Ohrenschmerzen sind eine häufige Beschwerde, besonders bei Kindern, aber auch Erwachsene können betroffen sein. Während Ohrenschmerzen oft durch Erkältungen, Mittelohrentzündungen oder Mandelentzündungen verursacht werden, können sie auch auf Neuralgien zurückzuführen sein. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Arten von Neuralgien, die Ohrenschmerzen verursachen können, ihre Symptome, Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten.
Was ist Neuralgie?
Neuralgie bedeutet Nervenschmerz. Sie tritt auf, wenn ein Nerv beschädigt oder gereizt ist, was zu Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nervs führt. Im Bereich des Ohrs können verschiedene Nerven betroffen sein, was zu unterschiedlichen Arten von Neuralgien führt.
Arten von Neuralgien, die Ohrenschmerzen verursachen können
Trigeminusneuralgie
Die Trigeminusneuralgie ist eine neurologische Störung, die den Trigeminusnerv betrifft. Dieser Nerv ist für die Weiterleitung von Berührungs- und Schmerzempfinden in Stirn, Augen, Ober- und Unterkiefer, Lippe und Wange verantwortlich. Bei einer Trigeminusneuralgie treten heftige, einseitige Gesichtsschmerzen auf, die in eine Gesichtshälfte einschiessen.
Symptome:
- Plötzlich einsetzende, heftige, stechende, elektrisierende Schmerzen im Gesicht.
- Schmerzen treten einseitig auf.
- Schmerzfreie Phasen zwischen den Attacken.
- Kopfschmerzen können die Gesichtsschmerzen begleiten.
- Dumpfer Dauerschmerz ist möglich.
- Triggerreize wie Berühren des Gesichts, Kauen, Sprechen, Zähneputzen oder Zugluft können die Schmerzen auslösen.
- Spontane Schmerzattacken ohne erkennbaren Auslöser sind ebenfalls möglich.
Die Schmerzen strahlen meist in eines der drei Territorien der Gesichtshälfte aus, die durch die Äste des Nervus trigeminus versorgt werden. Am häufigsten ist der Gesichtsbereich betroffen, der vom Unterkieferast versorgt wird, seltener der Bereich des Oberkieferastes und in sehr seltenen Fällen der Bereich des Augenastes.
Ursachen:
- In 80 bis 90 Prozent der Fälle drückt ein benachbartes Blutgefäß auf den Nerv und reizt die schützende Nervenhülle.
- Seltenere Ursachen sind andere Erkrankungen wie multiple Sklerose, Tumoren, Bindegewebserkrankungen oder angeborene Fehlbildungen von Blutgefäßen.
- In einigen Fällen lässt sich keine Ursache feststellen (idiopathische Trigeminusneuralgie).
Wie die Trigeminusneuralgie das Ohr beeinflusst:
Wenn der betroffene Bereich das Ohr ist, kann es zu intensiven Ohrenschmerzen und unangenehmen Ohrgefühlen kommen. Die häufigste Symptomatik bei einer Trigeminusneuralgie im Ohr sind scharfe, stechende Ohrenschmerzen, die sehr intensiv und plötzlich auftreten können. Diese Schmerzen werden oft als elektrisierend beschrieben und können durch einfache Bewegungen wie Kauen oder Sprechen ausgelöst werden. Die Schmerzen sind in der Regel kurz, aber sehr intensiv und können einige Sekunden bis Minuten dauern. Ein weiteres häufiges Symptom ist das Auftreten von Tinnitus (Ohrgeräuschen). ständigen Rauschen oder Klingeln im Ohr verbunden sein. Dieser Zustand, der auch als "Ohrensausen" bezeichnet wird, kann die Lebensqualität der betroffenen Personen erheblich beeinträchtigen und das tägliche Leben stören. Ohrbereich. Betroffene können das Gefühl haben, dass das Ohr "eingeschaltet" oder "überempfindlich" auf Geräusche reagiert. Dies kann zu einem ständigen Unbehagen und zu einer Verstärkung der Ohrenschmerzen führen, besonders bei lauten Geräuschen oder Wind. „verstopften Ohrs“ oder eines Völlegefühls im Ohr. Kompression oder Entzündung des Trigeminusnervs verursachte Schmerzen und Reizungen den Ohrbereich und seine Nervenverbindungen beeinträchtigen. Gefühl einer Verstopfung. Dieses Symptom kann besonders störend sein, da das Gefühl eines verstopften Ohrs die Wahrnehmung von Geräuschen verändern und die Kommunikation beeinträchtigen kann, was die mit der Trigeminusneuralgie verbundenen Beschwerden noch weiter verstärkt.
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Glossopharyngeusneuralgie
Die Glossopharyngeusneuralgie ist eine seltene Erkrankung, bei der es zu plötzlich auftretenden Schmerzepisoden im Bereich der Gaumenmandeln, der hinteren Zunge, des Rachens oder Kehlkopfes, im Mittelohr oder im Kieferwinkel kommt.
Symptome:
- Plötzliche, schneidende oder brennende einseitige Schmerzen in Kiefer, Rachen oder Ohr.
- Die Schmerzen können in Nase, Auge, Kinn oder Schulter ausstrahlen.
- Sie werden als einschießend, brennend, elektrisierend, scharf oder brennend beschrieben.
- Die Schmerzen treten meist einseitig auf, in 12 % der Fälle beidseitig.
- Sie können mehrmals am Tag über Wochen oder Monate hinweg auftreten.
- Patienten berichten oft über einen dumpfen Dauerschmerz zwischen diesen Schmerzattacken.
- Die Schmerzen können zu nächtlichem Erwachen führen.
- Während eines Schmerzanfalls kann es zu niedrigem Blutdruck, niedriger Herzfrequenz, Ohnmacht oder einem epileptischen Anfall kommen.
- Die Schmerzanfälle können spontan auftreten oder z. B. durch Schlucken, Sprechen, Kauen, Husten oder Gähnen ausgelöst werden.
- Auch ein bestimmter Geschmack, Berührungen der Rachenschleimhaut oder des äußeren Gehörgangs können Schmerzen auslösen.
- Da das Schlucken und Kauen häufig Schmerzen verursacht, verlieren viele Patienten an Gewicht.
Ursachen:
- Man geht davon aus, dass die Erkrankung meist auf eine Nervenkompression (Nerveneinengung) zurückzuführen ist, die durch Gefäße entsteht, die in unmittelbarer Nähe verlaufen.
Nervus-auricularis-Neuralgie
Die Nervus-auricularis-Neuralgie ist eine seltene Erkrankung, die durch Schmerzen im Bereich des Ohrs gekennzeichnet ist, die durch eine Reizung oder Schädigung des Nervus auricularis, eines der Nerven, der die Haut um das Ohr versorgt, hervorgerufen wird.
Symptome:
- Stechende, brennende oder pulsierende Schmerzen in und um das Ohr.
- Die Schmerzen können intermittierend oder kontinuierlich auftreten.
- Sie werden oft durch Berührung oder Bewegungen des Kopfes und Nackens verstärkt.
Ursachen:
- Direkte Verletzungen
- Chirurgische Eingriffe in der Nähe des Nervs
- Virale Infektionen, die zu einer Entzündung des Nervs führen
Okzipitalisneuralgie
Eine Okzipitalisneuralgie äußert sich in anfallsweise auftretenden, stechenden Nervenschmerzen am Hinterkopf und/oder in den Ohren.
Symptome:
- Anfallsweise auftretende, stechende Nervenschmerzen am Hinterkopf und/oder in den Ohren.
- Meist bestehen in diesem Bereich auch Gefühlsstörungen und eine Berührungsüberempfindlichkeit.
Ursachen:
- Funktionsstörungen des Okzipitalnervs, z. B. aufgrund einer früheren Gürtelrose oder einer Erkrankung der Halswirbelsäule.
Weitere Ursachen für Ohrenschmerzen
Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle Ohrenschmerzen auf Neuralgien zurückzuführen sind. Andere häufige Ursachen für Ohrenschmerzen sind:
- Mittelohrentzündung: Heftige stechende, pulsierende oder klopfende Ohrenschmerzen; meist Fieber; oft Schnupfen.
- Gehörgangsentzündung: Jucken, Druckgefühl und/oder leichte Ohrenschmerzen mit „Hören wie durch Watte“; oft häufige Ohrsäuberungsaktionen wegen vermehrtem Ohrenschmalz.
- Barotrauma: Schmerzhafter, beidseitiger Ohrdruck mit Schwerhörigkeit durch Druckunterschiede.
- Gehörgangekzem: Schuppige oder nässende, abgegrenzte Rötung der Ohrmuschel; Jucken, seltener Brennen.
- Gürtelrose am Ohr: Starke, brennende oder ziehende Schmerzen, Rötung und kleine Bläschen auf der Ohrmuschel; oft gleichseitige Gesichtslähmung.
- Ohrspeicheldrüsenentzündung: Schmerzen vor und im Ohr mit Schwellung der Wange.
- Oromandibuläre Dysfunktion: Schmerzen in und vor dem Ohr, Knackgeräusche beim Kauen, Zähneknirschen, eingeschränkte oder ruckartige Kieferbewegungen. Auch Kopf- oder Nackenschmerzen und Ohrgeräusche (Tinnitus) kommen vor. Oft ist die Wangenmuskulatur stark druckempfindlich.
- Lokale Entzündung am oberen Ohrmuschelrand: Schmerzhaftes Ohrknötchen.
Diagnose
Die Diagnose von Neuralgien, die Ohrenschmerzen verursachen, erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung durch einen Arzt. Wichtig sind:
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- Ausführliches Gespräch: Der Arzt erfragt die Art, Lokalisation, Dauer und Auslöser der Schmerzen.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht das Ohr, das Gesicht und den Hals, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen. Das Empfindungsvermögen im Gesicht wird getestet.
- Neurologische Untersuchung: Bei Verdacht auf eine Neuralgie kann eine neurologische Untersuchung durchgeführt werden, um die Funktion der Nerven zu überprüfen.
- Bildgebende Verfahren: In einigen Fällen können bildgebende Verfahren wie MRT (Magnetresonanztomographie) erforderlich sein, um andere Ursachen für die Schmerzen auszuschließen oder eine Nervenkompression zu erkennen.
Behandlung
Die Behandlung von Neuralgien, die Ohrenschmerzen verursachen, zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Die Behandlungsmöglichkeiten hängen von der Art der Neuralgie und der Schwere der Symptome ab.
Medikamentöse Behandlung
- Antikonvulsiva: Medikamente, die normalerweise bei epileptischen Anfällen verschrieben werden, wie Carbamazepin und Oxcarbazepin, sind oft die erste Wahl bei der Behandlung von Trigeminusneuralgie und Glossopharyngeusneuralgie. Sie verringern die Anzahl der Schmerzepisoden. Die Dosis der Mittel wird langsam gesteigert, bis sie gut wirken und möglichst wenige Nebenwirkungen verursachen.
- Schmerzmittel: Herkömmliche Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen oder Paracetamol wirken bei einer Trigeminusneuralgie nicht, weil die Schmerzattacken zu kurz sind. Selbst stärkste Schmerzmittel wie Opioide haben keine Wirkung. Bei andauernden Schmerzepisoden mit wiederholten Schmerzattacken können Infusionen mit speziellen Wirkstoffen die akuten Beschwerden lindern.
- Andere Medikamente: Bei der Glossopharyngeusneuralgie können auch andere Medikamente gegen Epilepsie (wie Pregabalin) oder Medikamente, die bei Depressionen verordnet werden, in Betracht gezogen werden, vor allem bei einer mangelhaften Wirkung von Carbamazepin.
Invasive Verfahren
- Mikrovaskuläre Dekompression: Bei der Trigeminusneuralgie kann eine Operation in Betracht gezogen werden, wenn zuvor alle anderen Behandlungsmöglichkeiten mit verschiedenen Wirkstoffen ausgeschöpft wurden oder wegen Nebenwirkungen nicht möglich sind. Die mikrovaskuläre Dekompression gilt als wirksame Wahl, wenn ein Kontakt zwischen Trigeminusnerv und Blutgefäß besteht. Der Eingriff soll diesen Kontakt unterbrechen und den Druck auf den Nerv lösen. Auch bei der Glossopharyngeusneuralgie kann der Druck des Gefäßes auf den Nerv reduziert werden, indem in einer mikrochirurgischen Operation Nerv und Gefäß voneinander getrennt werden und ggf. ein Teflonkissen dazwischen gelegt wird.
- Neuroablation: Bei der sogenannten Neuroablation zerstört die Ärztin oder der Arzt Nervenfasern mit Hilfe von Wärme, Druck oder einer Alkohollösung.
- Bestrahlung mit dem GammaKnife: Eine andere Möglichkeit ist, den Trigeminusnerv mit radioaktiven Strahlen (GammaKnife) zu behandeln.
- Lokale Betäubungsspritze: Bei der Glossopharyngeusneuralgie ist eine weitere Möglichkeit das Setzen einer lokalen Betäubungsspritze in den vom Nerv gereizten Bereich.
Alternative und ergänzende Behandlungen
- Physiotherapie: Bei der Nervus-auricularis-Neuralgie können physiotherapeutische Maßnahmen wie sanfte Dehn- und Entspannungsübungen hilfreich sein. Speziell angeleitete Übungen zur Verbesserung der Nackenmuskulatur und zur Entspannung der umgebenden Bereiche können helfen, die Belastung des betroffenen Nervs zu reduzieren.
- Entspannungstechniken: Stress kann Schmerzen verschlimmern, daher können Übungen wie Meditation, tiefes Atmen oder Yoga helfen, Spannungen abzubauen und die Schmerzbehandlung zu verbessern.
- Heiße oder kalte Kompressen: Das Auflegen eines Eisbeutels oder eines warmen Tuchs auf die schmerzende Stelle Ihres Gesichts kann helfen, die Entzündung zu reduzieren und die Schmerzen zu lindern. Manche Patienten finden Linderung, indem sie - je nachdem, was für sie am besten wirkt - abwechselnd heiße und kalte Kompressen verwenden.
- Leichte Massage: Eine sanfte Massage des Bereichs um Kiefer, Gesicht und Schläfen kann die Muskeln entspannen und die Durchblutung verbessern, wodurch Schmerzen vorübergehend gelindert werden.
Hausmittel
Ein bewährtes Hausmittel bei Ohrenschmerzen ist die Zwiebel. Ihre Inhaltsstoffe wirken entzündungshemmend und heilungsfördernd. Am Ohr bieten sich kleine Zwiebelsäckchen an (auch Zwiebelwickel genannt). Dazu wird eine rohe Zwiebel in kleine Würfel geschnitten und diese in ein Baumwolltaschentuch eingeschlagen. Damit der Saft austritt, walkt man das Säckchen mit einem Nudelholz und drückt es so stark wie möglich zusammen. Im letzten Schritt wird das Zwiebelsäckchen in der Mikrowelle, im Ofen oder auf der Heizung erwärmt und dann mit einem Schal oder Tuch am Ohr fixiert. Das Zwiebelsäckchen verbleibt 1-2 Stunden auf dem Ohr.
Bei Angina oder Ohrenschmerzen, die mit einer Halsentzündung zusammenhängen, sorgt das Lutschen von Halspastillen oder -tabletten für Linderung.
Wichtige Hinweise zur Ohrenpflege
- Nicht versuchen, den Gehörgang mit Wattestäbchen zu reinigen.
- Gechlortes und unsauberes Badewasser meiden.
- Bei Juckreiz kühlende Umschläge, bei Schmerzen Wärme anwenden.
- Auf eine gute Belüftung des Mittelohrs achten, z. B. durch Inhalationen und Nasenspülungen mit Salz- oder Kamillenlösung. Auch abschwellende Nasentropfen und -sprays sorgen für Linderung.
- Regelmäßig die Ohrmuschel mit einem feuchten Waschlappen oder Wattepad reinigen.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:
- Die Ohrenschmerzen stark sind oder länger als ein paar Tage anhalten.
- Begleitsymptome wie Fieber, Kopfschmerzen, Schwindel, Schwerhörigkeit oder Ausfluss aus dem Ohr auftreten.
- Die Schmerzen plötzlich auftreten und von einem Gefühl der Taubheit im Ohr begleitet sind.
- Die Schmerzen durch bestimmte Auslöser wie Berührung, Kauen oder Sprechen ausgelöst werden.
- Sie Symptome einer Trigeminusneuralgie verspüren.
- Sie ein Ohrknötchen bemerken, um weniger harmlose Erkrankungen auszuschließen.
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