Gehirnerschütterung: Was genau passiert im Gehirn?

Ein Unfall im Verkehr, ein Sturz im Haushalt oder beim Sport - schnell passiert eine Gehirnerschütterung. Oft sieht man dann äußerlich keine Verletzung, aber das Hirn kann Schaden genommen haben. Eine solche Kopfverletzung nennt man Gehirnerschütterung (Commotio Cerebri), ein leichtes Schädel-Hirn-Trauma (SHT).

Was ist eine Gehirnerschütterung?

Die Gehirnerschütterung (Commotio cerebri oder kurz: Commotio) entsteht, wenn das empfindliche Hirn etwa infolge eines Unfalls von innen gegen die Schädelwand stößt. Es ist dann vorübergehend in seiner Funktion gestört. Folgeschäden sind bei einer Gehirnerschütterung in der Regel nicht zu erwarten. Als "Schaltzentrale" des gesamten Körpers ist das empfindliche Gehirn durch den harten Schädelknochen gut geschützt. Außerdem schwimmt es in der Hirnflüssigkeit. Diese dient als Puffer, sodass das Gehirn bei Erschütterungen, etwa durch Springen oder Laufen, nicht gegen die Schädelwand prallt.

Das Gehirn stößt von innen gegen die Schädelwand und wird geprellt. Im feinen Hirngewebe bilden sich kleine Verletzungen. Dadurch kann die Signalübertragung in einzelnen Nervenzellen gestört sein, sodass das Gehirn danach nicht richtig funktioniert.

Ursachen und Risikofaktoren

Kinder, Jugendliche, Senioren sowie Sportler sind besonders gefährdet. Die häufigsten Ursachen einer Gehirnerschütterung sind:

  • Stürze auf den Kopf - etwa beim Sport oder im Haushalt
  • Verkehrsunfälle - zum Beispiel als Autofahrer, Radfahrer oder Fußgänger
  • Sportunfälle - vor allem in Kontaktsportarten wie Fußball, Boxen, Eishockey oder Reiten
  • Schläge oder Tritte gegen den Kopf
  • Unfälle bei Kindern - etwa beim Spielen oder Klettern

Bei manchen Sportarten tragen Spielerinnen und Spieler besonders häufig Schädel-Hirn-Verletzungen davon - dazu zählt etwa Eishockey.

Lesen Sie auch: Wie das Gehirn lernt

Symptome einer Gehirnerschütterung

Schwindel, Benommenheit, Sehstörungen, Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen sind die charakteristischen Symptome einer Gehirnerschütterung. Typisch sind auch Erinnerungslücken über den Zeitraum unmittelbar vor und nach dem auslösenden Ereignis der Kopfverletzung. Es ist nicht immer leicht zu erkennen, wie schwer die Verletzung im Kopf ist. Kam es zu einer kurzen Bewusstlosigkeit, ist das ein klares Anzeichen für eine Gehirnerschütterung. Die Anzeichen einer Gehirnerschütterung können sofort nach dem Unfall auftreten. Sie können sich aber auch erst sechs bis 48 Stunden nach einem Unfall zeigen.

Die Symptome können unmittelbar nach dem Ereignis oder auch zeitversetzt auftreten. Auf folgende typische Anzeichen sollten Sie achten:

  • Kurze Bewusstlosigkeit (Sekunden bis wenige Minuten)
  • Gedächtnisverlust rund um das Ereignis (Amnesie)
  • Kopfschmerzen
  • Schwindel
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Sehstörungen oder Lichtempfindlichkeit
  • Konzentrationsprobleme
  • Verlangsamte Reaktionen
  • Müdigkeit oder Schlafstörungen

Auch wenn Betroffene nach einer Kopfverletzung lediglich unter Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen oder Schwindel leiden, sollten sie sicherheitshalber von einem Arzt oder einer Ärztin untersucht werden. Symptome, die bis zu 48 Stunden nach dem Unfall auftreten, sollten ernst genommen und im Zweifel untersucht werden. War der Sturz oder Schlag auf den Kopf heftig, zeigen sich schwere Symptome oder ist man einfach unsicher, wählt man den Notruf 112.

Symptome bei Kindern

Kinder oder Babys sind noch häufiger von einer Gehirnerschütterung betroffen als Erwachsene. Sie fallen vom Wickeltisch, stürzen von der Treppe oder verletzen sich beim Sport. Sicherheitshalber sollte man das Kind bis zu 48 Stunden nach dem Unfall im Blick behalten. In der Nacht ist das etwas schwieriger als am Tag. Da kann es notwendig sein, das Kind zwei- bis dreimal in der Nacht kurz zu wecken. So erkennt man, ob es gut ansprechbar ist, ob sich seine Augen öffnen und ob es Kopfschmerzen oder Übelkeit äußert. Bei einem Baby lassen sich die Symptome noch schwerer erkennen. Sie können noch keine genauen Angaben über ihren Zustand machen.

Bei Kindern sind die Symptome oft unspezifischer. Sie können sich durch ungewöhnliches Weinen, Teilnahmslosigkeit oder Gleichgewichtsstörungen äußern. Liegt eine Gehirnerschütterung vor, treten bei Babys Symptome wie Erbrechen, Unruhe und Weinen, Veränderungen im Schlafmuster und Reizbarkeit auf. Möglicherweise zeigt der Säugling weniger Interesse an seiner Umgebung, auch Trinkunlust kann vorkommen. Im Zweifel ist der Rettungsdienst hinzuzuziehen.

Lesen Sie auch: Die Auswirkungen von Trauma auf das Gehirn

Wann ist schnelle Hilfe erforderlich?

Sicher ist sicher, denn ein schweres Schädel-Hirn-Trauma kann durch eine Hirnblutung zu bleibenden Schäden oder zum Tod führen. Bis der Rettungswagen eintrifft, sollte man die verletzte Person bei Bewusstsein in Rückenlage mit erhöhtem Oberkörper bringen und sie beruhigen.

Bei Symptomen wie Bewusstlosigkeit, wiederholtem Erbrechen, Krampfanfällen, unklarem Sprechen oder unterschiedlich großen Pupillen sollte umgehend der Notruf 112 verständigt werden.

Eine Einweisung ins Krankenhaus ist unter anderem in folgenden Fällen anzuraten:

  • Bewusstlosigkeit
  • Gedächtnisverlust (Amnesie)
  • Krampfanfälle
  • Anzeichen oder Nachweis eines Schädelbruchs
  • Alter über 60 Jahre
  • Hinweise auf Alkohol- oder Drogenkonsum
  • Erbrechen
  • Kopfschmerzen

Diagnose einer Gehirnerschütterung

Ein Arzt oder eine Ärztin kann eine Gehirnerschütterung durch eine körperliche neurologische Untersuchung feststellen. Ob es sich um eine Gehirnerschütterung handelt, stellen Ärztinnen und Ärzte in einem ausführlichen Gespräch (Anamnese) und durch eine körperliche Untersuchung fest. Dabei kontrollieren sie unter anderem, ob es neurologische Auffälligkeiten wie Gedächtnislücken oder Sehstörungen gibt.

Bei einer längeren Bewusstlosigkeit besteht der Verdacht auf ein schwereres Schädel-Hirn-Trauma und ärztliche Abklärung ist dringend erforderlich.

Lesen Sie auch: Was Sie über Lähmung wissen sollten

Wurde aufgrund eines Unfalls ein Rettungswagen gerufen, macht sich das medizinische Fachpersonal noch am Unfallort mit einfachen Mitteln ein Bild vom Zustand der verletzten Person: Ist sie ansprechbar? Ist das Bewusstsein (noch) getrübt? Aufschluss geben simple Fragen nach dem Namen, Wochentag oder Ort, wie zum Beispiel: „Wo befinden Sie sich hier?“ Ebenfalls wichtig: Gelingt es der betroffenen Person, die Augen zu öffnen, auf Reize und Aufforderungen zu reagieren und sich sprachlich zu äußern?

Kopf und Körper werden auf (weitere) Verletzungen untersucht. War die verletzte Person infolge des Unfalls vorübergehend bewusstlos, sind Aussagen von Zeuginnen und Zeugen gefragt. Wichtig ist unter anderem die Angabe, wie lange die Bewusstlosigkeit angedauert hat.

Bei Verdacht auf Knochenbrüche kann eine Röntgenuntersuchung durchgeführt werden. Bei vermuteten schwereren Verletzungen des Gehirns erfolgt eine Untersuchung mittels Computertomografie (CT). Das detaillierte CT-Bild des Schädels gibt Aufschluss über Blutungen und Schwellungen im Gehirn - Hinweise, die lebensrettend sein können. Manchmal wird auch eine Magnetresonanztomografie (MRT) zur weiteren Klärung angeordnet. Unter Umständen sind ergänzende Untersuchungen sinnvoll, zum Beispiel eine Hirnstrommessung (EEG) oder eine MR-Angiografie, eine kernspintomografische Untersuchung von Gefäßen.

Blutuntersuchungen zeigen, ob die verletzte Person unter Alkoholeinfluss oder Drogeneinfluss stand. Diese Informationen können wichtig im Hinblick auf die Behandlung sein.

Neuropsychologische Tests, die die Hirnleistung messen, werden bei Bedarf später vorgenommen.

Was passiert im Gehirn?

Bei einer Gehirnerschütterung gerät das Gehirn, das im knöchernen Schädel in einer Flüssigkeit schwimmt, in Bewegung. Dabei wird es gedehnt und komprimiert. Dadurch kann es zu kleinsten Verletzungen des Gehirngewebes kommen. Nach einer Kopferschütterung sind zum Beispiel die Verbindungen der Nervenzellen so sehr gedehnt, dass sie nicht mehr richtig funktionieren. Auch die Aktivität der Nervenzellen, der Neurone, ist gestört, manche gehen gar kaputt. Dazu kommen feinste Blutungen im Gehirngewebe. Durch die Erschütterung werden die Gefäße gedehnt, dabei treten rote Blutkörperchen aus und lagern sich im Gewebe ab.

Behandlung einer Gehirnerschütterung

Eine spezielle Therapie nach einer Gehirnerschütterung gibt es nicht. Sie heilt in der Regel von allein. Man sollte sich aber ein bis zwei Tage Ruhe gönnen. Das bedeutet, den Körper und auch den Geist zu schonen, indem man Reize ausschaltet und viel schläft. Gegen die Kopfschmerzen kann man leichte Schmerztabletten einnehmen. Aber Vorsicht: Tabletten mit Acetylsalicylsäure (ASS, Aspirin) sind nicht geeignet! Sie verdünnen das Blut und können eine mögliche später entstehende Blutung im Kopf verschlimmern.

In den ersten Tagen nach einer Gehirnerschütterung sollten Betroffene körperliche und geistige Anstrengung vermeiden. Dazu zählen Sport, längere Bildschirmzeiten sowie das Lösen komplexer Aufgaben.

Besonders in den ersten 24 Stunden ist eine regelmäßige Kontrolle wichtig, um mögliche Verschlechterungen frühzeitig zu erkennen - vor allem bei Risikopatienten, älteren Menschen und Kindern.

Bei einer frischen Prellung oder Beule am Kopf kann das Kühlen helfen, Schmerzen und Schwellungen zu lindern. Verwenden Sie dafür ein kaltes Tuch oder ein Kühlpack, das in ein Tuch eingeschlagen ist und kühlen Sie mehrmals täglich für jeweils 10 bis 15 Minuten. Wichtig: Kühlmittel niemals direkt auf die Haut legen, um Erfrierungen zu vermeiden.

Bei Schmerzen kann zum Beispiel Paracetamol eingenommen werden. Wichtig: Medikamente mit Acetylsalicylsäure (ASS) sowie andere NSAR wie etwa Ibuprofen sollten vermieden werden, da sie das Blutungsrisiko erhöhen.

Nach dem Abklingen der Symptome ist eine schrittweise Rückkehr in den Alltag sinnvoll. Bei Kindern und älteren Menschen kann in bestimmten Fällen auch eine stationäre Überwachung notwendig sein. Besonders bei Kindern ist zudem eine zusätzliche ärztliche Kontrolluntersuchung empfehlenswert, um mögliche Spätfolgen frühzeitig zu erkennen und eine sichere Rückkehr in Schule oder Kindergarten zu gewährleisten.

Entgegen früheren Annahmen können Betroffene sich relativ frühzeitig (etwa 24 bis 72 Stunden nach dem Ereignis) und in enger Abstimmung mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt wieder an Alltagsaktivitäten herantasten, da das eine schnellere Genesung fördert. Überlasten sollten sie sich jedoch nicht.

Sportliche Aktivität nach einer Gehirnerschütterung

Geraten wird, mindestens sechs Tage keinen Sport zu machen. Voraussetzung für den sportlichen Wiedereinstieg ist, dass man keinerlei Beschwerden spürt.

Wer kurz nach einer Gehirnerschütterung wieder Hochleistungssport betreibt, spürt danach meist deutlich stärkere Beschwerden - ein Zeichen dafür, dass es zu schnell ging. „Das Gehirn hat eine Energiekrise nach so einem Trauma, der Akku ist noch nicht voll“, sagt sie und empfiehlt, sich nach ärztlicher Absprache langsam wieder an die alltäglichen Leistungen heranzutasten.

Langzeitfolgen

Meist bilden sich die Symptome der Gehirnerschütterung innerhalb weniger Tage zurück. Das gilt auch für Erinnerungslücken. 10 bis 20 Prozent der Betroffenen leiden nach der Gehirnerschütterung noch einige Wochen lang unter Beschwerden wie Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen oder Gedächtnislücken. Man spricht von einem postkommotionellen Syndrom (PCS). Es gibt dafür keine spezielle Therapie. Bei manchen Menschen kann eine Gehirnerschütterung Langzeitfolgen haben. Noch Monate oder sogar Jahre danach ist ihr Gedächtnis oder ihre Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt.

Unterschiede zwischen Männern und Frauen

Frauen haben nach einer Gehirnerschütterung ein höheres Risiko, schlechter beieinander zu sein und auch länger zu brauchen, um sich zu erholen. Dies gilt insbesondere, wenn die Gehirnerschütterung in der zweiten Zyklushälfte passiert, während der die Hormonveränderungen deutlicher ausgeprägt sind als in der ersten. In einer aktuellen Studie konnten wir zeigen, dass nach wiederholten Kopferschütterungen bei Frauen auch mehr Veränderungen im Gehirn nachweisbar sind. Neben hormonellen Unterschieden spielen sicherlich noch viele andere Faktoren eine Rolle, wie zum Beispiel genetische Unterschiede und Unterschiede im Verletzungsmuster.

Prävention

Verletzungen am Kopf lassen sich oft durch bewusstes Verhalten und geeignete Schutzmaßnahmen vermeiden.

  • Helm tragen: Tragen Sie beim Fahrradfahren, Skifahren, Reiten oder auf dem E-Roller einen Helm. Das Risiko einer Kopfverletzung wird dadurch deutlich um 60 bis 70 Prozent reduziert.
  • Stürze vermeiden: Beseitigen Sie Stolperfallen im Haushalt und verwenden Sie rutschfeste Matten in Bad und Küche. Eine gute Beleuchtung hilft außerdem, Stolperstellen schneller zu erkennen.
  • Sicherer Sport: Achten Sie bei risikoreichen Sportarten auf Technik und Fairness und verwenden Sie eine passende Schutzausrüstung.
  • Kindersicherung: Treppengitter, Kantenschutz und eine sichere Spielumgebung schützen vor allem Kleinkinder.
  • Aufklärung: Das Bewusstsein für Gehirnerschütterungen sollte bereits in der Schule, im Verein und in der Familie gestärkt werden.

tags: #gehirnerschutterung #was #passiert #im #gehirn #genau