Die Periduralanästhesie (PDA), auch Epiduralanästhesie (EDA) oder Rückenmarksnarkose genannt, ist ein Verfahren der Regionalanästhesie, das zur zeitlich begrenzten Unterbrechung der neuronalen Erregungsleitung eingesetzt wird. Sie wird häufig zur Schmerzlinderung bei Geburten, Operationen und zur Behandlung chronischer Schmerzen angewendet. Obwohl die PDA im Allgemeinen als sicher gilt, birgt sie Risiken, darunter in seltenen Fällen die Entwicklung einer Hirnhautentzündung (Meningitis).
Was ist eine Periduralanästhesie (PDA)?
Die PDA konzentriert sich vor allem auf das Rückenmark und die Spinalnerven (Nervenwurzeln, die aus den einzelnen Segmenten des Rückenmarks abzweigen) und eröffnet somit eine Vielzahl von Anwendungsmöglichkeiten. Hierzu gehört vor allem die Schmerztherapie bei der Geburt. Die Periduralanästhesie gehört zu den neuroaxialen Anästhesieverfahren, zu denen auch die Spinalanästhesie gezählt wird.
Der Periduralraum umgibt die Dura mater (harte Hirnhaut) und liegt im Wirbelkanal, wo er sich vom Foramen magnum (lat.: große Öffnung) der Schädelbasis bis zum Kreuzbein erstreckt. Innerhalb des Periduralraumes befinden sich Fettgewebe, Bindegewebe, Venengeflechte, Arterien und Lymphgefäße.
Anwendungsbereiche der PDA
Die PDA findet breite Anwendung in verschiedenen medizinischen Bereichen:
- Schmerzlinderung während der Geburt: Die PDA ist eine häufig verwendete Methode zur Schmerzlinderung unter der Geburt. Sie wird oft als das wirksamste Mittel gegen Geburtsschmerzen angesehen und ist die häufigste Form der medikamentösen Schmerzlinderung während der Entbindung.
- Schmerztherapie nach Operationen: Die PDA wird häufig zur Schmerztherapie nach operativen Eingriffen eingesetzt. Sie bietet eine effektive Schmerzlinderung bei geringeren Risiken und Nebenwirkungen als eine Vollnarkose
- Schmerzausschaltung bei Operationen: Sie ist eine schonende Alternative zur Vollnarkose bei vielen Operationen. Sie ermöglicht die Betäubung großer Körperbereiche, ohne dass der Patient das Bewusstsein verliert.
- Behandlung akuter und chronischer Schmerzen: Die PDA kommt zur längerfristigen Linderung akuter und chronischer Schmerzen zum Einsatz. Sie wird beispielsweise zur Behandlung chronischer Schmerzen oder nach Traumata wie einer Rippenserienfraktur verwendet.
Durchführung einer PDA
Im Folgenden wird der Ablauf der Durchführung einer Periduralanästhesie (PDA) detailliert beschrieben.
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- Vorbereitung des Patienten: Vor der Durchführung einer PDA wird eine gründliche Sichtprüfung des Rückens durchgeführt, um sicherzustellen, dass die Anästhesie sicher durchgeführt werden kann. Der Patient wird in der Regel in eine sitzende Position gebracht, kann aber auch in Seitenlage positioniert werden. Die Haut an der Einstichstelle wird gründlich desinfiziert und örtlich betäubt, um Schmerzen beim Einführen der Nadel zu minimieren.
- Identifikation der Einstichstelle: Der Anästhesist ertastet die Dornfortsätze der Wirbelsäule, um die korrekte Einstichhöhe zu identifizieren. Die Einstichstelle befindet sich in der Regel im unteren Rückenbereich, unterhalb der Lendenwirbel.
- Einführen der Nadel und des Katheters: Eine spezielle Hohlnadel (z.B. Tuohy-Nadel) wird zwischen zwei Dornfortsätzen der Wirbelsäule eingeführt. Die Nadel durchdringt dabei die Haut, die Zwischenwirbelbänder und das Ligamentum flavum. Sobald der Periduralraum erreicht ist, was durch das "Loss-of-Resistance"-Verfahren bestätigt wird, wird ein sehr dünner, flexibler Kunststoffschlauch (Periduralkatheter) durch die Nadel in den Periduralraum eingeführt. Die Nadel wird anschließend entfernt, während der Katheter an Ort und Stelle bleibt.
- Verabreichung des Anästhetikums: Das Lokalanästhetikum wird durch den fixierten Katheter in den Periduralraum injiziert. Das Anästhetikum heftet sich an die Nervenfasern und verhindert die Schmerzübertragung. Die Dosierung kann so eingestellt werden, dass die Wehen noch spürbar, aber nicht so schmerzhaft sind. Bei Bedarf kann die Dosis durch den Katheter erhöht werden, beispielsweise bei einem ungeplanten Kaiserschnitt.
- Überwachung und Nachsorge: Während der gesamten Prozedur und danach wird der Patient überwacht, um sicherzustellen, dass keine Komplikationen auftreten. Der Katheter kann für eine kontinuierliche Schmerztherapie belassen werden, insbesondere wenn der Eingriff länger dauert oder eine postoperative Schmerzbehandlung notwendig ist. Nach der Geburt oder dem Eingriff wird der Katheter entfernt und die Einstichstelle versorgt.
Meningitis: Eine Übersicht
Meningitis ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute (Pia mater, Arachnoidea, Dura mater). Diese umhüllen das zentrale Nervensystem, also Gehirn und Rückenmark. Bei einer Meningomyelitis ist das angrenzende Rückenmark mit entzündet, bei einer Meningoenzephalitis sind Hirnhäute und Hirngewebe betroffen.
Ursachen von Meningitis
Ursachen einer Meningitis, Meningomyelitis und Meningoenzephalitis sind eine Vielzahl an Erregern und Reizen. Hierzulande sind es vorwiegend Bakterien wie Meningokokken, Pneumokokken, Listerien oder Haemophilus influenzae und Viren wie das Masernvirus, Herpesvirus oder Eppstein-Barr-Virus. Meningitiden treten in jedem Alter auf, betreffen aber besonders häufig Kinder.
Die Bakterien können die Hirnhäute grundsätzlich auf drei Wegen erreichen:
- durch hämatogene Streuung auf dem Blutweg über die Blut-Hirn- bzw. Blut-Liquor-Schranke (insbesondere über den Plexus choroideus)
- per continuitatem von Entzündungen im Nasen- und Rachenraum (beispielsweise Otitis und Sinusitis) oder nach offenen Verletzungen wie Schädel-Hirntrauma und Wirbelsäulenverletzungen, Cerebral-Shunt und Cochlea-Implantat oder nach verabreichten Medikamenten in den Liquorraum
- direkt übertragen durch Tröpfcheninfektion
Neben der erregerbedingten Meningitis gibt es auch nicht-infektiöse Ursachen, die eine Entzündung der Hirnhäute hervorrufen. So können beispielsweise maligne Zellen in den Subarachnoidalraum einwandern und sich auf die Hirnhäute ausbreiten (Meningeosis neoplastica). Auch Nebenwirkungen von Medikamenten können für eine nicht-infektiöse Meningitis verantwortlich sein.
Bei einer aseptischen Meningitis sind die Meningen gereizt, ohne dass Erreger in einer Bakterienkultur wachsen. Bei mehr als 90% der viralen aseptischen Meningitis sind Enteroviren und Herpes-simplex-Viren verantwortlich (bei Kindern 50%). Das Immunsystem reagiert auf die Keimbesiedlung mit einer Immunantwort. Dabei produzieren Leukozyten sowie Endothel-, Glia- und Plexuszellen nervenzellschädigende Zytokine. Die setzen eine weitere Immunkaskade in Gang. Die Blut-Hirn-Schranke wird beeinträchtigt und die Permeabilität der Hirngefäße nimmt zu (vasogenes Hirnödem). Flüssigkeit dringt in das Hirngewebe ein und Leukozyten wandern in den Liquorraum (interstitielles Hirnödem). Zudem werden die Hirngefäßwände gereizt und entzünden sich. Die zerebrale Vaskulitis geht mit einem zytotoxischen Hirnödem einher. Mit den vasogenen, interstitiellen und zytotoxischen Hirnödemen steigt der intrakranielle Druck und das Gehirn wird minderdurchblutet.
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Symptome einer Meningitis
Die Beschwerden einer Meningitis richten sich nach der Art der Hirnhautentzündung. Als klassische Symptom-Trias gelten Nackensteifigkeit, hohes Fieber und Bewusstseinsminderung. Diese Trias ist aber nicht zwingend bei jeder Meningitis anzutreffen. Jedes dieser Symptome weist aber auf eine Meningitis hin. Fehlen alle drei Symptome ist eine Meningitis nahezu ausgeschlossen. Weitere Anzeichen für Meningitis sind ein positives Kernig-, Brudzinski- und Lasègue-Zeichen sowie das jolt accentuation maneuver.
Bei Kindern sind die Beschwerden in der Regel nicht so stark und klassisch ausgeprägt. Mitunter zeigen sie nur unspezifische Symptome, sind leicht reizbar, lethargisch und weinerlich. Bei Säuglingen und Kleinkindern werden klassischerweise ein spitzes, schrilles Schreien oder anhaltendes Wimmern sowie eine ausgeprägte Trinkschwäche beschrieben.
Diagnose von Meningitis
Bei Verdacht auf eine Meningitis sind Blut- und Liquoranalysen unverzichtbar. Im Blut finden sich entzündungstypische Veränderungen wie erhöhte Blutsenkungsgeschwindigkeit, Leukozytenanzahl, C-reaktives Protein, Procalcitonin und Interleukin-6. Der Liquor wird mittels Lumbalpunktion untersucht. Beurteilt werden Zellzahl und Zelldifferenzierung, Proteingehalt, Grampräparat, Glucose und Laktat . Zudem wird eine Liquorkultur bebrütet.
Behandlung von Meningitis
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Eine bakterielle Meningitis ist lebensbedrohlich und muss kalkuliert antibiotisch behandelt werden. Je früher die Behandlung einsetzt, desto besser sind die Heilungsaussichten. Bei einer Meningokokken-Meningitis sollten sich auch Personen, die mit dem Erkrankten in engem Kontakt waren, vorbeugend mit Antibiotika behandeln lassen.
Hirnhautentzündung als seltene Komplikation nach PDA
Obwohl die PDA ein sicheres Verfahren ist, besteht ein geringes Risiko für Komplikationen, darunter Infektionen wie Meningitis. Eine Hirnhautentzündung nach PDA ist äußerst selten, aber potenziell schwerwiegend.
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Mögliche Ursachen für Meningitis nach PDA
- Direkte Inokulation von Bakterien: Während der Punktion können Bakterien von der Haut oder aus der Umgebung in den Periduralraum gelangen und eine Infektion verursachen.
- Kontamination des Katheters: Wenn der Periduralkatheter nicht steril ist oder während der Anwendung kontaminiert wird, können Bakterien in den Periduralraum gelangen.
- Hämatogene Streuung: In seltenen Fällen können Bakterien aus einer anderen Infektionsquelle im Körper über den Blutweg in die Hirnhäute gelangen.
Risikofaktoren für Meningitis nach PDA
- Längere Katheterliegezeit: Je länger der Periduralkatheter liegt, desto höher ist das Risiko einer Infektion.
- Immunsuppression: Patienten mit einem geschwächten Immunsystem haben ein höheres Risiko für Infektionen.
- Technische Fehler bei der Punktion: Eine unsachgemäße Punktionstechnik kann das Risiko einer Kontamination erhöhen.
Symptome einer Meningitis nach PDA
Die Symptome einer Meningitis nach PDA können denen anderer Meningitisformen ähneln:
- Starke Kopfschmerzen
- Nackensteifigkeit
- Fieber
- Lichtempfindlichkeit
- Übelkeit und Erbrechen
- Bewusstseinsstörungen
Diagnose und Behandlung
Bei Verdacht auf eine Meningitis nach PDA ist eine sofortigeLumbalpunktion erforderlich, um den Liquor zu untersuchen. Die Behandlung umfasst in der Regel die intravenöse Verabreichung von Antibiotika.
Präventionsmaßnahmen
Um das Risiko einer Meningitis nach PDA zu minimieren, sind folgende Maßnahmen wichtig:
- Strikte Einhaltung der Sterilitätsrichtlinien: Bei der Punktion und Katheteranlage müssen sterile Handschuhe, Kittel und Abdecktücher verwendet werden.
- Hautdesinfektion: Die Haut an der Einstichstelle muss vor der Punktion gründlich desinfiziert werden.
- Aseptische Katheterpflege: Der Periduralkatheter muss während der gesamten Liegezeit aseptisch gepflegt werden.
- Kurze Katheterliegezeit: Der Katheter sollte so kurz wie möglich belassen werden.
- Aufmerksame Überwachung: Patienten nach PDA müssen aufmerksam auf Anzeichen einer Infektion überwacht werden.
Weitere mögliche Komplikationen einer PDA
Neben der Meningitis gibt es weitere Komplikationen, die im Zusammenhang mit einer PDA auftreten können:
- Postspinaler Kopfschmerz: Kopfschmerzen nach PDA-Anlage entstehen meist durch ein versehentliches Durchstoßen der Rückenmarkshaut. In der Regel kann man diese gut mit Schmerzmitteln behandeln.
- Blutdruckabfall: Durch die Blockierung der Nerven, die die Gefäße engstellen (Vasokonstriktion), kommt es zu einer Weitstellung der Gefäße (Vasodilatation). Durch die Vasodilatation kommt es gelegentlich zu einem Blutdruckabfall, der allerdings durch Flüssigkeitszufuhr (Infusion) in der Regel vermeidbar ist.
- Verletzung der Dura mater: Verletzung der Dura mater mit Tuohy-Nadel (0,6-1,3 %). Dies geschieht, wenn die dicke Tuohy-Nadel zu weit vorgeschoben wird und die Dura mater durchsticht. Durch das verursachte Loch kann nun Zerebrospinal-Flüssigkeit entweichen. Dies führt in 16-86 % zu einem intensiven postpunktionellen Kopfschmerz. Vor allem jüngere Patienten sind hier gegebenenfalls betroffen.
- Versehentliche totale Spinalanästhesie: Wird die soeben beschriebene Durapunktion vom Anästhesisten nicht bemerkt und die gesamte für den Periduralraum vorgesehene Menge an Lokalanästhetikum nun in den Spinalraum eingespritzt, kann dies zu starken Blutdruckabfällen, Atemlähmung und Verlangsamung des Herzschlages bis zum Herzstillstand führen.
- Periduraler Bluterguss: Periduraler Bluterguss durch Verletzung einer Vene im Periduralraum. Kleinere Blutungen kommen recht häufig vor, stillen sich jedoch selbst und verursachen keine klinischen Symptome. Blutet es jedoch ungehemmt in den Periduralraum ein, kann der Druck des entstehenden Ergusses das Rückenmark dauerhaft schädigen. Ein solcher Bluterguss mit neurologischen Symptomen kommt bei etwa 1:150.000 Periduralanästhesien vor; bei Gerinnungsstörungen besteht ein erhöhtes Risiko (1:3.000).
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