel stabil stehen und nicht verrutschen können.
  • Erreichbarkeit: Platzieren Sie Gegenstände, die der Patient häufig benötigt, in Reichweite.

Schulungen und Kurse

Für pflegende Angehörige gibt es zahlreiche Schulungen und Kurse, in denen sie lernen können, wie sie den Schlaganfallpatienten optimal unterstützen können.

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  • Pflegekurse: Vermitteln grundlegende Kenntnisse und Fähigkeiten in der Pflege.
  • Kinästhetik-Kurse: Lehren rückenschonende Mobilisationstechniken.
  • Schulungen zu Hause: Pflegeexperten zeigen individuell, wie der Patient richtig mobilisiert wird.

Zusammenfassung

Das Aufstehen aus dem Bett nach einem Schlaganfall ist ein wichtiger Schritt zur Wiedererlangung der Selbstständigkeit. Mit der richtigen Vorbereitung, den passenden Hilfsmitteln und einer individuellen Anleitung kann dieser Prozess sicher und effektiv gestaltet werden. Es ist wichtig, die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten des Patienten zu berücksichtigen und ihn psychologisch zu unterstützen. Durch die Anpassung der Umgebung und die Teilnahme an Schulungen können Angehörige und Pflegekräfte einen wesentlichen Beitrag zur Rehabilitation leisten.

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