Berufsunfähigkeit bei Epilepsie: Voraussetzungen und Hilfestellungen

Epilepsie muss kein Hindernis für die Berufstätigkeit sein, solange sich die Erkrankung mit dem ausgeübten Beruf vereinbaren lässt. In der Regel stellt Epilepsie keinen direkten Grund für eine Frühberentung oder eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit dar. Allerdings kann die Erkrankung den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung erschweren. Versicherungen sehen Epilepsie oft als ein erhebliches Risiko an, was zu speziellen Risikoprüfungen, Ausschlussklauseln oder Risikozuschlägen führen kann.

Gesetzliche Grundlagen der Erwerbsminderung

Seit 2001 gilt in Deutschland ein zweistufiges System der Erwerbsminderungsrente. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung erhält, wer aus gesundheitlichen Gründen nur noch weniger als drei Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten kann. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wird gewährt, wenn die Arbeitsfähigkeit auf drei bis sechs Stunden täglich beschränkt ist. Diese Renten sind in der Regel befristet. Eine unbefristete Rente wird nur dann gewährt, wenn keine Besserung des Gesundheitszustandes und somit keine Wiedererlangung der vollen Erwerbsfähigkeit zu erwarten ist. Renten wegen Berufsunfähigkeit gibt es grundsätzlich nicht mehr, außer für Personen, die vor dem 2. Januar 1961 geboren wurden.

Hilfen und Unterstützung für Menschen mit Epilepsie im Berufsleben

Es gibt verschiedene Hilfsangebote, um die berufliche Situation von Menschen mit Epilepsie zu verbessern:

  1. Optimierung der Anfallssituation: Eine verbesserte Behandlung kann die Anfallssituation deutlich beeinflussen. In manchen Fällen ist es ratsam, eine Anfallsambulanz oder eine Schwerpunktpraxis zur Abklärung und medikamentösen Einstellung aufzusuchen.
  2. Weiterbeschäftigung trotz Anfallsrisiko: Wenn Anfälle weiterhin bestehen und die Arbeitsausführung beeinträchtigen, ist es wichtig, offen mit allen Beteiligten im Betrieb über die Epilepsie und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu sprechen. Die Gefährdung durch Anfälle am Arbeitsplatz muss abgeschätzt werden, wobei die berufsgenossenschaftlichen Empfehlungen zur Beurteilung von Anfällen (BGI 585) als Leitlinie dienen sollten. Dabei sind gefährdende Merkmale wie Stürze, Bewusstseinsstörungen, Handlungsunterbrechungen und der Situation nicht angemessene Handlungen zu berücksichtigen. Unter Umständen kann ein Ausgleichszahlung an den Arbeitgeber (sogenannter Minderleistungsausgleich) erfolgen.
  3. Weiterbeschäftigung bei Leistungseinschränkungen: Bei Gedächtnis-, Konzentrationsstörungen oder psychomotorischer Verlangsamung ist eine eingehende Diagnostik von Medikamentennebenwirkungen, neuropsychologischen Störungen und körperlicher Belastbarkeit erforderlich. Solche Untersuchungen werden in Rehabilitationskliniken während medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen angeboten. Das Ergebnis kann eine Umsetzung im Betrieb sein, möglicherweise mit einem Minderleistungsausgleich durch das Integrationsamt an den Arbeitgeber.
  4. Medizinische Rehabilitation zur beruflichen Wiedereingliederung: In Deutschland gibt es spezialisierte Rehabilitationskliniken für Menschen mit Epilepsie. Die medizinische Rehabilitation umfasst Belastungserprobung und Arbeitstherapie, um gezielt auf eine berufliche Wiedereingliederung am bisherigen Arbeitsplatz hinzuarbeiten. Manchmal wird auch eine berufliche Neuorientierung empfohlen. Während der Rehabilitation wird festgestellt, welche Arbeitstätigkeiten trotz Anfällen möglich sind und welche nicht. Neuropsychologische Teilleistungsstörungen, insbesondere im Bereich Gedächtnis, Konzentration und Verarbeitungsgeschwindigkeit, werden diagnostiziert und trainiert. Zudem wird geprüft, ob ausreichende Fähigkeiten und Belastbarkeit für den bisherigen Beruf vorliegen und ob die Voraussetzungen für das Erlernen eines neuen Berufes gegeben sind.
  5. Umschulung: Eine berufliche Umschulung stellt eine neue berufliche Ausbildung dar, die die behinderungsbedingten Einschränkungen berücksichtigt. Sie ist immer dann sinnvoll, wenn eine Weiterbeschäftigung am bisherigen Arbeitsplatz oder im bisherigen Beruf nicht möglich ist und ausreichende Fähigkeiten und Belastbarkeit für das Erlernen eines neuen Berufes festgestellt wurden, beispielsweise während einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme.

Arbeitsämter, Integrationsämter, Epilepsieambulanzen und Epilepsiezentren informieren über die vielfältigen Hilfen im Zusammenhang mit „Arbeit und Epilepsie“.

Wann ist eine Berentung wegen Erwerbsminderung sinnvoll?

Eine Berentung wegen verminderter Erwerbsfähigkeit sollte in Erwägung gezogen werden, wenn alle therapeutischen Möglichkeiten, medizinischen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen sowie psychosozialen Hilfen ausgeschöpft sind oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu einer Integration in den Arbeitsmarkt führen.

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Epilepsie und Berufsunfähigkeitsversicherung

Das Risiko, berufsunfähig zu werden und dem gewohnten Beruf nicht mehr nachgehen zu können, ist in jedem Berufsbild gegeben. Arbeitnehmer sehen sich dann oft einem plötzlichen Einkommensverlust gegenüber. Der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung ist jedoch nicht für jeden Menschen ohne Hindernisse möglich. Versicherungen führen vor Vertragsabschluss eine Risikoprüfung durch, die durch Vorerkrankungen wie Epilepsie beeinflusst wird.

Epilepsie ist eine Nervenkrankheit, die epileptische Anfälle verursacht. Die Nervenzellen im Gehirn senden unkontrollierte Impulse an den Körper, was zu verschiedenen Symptomen führt, die von kaum spürbarem Kribbeln bis zu Krampfanfällen mit Bewusstlosigkeit reichen können. Die Versicherungen sehen Epilepsie als ein erhebliches Risiko für eine Berufsunfähigkeit an, weshalb ein Vertragsabschluss nur mit speziellen Risikoprüfungen erfolgen kann. Der Versicherungsnehmer sollte sich auf Ausschlussklauseln und Risikozuschläge einstellen.

Um eine Berufsunfähigkeitsversicherung trotz Epilepsie abzuschließen, benötigen Versicherungen detaillierte Informationen wie Hausarztberichte, Befunde und Auskünfte über den bisherigen Krankheitsverlauf. Es ist ratsam, verschiedene Versicherungen miteinander zu vergleichen und anonymisierte Risikovoranfragen zu stellen, um die bestmöglichen Konditionen zu finden.

Kann Epilepsie zu einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit führen?

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung mit einem vielfältigen Erscheinungsbild. Von Epilepsie spricht man in der Regel, wenn Betroffene mindestens zwei epileptische Anfälle hatten. Diese Anfälle können unterschiedlich sein: fokale Anfälle mit unkontrollierbaren Verhaltensweisen oder generalisierte Anfälle mit Ohnmachtsanfällen und Stürzen. Die häufigste Art ist der tonisch-klonische Anfall, bei dem der Körper zuerst steif wird (tonische Phase) und dann ein Bewusstseinsverlust folgt (klonische Phase).

Epilepsien werden durch Erkrankungen des Zentralen Nervensystems hervorgerufen, wobei konkrete Ursachen ein Schädel-Hirn-Trauma, ein Schlaganfall, ein Hirntumor oder auch Drogenkonsum sein können. Ob eine Epilepsie im Sinne der Berufsunfähigkeitsversicherung zu einem Versicherungsfall wird, hängt von den Versicherungsbedingungen ab. Regelmäßig wird vorausgesetzt, dass der aktuell ausgeübte Beruf infolge der Erkrankung zu mehr als 50 Prozent nicht mehr ausgeübt werden kann.

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Da epileptische Anfälle spontan auftreten und nicht vorhersehbar sind, besteht ein hohes Risiko, dass während der Arbeitszeit ein Anfall auftritt. Dies kann besonders gefährlich sein, wenn der Betroffene Tätigkeiten ausübt, die regelmäßigen Kundenkontakt erfordern, Maschinen bedient oder am Straßenverkehr teilnimmt. Eine pauschale Aussage darüber, ob man durch Epilepsie bedingungsgemäß berufsunfähig wird, kann jedoch nicht getroffen werden. Es ist individuell zu prüfen, wie stark die Beschwerden im Einzelfall ausgeprägt sind und wie die konkret ausgeübte Tätigkeit mit diesen Beschwerden kollidiert.

Rechtliche Unterstützung

Im Falle einer Ablehnung der Berufsunfähigkeitsrente ist es ratsam, sich rechtliche Unterstützung zu suchen. Fachanwälte für Versicherungsrecht können die Argumente des Versicherers prüfen und die Rechtmäßigkeit der Leistungsablehnung beurteilen. Sie können auch bei der Beschaffung notwendiger Beweise und Facharztberichte helfen, um die Berufsunfähigkeit zu dokumentieren.

Fallbeispiel: Erwerbsminderungsrente bei Anfallsleiden

Ein Fall vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg betraf die Weitergewährung einer Erwerbsminderungsrente für einen Kläger mit einem Anfallsleiden. Der Kläger hatte verschiedene Berufe ausgeübt und litt unter Anfällen, die zwei- bis dreimal wöchentlich auftraten, teilweise mit Bewusstseinsverlust und Stürzen. Das Gericht gab dem Kläger Recht und verurteilte die Rentenversicherung zur Weitergewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung.

Fazit

Epilepsie kann die beruflichen Möglichkeiten eines Menschen beeinflussen, muss aber nicht zwangsläufig zur Berufsunfähigkeit führen. Es gibt zahlreiche Hilfen und Unterstützungsangebote, die eine berufliche Integration ermöglichen. Bei der Berufswahl und im weiteren Berufsleben ist es wichtig, die individuellen Einschränkungen und Möglichkeiten zu berücksichtigen und offen mit der Erkrankung umzugehen. Im Falle von Schwierigkeiten mit der Berufsunfähigkeitsversicherung oder der Erwerbsminderungsrente ist es ratsam, sich rechtzeitig professionelle Hilfe zu suchen.

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