BDNF-Funktion im Gehirn: Ein umfassender Überblick

Der "Brain-Derived Neurotrophic Factor" (BDNF), zu Deutsch "vom Gehirn stammender neurotropher Faktor", ist ein Protein, das eine entscheidende Rolle für die Gesundheit und Funktion unseres Gehirns spielt. BDNF ist ein Mitglied der Familie der Neurotrophine und eng mit den Nervenwachstumsfaktoren verwandt. Es kommt in allen Wirbeltieren vor. Es beeinflusst die Hirnentwicklung, die synaptische Plastizität, das Lernen und Gedächtnis sowie andere neuronale Prozesse. BDNF wirkt auf verschiedene Neuronen des zentralen und des peripheren Nervensystems. Es ist am Schutz existierender Neuronen und Synapsen beteiligt und fördert das Wachstum neuer. BDNF ist eines der aktivsten Neurotrophine und vor allem für die adulte Neurogenese von großer Bedeutung.

Die Bedeutung von BDNF für das Gehirn

BDNF ist ein essentieller Wachstumsfaktor im Gehirn, der eine Vielzahl von Funktionen beeinflusst. Es verhindert nicht nur das Absterben vorhandener Gehirnzellen, sondern fördert auch das Wachstum neuer Neuronen und Synapsen, die das Gehirn zur Unterstützung der kognitiven Funktion dringend benötigt. Ein niedriger BDNF-Spiegel ist oft problematisch und steht mit vielen kognitiven Fehlfunktionen in Zusammenhang, wie z. B. einer schlechten Entwicklung von Nerven und Lernschwierigkeiten.

BDNF ist ein Protein aus der Gruppe der Neurotrophine, also ein Unterstützer bei der Neuronenproduktion und -pflege. Obwohl es verschiedene Neurotrophine im Gehirn gibt, ist BDNF der aktivste und universalste unter ihnen. Es ist besonders wichtig für das Langzeitgedächtnis und hilft, das Überleben bestehender Neuronen zu unterstützen und fördert Wachstum, Regeneration und Entstehung neuer Neuronen und Synapsen, weshalb BDNF auch als Wachstumshormon im Gehirn gilt. Weil Neuronen für die Übertragung von Signalen und somit für das komplette Kommunikationssystem im Körper verantwortlich sind, ist BDNF für die Denkleistung und einen optimalen Fokus unverzichtbar.

BDNF und der Hippocampus

Im ausgereiften Gehirn wird BDNF vor allem im Hippocampus gebildet, einer Hirnregion, die an Lernen und Gedächtnis zentral beteiligt ist. Hier spielt er eine bedeutende Rolle für das Langzeitgedächtnis und das abstrakte Denken. BDNF kann die Blut-Hirn-Schranke passieren und aus dem Gehirn ins Blut übertreten. Studien zeigen, dass die BDNF-Konzentration im Serum mit dem Volumen des Hippocampus korreliert und ein (z.B. stressassoziierter) Rückgang des Hippocampus-Volumens ein Absinken von BDNF im Serum zur Folge hat. Dieser Zusammenhang ist signifikant, obwohl BDNF in größeren Mengen auch von Thrombozyten gebildet und freigesetzt wird.

Man vermutet, dass eine verminderte Neubildung von Nervenzellen im Hippocampus die Ursache für sein verringertes Volumen bei depressiven Erkrankungen ist (»Neurogenesetheorie der Depression«).

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Die Auswirkungen eines BDNF-Mangels

Ein BDNF-Mangel kann schwerwiegende Folgen für die Gesundheit, das Wohlbefinden und die mentale Leistungsfähigkeit haben. Wenn das Gehirn mit geringeren Mengen BDNF arbeiten muss, werden auch weniger Nervenzellen produziert und gepflegt, was zur Folge hat, dass das Erinnerungsvermögen und die Konzentrationsfähigkeit leiden. Ein ausgeglichener BDNF-Spiegel ist deshalb ganz besonders wichtig für die mentale Performance.

Bei weniger BDNF im Gehirn kann es nicht nur zu Erinnerungsproblemen kommen, sondern auch zu einer Vielfalt neurologischer und mentaler Erkrankungen. Sogar Alzheimer, Epilepsie und Depressionen stehen oft in direktem Zusammenhang mit einem zu geringen BDNF Haushalt. Weil BDNF die Infrastruktur für effektives Lernen ermöglicht, folgt daraus, dass das Fehlen des Proteins zu Lernschwierigkeiten führt. Im Grunde ist das Protein ein Mechanismus für das Gehirn, um zu lernen. Es gibt den Synapsen die erforderlichen Werkzeuge, um Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten, zu erinnern und in einen Zusammenhang zu setzen. Ein niedriger BDNF Spiegel bedeutet somit eine schlechtere mentale Leistungsfähigkeit.

Verschiedene Studien legen nahe, dass ein Mangel oder Überschuss an BDNF mit Depression, Schizophrenie, Zwangsstörung, Alzheimer-Krankheit, Chorea Huntington, Demenz, Anorexia nervosa, Bulimia nervosa und dem Rett-Syndrom in Zusammenhang steht.

Möglichkeiten zur Steigerung des BDNF-Spiegels

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den BDNF-Spiegel auf natürliche Weise zu erhöhen und so die Lernfähigkeit und das Konzentrationsvermögen zu optimieren.

Natürliche Methoden zur Erhöhung des BDNF-Spiegels

Um den BDNF Haushalt zu optimieren, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen kann man die Ernährung verändern, wenig Zucker zu sich nehmen, sich Low Carb oder ketogen ernähren oder sogar fasten. Zum anderen können Sonnenlicht und Sport dabei helfen, den BDNF-Spiegel zu pushen. Ergänzungen zur normalen Ernährung, wie Supplemente können einen ebenfalls unterstützen.

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  • Sonnenlicht: Genügend Sonnenlicht aufzunehmen, was der Körper in Vitamin D umwandeln kann. Vitamin D hat nämlich direkte Auswirkungen auf den BDNF-Spiegel und ist deshalb auch besonders wichtig für das Erinnerungsvermögen und die Lernfähigkeit.
  • Sport: Wer nicht viel Sport treibt, dessen Gehirn produziert nicht genügend BDNF. Um die BDNF Produktion anzukurbeln, sollte man oft und intensiv Sport treiben, denn je höher die Intensität und je öfter die Aktivität, desto eher steigt die BDNF-Produktion.
  • Intermittierendes Fasten: Intermittierendes Fasten beschreibt regelmäßiges temporäres Fasten und einen optimalen Boost für den BDNF-Spiegel. Neben der Tatsache, dass Intermittierendes Fasten die Synthese des Proteins BDNF um ein 400-faches steigern kann, hat es auch beachtliche Auswirkungen auf den Stoffwechsel, denn dein Körper greift auf bestehende Fettreserven zurück.
  • Ernährung: Eine weitere Möglichkeit, wie man seinen BDNF-Spiegel erhöhen kann, ist seine Ernährung zu verändern, denn die Ernährung spielt allgemein eine ganz besondere Rolle für die Leistungsfähigkeit und Gesundheit. Oft wird ein starker Konsum von Zucker im Zusammenhang mit einem niedrigeren BDNF-Spiegel gesehen. Wichtig ist, dass man ausreichend Mikronährstoffe zu sich nimmt und sich von vielen frischen Zutaten ernährt.
  • Stressmanagement: Chronischer Stress hemmt die BDNF-Produktion erheblich. Deshalb ist es wichtig, gezielt daran zu arbeiten, den eigenen Stresspegel zu senken und den Körper in Balance bringen. Zusätzlich können natürliche Adaptogene wie Rhodiola rosea hilfreich sein.

Nahrungsergänzungsmittel zur Unterstützung der BDNF-Produktion

Verschiedene Ergänzungen zur alltäglichen Ernährung, können die BDNF Produktion im Gehirn unterstützen.

  • Curcumin: Curcumin kann die BDNF Produktion im Hippocampus fördern. Die optimierte BDNF Produktion kann nicht nur bei Gehirnverletzungen zu einer schnelleren Heilung beitragen, sondern hat auch eine antidepressive Wirkung und verbessert die kognitive Funktion. Curcumin ist in Kurkuma enthalten.
  • Grüner Tee: Eine einfache Möglichkeit, den BDNF-Spiegel zu erhöhen, ist es, regelmäßig grünen Tee zu trinken oder Grünteeextrakt einzunehmen. Der Aufguss aus nicht oxidierten Teeblättern regt die Produktion des Wachstumshormons im Gehirn an und steigert so die Leistungsfähigkeit und das Konzentrationsvermögen.
  • Omega-3-Fettsäuren: Omega-3-Fettsäuren, die natürlich nur durch Meeresfrüchte und Fisch in ausreichenden Mengen aufgenommen werden können, haben ebenfalls einen starken Einfluss auf die Produktion von BDNF. Insbesondere die Omega-3-Fettsäure DHA (Docosahexaenoic Acid) ist verantwortlich für die Erhöhung des BDNF-Spiegels, denn sie funktioniert im Gehirn als Membranbaustein der Nervenzellen.
  • Löwenmähnenpilz: Eine regelmäßige Einnahme von Löwenmähne kann die BDNF-Produktion und damit die emotionale Gesundheit, Gedächtnisleistung und Neuroplastizität stärken.
  • Citicolin: Studien zeigen, dass Citicolin die geistige Leistungsfähigkeit bei Menschen mit Gedächtnisproblemen und altersbedingten Denkschwächen verbessern kann. Außerdem gibt es Hinweise, dass Citicolin auch gesunden Menschen helfen kann, sich besser zu konzentrieren, klarer zu denken und mehr mentale Energie zu haben.
  • Bacopa monnieri: Seine neuroprotektiven Eigenschaften beruhen auf der Fähigkeit, antioxidativen Stress im Gehirn zu reduzieren und die BDNF-Produktion zu fördern.
  • Rhodiola rosea: Es hilft dem Körper, mit Stress umzugehen.
  • Theanin: Es hat eine beruhigende Wirkung, ohne müde zu machen, und kann indirekt die BDNF-Produktion fördern.
  • Zink: Es hilft bei der Regulierung der neuronalen Kommunikation und schützt die Zellen vor oxidativem Stress.
  • Vitamin B6: Es unterstützt auch die BDNF-Produktion durch seine zentrale Rolle im Gehirnstoffwechsel.

BDNF und psychische Erkrankungen

Patienten mit Depressionen zeigen niedrige BDNF-Blutspiegel, wobei die Verminderung bei Patientengruppen mit Posttraumatischem Stress-Syndrom und Burnout am stärksten ausgeprägt ist. Ebenfalls signifikant erniedrigte BDNFSpiegel zeigen Patienten mit Schlafstörungen im Vergleich zu Kontrollpersonen mit gesundem Schlaf. Dabei korreliert der BDNF-Gehalt mit der Schwere der Schlafstörung.

Viele Studien zeigen, dass Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin- sowie der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI und SNRI) zu einem Anstieg des BDNF-Spiegels beitragen. Einige, aber nicht alle Studien dokumentieren eine Korrelation zur Wirksamkeit der Therapie, das heißt zur Besserung des klinischen Befindens. Vieles spricht dafür, dass dieser Anstieg sekundär bedingt ist, das heißt keinen unmittelbaren Effekt der Präparate darstellt, sondern Indikator für eine verbesserte Synapsenfunktion und eine veränderte neuroimmunologische Regulation im Hippocampus darstellt.

Chronischer Stress kann den BDNF-Spiegel bereits senken, bevor sich neuroanatomische Veränderungen manifestieren. Besonders prädisponiert sind dabei möglicherweise Patienten, die einen Polymorphismus im BDNF-Gen tragen.

BDNF und körperliche Aktivität

BDNF wird auch von sich kontrahierenden Muskelzellen sezerniert. BDNF spielt hier eine wichtige Rolle für die Regeneration und die Differenzierung von Muskelzellen. Es wurde gezeigt, dass körperliche Anstrengung den Serumspiegel an BDNF erhöht. Man vermutet, dass dieser Mechanismus für den stimmungsaufhellenden Effekt des Sportes mit verantwortlich ist, dass aber darüber auch der nachweisbare schützende Effekt von Sport vor neurodegenerativen Erkrankungen und Demenz erklärbar ist. Durch die Tatsache, dass Sport den BDNF-Spiegel ansteigen lässt, ist es gerechtfertigt, dass das Ausstellen eines „Sportrezeptes“ bei betroffenen Patienten mit niedrigem BDNF-Spiegel eine sinnvolle Therapiemaßnahme darstellt. Die Kontrolle des Therapieerfolges kann zudem durch eine Blutspiegelbestimmung des BDNF erfolgen, was zur Motivationssteigerung des Patienten beiträgt.

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BDNF und Hauterkrankungen

Die Serumspiegel von BDNF (ähnlich wie IL-31) sind bei Neurodermitis erhöht und korrelieren mit dem Krankheitswert und der aktuellen Stärke des Juckreizes. BDNF bindet bei Neurodermitis vermehrt an eosinophile Granulozyten in der Haut und fördert so deren Akkumulation und die Ausschüttung zytotoxischer Mediatoren, die das Gewebe schädigen. Darüber hinaus scheint BDNF durch Interaktion mit den sensorischen Nervenfasern direkt an der Wahrnehmung des Juckreizes beteiligt zu sein.

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