Fachärzte für Neurologie sind Experten für die Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems. Sie kümmern sich um Störungen, die das Gehirn, das Rückenmark, die peripheren Nerven und die Muskulatur betreffen. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen, die Ausbildung und die vielfältigen Aspekte des Berufs eines Neurologen.
Was macht ein Neurologe?
Neurologen diagnostizieren und behandeln Erkrankungen des Nervensystems und der Muskulatur. Der menschliche Körper wird durch mehr als 100 Milliarden Nervenzellen gesteuert, die Bewegungen, Sprache, Gedanken und Empfindungen kontrollieren. Neurologen sind darauf spezialisiert, Störungen dieser komplexen Vorgänge zu erkennen und zu behandeln. Die Neurologie ist die Lehre der Krankheiten des zentralen und peripheren Nervensystems. Neben Störungen des Gehirns und des Rückenmarks stehen hier auch Auffälligkeiten der peripheren Nerven und der Muskeln im Mittelpunkt.
Die häufigste von Neurologen behandelte Erkrankung ist der Schlaganfall, in Deutschland die dritthäufigste Todesursache, an der jährlich etwa 63.000 Patienten versterben. Da vor allem ältere Patienten betroffen sind, werden Schlaganfälle in Zukunft eher zunehmen. Allerdings haben sich die Behandlungsmöglichkeiten und Überlebenschancen der Patienten in den vergangenen Jahren stark verbessert, insbesondere durch die systemische Lysetherapie und mechanische Thrombektomie, die bei frühzeitiger Einlieferung ins Krankenhaus bessere Heilungschancen bieten.
Auch bei der Behandlung der Multiplen Sklerose haben Neurologen heute bessere Behandlungsmöglichkeiten als noch vor zehn oder zwanzig Jahren. In der Notfallmedizin spielt die Neurologie eine immer größere Rolle, nicht nur bei Schlaganfällen, sondern auch bei Unfällen mit Schädel-Hirn-Trauma. Durch diese neuen Behandlungsmöglichkeiten entwickelt sich die Neurologie von einem eher diagnostischen zu einem immer stärker therapeutischen Fachgebiet.
Zusammenarbeit mit anderen Fachgebieten
Traditionell ist die Neurologie eng mit der Psychiatrie und Psychotherapie verbunden, da beide ursprünglich aus dem "Nervenarzt" hervorgegangen sind. Seit 1950 sind beide Fächer aber getrennt. Während sich Neurologen um organische Störungen des Nervensystems kümmern ("Hardware"), sind Psychiater für die seelischen Vorgänge und Erkrankungen zuständig ("Software"). Neurologen arbeiten auch eng mit anderen Fachgebieten zusammen, wie der Neurochirurgie, Neuroradiologie und Inneren Medizin.
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Voraussetzungen für die Ausbildung zum Neurologen
Um Neurologe zu werden, sind folgende Schritte notwendig:
- Abitur: Voraussetzung ist das Abitur.
- Medizinstudium: Anschließend ist ein Studium der Humanmedizin vorgeschrieben, das mindestens sechs Jahre und drei Monate dauert und mit dem Staatsexamen abschließt. Rund zehn Prozent der Studierenden bestehen die Prüfung nicht, und weitere fünf bis zehn Prozent brechen das Studium vorzeitig ab. Das Medizinstudium vermittelt Kenntnisse in allen medizinischen Teildisziplinen wie Allgemeinmedizin, Augenheilkunde, Chirurgie, Dermatologie, Humangenetik, Innere Medizin, Neurologie, Orthopädie oder Pathologie. Für ein Studium in Medizin müssen Kandidaten häufig einen Numerus Clausus erfüllen. Medizin kann man an zahlreichen Hochschulen überall in Deutschland studieren. Zu den beliebtesten Ausbildungsorten zählen die Charité - Universitätsmedizin Berlin, Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Johann Wolfgang Goethe Universität Frankfurt, LMU München, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, RWTH Aachen und die TU Dresden. Auch ein Studium im Ausland ist eine Option.
- Approbation: Nach erfolgreichem Abschluss des Medizinstudiums erhält man die Approbation, die Berechtigung, den Titel Arzt zu tragen.
- Facharztweiterbildung: Nach der Approbation beginnt die Facharztweiterbildung (auch Facharztausbildung genannt) zum Facharzt für Neurologie.
Persönliche Fähigkeiten
Neben den formalen Voraussetzungen sind auch bestimmte persönliche Fähigkeiten wichtig für den Beruf des Neurologen:
- Einfühlungsvermögen: Neurologen müssen sich gut in Menschen hineinversetzen und einfühlsam mit ihnen kommunizieren können, da sie oft lebensverändernde Diagnosen mitteilen.
- Analytisches Denken: Die oft sehr komplexen Krankheitsbilder erfordern neben sehr guten neuroanatomischen Kenntnissen auch analytisches Denken und ein gewisses "detektivisches" Gespür.
- Beobachtungsgabe: Eine ausgeprägte Beobachtungsgabe hilft, subtile Hinweise auf neurologische Erkrankungen zu erkennen.
- Handgeschick: Geschickte Hände sind wichtig für die Durchführung von Untersuchungen und Eingriffen.
- Selbstorganisation: Eine gute Selbstorganisation ist notwendig, um den Arbeitsalltag zu strukturieren und alle Aufgaben sorgfältig zu dokumentieren.
- Geduld: Eine wichtige Kompetenz ist Geduld.
- Resilienz: Ebenfalls wichtig ist Resilienz.
- Teamfähigkeit: Neurologen sollten teamfähig sein.
- Kommunikationsfähigkeit: Eine weitere wichtige Kompetenz ist Kommunikationsfähigkeit.
- Selbstständigkeit: Auch Selbstständigkeit ist wichtig.
- Verantwortungsbewusstsein: Verantwortungsbewusstsein ist ebenfalls eine wichtige Kompetenz.
- Keine Berührungsängste: Neurologen sollten keine Berührungsängste haben.
Die Facharztausbildung Neurologie
Die Facharztausbildung in der Neurologie dauert 60 Monate (5 Jahre). Diese Zeit wird bei einem Weiterbildungsbefugten an einer Weiterbildungsstätte gemäß § 5 Abs. 1, Satz 1 der Musterweiterbildungsordnung absolviert. Davon müssen 12 Monate in der Psychiatrie und Psychotherapie abgeleistet werden. Zudem sind 6 Monate in der intensivmedizinischen Versorgung im neurologischen Bereich zu verbringen.
Inhalte der Weiterbildung
Die Weiterbildung zum Facharzt für Neurologie umfasst folgende Inhalte:
- Vorbeugung, Erkennung, konservative Behandlung und Rehabilitation der Erkrankungen des zentralen, peripheren und vegetativen Nervensystems einschließlich der Muskulatur.
- Neurologisch-psychiatrische Anamneseerhebung einschließlich biographischer und psychosozialer Zusammenhänge, psychogener Symptome sowie somatopsychischer Reaktionen
- Indikationsstellung und Überwachung neurologischer, neurorehabilitativer und physikalischer Behandlungsverfahren
- Indikationsstellung und Auswertung neuroradiologischer Verfahren
- Interdisziplinäre diagnostische und therapeutische Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen der Gesundheitsversorgung wie der Krankengymnastik, Logopädie, Neuropsychologie und Ergotherapie
- Arzneimitteltherapie
- Tumortherapie
- Betreuung palliativmedizinisch zu versorgender Patienten
- Grundlagen von Schlaf- und Vigilanzstörungen
- Grundlagen der Verhaltensneurologie und der Neuropsychologie
- Grundlagen hereditärer Krankheitsbilder
- Hirntoddiagnostik
- Probengewinnung und -behandlung für Laboruntersuchungen und Einordnung der Ergebnisse
- Intensivmedizinische Basisversorgung
- Behandlung von Suchterkrankungen
- Durchführung und Befunderstellung von neurootologischen Untersuchungen, z.B.
- Einleitung von Maßnahmen zur Wiederherstellung der Selbständigkeit und Minderung der Pflegebedürftigkeit sowie zur Sicherung von Geschäftsfähigkeit bzw.
- Grundlagen der Antikörperdiagnostik und Therapie anderer Autoimmunerkrankungen des Zentralnervensystems einschließlich ZNS-Manifestationen von systemischen Autoimmunerkrankungen, paraneoplastischer und autoimmuner Erkrankungen, z.B.
- Diagnostik und konservative Therapie traumatisch verursachter Nerven- und Nervenwurzelkompressionen bzw.
- Qualifizierte Entzugsbehandlung aller stoffgebundenen Süchte, z.B.
- Neurologische Befunderhebung bei Störungen der höheren Hirnleistungen, z.B.
Logbuch
Das Ausbildungslogbuch ist ein verpflichtender Bestandteil im Rahmen der Facharztausbildung Neurologie. Es dient der Dokumentation der Inhalte und erworbenen Kenntnisse, die im Rahmen der Facharztausbildung vermittelt wurden. Seit 01.11.2020 haben die Landesärztekammern sukzessiv für alle neuen Ärzte/-innen eine digitale Version des Logbuchs eingeführt (eLogbuch), das ebenfalls verpflichtend ist. Ein Antrag auf Zulassung zur Facharztprüfung ohne ausgefülltes eLogbuch wird abgelehnt.
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Facharztprüfung
Die Facharztprüfung in der Neurologie ist die letzte Etappe auf dem Weg zum Facharzt. In der mündlichen Prüfung wird festgestellt, ob der Arzt bereits die Facharztreife besitzt. Nach bestandener Prüfung wird eine Facharzturkunde ausgestellt.
Arbeitsalltag und Tätigkeitsbereiche
Neurologen arbeiten in verschiedenen Bereichen:
- Krankenhäuser und Kliniken: Ein Großteil der Neurologen ist in Krankenhäusern und Kliniken angestellt. Hier übernehmen sie die Diagnostik und Behandlung von Patienten mit akuten und chronischen neurologischen Erkrankungen.
- Facharztpraxen: Viele Neurologen sind selbstständig in eigenen Facharztpraxen tätig. Hier betreuen sie ambulante Patienten und bieten spezialisierte Behandlungen an.
- Rehabilitationskliniken: Neurologen arbeiten auch in Rehabilitationskliniken, wo sie Patienten nach neurologischen Erkrankungen oder Verletzungen bei der Wiederherstellung ihrer Fähigkeiten unterstützen.
- Universitätskliniken: An Universitätskliniken sind Neurologen in Forschung und Lehre tätig. Sie bilden angehende Ärzte aus und forschen an neuen Behandlungsmethoden.
Typische Aufgaben
Der Arbeitsalltag eines Neurologen ist vielfältig und umfasst folgende Aufgaben:
- Patientenuntersuchung: Anamnese und körperliche Untersuchung sind die Grundlage der weiterführenden Diagnostik.
- Diagnostik: Veranlassung und Auswertung von bildgebenden Verfahren (CT, MRT) und elektrophysiologischen Untersuchungen (EEG, EMG).
- Therapie: Erstellung und Durchführung von individuellen Therapieplänen für Patienten mit neurologischen Erkrankungen.
- Dokumentation: Sorgfältige Dokumentation aller Befunde und Behandlungen in der Patientenakte.
- Beratung: Beratung von Patienten und Angehörigen über die Erkrankung, Behandlungsmöglichkeiten und Prognose.
Arbeitszeiten
Die Arbeitszeiten von Neurologen können variieren. In Krankenhäusern dominieren Schicht- und Notfalldienste das berufliche Pensum, während niedergelassene Fachärzte oft besser strukturierte Arbeitszeiten haben.
Gehalt eines Neurologen
Das Gehalt eines Neurologen variiert je nach Anstellung, Berufserfahrung und Position.
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- Assistenzärzte: Während der Facharztausbildung verdienen Assistenzärzte zwischen 4.850 Euro und 6.340 Euro brutto pro Monat (Stand: 2023). Das Gehalt orientiert sich an den Tarifverträgen des Arbeitgebers.
- Angestellte Fachärzte: Die Gehaltsspanne für angestellte Fachärzte für Neurologie bewegt sich zwischen 54.000 Euro und 122.000 Euro brutto im Jahr, was einem monatlichen Gehalt von 4.500 bis 10.000 Euro brutto entspricht.
- Niedergelassene Neurologen: Als alleinige Praxisinhaber kommen Neurologen auf einen Reinertrag von durchschnittlich 155.000 Euro im Jahr.
Perspektiven und Weiterbildungsmöglichkeiten
Die Berufsaussichten für Neurologen sind sehr gut. Infolge der zunehmenden Überalterung der Gesellschaft und der immer besseren medizinischen Versorgung ist absehbar, dass die Erkrankungen des Nervensystems zunehmen werden.
Spezialisierung
Neurologen können sich im Rahmen von Weiterbildungen auf verschiedene Gebiete spezialisieren, wie:
- Vaskuläre Neurologie: Behandlung von Durchblutungsstörungen des Gehirns (Schlaganfälle).
- Neuroonkologie: Behandlung von Tumorerkrankungen des Nervensystems.
- Neuroimmunologie: Behandlung von entzündlichen Erkrankungen des Nervensystems (Multiple Sklerose).
- Bewegungsstörungen: Behandlung von Parkinson-Syndromen und anderen Bewegungsstörungen.
- Demenzerkrankungen: Diagnostik und Behandlung von Demenzen.
Zusatzbezeichnungen
Im Anschluss an die Facharztweiterbildung Neurologie können weitere Zusatzbezeichnungen erworben werden, wie:
- Balneologische und Medizinische Klimatologie
- Betriebsmedizin
- Chirotherapie
- Flugmedizin
- Medizinische Genetik
- Notfallmedizin
- Physikalische Therapie
Es ist auch möglich, einen zweiten Facharzttitel in einem der Neurologie verwandten Gebiet wie der Psychiatrie zu erwerben.
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