Das Morton Neurom, auch bekannt als Morton Syndrom, Morton Neuralgie oder Chivini-Morton Syndrom, ist eine schmerzhafte Erkrankung, die durch eine mechanische Überlastung der Nerven unter den Mittelfußköpfchen verursacht wird. Es handelt sich dabei um eine Verdickung des Mittelfußnervs, die zu Schmerzen im Mittelfuß und den Zehen führt.
Symptome des Morton Neuroms
Typische Symptome des Morton Neuroms sind:
- Brennende Schmerzen unter dem 3. und 4. Mittelfußköpfchen, die in die Zehen ausstrahlen.
- Abhängigkeit der Schmerzen von Alltagsbelastung und Schuhwahl. Schuhe mit fester Sohle und hartem Untergrund verschlimmern die Schmerzen.
- Missempfindungen oder Taubheit in den Zehen, die als "Ameisenlaufen" und einschießende stechende Schmerzen empfunden werden können.
- Fremdkörpergefühle unter den Zehen.
- Schmerzhaftes Schnappen und Klicken beim Gehen und Laufen.
Zu Beginn treten die Schmerzen nur nach längerer Belastung auf und verschwinden nach dem Ausziehen der Schuhe und einer Pause wieder von selbst. Schreitet die Erkrankung fort, erleben die Patienten Kribbeln, Missempfindungen und Taubheitsgefühle in den Zehen. Die Schmerzen lassen dann nicht mehr so schnell nach und können auch über Nacht bleiben. In einem sehr ausgeprägten Stadium beschreiben die Patienten spontane Klickphänomene oder ein unangenehmes Schnappen zwischen den Zehen und unter der Fußsohle. In dieser Phase sind Schmerzen und Taubheit oft dauerhaft vorhanden oder schon durch wenige Schritte immer wieder auslösbar.
Ursachen und Risikofaktoren
Das Morton Neurom entsteht durch eine chronische mechanische Irritation der Nerven zwischen den Mittelfußköpfchen. Zu den Hauptursachen und Risikofaktoren zählen:
- Spreizfuß: Der wichtigste und häufigste Auslöser ist ein Spreizfuß, bei dem die Mittelfußknochen fächerförmig nach außen verlagert sind.
- Überlastung des Vorfußes: Eine Überlastung des Vorfußes sollte konsequent vermieden werden.
- Falsche Schuhwahl: Schuhe mit hohen Absätzen oder spitz zulaufende Schuhe erhöhen den Druck auf den Vorfuß.
- Übergewicht: Übergewicht verstärkt die Belastung des Fußes.
- Verkürzte Wadenmuskulatur: Eine verkürzte Wadenmuskulatur kann die Beweglichkeit im oberen Sprunggelenk einschränken und so ein Morton Neurom auslösen.
- Sportliche Betätigung: Besonders sportlich ambitionierte Läufer sind betroffen.
- Weitere Erkrankungen: Eine Vielzahl weiterer Erkrankungen können ähnliche Symptome wie beim Morton Neurom auslösen.
Diagnose des Morton Neuroms
Die Diagnose des Morton Neuroms basiert auf:
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- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und mögliche Risikofaktoren. Das Ausziehen der Schuhe zur Schmerzlinderung kann ein starker Hinweis sein.
- Klinische Untersuchung: Der Arzt untersucht den Fuß und übt Druck auf den Bereich zwischen den Mittelfußknochen aus, um Schmerzen auszulösen. Das sogenannte Mulder-Zeichen (Mulder-Klick) ist ein spürbares Klicken beim Zusammendrücken der Mittelfußköpfchen. Oft kann man als Patient dabei das Klicken oder Schnappen zwischen den Mittelfußköpfchen auf der Fußsohlenseite bei der Untersuchung auch spüren.
- Bildgebende Verfahren:
- Ultraschalluntersuchung: Mit einer hochauflösenden Ultraschalluntersuchung kann ein großes Morton Neurom oft direkt aufgespürt werden.
- MRT-Untersuchung: Die MRT-Untersuchung ist eine Standardmethode zur Darstellung des Morton Neuroms. Falls möglich, sollte das MRT in Bauchlage durchgeführt werden. In 17% der Fälle wird das Morton Neurom in MRT übersehen. Neben der direkten Darstellung des Morton Neuroms bietet das MRT einen großen Vorteil: Wichtige weitere Erkrankungen, die ähnliche Beschwerden auslösen, können zeitgleich identifiziert werden (z.B. Ermüdungsbruch der Mittelfußknochen).
- Dynamische Pedobarografie und Digitale Volumentomografie (DVT): Ein anderswo oft vernachlässigter aber essentieller Aspekt ist die gewissenhafte Analyse der Fußstatik.
Behandlung des Morton Neuroms
Die Behandlung des Morton Neuroms zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Ursache der Erkrankung zu beheben. Es gibt konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Behandlung
- Schuhwechsel: Weite Schuhe mit ausreichend Platz für die Zehen und einer weichen Sohle tragen. Spezielle Schuhe, die den Vorfuß entlasten, können ebenfalls hilfreich sein.
- Einlagen: Individuell angepasste passive Einlagen stützen das Fußgewölbe und reduzieren den Druck auf das Morton Neurom.
- Spreizfußtape: Ein Spreizfußtape kann ebenfalls zur Entlastung beitragen.
- Physiotherapie: Physiotherapie, Fußgymnastik und Dehnübungen der Wadenmuskulatur können helfen, die Fußmuskulatur zu stärken und die Beweglichkeit zu verbessern. Bei Luftsportlern wird zu Beginn eine reduzierte Fersensprengung sowie fokussiertes Kraft- und Techniktraining bei einem speziell ausgebildeten Therapeuten empfohlen.
- Stoßwellentherapie: Die fokussierte und radiale Stoßwellentherapie kann die Schmerzen reduzieren.
- Injektionen: Injektionen mit Cortison und Lokalanästhetikum können die Entzündung reduzieren und die Schmerzen lindern. Empfohlen werden 1-3 Injektionen, die vom Fußspezialisten gezielt im Bereich des Morton Neuroms verabreicht werden. Besonders effektiv sind die Injektionen mit Cortison und Lokalanästhetikum, wenn spätestens 12 Monate nach Beginn der ersten Symptome begonnen wird. Falls in kurzen Abständen immer wieder neue Injektionen mit Cortison nötig sind, müssen die langfristigen Nebenwirkungen wiederholter Cortison Injektionen bei Morton Neurom beachtet werden. Auf Dauer verursacht Cortison Fettgewebsnekrosen im Bereich der Injektion - dadurch geht die Polsterwirkung des Fettgewebes verloren und die mechanische Belastung auf das Morton Neurom wird noch intensiver!
Operative Behandlung
Eine Operation wird in Betracht gezogen, wenn die konservativen Maßnahmen nicht ausreichend helfen. Es gibt verschiedene operative Verfahren:
- Neurektomie (operative Entfernung des Morton Neuroms): Bei dieser Operation wird der krankhaft veränderte Teil des Nervs unter Lupenbrillenvergrößerung entfernt. Gemäß Studien, sind bei einer Entfernung des Morton Neuroms / Neurektomie nach knapp 6 Jahren 85% der operierten Patienten mit dem Ergebnis zufrieden oder sehr zufrieden und 65% vollständig schmerzfrei. Etwa jeder 3. Patient nutzt nach der OP passive Einlagen. Die Entfernung des Nervs / Neurektomie hat den Nachteil, dass der Patient im Bereich des betroffenen Nervs dauerhaft die Sensibilität verliert. Nach der operativen Entfernung eines Morton Neuroms (Neurektomie) kommt es im Schnitt nach 7 Jahren in etwa 4 % der Patienten zur Ausbildung eines Neurinoms. Solch ein neu entstandenes Neurinom wird nach den gleichen Prinzipien behandelt wie das Morton Neurom selbst.
- Operative Therapie der Spreizfußfehlstellung: Die mechanische Überlastung bei Morton Neurom entsteht zwischen den Fußknochen und dem Fußboden. Es ist daher naheliegend, diese Situation durch eine bessere Lastverteilung der Fußknochen zu beheben. Hier steht die operative Therapie der sehr häufigen Spreizfußfehlstellung im Vordergrund. Die angewendeten OP Methoden überschneiden sich stark mit den Methoden zur Hallux Valgus Korrektur. Je nach Ausprägung der knöchernen Fehlstellung sind zusätzliche Eingriffe an den Kleinzehen notwendig (z.B. Weil Osteotomie).
- Neurolyse bzw. Dekompression: Die nervenerhaltende operative Behandlung des Morton Neuroms durch Neurolyse bzw. Dekompression verschafft dem plantaren Fußnerven mehr Raum:
- Weitung des Bandes zwischen den Mittelfußknochen (Ligamentum intermetatarsale; grau).
- Umstellung der Zehenknochen (Metatarsalknochen, blau) durch eine minimalinvasive Osteotomie.
Morton Neurom: Orthopäde vs. Neurologe
Bei Verdacht auf ein Morton Neurom ist es wichtig, den richtigen Facharzt aufzusuchen. Sowohl Orthopäden als auch Neurologen können bei der Diagnose und Behandlung helfen, aber ihre Schwerpunkte und Herangehensweisen unterscheiden sich.
Orthopäde
Orthopäden sind Spezialisten für Erkrankungen des Bewegungsapparates, einschließlich der Füße. Sie sind in der Regel die erste Anlaufstelle bei Fußschmerzen. Der Orthopäde wird:
- Eine gründliche körperliche Untersuchung durchführen.
- Bildgebende Verfahren wie Röntgen, Ultraschall oder MRT veranlassen.
- Konservative Behandlungsmethoden wie Einlagen, Physiotherapie und Injektionen empfehlen.
- Bei Bedarf eine operative Behandlung durchführen.
Neurologe
Neurologen sind Spezialisten für Erkrankungen des Nervensystems. Sie können bei der Diagnose und Behandlung von Morton Neuromen helfen, insbesondere wenn die Schmerzen stark sind oder neurologische Symptome wie Taubheit oder Kribbeln im Vordergrund stehen. Der Neurologe kann:
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- Eine neurologische Untersuchung durchführen, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen.
- Nervenleitgeschwindigkeitsmessungen (NLG) durchführen, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
- Medikamente zur Schmerzlinderung verschreiben.
- Bei Bedarf eine Überweisung an einen Orthopäden zur operativen Behandlung empfehlen.
Wann sollte man welchen Arzt aufsuchen?
- Orthopäde: Bei Fußschmerzen, die sich bei Belastung verschlimmern, insbesondere wenn ein Spreizfuß oder andere Fußfehlstellungen vorliegen.
- Neurologe: Bei starken Schmerzen, Taubheit oder Kribbeln in den Zehen, insbesondere wenn andere neurologische Erkrankungen vermutet werden.
In vielen Fällen ist eine Zusammenarbeit zwischen Orthopäden und Neurologen sinnvoll, um die bestmögliche Behandlung für den Patienten zu gewährleisten.
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