Nie die Nerven verlieren: Tipps für mehr Gelassenheit im Alltag

Stress ist ein weit verbreitetes Problem, das viele Menschen im Alltag betrifft. Ob beruflicher Druck, familiäre Verpflichtungen oder alltägliche Kleinigkeiten - es gibt zahlreiche Stressoren, die uns aus der Ruhe bringen können. Doch wie gelingt es, in schwierigen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und nicht die Nerven zu verlieren? Dieser Artikel gibt Ihnen wertvolle Tipps und Strategien an die Hand, um Ihre innere Ruhe zu stärken und gelassener durchs Leben zu gehen.

Die Natur des Stresses verstehen

Oftmals ist Stress nicht die Situation selbst, sondern unsere Wahrnehmung und Bewertung dieser Situation. Psychologe Jens Eitmann erklärt: „Stress gibt es so eigentlich gar nicht. Es ist ein Resultat aus Selbstwahrnehmung, wenn man sich überfordert oder nicht wahrgenommen fühlt.“ Ein Stau beispielsweise wird erst dann zum Problem, wenn wir denken, zu spät zu kommen oder Zeit zu verlieren.

Perspektivenwechsel als Schlüssel zur Entspannung

Der Schlüssel zur Stressbewältigung liegt darin, eine Situation aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Verschiedene Therapieformen wie Musik-, Kunst- oder Sporttherapie, Entspannungsübungen, autogenes Training oder Erlebnispädagogik verfolgen alle das gleiche Ziel: die Reizbarkeit zu senken, indem man eine neue Sichtweise auf die Dinge entwickelt.

Sofortmaßnahmen für akute Stresssituationen

Wenn Sie merken, dass Sie in einer Situation die Nerven verlieren, können Ihnen folgende Sofortmaßnahmen helfen, wieder zur Ruhe zu kommen:

1. Frühzeitiges Erkennen von Wutanzeichen

Wer die Ruhe bewahren will, muss die Anzeichen für aufkeimende Wut früh erkennen. Alarmsignale zeichnen sich oft körperlich ab: ein Grummeln in der Magengegend, steigender Blutdruck, Zornesröte, selbst Tränen und Schwitzen können emotionalen Stress ankündigen. Dann gilt: Erstmal durchatmen und die Eskalation stoppen. Gewinnen Sie mentalen Abstand. Vielleicht sogar räumlichen, indem Sie kurz spazieren gehen oder wenigstens den Raum verlassen.

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2. Distanzierte Betrachtung der Situation

Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie die Situation aus mehr Distanz nüchtern und objektiv zu betrachten. „Was ist gerade wirklich passiert? Warum reagiere ich so? Warum regt mich das so auf? Ist es das wert?“ Ein solcher Perspektivwechsel schafft ebenfalls Abstand und lenkt den Fokus auf das Gesamtbild.

3. Positive Denkweise

Positiv Denken wird zu unrecht als Quacksalberei abgetan. Es bedeutet, seine Wahrnehmung bewusst zu lenken. Weg von Frustration, einem Defizit oder Mangel, hin zu den Möglichkeiten. Es bedeutet nicht, Negatives auszublenden. Aber jede Medaille hat zwei Seiten. Den Unterschied macht, worauf wir uns fokussieren: das Positive oder Negative? Wenn Sie also die Ruhe bewahren möchten, versuchen Sie die guten Seiten daran zu entdecken.

4. Akzeptanz des Unveränderlichen

Ruhe bewahren hat viel mit Gelassenheit zu tun. Beides lässt sich lernen und trainieren, indem Sie die Dinge akzeptieren, die Sie ohnehin nicht ändern können. Eine wichtige Erkenntnis aus dem Buddhismus lautet: „Der Ursprung all unserer Probleme ist unser Unvermögen, loslassen zu können.“ Versuchen Sie also nicht zwanghaft jedes Mal die Kontrolle zu behalten.

5. Atemtechniken

Auch wenn der Tipp wie eine Binsenweisheit klingt - tiefes Ein- und Ausatmen funktioniert und beruhigt sofort. Bewährt hat sich vor allem die sogenannte „Stern-Atemtechnik“, auch „4-6-8-Methode“ genannt.

6. Humor

Wer Dinge mit Humor nimmt, hat es leichter im Leben. Mehr noch: Lachen und Lächeln wirken direkt auf unsere Psyche - egal, ob es echt oder künstlich ist. Sobald Sie die Mundwinkel nach oben ziehen, interpretiert das Gehirn das als Zeichen, dass Sie glücklich sind. Effekt: Die Muskulatur entspannt, Glückshormone werden ausgeschüttet. Sind kommen innerlich zur Ruhe. Lachen Sie den Ärger also einfach weg.

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7. Sportliche Betätigung

Treiben Sie Sport! Am besten etwas, das so richtig auspowert. Stress lässt sich am besten körperlich abbauen. Mit der Ermattung danach setzt zugleich ein Glücksgefühl ein.

8. Musik

Musik hat ebenfalls massiven Einfluss darauf, wie wir uns fühlen. Wer Ruhe bewahren will, kann sich mit Entspannungsmusik oder langsamen Melodien sofort runterholen. Letztlich funktioniert alles, womit Sie positive Emotionen verbinden. Einfach Kopfhörer auf und für ein paar Minuten der Lieblingsmusik lauschen.

9. Stressball

Schnappen Sie sich einen Stressball und quetschen Sie den Druck weg. Der Sportpsychologe Jürgen Beckmann von der TU München konnte nachweisen, dass das Kneten entspannt und Denkblockaden löst.

10. Abkühlung

Unter akuter Aufregung sollten Sie sich buchstäblich abkühlen: Gesicht oder Arme unter kaltem Wasser oder an der frischen Luft.

Langfristige Strategien für mehr Gelassenheit

Neben den Sofortmaßnahmen gibt es auch langfristige Strategien, die Ihnen helfen können, Ihre innere Ruhe nachhaltig zu stärken:

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1. Entschleunigung des Alltags

Jeder kennt stressige Situationen: Sei es ein vollgestopfter Terminkalender, ein zu hoher Workload, Deadlines im Job, die immer näher rücken oder die typischen alltäglichen Kleinigkeiten - das Wetter passt nicht, die Bahn kommt zu spät, der Kaffeebecher wurde umgekippt -, die das Fass mal wieder zum Überlaufen bringen. All diese Dinge führen zu Stress und Anspannung. Jetzt kann es helfen, den Alltag zu entschleunigen und mit Bedacht und Ruhe zu handeln. Aber wie schafft man es, schwierige Situationen zu meistern, ohne die Nerven zu verlieren? Der Schlüssel zum Erfolg lautet: innere Ruhe! Und die gute Nachricht: Gelassenheit kann man lernen.

2. Ursachenforschung

In erster Linie sollte dem Stressfaktor erst einmal auf den Grund gegangen werden. Was löst den Stress aus? Ist es der Druck, 24/7 erreichbar zu sein oder sind es die kleinen Dinge im Leben, die einen aus der Ruhe bringen?

3. Akzeptanz und Loslassen

Es ist Zeit, zu akzeptieren, dass gewisse Dinge und die Handlung anderer Menschen nicht beeinflusst werden können. Kurzum: Es ist Zeit, seinen Frieden zu schließen, mit der Vergangenheit und den Ängsten aufzuräumen und zu vergeben. Loslassen und sich bewusst machen, dass man nicht immer die Kontrolle über alles haben kann, ist ein wichtiger Punkt für den inneren Frieden.

4. Stärkung des Selbstvertrauens

Fehler, Ängste oder Ärger über den Perfektionismus - oft liegt die Ursache an mangelndem Selbstvertrauen. Kritisches Denken führt schnell zu einer negativen Einstellung.

5. Entspannungsübungen

Dauerstress lässt einen schnell explodieren, daher ist es besonders wichtig, Aktivitäten zu finden, die einem Spaß machen und einen wieder zu seiner inneren Mitte bringen. Sport wie z. B. Yoga kann dabei helfen, den Alltag zu entschleunigen und Geist und Körper miteinander in Einklang bringen. Gezieltes Ein- und Ausatmen beeinflusst das Stresslevel und kann dabei helfen, nervenaufreibende Situationen gelassener zu meistern. Bewusstes Atmen verbindet Körper und Geist und schafft innere Ruhe. Unter Stress wird die Atmung meistens flacher. Das hilft: Aufrecht hinstellen, das Kinn anheben und die Brust vorschieben. Schultern locker nach unten hängen lassen und fünfmal tief durch die Nase einatmen - am besten zuerst in den Bauch - und dann durch den Brustraum und den Mund wieder ausatmen.

6. Ernährung und Lebensweise

Wenn du zurzeit stark gefordert bist, benötigst du dringend die richtige "Nervennahrung". Besonders eignen sich Lebensmittel mit Omega3-Fettsäuren - dazu gehören beispielsweise Fisch, Rapsöl und Nüsse. Nicht umsonst hat das Studentenfutter seinen Namen! Versorge deinen Körper statt mit Süßigkeiten lieber mit Vitaminen und Mineralstoffen. Besonders die B-Vitamine werden auch als "Nervenvitamine" bezeichnet, denn Sie hemmen Stresshormone und liefern Energie. Binde deshalb unbedingt Vollkornprodukte oder Hülsenfrüchte in deinen Speiseplan ein. Vitamin C wird für ein gesundes Immunsystem benötigt. Du findest es in allen Obst- und Gemüsesorten. Proteine unterstützen den erhöhten Energiebedarf des Körpers. Neben Fleisch ist dieses auch in Fisch, Eiern oder Milchprodukten enthalten.Um das Abfallen des Blutzuckerspiegels zu verhindern und kontinuierlich aus den aufgefüllten Reserven schöpfen zu können, sind mehrere kleine Mahlzeiten am Tag wenigen großen vorzuziehen. Als Hausmittel zur Nervenberuhigung eignen sich verschiedene Kräuter. Baldrian, Melisse, Hopfen oder Lavendel wirken wohltuend - als Tee oder Zusatz in der Badewanne. Greife auch in Stresssituationen nicht zu Nikotin und Alkohol! Der vermeintlich entspannende Effekt trügt: Zum einen besteht die Gefahr, diese auch zukünftig als Problemlöser zu sehen und Abhängigkeiten zu entwickeln. Zum anderen bewirken Zigaretten und alkoholhaltige Getränke auf Dauer eher das Gegenteil - fehlt der Stoff, an den sich der Körper gewöhnt hat, führt dies zu Nervosität und Unruhezuständen.

7. Soziales Umfeld

Wer ein sicheres soziales Netz hat, das ihn auch in schwierigen Lebensphasen auffängt, der kann mit diesen besser umgehen. Dazu gehören die Familie aber natürlich auch Freunde und Bekannte. Unabhängig davon, ob du über deine Probleme sprichst, von engen Vertrauenspersonen Hilfe erhältst oder einfach auf die Sicherheit eines Gemeinschaftsgefühls bauen kannst - Hauptsache, du bist nicht allein. Umgib dich mit Menschen, die dir gut tun und Kraft geben. Doch nicht nur in schlechten Zeiten solltest du den Kontakt suchen: Auch wenn es dir gut geht, haben Familie und Freunde deine Aufmerksamkeit verdient und sind schließlich im Ernstfall gern für dich da.

8. Selbstfürsorge

Der Schlüssel zur Nervenberuhigung lautet wohl „Kümmere dich gut um dich selbst“. Gelassenheit und Ruhe können nur aus deinem Inneren kommen. Doch dafür musst du zulassen, die negativen Gedanken zu durchbrechen und dich zu stärken. Gönne dir daher genug Zeit zum Auftanken - denn nur, wenn Anspannung und Entspannung in einem gesunden Gleichgewicht sind, fühlen wir uns wohl. Dabei können schon kleine Maßnahmen großes bewirken! Eine Ruhezeit am Abend, bei der du beispielsweise ab 20 Uhr Handy und Laptop ausschaltest und auch alle weiteren Pflichten und Aufgaben beendest, sorgt für ein gemächliches Ausklingen des Tages.Die gewonnene Zeit kannst du für autogenes Training oder ein Hobby, das dir einen Ausgleich bietet, ohne dich zu sehr zu fordern, nutzen. Hier bieten sich z. B. ruhige Übungen wie Yoga oder kreative Handarbeiten an. Läute rechtzeitig die Nachtruhe ein, denn nur mit ausreichend Schlaf bist du den Anforderungen des Tages gewachsen. Sorge außerdem für viel frische Luft und somit Tageslicht, um abends besser zur Ruhe zu finden.Nicht zuletzt solltest du klar deine Grenzen ziehen, um dich vor einer Überforderung zu schützen. Bürde dir selbst nicht zu viel auf und sag es auch anderen, wenn du das Gefühl hast, dass dir eine Aufgabe über den Kopf wächst. Das heißt natürlich nicht, dass du allen Schwierigkeiten aus dem Weg gehen solltest. Im Gegenteil: Lösungen für die eigenen Probleme zu finden, stärkt das Selbstvertrauen. In Zukunft wirst du in ähnlichen Situationen sicher besser die Nerven behalten. Es ist jedoch eine positive Grundeinstellung notwendig, um nicht nur das Problem, sondern auch mögliche Auswege daraus zu sehen. Diese kannst du dir aneignen - es bedarf nur etwas Übung.

9. Achtsamkeit

Gedanken und Bewertungen entstehen aus Sinneswahrnehmungen (Riechen, Sehen, Hören, etc.) und/oder Erinnerungen. Sie beeinflussen, wie sich etwas anfühlt (angenehm, unangenehm, neutral) und rufen dadurch unmittelbare Körper- und Verhaltensreaktionen (Herzklopfen, Weglaufen) hervor. Wer sich dieser Verbindung von Körper und Geist bewusst ist, fühlt sich weniger ausgeliefert und lernt zielgerichteter mit Grübelei und Sorgen umzugehen. Regelmäßige Atemübungen und Meditation helfen dabei, achtsamer zu leben.

10. Gedankenkontrolle

Jeder Mensch denkt am Tag zwischen 40.000 und 60.000 Gedanken. Der Großteil davon ist unbewusst. Fast 90 Prozent kreisen immer wieder um das Gleiche, insbesondere um Schwierigkeiten und Probleme. Gedanken sind Energie und haben die Kraft Gefühle zu erzeugen. Das Sprichwort „Mit der Zeit nimmt die Seele die Farbe der Gedanken an“ verdeutlicht diesen Zusammenhang. Menschen sind ihren Gedanken aber nicht hilflos ausgeliefert. Sie können lernen, diese bewusst auszuwählen und manipulative, ängstigende Gedanken loszulassen.

11. Gefühle annehmen

Leidvolle Gefühle wie Angst oder Unsicherheit rauben Energie und trüben die Lebensfreude. Sie haben aber auch einen Nutzen: Angst beispielsweise setzt Adrenalin frei. Dadurch steigt das Energielevel, der Körper macht sich bereit zur Flucht oder Verteidigung. Gefühle setzen aber nicht nur Hormone frei, sondern werden auch von Hormonen beeinflusst. Stressempfinden, Überforderung und Ängstlichkeit stehen in enger Wechselbeziehung mit den Hormonen. Wie stark Gefühle den Körper beeinflussen, zeigt sich z.B. daran, dass bei Frauen durch starken Stress die Regelblutung ausbleiben kann. Gefühle sind aber kein Schicksal, dem Menschen hilflos ausgeliefert sind. Wie im Umgang mit den Gedanken lohnt es sich Gefühle, bewusst wahrzunehmen und nicht wegzuschieben. Durch die aktive Auseinandersetzung können Empfindungen auf positiv beeinflusst werden.

12. Eigene Ressourcen kennen

Quälende Ängste und Sorgen, zehren auf Dauer an den Kräften. Um dennoch leistungsfähig zu bleiben, sollten die Batterien regelmäßig auflageladen werden. Dafür sollte man die eigenen Kraftquellen kennen. Die folgenden Fragen helfen dabei, den eigenen Ressourcen auf den Grund zu gehen:

  • Was stärkt mich?
  • Was tut mir gut?
  • Was mache ich gerne?
  • Wann fühle ich mich lebendig?
  • Was entspannt mich?
  • Wo fühle ich mich wohl?

Bei der Beantwortung dieser Fragen gibt es kein „Falsch“ oder „Richtig“. Entscheidend ist, dass sie positive Gefühle auslösen und dadurch die Lebensqualität verbessern. Was das ist, darauf muss Jede(r) seine persönliche Antwort finden.

Wann professionelle Hilfe ratsam ist

„Natürlich kann man nicht jede Nerverei mit einem anderen Blickwinkel aus der Welt schaffen“, gibt Eitmann zu. Wer zum Beispiel juristische Kriege führt, unter politischen Entscheidungen oder Mobbing leidet, kann sich die Welt nicht so leicht schön reden. Ist man jedoch grundsätzlich ein unsicherer, angespannter Mensch, regt sich häufig auf oder explodiert bei Kleinigkeiten, kann man das mit Therapien ändern. Dabei sind der Leidensdruck und der Wille etwas zu verändern gute Indikatoren, um die Notwendigkeit dafür zu prüfen.

Betroffene sollten mit einem Arzt sprechen, wenn sie sich dauerhaft unruhig und gereizt fühlen. Denn hinter diesen Symptomen verbergen sich manchmal auch behandlungsbedürftige, körperliche Ursachen (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, starker Bluthochdruck, Unterzuckerung bei Typ-1-Diabetes). Aber auch bestimmte psychische Erkrankungen wie z.B. Angststörungen oder Depressionen gehen mit Nervosität und innerer Unruhe einher. In diesen Fällen sollten psychotherapeutische Maßnahmen - beispielsweise eine Verhaltenstherapie - ergriffen werden.

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