Die Neuritis, auch bekannt als Nervenentzündung, ist eine Erkrankung, die durch eine Entzündung eines oder mehrerer Nerven gekennzeichnet ist. Diese Entzündung kann zu einer Vielzahl von Symptomen führen, die von leichten Beschwerden bis hin zu schweren Funktionsstörungen reichen. In diesem Artikel werden wir die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlung von Neuritis im Detail untersuchen.
Was ist Neuritis?
Neuritis ist eine Entzündung eines oder mehrerer Nerven. Nerven sind die Kommunikationswege des Körpers, die Informationen zwischen dem Gehirn und dem Rest des Körpers übertragen. Wenn ein Nerv entzündet ist, kann er diese Informationen nicht mehr richtig übertragen, was zu einer Vielzahl von Symptomen führen kann.
Ursachen von Neuritis
Es gibt viele verschiedene Ursachen für Neuritis. Einige der häufigsten Ursachen sind:
- Infektionen: Virusinfektionen wie Herpes Zoster (Gürtelrose), Borreliose, Toxoplasmose, CMV, Tbc, Masern und Mumps können Neuritis verursachen. Bakterielle Infektionen können ebenfalls eine Rolle spielen.
- Autoimmunerkrankungen: Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose (MS), Neuromyelitis optica Spektrum Erkrankung - NMOSD, MOG-Antikörper Erkrankung - MOGAD, bei denen das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Gewebe angreift, können Neuritis verursachen.
- Verletzungen: Verletzungen durch Unfälle oder mechanische Kompression (z.B. Karpaltunnelsyndrom) können Nerven schädigen und zu Neuritis führen.
- Stoffwechselstörungen: Diabetes mellitus (diabetische Optikusneuropathie, diabetische Polyneuropathie) und Vitamin B12-Mangel können Nervenschäden verursachen. Auch urämische Optikusneuropathie kann eine Ursache sein.
- Toxine: Alkohol, Medikamente (Ethambutol, Chloramphenicol, Cisplatin, 5-Fluouracil, Cytarabin), Methanolvergiftung und Schwermetalle können Nerven schädigen und Neuritis verursachen.
- Durchblutungsstörungen: Akute ischämische Optikusneuritis (AION) kann ebenfalls eine Ursache sein.
- Andere Ursachen: Strahlenschädigung, posteriore Optikusneuropathie, Tabak-Alkohol-Amblyopie, Arteriitis temporalis, Lebert'sche hereditäre Optikusneuropathie (LHON), Pseudotumor cerebri, Kompression des N. opticus und genetische Faktoren können ebenfalls Neuritis verursachen.
Symptome von Neuritis
Die Symptome von Neuritis variieren je nach betroffenem Nerv und Schweregrad der Entzündung. Einige der häufigsten Symptome sind:
- Schmerzen: Nervenschmerzen können stechend, brennend, bohrend oder kribbelnd sein. Sie können auch als elektrisierende Schmerzempfindungen auftreten. Neuralgie zählt, neben Rückenschmerzen und Kopfschmerzen, zu den häufigsten Ursachen für chronische Schmerzen.
- Gefühlsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder andere Missempfindungen können auftreten.
- Muskelschwäche: Die Muskeln, die von dem betroffenen Nerv versorgt werden, können schwach werden. Es kann zu Einschränkungen in der Feinmotorik (z.B. Zugreifen) und Lähmungserscheinungen kommen.
- Empfindungsstörungen: Schon harmlose Reize wie leichte Berührung, Wärme, Kälte oder Druck auf der Haut können bei Betroffenen Schmerzen auslösen (Allodynie).
- Autonome Störungen: Durchblutungsstörungen und Schweißausbrüche können auftreten.
Spezifische Symptome je nach betroffenem Nerv
- Optikusneuritis (Sehnerventzündung):
- Subakutes Auftreten, Verschlechterung über 1-2 Wochen
- Sehstörung: Unscharf, Schleiersehen, dunkler
- Visusminderung von leichtgradig bis zur fast völligen Erblindung
- Gesichtsfelddefekt (gel. nur kleiner Gesichtsfelddefekt, meist zentral, aber auch peripher möglich)
- Farbentsättigung (Dyschromatopsie)
- Herabgesetztes Kontrastsehen (Häufiges Residualsymptom)
- Photopsien
- Pulfrich-Phänomen
- Afferenter Pupillendefekt
- Uhthoff-Phänomen: Verschlechterung des Sehens bei Temperaturerhöhung oder köperlicher Aktivität
- Temporale Abblassung der Papille (erst im Verlauf)
- Leichtes Papillenödem (ca. 30%)
- Perivaskuläre Einscheidungen
- Neuritis vestibularis (Entzündung des Gleichgewichtsnervs):
- Drehschwindel, bei dem sich die Umgebung zu drehen scheint
- Fallneigung in Richtung der betroffenen Seite
- Übelkeit, fast immer begleitet von Erbrechen
- Unfreiwillige Bewegungen der Augen (Nystagmus)
- Das Gehör ist nicht beeinträchtigt
Diagnose von Neuritis
Die Diagnose von Neuritis umfasst in der Regel eine körperliche Untersuchung, eine neurologische Untersuchung und verschiedene diagnostische Tests.
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- Anamnese: Der Arzt wird Fragen zu den Symptomen, der Krankengeschichte und möglichen Risikofaktoren stellen.
- Neurologische Untersuchung: Der Arzt wird die Sinneswahrnehmungen, die Motorik, die Koordination, die Reflexe und andere Körperfunktionen überprüfen.
- Elektrophysiologische Tests: Elektromyographie (EMG) und Elektroneurographie können helfen, die Funktion der Nerven zu beurteilen und den Ort und das Ausmaß der Nervenschädigung zu bestimmen. Die Messung der Nervenleitgeschwindigkeit via Elektroneurographie gehört ebenfalls zu den Untersuchungsmöglichkeiten.
- Bildgebende Verfahren: Magnetresonanztomographie (MRT) kann verwendet werden, um Entzündungen oder andere Anomalien im Nervensystem zu erkennen.
- Lumbalpunktion: In einigen Fällen kann eine Lumbalpunktion durchgeführt werden, um den Liquor (Gehirn- beziehungsweise Rückenmarksflüssigkeit) zu untersuchen und Entzündungen oder Infektionen auszuschließen.
- VEP (Visuell evozierte Potentiale): Typischerweise einseitige Latenzverzögerung, Amplitudenminderung und Verplumpung der Potentiale. VEP (in nur ca. 70-80% pathologisch). Multifokale VEPs mit höherer Spezifität.
- Ophthalmologische Untersuchung: Funduskopie in 2/3 d.F. unauffällig ("der Patient sieht nichts, der Arzt sieht nichts").
Behandlung von Neuritis
Die Behandlung von Neuritis zielt darauf ab, die Entzündung zu reduzieren, die Symptome zu lindern und die Nervenfunktion wiederherzustellen. Die Behandlung hängt von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung ab.
- Medikamentöse Therapie:
- Kortikosteroide: Entzündungshemmende Medikamente wie Kortikosteroide werden häufig eingesetzt, um die Entzündung zu reduzieren. Sie können oral eingenommen oder als intravenöse Infusion verabreicht werden. Gabe von Steroiden wohl ohne Effekt auf Langzeitergebnis, jedoch schnellere Besserung.
- Schmerzmittel: Rezeptfreie Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Paracetamol oder Ibuprofen können bei leichten Schmerzen helfen. Bei starken Schmerzen können Opioide erforderlich sein.
- Antidepressiva und Antikonvulsiva: Diese Medikamente werden häufig zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt, da sie die Nervenaktivität modulieren und Schmerzsignale blockieren können.
- Antivirale Medikamente: Wenn die Neuritis durch eine Virusinfektion verursacht wird, können antivirale Medikamente eingesetzt werden. Gegen bakterielle Infektionen verschreiben Mediziner oftmals Antibiotika.
- Immunsuppressiva: In einigen Fällen können andere immunsuppressive Medikamente verschrieben werden, um das Immunsystem zu unterdrücken und die Entzündung zu kontrollieren.
- Vitamin B12: Bei Vitamin B12-Mangel sollte Vitamin B12 supplementiert werden, da ein Mangel die Bildung und die Erhaltung der Schutzhülle um die Nerven (Myelinscheide) stören kann.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die Feinmotorik und die Fähigkeit zur Durchführung alltäglicher Aufgaben zu verbessern.
- Chirurgische Behandlung: In einigen Fällen, z. B. beim Karpaltunnelsyndrom, kann eine Operation erforderlich sein, um den Druck auf den Nerv zu entlasten.
- Alternative Therapien: Einige alternative Therapien wie Akupunktur, Homöopathie und Entspannungstechniken können ebenfalls zur Linderung von Neuritis-Symptomen beitragen.
- Plasmapherese: In schweren Fällen kann eine Plasmapherese in Betracht gezogen werden. Dabei wird Blutplasma aus dem Körper entfernt, gereinigt und dann wieder in den Körper zurückgeführt.
- Rehabilitation: Nach einer Sehnerventzündung kann die Sehkraft beeinträchtigt sein. Eine visuelle Rehabilitation kann helfen, die verbleibende Sehkraft zu maximieren und dem Patienten bei der Anpassung an mögliche Sehveränderungen zu unterstützen.
Hausmittel und Selbsthilfemaßnahmen
Hausmittel können Nervenschmerzen nicht beseitigen, aber tun bisweilen gut. Dazu zählen kühle Kompressen, warme Auflagen oder Bäder.
Spezifische Behandlungen für Optikusneuritis
Die Behandlung der Optikusneuritis kann Kortikosteroide umfassen, um die Entzündung zu reduzieren. Studien haben gezeigt, dass Kortikosteroide die Erholung der Sehkraft beschleunigen können, aber möglicherweise keinen Einfluss auf das langfristige Ergebnis haben.
Spezifische Behandlungen für Neuritis vestibularis
In den ersten Tagen kann die Gabe von Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit) und Antiverginosa (Medikamente gegen Schwindel) in Kombination mit Kortison sinnvoll sein. Anschließend ist es wichtig, frühzeitig ein Rehabilitationsprogramm zu beginnen: Mobilisierung mit Schulung der Gleichgewichtsfunktion im Stehen und Gehen auf ebenen und unebenen Flächen. Training der Fähigkeiten zur Blickfixierung.
Prognose von Neuritis
Die Prognose von Neuritis hängt von der Ursache und dem Schweregrad der Erkrankung ab. In vielen Fällen können sich die Symptome mit Behandlung bessern. In einigen Fällen kann es jedoch zu dauerhaften Nervenschäden kommen.
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- Optikusneuritis: Nach 4-6 Wochen Besserung der Symptomatik. Nach 2 Monaten bei 60% normale Sehschärfe. Nach 6 Monaten nur bei <10% Visus kleiner 0,5. Kontrastsehen auch langfristig häufig eingeschränkt, funktionell abe rmeist irrelevant. Rezidivrisiko nach 5 Jahren ca. 30%, nach 10 Jahren ca. Bei unauffälligem MRT: Innerhalb von 5 Jahren ca. 20-25% Wahrscheinlichkeit des Übergangs in eine Multiple Sklerose. Nach 10 Jahren Wahrscheinlichkeit <5%. Bei auffälligem MRT (Nachweis cerebraler Herde): Nach 10 Jahren ca 50%. Nach 15 Jahren ca. 75% Wahrscheinlichkeit ohne Vorliegen einer Kernspintomographie bei ca.
- Neuritis vestibularis: Die Prognose ist im Allgemeinen sehr gut, die meisten Patient*innen erhalten ihren normalen Gleichgewichtssinn zurück.
Prävention von Neuritis
Es gibt keine sichere Möglichkeit, Neuritis zu verhindern. Es gibt jedoch einige Dinge, die Sie tun können, um Ihr Risiko zu verringern:
- Lassen Sie sich gegen Infektionen impfen: Impfungen können dazu beitragen, Sie vor Infektionen zu schützen, die Neuritis verursachen können.
- Vermeiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum: Alkohol kann Nerven schädigen.
- Ernähren Sie sich gesund: Eine gesunde Ernährung kann dazu beitragen, Ihre Nerven gesund zu erhalten.
- Vermeiden Sie Stress: Stress kann Neuritis verschlimmern. Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung, autogenes Training oder Yoga helfen Ihnen dabei. Regelmäßiger Sport dient ebenfalls dazu, Stress abzubauen.
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