Aktuelle Mittel gegen Parkinson: Hoffnungsschimmer am Horizont

Die Parkinson-Krankheit, eine fortschreitende neurologische Erkrankung, betrifft in Deutschland etwa 400.000 Menschen und stellt nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung dar. Typische Symptome sind Zittern (Tremor), verlangsamte Bewegungen (Bradykinese), Muskelsteifheit (Rigor) und Haltungsinstabilität. In der Frühphase können unspezifische Anzeichen wie Schlafstörungen, Verstopfung und Geruchsstörungen auftreten. Trotz intensiver Forschung ist Parkinson bis heute nicht heilbar, jedoch gibt es vielversprechende Ansätze zur Verbesserung der Lebensqualität und Verlangsamung des Krankheitsverlaufs.

Die Parkinson-Krankheit: Ursachen und Verlauf

Die Parkinson-Krankheit betrifft bestimmte Nervenzellen im Gehirn, insbesondere in der Substantia nigra im Hirnstamm. Dort kommt es zu Störungen der Energiesysteme der Mitochondrien, oxidativem Stress und Ablagerungen von fehlgefalteten Proteinen (Alpha-Synuklein) in den Nervenzellen. Infolgedessen verlieren die Nervenzellen zunehmend ihre Funktion und sterben ab, was zu einem Mangel an Botenstoffen wie Dopamin führt. Dopamin spielt eine wichtige Rolle für die Bewegungskontrolle.

Die Parkinson-Krankheit bleibt häufig über Jahrzehnte unbemerkt, da die Frühsymptome unspezifisch sind. Im frühen Stadium leiden Betroffene häufig an Verstopfung, Schlafstörungen, einem schlechten Geruchssinn bis hin zum Geruchsverlust und Depressionen. Als erstes spezifisches Symptom gilt eine REM-Schlafverhaltensstörung, bei der sich Betroffene im Traum ruckartig bewegen, sprechen oder schreien.

Es gibt verschiedene Formen der Parkinson-Erkrankung. Nur bei etwa fünf bis zehn Prozent der Fälle liegen einzelne schädliche Genmutationen vor, die vererbt werden können (familiäre Parkinson-Formen). Ob polygenetische Varianten (mehrere Gene betreffend) das allgemeine Risiko für Parkinson erhöhen können, ist Gegenstand der Forschung. Umweltfaktoren wie Pestizide, Schwermetalle, Lösungsmittel und Feinstaub können ebenfalls eine Rolle spielen. Es wird angenommen, dass es bei einem Teil der Betroffenen zuerst zu einer Veränderung im Darm-Mikrobiom kommt. Am Ende gehen die Nervenzellen durch Ablagerung von falsch gefaltetem Alpha-Synuklein zugrunde.

Aktuelle Forschungsergebnisse und Therapieansätze

Die Parkinson-Forschung macht große Fortschritte. Bisher lässt sich die Erkrankung jedoch nur symptomatisch behandeln. Im Bereich der medikamentösen Therapie stehen zwei Wirkstoff-Targets im Fokus: der GLP-1-Rezeptor und Alpha-Synuklein.

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GLP-1-Rezeptoragonisten: Hoffnung bei Diabetes-Medikamenten?

Ein Wirkstoff zur Diabetes-Behandlung, Lixisenatid, könnte möglicherweise auch bei Parkinson helfen. Eine im April 2024 im New England Journal of Medicine veröffentlichte klinische Studie deutet darauf hin, dass die Substanz das Fortschreiten der Symptome in einem geringen, aber statistisch signifikanten Umfang verlangsamt. Lixisenatid ist ein sogenannter GLP-1-Rezeptoragonist (Glucagon-like Peptid-1), der die Wirkung des natürlich vorkommenden Peptids nachahmt und eine intrazelluläre Signalkaskade aktiviert, welche eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung physiologischer Blutzuckerwerte spielt. Der Wirkstoff gehört zu einer großen Familie ähnlicher Wirkstoffe, die in jüngster Zeit als „Abnehmspritze“ (Semaglutid) auch zur Behandlung der Adipositas eingesetzt werden.

Die Studie umfasste 156 Personen mit leichten bis mittelschweren Parkinson-Symptomen, die bereits das Standard-Parkinson-Medikament Levodopa oder andere Arzneimittel einnahmen. Die eine Hälfte erhielt ein Jahr lang Lixisenatid, die andere ein Placebo. Nach zwölf Monaten zeigten die Teilnehmenden der Placebo-Kontrollgruppe wie erwartet eine Verschlechterung ihrer Symptome. Auf einer Skala zur Bewertung des Schweregrads der Parkinson-Krankheit war ihr Wert um drei Punkte gestiegen. Allerdings führte die Behandlung auch zu Nebenwirkungen: Übelkeit trat bei fast der Hälfte und Erbrechen bei 13 % der Personen auf, die das Medikament einnahmen.

Schon seit Längerem deuten verschiedene Studien an, dass Diabetes Typ 2 und manche neurodegenerative Krankheiten ähnliche Signalwege aufweisen. Offenbar können nicht nur Leber- und Muskelzellen, sondern auch Neurone schlecht auf Insulin reagieren, welches z. B. an Gedächtnisprozessen beteiligt ist. Dies könnte erklären, warum Menschen mit Diabetes Typ 2 z. B. ein höheres Risiko für Alzheimer haben. Eine 2017 veröffentlichte Studie deutete darauf hin, dass der Wirkstoff Exenatid, ein weiteres Diabetes-Medikament, auch den Krankheitsfortschritt bei Parkinson mindestens verlangsamt, wenn auch nur in geringem Umfang. Die Forschenden vermuten, dass Exenatid die Energieversorgung der Neuronen verbessert, indem es sie wieder empfänglicher für Insulin macht, und damit Entzündungsreaktionen verringert.

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse betonen Experten, dass weitere Langzeitstudien erforderlich sind, um die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von GLP-1-Rezeptoragonisten bei Parkinson zu bestätigen. Zudem ist unklar, ob GLP-1-Medikamente vor dem Verlust von Dopamin-produzierenden Neuronen schützen und vielleicht den Ausbruch von Parkinson verhindern können. Eine aktuelle Phase-III-Studie mit dem GLP-1-Rezeptoragonisten Exenatid zeigte keine signifikanten Vorteile hinsichtlich einer Krankheitsmodifikation bei Morbus Parkinson.

Antikörper-Therapie gegen Alpha-Synuklein: Ein neuer Ansatz?

Ein weiterer vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Antikörpern, die das schädliche Eiweiß Alpha-Synuklein im Gehirn abfangen sollen. Mutation in diesem Gen erhöhen das Parkinson-Risiko. Davon sind vor allem jüngere Menschen mit Parkinson betroffen. Diese Gruppe zeigt auffällig viel des verklumpten, schädlichen Eiweißes Alpha-Synuclein im Gehirn und im Nervenwasser. Dieses Eiweiß ist für das Absterben bestimmter Nervenzellen im Gehirn mitverantwortlich. Das Eiweiß unschädlich zu machen, könnte den Krankheitsverlauf verlangsamen oder sogar stoppen.

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Anfang 2024 hat eine Subgruppen-Analyse der PASADENA-Studie angedeutet, dass der Alpha-Synuclein-Antikörper Prasinezumab für Betroffene mit schnellerem Krankheitsverlauf in der Frühphase der Erkrankung Vorteile bietet. Aktuelle Analysen aus der open-label Extensionsphase der PASADENA-Studie deuteten darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab über vier Jahre hinweg das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patientinnen und Patienten verlangsamen könnte. Trotz der vielversprechenden Ergebnisse bleiben die Forschenden zurückhaltend, da eine echte Placebo-Kontrollgruppe fehlt.

Die PADOVA-Studie untersucht nun die Effekte von Prasinezumab als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Therapie bei Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit. Die Ergebnisse aus PADOVA werden daher wichtige Einblicke in eine schon symptomatisch behandelte Patientenpopulation liefern.

Weitere Therapieansätze

Neben medikamentösen Therapien gibt es weitere vielversprechende Ansätze zur Behandlung von Parkinson.

  • Tiefe Hirnstimulation (THS): Ein hirnchirurgischer Eingriff, bei dem Elektroden in bestimmte Hirnbereiche implantiert werden, um die Symptome zu lindern.
  • Neuroprothesen: Eine neuartige Neuroprothese ermöglicht einem französischen Parkinson-Patienten, wieder weitgehend normal zu laufen. Dabei werden mehrere kleine Pulsgeber direkt am Rückenmark implantiert, um die Nervensignale für die Beinbewegungen zu korrigieren.
  • Gen- und Zelltherapie: Ansätze, die darauf abzielen, die geschädigten Nervenzellen zu reparieren oder zu ersetzen.

Symptomatische Behandlung und Lebensqualität

Die Therapie von Parkinson sollte frühzeitig beginnen und aus mehreren Bausteinen bestehen, um die Mobilität zu erhalten und die Symptome zu lindern. Die medikamentöse Behandlung zielt darauf ab, den Dopaminmangel im Gehirn auszugleichen und die Beschwerden zu lindern. Die am häufigsten eingesetzten Medikamente sind:

  • Levodopa (L-Dopa): Wird im Gehirn zu Dopamin umgewandelt.
  • Dopaminagonisten: Regen Bindungsstellen in den Nervenzellen (Rezeptoren) an, die für die Aufnahme von Dopamin zuständig sind.
  • MAO-B-Hemmer (Monoaminooxidase-B-Hemmer): Blockieren den Abbau von Dopamin im Gehirn.
  • COMT-Hemmer: Verlängern die Wirkdauer von L-Dopa.

Die Medikamente werden meist in Tablettenform eingenommen. Bestimmte Dopaminagonisten gibt es auch als Pflaster. Im Frühstadium kommen manche Menschen mit leichten Beschwerden auch gut ohne Medikamente aus. Wenn die Symptome irgendwann zu belastend werden, kommen vor allem Levodopa oder Dopaminagonisten infrage. Die Wahl des Medikaments hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie dem Alter, der Stärke der Beschwerden und der Sorge um bestimmte Nebenwirkungen.

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Mit dem Fortschreiten der Erkrankung wird die Behandlung schwieriger. Die Wirkung der Medikamente lässt nach, und es treten Nebenwirkungen auf. Um eine möglichst gleichmäßige Wirkung der Medikamente zu erzielen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden:

  • Die Einnahmezeiten und die Häufigkeit der Einnahme ändern
  • Retard-Tabletten einnehmen, die den Wirkstoff verzögert freisetzen
  • Dosierungen ändern und zusätzliche Medikamente einnehmen
  • Zusätzlich zu Levodopa einen Dopaminagonisten einnehmen
  • Eine Medikamentenpumpe einsetzen, die den Wirkstoff kontinuierlich unter die Haut spritzt oder direkt in den Dünndarm abgibt

Neben der medikamentösen Behandlung spielen auch nicht-medikamentöse Maßnahmen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Parkinson. Dazu gehören:

  • Körperliche Aktivität: Regelmäßige Bewegung und Sport können das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen und die Mobilität verbessern.
  • Ernährung: Eine gesunde mediterrane Ernährung mit vielen Ballaststoffen und Polyphenolen kann das Risiko für die Entstehung und das Fortschreiten von Parkinson senken. L-Dopa sollte nicht früher als eine Stunde vor oder nach eiweißreichen Mahlzeiten eingenommen werden, denn eiweißreiche Nahrung kann die Aufnahme von L-Dopa ins Blut stören. Dopaminagonisten wiederum werden zu den Mahlzeiten eingenommen.
  • Physiotherapie: Spezielle Übungen können helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und Stürze zu vermeiden.
  • Ergotherapie: Hilft bei der Bewältigung von Alltagsaufgaben und der Anpassung der Umgebung an die Bedürfnisse der Betroffenen.
  • Logopädie: Kann bei Sprach- und Schluckstörungen helfen.
  • Psychotherapie: Kann bei Depressionen und anderen psychischen Problemen helfen.

Es ist wichtig, dass die Therapie individuell auf die Bedürfnisse des Patienten abgestimmt wird. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Arzt, Patient und anderen Therapeuten ist dabei entscheidend.

Leben mit Parkinson: Herausforderungen und Perspektiven

Parkinson ist keine akut lebensbedrohliche Erkrankung. Unter guter medikamentöser Therapie haben Betroffene eine in etwa normale Lebenserwartung. Viele werden allerdings innerhalb von 20 Jahren pflegebedürftig. Im Einzelfall können Schluckstörungen oder Stürze auch zu lebensverkürzenden Komplikationen führen. Manchmal kommt es zu einem kognitiven Abbau bis hin zur Demenz. Die Prognosen für den Verlauf unterscheiden sich je nach Unterform der Parkinson-Erkrankung.

Die Parkinson-Krankheit stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Neben den körperlichen Symptomen können auch psychische Probleme wie Depressionen und Angstzustände auftreten. Es ist wichtig, sich frühzeitig mit der Erkrankung auseinanderzusetzen und sich Unterstützung zu suchen. Es gibt zahlreiche Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen, die Betroffenen und ihren Angehörigen helfen können, mit der Erkrankung umzugehen.

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