Eine Enzephalitis, oder Gehirnentzündung, ist eine Erkrankung, die durch verschiedene Ursachen ausgelöst werden kann. Am häufigsten sind Viren die Verursacher, aber auch Autoimmunreaktionen können eine Rolle spielen. Die Schwere der Erkrankung variiert stark, von milden Verläufen bis hin zu schweren Fällen mit bleibenden Folgeschäden.
Was ist eine Enzephalitis?
Eine Enzephalitis ist eine Entzündung des Gehirns. Wenn die Gehirnentzündung zusammen mit einer Entzündung der Hirnhaut (Meningitis) auftritt, spricht man von einer Meningoenzephalitis. Meistens wird eine Enzephalitis durch eine Infektion mit Viren verursacht, wobei Herpes-simplex-Viren häufige Auslöser sind. Autoimmunreaktionen können ebenfalls eine Rolle spielen, wobei das Immunsystem fälschlicherweise körpereigenes Gewebe angreift und schädigt. In diesem Fall spricht man von einer Autoimmun-Enzephalitis.
Eine Enzephalitis kann zu Bewusstseinsstörungen, Verhaltens- und Wesensveränderungen führen. Zudem können einzelne Gehirnfunktionen ausfallen und epileptische Anfälle auftreten. Die Erkrankung kann mild verlaufen, aber auch lebensbedrohlich sein und mit schweren, langfristigen Folgeschäden einhergehen. Besonders bei einer durch Herpes-simplex-Viren ausgelösten Enzephalitis ist ein frühzeitiger Behandlungsbeginn entscheidend.
Symptome einer Enzephalitis
Die Symptome einer Enzephalitis können vielfältig sein und hängen von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung ab. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Verwirrtheit
- Kopfschmerzen
- Krampfanfälle
- Bewusstseinsstörungen
- Fieber
Zusätzlich können Verhaltensänderungen, Halluzinationen oder Denkstörungen auftreten. Je nach Virus können spezifische Symptome hinzukommen:
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- Herpes-simplex-Viren: Sprachstörungen (Aphasie)
- Arboviren (durch Insekten übertragen): Bewegungsstörungen
- Enteroviren (Serotyp EV 71): Zittern, Muskelzuckungen, Lähmungen
Weitere neurologische Symptome wie Halbseitenlähmung, schlaffe Lähmungen einzelner Muskelgruppen oder Gefühlsstörungen sind ebenfalls möglich. Bei Neugeborenen und Säuglingen äußert sich eine Enzephalitis oft durch allgemeine Symptome wie Trinkschwäche, Teilnahmslosigkeit und Trägheit. In manchen Fällen sind die Hirnfunktionsstörungen so gering ausgeprägt, dass sie kaum wahrgenommen werden.
Ursachen einer Enzephalitis
Eine Enzephalitis kann durch verschiedene Erreger ausgelöst werden:
- Infektiöse Enzephalitis: Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten (z.B. Würmer oder Toxoplasmen)
- Autoimmune Enzephalitis: Fehlreaktion des Immunsystems, bei der Antikörper die Gehirnzellen angreifen und schädigen.
Etwa 70 Prozent der Gehirnentzündungen werden durch Viren verursacht. Zu den häufigsten Viren gehören:
- Herpes-simplex-Viren (Lippenherpes, Genitalherpes)
- Enteroviren (Hand-Fuß-Mund-Krankheit)
- Epstein-Barr-Viren (Pfeiffersches Drüsenfieber)
- Cytomegalieviren
- Varizella-Zoster-Viren (Windpocken, Gürtelrose)
- Parechoviren (Atemwegs- und Magen-Darm-Infektionen)
- Influenzaviren (Grippe)
- Arboviren (FSME, West-Nil-Virus)
In seltenen Fällen können auch Masern-, Mumps- und Rötelnviren oder eine SARS-CoV-2-Infektion eine Enzephalitis auslösen. Die autoimmune Enzephalitis kann auch durch eine Krebserkrankung entstehen.
Autoimmun-Enzephalitis im Detail
Die Autoimmun-Enzephalitis ist eine besondere Form der Gehirnentzündung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise Antikörper gegen eigene Gehirnzellen bildet. Diese Autoantikörper greifen bestimmte Rezeptoren oder Ionenkanäle auf der Oberfläche von Nervenzellen an.
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Ursachen und Risikofaktoren
Die genaue Ursache für die Entstehung einer Autoimmun-Enzephalitis ist oft unklar. In einigen Fällen steht sie im Zusammenhang mit Tumorerkrankungen, bei denen der Krebs Eiweiße produziert, die auch im Gehirn vorkommen. Die Antikörper, die gegen den Krebs gebildet werden, greifen dann auch das Gehirn an. Auch Infektionen, wie beispielsweise eine Herpesenzephalitis, können die Autoantikörperbildung auslösen. Genetische Faktoren und saisonale Einflüsse (z.B. Infektwellen im Winter) werden ebenfalls als mögliche Risikofaktoren diskutiert.
Symptome der Autoimmun-Enzephalitis
Die Autoimmun-Enzephalitis kann sich durch vielfältige neurologische und psychiatrische Symptome äußern. Typische Anzeichen sind:
- Gedächtnisprobleme
- Stimmungsschwankungen
- Krampfanfälle
- Verhaltensänderungen
- Halluzinationen
- Psychosen
- Bewegungsstörungen
- Sprach- und Gedächtnisprobleme
- Beeinträchtigung lebenswichtiger Körperfunktionen (Kreislauf, Atmung)
Die Symptome können plötzlich innerhalb weniger Tage bis Wochen auftreten. Aufgrund der vielschichtigen Symptomatik wird die Autoimmun-Enzephalitis oft zunächst fehldiagnostiziert, beispielsweise als Epilepsie, Burnout oder Alzheimer.
Diagnose der Autoimmun-Enzephalitis
Die Diagnose basiert auf dem Nachweis spezifischer Autoantikörper im Blut und Nervenwasser (Liquor). Dazu werden Blut- und Liquorproben entnommen und im Labor auf Antikörper gegen Rezeptoren oder Eiweißstoffe auf der Oberfläche von Nervenzellen untersucht. Die Art der Antikörper kann variieren, wobei einige nur im Liquor und andere auch im Blut nachweisbar sind.
Zu den bekannten Autoantikörpern, die auf eine Autoimmun-Enzephalitis hinweisen, gehören:
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- Anti-NMDA-Rezeptor-Antikörper (häufigste Form)
- DPPX-Antikörper
- CASPR2-Antikörper
- LGi1-Antikörper
Zusätzlich werden andere mögliche Ursachen wie virale Infekte oder Stoffwechselstörungen durch Blut- und Nervenwasseruntersuchungen ausgeschlossen. Bildgebende Verfahren wie MRT können ebenfalls eingesetzt werden, um Entzündungsherde im Gehirn darzustellen.
Behandlung der Autoimmun-Enzephalitis
Das Ziel der Therapie ist es, die fehlgeleitete Immunreaktion schnell zu stoppen und die Symptome zu lindern. Die Behandlung sollte so früh wie möglich beginnen, um dauerhafte Schäden zu vermeiden.
Die wichtigsten Therapieansätze sind:
- Immunsuppressiva: Medikamente, die das Immunsystem dämpfen (z.B. Cortison, Rituximab, Cyclophosphamid)
- Therapeutische Apherese (Blutwäsche): Entfernung der schädlichen Antikörper aus dem Blutplasma (Plasmapherese oder Immunadsorption)
- Intravenöse Immunglobuline: Gabe von Antikörpern, um das Immunsystem zu modulieren
Bei Tumorerkrankungen ist eine frühzeitige Tumortherapie erforderlich, um die Autoimmun-Enzephalitis erfolgreich zu behandeln.
Prognose der Autoimmun-Enzephalitis
Die Prognose der Autoimmun-Enzephalitis hängt stark vom Zeitpunkt des Therapiebeginns und der Schwere der Erkrankung ab. Bei frühzeitiger Diagnose und Behandlung können sich viele Patienten fast vollständig erholen. Es ist jedoch ein langsamer Genesungsprozess über mehrere Monate möglich. Einige Betroffene behalten leichte Einschränkungen im Bereich Gedächtnis, Konzentration oder Impulskontrolle zurück. Unbehandelt kann die Autoimmun-Enzephalitis zu dauerhaften Schäden und lebensbedrohlichen Komplikationen führen.
Häufigkeit und Vorbeugung
Die Häufigkeit von Gehirnentzündungen variiert je nach Ursache. Etwa 4 bis 8 von 100.000 Menschen erkranken jährlich an einer virusbedingten Enzephalitis. Autoimmun-Enzephalitiden sind seltener und kommen etwa 5- bis 10-mal pro 1 Million Menschen pro Jahr vor.
Es gibt zahlreiche Impfstoffe gegen mögliche Erreger von Gehirnentzündungen, die zur Vorbeugung eingesetzt werden können. Dazu gehören Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, FSME und Japanische Enzephalitis.
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