Schutzengel nach Schlaganfall: Eine Geschichte von Hoffnung und Widerstandskraft

Ein Schlaganfall kann das Leben eines Menschen von einer Sekunde auf die andere verändern. Susanne Lietz erlebte dies mit nur 41 Jahren. Ihre Geschichte ist ein Zeugnis von Widerstandskraft, medizinischem Fortschritt und der Bedeutung von Schutzengeln im Alltag.

Der Tag, der alles veränderte

Am 30. Mai 2012 erlitt Susanne Lietz auf dem Weg zur Arbeit einen Schlaganfall. In der S-Bahn bemerkten Mitreisende ihren Zustand. Ein Mann bot ihr seinen Platz an, jemand öffnete das Fenster. In Mahlsdorf verließ sie die Bahn und erbrach sich, verspürte aber auch Erleichterung. Unbeirrt setzte sie ihre Fahrt fort. Am Bahnhof Friedrichstraße wollte sie noch Brötchen kaufen, als ihr plötzlich das Mobiltelefon entglitt. Eine unbekannte Frau eilte ihr zu, um Hilfe zu leisten und den Notarzt zu rufen. Susanne Lietz wollte jedoch zur Arbeit. Die Frau bestand darauf, dass sie einen Arzt brauche.

"Zeit ist Gehirn" - Der Kampf gegen die Uhr

In der Notaufnahme der Charité erkannte Neurologe Oliver Wengert schnell den Ernst der Lage. Susanne Lietz' Augen folgten seinem Finger nicht richtig, ihre Stimme war verwaschen, und ihr linker Mundwinkel hing herab. "Zeit ist Gehirn", ein Leitsatz der Schlaganfallspezialisten, wurde zur bitteren Realität. Neuroradiologe Christian Bauknecht erkannte auf den CT-Bildern, dass bereits Areale im Gehirn untergegangen waren. Die rechte Hirnhälfte war im hinteren und mittleren Drittel blasser, was das Sprach-, Seh- und Bewegungszentrum sowie das Stammhirn betraf.

Ein Gerinnsel blockierte die mittlere Hirnarterie in der rechten Gehirnhälfte. Nur ein dünner Blutfaden versorgte die Randbezirke. Glücklicherweise befand sich Susanne Lietz nur einen halben Kilometer von der Charité entfernt. Innerhalb einer Stunde erhielt sie das blutverdünnende Medikament, den "rekombinanten Plasminogenaktivator". Doch die Ärzte mussten feststellen, dass die Lyse bei diesem Mediainfarkt versagte.

Plan B: Ein gefährlicher Eingriff als letzte Option

Christian Bauknecht, Spezialist für mechanische Rekanalisation, entschied sich für Plan B. Mit einem Ballonkatheter erweiterte er die Engstelle im Kopf unter hohem Druck. Das Risiko einer Hirnblutung war hoch. Das Gefäß öffnete sich widerstrebend, blieb aber zu 80 Prozent verengt.

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Ungewissheit und die Frage nach dem "Warum?"

Währenddessen erreichte die Nachricht Susanne Lietz' Lebensgefährten Henry Fiedler, der gerade einen Umzugswagen steuerte. Nach stundenlangem Warten sah er seine Frau im künstlichen Koma, umgeben von Schläuchen und Kabeln. Mit 41 Jahren war Susanne Lietz zu jung für einen Schlaganfall.

Die Ärzte suchten nach den Ursachen. Im Gegensatz zu älteren Patienten, bei denen Gefäßverkalkung häufig die Ursache ist, waren Susanne Lietz' Gefäße sauber und elastisch. Neurologe Martin Köhnlein vermutete seltenere Ursachen wie Gerinnungsstörungen, ein krankes Herz, Bluthochdruck oder die langjährige hormonelle Verhütung. Zudem litt Susanne Lietz seit Jahren unter einer Herzrhythmusstörung.

Die Ärzte entdeckten auch eine weitere Anomalie: ein offenes Foramen ovale, ein Loch in der Vorhofscheidewand des Herzens, das normalerweise nach der Geburt verschlossen wird. In Kombination mit einer Aussackung, einem Vorhofseptum-Aneurysma, konnte dies die Bildung von Blutgerinnseln begünstigen, die ins Gehirn gelangen und einen Schlaganfall auslösen konnten.

Ein neuer Entschluss und ein erneuter Eingriff

Nach dem Schlaganfall rieten die Ärzte dringend zu einer Herzoperation. Susanne Lietz willigte ein. Am 18. Juni 2012 wurde sie erneut operiert. Kardiologe Ivan Diaz verödete im Rahmen eines minimalinvasiven Eingriffs die Zellen im Herzen, die den unnötigen zweiten Herzschlag auslösten. Während des Eingriffs kam Susanne Lietz kurz zu Bewusstsein und träumte von ihrer Hochzeit.

Schutzengel in der Not

Henry Fiedler schenkte Susanne Lietz nach dem Schlaganfall zwei Schutzengel: einen aus Bernstein und einen aus Holz. Sie symbolisierten die Hilfe und Unterstützung, die sie in dieser schweren Zeit erhielt.

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Der lange Weg zurück ins Leben

Nach dem Aufwachen aus dem künstlichen Koma war Susanne Lietz' linke Körperseite geschwächt. Eine Logopädin behandelte ihre Schluckstörung, und Physiotherapeutin Conni Dietl half ihr, wieder auf die Beine zu kommen. Trotz anfänglicher Schwierigkeiten und Kreislaufprobleme machte Susanne Lietz Fortschritte.

Fortschritte und bleibende Einschränkungen

Vier Wochen später konnte Neurologe Jan Sobesky bei der Visite feststellen, dass Susanne Lietz' Herz wieder im gesunden Sinusrhythmus schlug. Sie konnte lesen, schreiben, sprechen, essen und gehen. Allerdings blieben das Loch und die Aussackung im Herzen sowie das verengte Gefäß im Gehirn bestehen, was ein gewisses Risiko für einen erneuten Infarkt bedeutete. Susanne Lietz musste fortan das blutverdünnende Medikament Marcumar einnehmen.

Kurz vor der Entlassung aus der Charité ergab ein Gehirntest, dass Susanne Lietz' Aufmerksamkeit und ihr Langzeitgedächtnis beeinträchtigt waren.

Lehren und Schutzengel im Alltag

Susanne Lietz' Geschichte zeigt, wie schnell sich das Leben durch einen Schlaganfall verändern kann. Sie verdeutlicht aber auch die Bedeutung von schnellem Handeln, medizinischem Fortschritt und der Unterstützung durch Familie, Freunde und medizinische Fachkräfte. Die Schutzengel, die Susanne Lietz erhielt, symbolisieren die Hoffnung und den Glauben an eine positive Zukunft. Ihre Geschichte ermutigt, auf die eigene Gesundheit zu achten, Risikofaktoren zu minimieren und im Notfall schnell zu handeln.

Herzinfarkt und Schlaganfall: Einblick in das Leben Betroffener

Das Buch "Ein Leben nach dem Herzinfarkt und Schlaganfall" bietet Einblicke in das Leben von Menschen, die einen solchen Schicksalsschlag erlitten haben. Es zeigt, wie unterschiedlich Menschen mit dieser Erfahrung umgehen und wie sie versuchen, ein normales Leben zurückzugewinnen.

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Wenn jede Sekunde zählt: Zivilcourage rettet Leben

Die Geschichte von Ralf Kramer, der dank des beherzten Eingreifens von Günter Krings nach einem Schlaganfall gerettet wurde, verdeutlicht die Bedeutung von Zivilcourage. Während viele Passanten achtlos an dem zusammengebrochenen Mann vorbeigingen, handelte Krings sofort und rief den Krankenwagen. Seine Geschichte ist ein Appell an uns alle, aufeinander zu achten und im Notfall zu helfen.

Laienreanimation: Leben retten kann jeder

Die Geschichte von Thomas Rayer, der dank der schnellen Reaktion von Paul Main einen Herzinfarkt überlebte, zeigt, wie wichtig Laienreanimation ist. Main, der im Herzkatheterlabor arbeitet, erkannte sofort die Situation und begann mit der Reanimation. Rayer hatte Glück, dass er einen Spezialisten vor Ort und einen Defibrillator in der Nähe hatte. Main betont, dass der größte Fehler ist, nichts zu tun. Selbst wenn man nicht weiß, was man machen soll, sollte man sofort die 112 anrufen.

Defibrillatoren: Lebensretter im öffentlichen Raum

Dank der MVG befindet sich an jedem Bahnsteig in München ein Defibrillator. Main appelliert an alle, Defibrillatoren aufzuhängen und sie auch zu benutzen. Rayer plant, einen Erste-Hilfe-Kurs zu machen, um im Notfall helfen zu können.

Die München Klinik: Expertise für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die München Klinik ist eine der größten Kliniken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen in München. Die Experten der Klinik sind international bekannt und verfügen über langjährige Erfahrung. In den Herzkatheterlaboren der Klinik werden jährlich über 4000 Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen behandelt.

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