Die Universitätsklinik Tübingen, insbesondere das Zentrum für Neurologie, hat sich als eine führende Institution in der neurologischen Forschung etabliert. Unter der Leitung von Prof. Dr. bietet das Zentrum modernste Diagnostik und Therapie neurologischer Erkrankungen an. Die Klinik ist auf dem Gelände der Crona Kliniken angesiedelt. Seit 2001 bildet die renommierte Neurologische Universitätsklinik zusammen mit dem neugegründeten Hertie-Institut für klinische Hirnforschung bundesweit eines der größten und modernsten Zentren für Neurologie. Dies ermöglicht eine medizinische Behandlung und Forschung auf internationalem Spitzenniveau. Dank der breiten interdisziplinäreren Basis können Erkenntnisse aus der Forschung, z.B.
Das Hertie-Zentrum für Neurologie: Eine einzigartige Kooperation
Das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung (HIH) bildet gemeinsam mit der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Tübingen das „Hertie-Zentrum für Neurologie". Das Zentrum wurde mit dem im Jahre 2001 unterzeichneten Vertrag zwischen der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung und dem Land Baden Württemberg, der Universität Tübingen und ihrer medizinischen Fakultät sowie dem Universitätsklinikum Tübingen geschaffen. Die zugrunde liegende Bündelung öffentlicher Ressourcen und privater Stiftermittel ist deutschlandweit einzigartig.
Am HIH sind derzeit über 30 Arbeitsgruppen eingerichtet. 24 Professorinnen und Professoren und über 400 Mitarbeitende sorgen für einen reibungslosen Ablauf von klinischer Forschung, Behandlungs- und Ausbildungsarbeit.
Das Hertie-Institut für klinische Hirnforschung umfasst derzeit die folgenden 7 Abteilungen, wovon die ersten vier an der klinischen Versorgung beteiligt sind:
- Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen (Leitung: Prof. Dr. Ulf Ziemann)
- Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen (Leitung: Prof. Dr. Thomas Gasser)
- Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie (Leitung: Prof. Dr. Holger Lerche)
- Neurologie mit interdisziplinären Schwerpunkt Neuroonkologie (Leitung: Prof. Dr. Dr. Ghazaleh Tabatabai)
- Neuronale Dynamik und Magnetenzephalographie (Leitung: Prof. Dr. Markus Siegel)
- Zellbiologie neurologischer Erkrankungen (Leitung: Prof. Dr. Mathias Jucker)
- N3: Neurorehabilitation / Neuroprothetik / Neurotechnologie (Leitung: Prof. Dr.
Schwerpunkte in der Parkinson-Forschung
Die Universitätsklinik Tübingen hat eine lange Tradition im Bereich der Parkinson-Forschung und ist eines der führenden Zentren im Kompetenznetz Parkinson (KNP). Die Klinik bietet eine Spezial-Ambulanz für Patienten mit Parkinson-Syndromen. Ferner wurden bildgebende Verfahren zur Differentialdiagnose der Parkinson-Syndrome und zur Frühdiagnose entwickelt. Auch Methoden für Langzeittremor-Ableitung werden eingesetzt. Zudem werden Patienten mit Bewegungsstörungen versorgt, unter anderem durch Tiefe Hirnstimulation. Ansprechpartner für die Parkinson Ambulanz und Studien ist Dr.
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Forschungsschwerpunkt Ataxie
Ein weiterer wichtiger Forschungsschwerpunkt liegt auf Ataxie-Erkrankungen. Die Klinik ist Teil eines internationalen Netzwerkes zur Erforschung frühbeginnnender Ataxien (EOA registry). Auch Patienten mit bereits genetisch geklärter frühbeginnender Ataxie (z. B. Friedreich-Ataxie, AOA2, POLG, ARSACS) werden eingeschlossen. Aktuelle Studien in diesem Bereich umfassen:
- Feedback-Training bei degenerativer Ataxie: Diese Pilot-Therapiestudie untersucht, ob Patienten mit degenerativer Ataxie durch akustische Rückmeldung ihrer Rumpfbewegungen lernen können, ihre Rumpf-, Stand- und Gangkontrolle zu verbessern. Sie umfasst ein einstündiges Feedback-Training und ist Grundlage für eine geplante Langzeit-Trainingsstudie.
- Lagesinnstörungen und optimales Assessment bei afferenten Ataxien: Diese Diagnostikstudie hat es als Ziel, klinische Instrumente für die quantitative Erfassung des Schweregrades der propriozeptiven Komponente bei afferenten Ataxien zu entwickeln und zu vergleichen. Zudem soll das Ausmaß der propriozeptiven Einschränkungen bei verschiedenen Ataxien im Vergleich erhoben werden.
- PreAtaxia: Diese Assessment-Studie hat als Ziel zu identifizieren, welche Bewegungsmechanismen in welcher Weise bereits früh im Krankheitsprozess gestört sind, und welche funktionellen Ressourcen als Kompensation eingesetzt werden. Zudem soll sie helfen, Outcome-Parameter für eine künftige Interventionsstudie bei prämanifesten und frühen Ataxie-Patienten zu identifizieren.
- Sprechstörung (Dysarthrie) bei degenerativer Ataxie: Diese Diagnostikstudie untersucht und vergleicht die Komponenten der Sprechstörungen bei degenerativen Ataxien. Diese Studie umfasst eine einstündige Sprechdiagnostik und ist die Grundlage einer geplanten Behandlungsstudie für Dysarthrie bei Ataxie.
- Stürze bei Ataxie: Warum stürzen Patienten mit Ataxie und wie stürzen sie?: Diese Studie untersucht Risikofaktoren, Prädiktoren, Kontexte und Muster von Stürzen bei Patienten mit degenerativer Ataxie. Sie umfasst ein eintägiges umfassendes Baseline-Messung und eine 6-monatige Sensormessung im Alltag des Patienten.
- Videospiel-basiertes Ganzkörpertraining für Kinder und Jugendliche mit fortgeschrittener degenerativer Ataxie: Diese Therapiestudie nutzt ein neu entwickeltes videospiel-basiertes Trainingsprogramm um die Rumpf- und Extremitätenataxie bei Kindern und Jugendlichen mit fortgeschrittener degenerativer Ataxie zu behandeln.
Weitere Forschungsprojekte und Studien
Die Neurologische Klinik ist aktiv an zahlreichen weiteren klinischen Studien beteiligt. Diese dienen der Entwicklung und Erprobung neuer Medikamente oder Therapieverfahren sowie dem besseren Verständnis neurologischer Krankheiten. Klinische Studien sind ein wesentlicher Baustein der universitären Patientenversorgung und ermöglichen unseren Patienten, von Neuentwicklungen oft bereits vor der allgemeinen Marktzulassung zu profitieren. Einige Beispiele hierfür sind:
- Ambulante Behandlung von Patienten mit Lungenembolie und niedrigem Risiko mit dem oralen Faktor Xa-Inhibitor Rivaroxaban
- CMT1A Studie - CLN-PXT3003-06: Diese Studie untersucht die Wirksamkeit und Sicherheit des Medikaments PXT3003 bei Patienten mit Charcot-Marie-Tooth Type 1A (CMT1A) erforscht. Es handelt sich um eine randomisierte, Placebo-kontrollierte Studie der Phase III. Die Studie dauert 15 Monate mit Visitenabständen im Zeitraum von 3 Monaten und einigen Telefonvisiten. Im Rahmen der Screening-visite wird ein Gentest des PMP22-Gens durchgeführt. Eine multizentrische, einfach verblindete, randomisierte kontrollierte Studie.
- LANTIMA: Eine multizentrische, doppelblinde, randomisierte, Dysport-und Placebo-kontrollierte, integrierte Phase I/II- Dosiseskalations-und Dosisfindungsstudie zur Beurteilung der Sicherheit und Wirksamkeit von IPN10200 bei der Behandlung von Spastizität der oberen Extremität bei Erwachsenen (Abschnitt 2).
- RedCap: Prospektive Beobachtungsstudie von mit Botulinumtoxin A behandelten Dystoniepatienten zur Evaluierung des klinischen Verlaufs und der Lebensqualität der Patienten. Verantwortliche Abteilung ist die Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie.
- DECADE (Deciphering the CACNA1E developmental and epileptic encephalopathy): Eine natural history Studie zum natürlichen Verlauf der CACNA1E assoziierten entwicklungsbedingten und epileptischen Encephalopathie. Holger Lerche, Dr. Robert Lauerer-Braun, Dr. Verantwortliche Abteilung ist die Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen.
- Genetic Frontotemporal Dementia Initiative (GENFI): GENFI ist eine prospektive, multizentrische Diagnostik-Studie, welche den Grundstein dafür legen soll, dass zukünftige Therapien der frontotemporalen Demenz bereits eingeleitet werden können, noch bevor die ersten Demenzsymptome auftreten. Verantwortliche Abteilung ist die Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Neurodegenerative Erkrankungen
- DANCER: DANCER dient der Erhebung von Studiendaten gesunder Kontrollpersonen und Angehöriger neurodegenerativ Erkrankter.
- CLIP-5 (rekrutiert): A non-interventional, multicenter, observational study to evaluate effectiveness and safety of cladribine tablets (CT) in patients continuing treatment with cladribine tablets in year 5. Einschluss: RMS, Weiterführung Cladribin nach zwei abgeschlossenen Behandlungsjahren
- Confidence (kein Einschluss mehr möglich): Langzeitstudie zur Sicherheit und Wirksamkeit von Ocrelizumab bei Patienten mit Schubförmiger und Primär Progredienter Multipler Sklerose in der klinischen Praxis. Einschluss: ab 18 Jahre, erstmalige Behandlung mit Ocrelizumab (bei Einschluss bzw. vor maximal 30 Tagen).
- DiFuture ProVal-MS: Prospektive Studie zur Validierung eines multidimensionalen Entscheidungsscores zur Vorhersage des Therapieergebnis nach 24 Monaten bei unbehandelten Patienten mit einem klinisch isolierten Syndrom oder früher schubförmig-remittierender MS. Einschluss: CIS und RRMS
- DMSG Register (rekrutiert): Der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) initiierte 2001 den Aufbau eines MS-Registers für Deutschland mit dem Ziel, verlässliche Daten zur Multiplen Sklerose zu erfassen, etwa zu klinischen Charakteristika der MS, soziodemografischen Aspekten und zur Versorgungssituation der MS-Erkrankten. Diese Daten sollen die Grundlage für gezielte Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation von MS-Erkrankten liefern, auch unter gesundheitsökonomischen Aspekten. Träger des Projekts ist die in Hannover ansässige MS Forschungs- und Projektentwicklungs-gGmbH (MSFP-gGmbH), eine Tochtergesellschaft der von der DMSG, Bundesverband e.V. gegründeten Deutschen Multiple Sklerose Stiftung (DMS). Einschluss: MS Patienten
- EmBioPro-MS: Explorative study of emerging blood biomarkers in progressive multiple sclerosis (EmBioProMS)
- KKNMS: Krankheitsbezogenes Kompetenznetz Multiple Sklerose. Verantwortliche Abteilung ist die Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie
- PDY16744: Diese Phase II Studie prüft die Wirksamkeit und Sicherheit des Antikörpers BIVV020 innerhalb von drei Behandlungsarmen bei CIDP-Patienten. Es handelt sich um eine Open-label Studie, bei der jeder Teilnehmer die genaue Behandlungsdosis kennt und kein Placebo involviert ist. Im Rahmen dieser Studie soll die Häufigkeit der Erkrankung bei Patienten festgestellt werden, die eine Polyneuropathie und/oder Kardiomyopathie unbekannter Ursache haben. Es werden Verlaufsbeobachtungen mittels Muskel- und Nervenultraschall in zweiwöchentlichem und dreimonatlichem Abstand durchgeführt. Diese Messungen werden mit der routinemäßigen Elektrophysiologie, sowie klinischen Untersuchungen am Patienten verglichen. multifokaler motorischer Neuropathie (MMN). Es sollen Kriterien identifiziert werden, die die Grundlage zur Behandlungsentscheidung bei CIDP bzw. MMN-Patienten mit GAMUNEX 10%, in der klinischen Routine beeinflussen. Des Weiteren werden praxisübliche Behandlungsschemata erfasst.
- A randomized controlled double-blind three-arm parallel-group exploratory trial comparing personalized, non-personalized and sham repetitive transcranial magnetic stimulation.
Abteilungen und Schwerpunkte der Neurologischen Klinik
Die Neurologische Klinik der Universitätsklinik Tübingen ist in verschiedene Abteilungen unterteilt, die jeweils spezifische Schwerpunkte in Forschung und klinischer Versorgung haben:
- Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen: Die Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen ist die größte klinische Abteilung. Sie deckt ein weites Spektrum neurologischer Erkrankungen ab. Forschung, klinische Versorgung und ambulante Behandlung von Patientinnen und Patienten sind gleichermaßen wichtige Bereiche der Klinik. Ihre spezialisierten Stationen und Ambulanzen bilden die klinische Basis für die Forschungsgruppen der Abteilung.
- Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen: Die Abteilung für Neurologie mit Schwerpunkt neurodegenerative Erkrankungen verfügt über rund 20 Betten und konzentriert sich in ihrem klinischen Bereich auf neurodegenerative Erkrankungen wie Morbus Parkinson, Ataxien, spastische Spinalparalysen und Demenzen. Im Bereich der Forschung geht es darum, jenen genetischen Faktoren auf die Spur zu kommen, die für die Entstehung degenerativer Erkrankungen des Nervensystems verantwortlich sind.
- Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie: Die Abteilung Neurologie mit Schwerpunkt Epileptologie befasst sich vor allem mit Epilepsien und anderen anfallsartigen neurologischen Erkrankungen. Ziel ihrer Forschungsaktivitäten ist es, die molekularen Mechanismen vor allem genetisch bedingter, neurologischer Krankheiten mit gestörter neuronaler Erregbarkeit aufzuklären, ihr klinisches Erscheinungsbild differentialdiagnostisch verwertbar zu charakterisieren und gezielt neue Therapien zu entwickeln.
- Neurologie mit interdisziplinären Schwerpunkt Neuroonkologie: Die Abteilung Neurologie mit interdisziplinären Schwerpunkt Neuroonkologie unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. Ghazaleh Tabatabai beschäftigt sich mit dem gesamten Spektrum neuroonkologischer Erkrankungen und schlägt damit eine Brücke zwischen den Forschungsschwerpunkten Onkologie/Immunologie und Neurowissenschaften der Medizinischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen.
- Neuronale Dynamik und Magnetenzephalographie: Die Abteilung Neuronale Dynamik und Magnetenzephalographie erforscht, wie dynamische Interaktionen weitverteilter Nervenzellpopulationen Kognition und Verhalten hervorbringen. Wie entstehend aus neuronalen Interaktionen im Gehirn komplexe Prozesse wie Wahrnehmung, das Treffen von Entscheidungen oder motorisches Verhalten?. PD Dr. Justus Marquetand verstärkt mit seiner neuen Junior-Forschungsgruppe „Magnetomyographie“ die Abteilung für „Neuronale Dynamik und Magnetenzephalographie“ von Prof.
- Zellbiologie neurologischer Erkrankungen: Die Abteilung für Zellbiologie neurologischer Erkrankungen betreibt ausschließlich Forschung. Sie geht der Frage nach, durch welche zellulären und molekularen Mechanismen das Gehirn altert und warum manche Menschen im Alter dement werden. Im Zentrum der Forschung steht dabei die häufigste und schwerste Form der Altersdemenz, die Alzheimer-Erkrankung.
Innovation und Auszeichnungen
Die Forschungsarbeit der Universitätsklinik Tübingen wird regelmäßig durch Preise und Auszeichnungen gewürdigt. Ein Forschungsteam um Dr. Alona Shagan Shomron (MPI-IS), Prof. Syn Schmitt (Universität Stuttgart) und Prof. Daniel Häufle (HIH) entwickelt neue Ansätze für tragbare Assistenzsysteme, die mit „künstlichen Muskeln“ arbeiten und wurde dafür mit dem Innovationspreis der Parkinson Stiftung ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch an Dr. Peng Liu, Postdoc in der Forschungsgruppe von Prof. Esther Kühn, und Dr. Philipp Klocke, Assistenzarzt und Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Neurologischen Klinik bei Prof. Die Preise im Wert von jeweils 5.000€ wurden am 15. Oktober feierlich überreicht. Anlässlich des Weltschlaganfalltages am 29. Oktober begrüßen wir recht herzlich PD Dr. Annerose Mengel am HIH. Sie leitet ab sofort ihre eigene Forschungsgruppe "Schlaganfallerholung und Outcome“ in der Abteilung „Neurologie mit Schwerpunkt neurovaskuläre Erkrankungen“ von Prof.
Fazit
Die Universitätsklinik Tübingen und das Hertie-Zentrum für Neurologie stellen ein international renommiertes Zentrum für neurologische Forschung und Patientenversorgung dar. Durch die enge Verzahnung von Forschung und Klinik können neueste Erkenntnisse schnell in innovative Therapien umgesetzt werden, was den Patienten zugutekommt. Die vielfältigen Forschungsschwerpunkte und die interdisziplinäre Zusammenarbeit machen Tübingen zu einem wichtigen Standort für die Neurologie in Deutschland.
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