„Mein Fuß ist eingeschlafen!“ - Jeder kennt das Gefühl, wenn Arme oder Beine sich für einen Moment fremd anfühlen. Dieses Taubheitsgefühl und Kribbeln wird durch abgeklemmte Nerven verursacht. In solchen Fällen kann die Empfindungsstörung wieder rückgängig gemacht werden, indem der Betroffene die Sitz- oder Liegeposition verändert und somit wieder eine normale Durchblutung gewährleistet ist. Doch sind solche Empfindungsstörungen ein Dauerzustand, können sie auch schwerwiegendere Gründe haben.
Was ist ein eingeklemmter Nerv?
Ein "eingeklemmter Nerv" ist ein umgangssprachlicher Ausdruck für eine Nervenkompression. In der Medizin spricht man von einem eingeklemmten Nerv, wenn Nervengewebe unter Kompression oder Druck steht. Dabei üben umliegende Strukturen wie Muskeln, Sehnen oder Gewebe Druck auf einen Nerv aus. Dieser Druck stört die Signalübertragung und führt zu Symptomen wie Schmerzen, Kribbeln oder Taubheit. Es fühlt sich oft so an, als wäre der Nerv buchstäblich eingeklemmt.
Ursachen für einen eingeklemmten Nerv im Arm
Ein eingeklemmter Nerv kann praktisch überall am Körper vorkommen und stechende Schmerzen verursachen, die bei Bewegung schlimmer werden. Häufig betroffen sind Rücken, Nacken oder Schulter. Begleitet werden können die Schmerzen von Taubheitsgefühlen und Kribbeln. Von einem eingeklemmten Nerv ist die Rede, wenn Nerven durch umliegendes Gewebe wie etwa Muskeln, Knochen oder Sehnen zusammengedrückt werden. Dies kann ganz verschiedene Ursachen haben. Häufig sind es Muskelverspannungen, die auf den Nerv drücken oder ihn reizen.
Im Bereich der Schulter kann beispielsweise der Achselnerv betroffen sein. Dies macht sich durch Schmerzen an der Außen- oder Rückseite der Schulter bemerkbar. Auch zwischen Schulterblatt und Wirbelsäule liegen verschiedene Muskeln und Nerven, die Probleme bereiten können. Häufig sind Verspannungen die Ursache, seltener beispielsweise ein ausgerenktes Schultergelenk.
Ist ein Nerv im Bereich der Hand oder des Arms eingeklemmt, macht sich das beispielsweise durch folgende Symptome bemerkbar:
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- Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Händen, wie bei einer eingeschlafenen Hand
- Schmerzen
- Verlust des Tastsinns
- Probleme beim Greifen
Weitere mögliche Ursachen für Kribbeln in Armen, Händen oder Fingern sind eine Ellenbogenverrenkung oder Durchblutungsstörungen infolge von Gefäßkrämpfen:
- Ellenbogenverrenkung: Wenn der Ellenbogen nach einem Sturz auf den ausgestreckten Arm stark schmerzt, anschwillt und sich nicht mehr bewegen lässt, liegt vermutlich eine Ellenbogenluxation vor. In manchen Fällen löst sie auch Taubheitsgefühl oder Kribbeln in Unterarm oder Hand aus.
- Raynaud-Syndrom: Taube Finger, die kribbeln und weiß (blass) verfärbt sind, deuten auf das Raynaud-Syndrom hin. Dabei kommt es zu anfallsartigen, schmerzhaften Gefäßkrämpfen, die in einer vorübergehenden Mangeldurchblutung der Finger (seltener der Füße) resultieren. Nachdem die Finger wegen Blutmangels weiß geworden sind, verfärben sie sich im weiteren Verlauf blau und - sobald sich der Gefäßkrampf löst - schließlich rot.
Kubitaltunnelsyndrom:
Ein kurzer Aufprall oder ein Schlag auf den Ellenbogen genügen: Blitzartig breitet sich ein schmerzhafter „Stromschlag“ bis in die Spitze von Ring- und Kleinfinger aus. Normalerweise ist das unangenehme Gefühl schnell verklungen. Tritt der Schmerz aber häufig und auch „einfach nur so“ auf, kann es sich um ein Kubitaltunnelsyndrom handeln - eine Einengung des Ellennervs auf Höhe des Ellenbogens. Ein anderer Name dafür ist Sulcus-ulnaris-Syndrom (SUS). Um dauerhafte Schäden und eine Schwächung der Hand zu vermeiden, sollte diese Erkrankung zeitnah behandelt werden.
Das unangenehme Kribbeln im Arm geht nicht auf einen Knochen zurück, sondern auf den Ellennerv (Nervus ulnaris). Dieser Nerv verläuft an der Innenseite des Oberarms zum Ellbogenhöcker und von dort zu den Fingern. Anders als die meisten anderen Nerven im Körper liegt er oberflächennah und recht ungeschützt im Arm. Auf seinem Weg vom Rückenmark bis zur Hand muss der Ellennerv mehrere Engstellen passieren. Eine davon ist der Kubitaltunnel an der Innenseite des Ellenbogens. Dabei handelt es sich um eine knöcherne Rinne (Sulcus ulnaris), deren obere Seite durch ein festes Band aus Bindegewebe abgedeckt ist. Aus unterschiedlichen und nicht immer genau zu ermittelnden Ursachen kann dieses „Dach“ so straff werden, dass es den Nerv komprimiert. Die Druckerhöhung führt zu den typischen Beschwerden des Kubitaltunnelsyndroms: Sensibilitätsstörungen und Bewegungseinschränkungen bis hin zu Lähmungen. Der Ellennerv enthält sowohl sensible als auch motorische Fasern.
Karpaltunnelsyndrom:
Bei beiden Erkrankungen handelt es sich um sogenannte Engpasssyndrome, wobei das Karpaltunnelsyndrom häufiger vorkommt als das Kubitaltunnelsyndrom und daher bekannter ist. Auslöser ist in beiden Fällen die Quetschung eines Nervs an einer Engstelle. Beim Karpaltunnelsyndrom ist aber nicht der Ellennerv betroffen, sondern der Mittelarmnerv (Nervus medianus). Dieser verläuft auf seinem Weg vom Oberarm in die Handfläche durch den Karpaltunnel an der Innenseite von Handgelenk und Handwurzel.
Nährstoffmängel:
Eine Mangelversorgung bestimmter Mikronährstoffe kann ebenfalls hinter Kribbeln in Armen, Fingern oder Händen stecken. Mögliche Ursachen sind beispielsweise:
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- Magnesiummangel: Eine Unterversorgung mit dem Mineralstoff Magnesium kann Muskelkrämpfe, Kribbeln in Händen und Füßen sowie Herzrhythmusstörungen hervorrufen.
- Kaliumüberschuss: Ein Zuviel an Kalium im Blut kann unter anderem Missempfindungen wie Kribbeln in Füßen und Händen sowie Muskelschwäche verursachen und die Atmung beeinträchtigen.
- Vitamin-B12-Mangel: Kribbeln an Händen/Füßen kann ein Anzeichen für einen Mangel an Vitamin B12 (Cobalamin) sein. Weitere mögliche Mangelsymptome sind zum Beispiel Blutarmut (Anämie) und Gangstörungen.
Weitere Ursachen:* Ansteckungskrankheiten: Virale Infektionen wie Masern, Mumps oder die von Zecken übertragenen Erkrankungen FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis) sowie Borreliose können Entzündungen im zentralen Nervensystem auslösen, woraus möglicherweise Empfindungsstörungen resultieren.
- Alkoholmissbrauch: Die Abbauprodukte von Alkohol sind „giftig“ für unsere Nerven und können Taubheitsgefühle und Kribbeln auslösen. Längerfristiger oder dauerhafter Alkoholkonsum kann zu Nervenschädigungen führen. Die Nerven können sich nach Ende der Sucht allerdings wieder regenerieren.
- Diabetes Typ 1 und 2: Hervorgerufen durch einen dauerhaft erhöhten Zuckerspiegel (beispielsweise durch fehlendes Insulin (Typ 1) oder eine erworbene Insulinresistenz (Typ 2)) kann eine sogenannte diabetische Neuropathie (Schädigung der Nerven) entstehen.
Symptome eines eingeklemmten Nervs im Arm
Die Beschwerden, die ein eingeklemmter Nerv verursacht, hängen davon ab, wo er sich befindet. Mögliche Symptome sind:
- Plötzliche, stechende oder ziehende Schmerzen, die sich z. B. bei Bewegung verstärken
- Empfindungsstörungen (Parästhesien): Ein eingeklemmter Nerv kann unangenehme Empfindungen wie Kribbeln, Taubheit oder „Einschlafen“ der Gliedmaßen verursachen. Diese Störungen treten häufig im Bereich des betroffenen Nervs auf.
- Funktionsausfälle: Wird ein Nerv über längere Zeit gereizt (beispielsweise durch dauerhaften Druck oder Überlastung), kann das die Signalübertragung zur Muskulatur beeinträchtigen. Die Folge sind Lähmungserscheinungen oder Muskelschwäche, die jedoch oft vorübergehend sind und sich mit der Erholung des Nervs wieder zurückbilden.
- Sensibilitätsstörungen: Bei schwereren Fällen kann die Empfindlichkeit im betroffenen Bereich gestört sein, was sich durch ein vermindertes oder verstärktes Berührungsempfinden äußert.
- Schmerzen: Das Ausmaß der Schmerzen ist sehr unterschiedlich: Oft beginnt der Schmerz langsam und dumpf, nimmt aber mit der Zeit zu.
Diagnose eines eingeklemmten Nervs im Arm
Der Weg zu einer sicheren Diagnose besteht aus zwei, eventuell drei Schritten:
- Erstgespräch: Aufgrund der typischen Beschwerden bei einem Sulcus-ulnaris-Syndrom ist eine Verdachtsdiagnose rasch gestellt. Wichtig für die spätere Therapieplanung ist aber zu klären: Wie lange leidet die Patientin oder der Patient schon an den Symptomen? Und wie stark sind sie? Bei der körperlichen Untersuchung können sich die behandelnden Ärztinnen und Ärzte durch vorsichtiges Abklopfen der Innenseite des Ellenbogens ein ungefähres Bild machen, an welchen Stellen der Nerv klemmt.
- Elektroneurografie: Bei dieser Untersuchung wird gemessen, wie schnell der Nerv einen Reiz weiterleitet.
- Provokationstests: Provokationstests wie das Hoffmann-Tinel-Zeichen oder der Phalen-Test helfen dabei, einen eingeklemmten Nerv zu diagnostizieren. Durch gezielte Bewegungen oder leichten Druck auf den betroffenen Bereich können typische Symptome wie Schmerzen, Kribbeln oder Taubheitsgefühle ausgelöst oder verstärkt werden.
Behandlung eines eingeklemmten Nervs im Arm
Die Behandlung der Symptome von Empfindungsstörungen passt sich an das jeweilige Krankheitsbild an. Zudem gibt es Tipps, mit denen Sie Ihrem Nervensystem selbst etwas Gutes tun können. Neben dem Verzicht auf Nikotin sollten Sie auf ausreichende Bewegung achten. Beides ist gut für die Durchblutung und Gesundheit Ihrer Nerven. Auch eine vitaminreiche und ausgewogene Ernährung ist wichtig, um dem Nervensystem die richtigen Nährstoffe zu liefern.
Bei einem eingeklemmten Nerv ist es wichtig, die Beschwerden zu lindern und die Heilung zu fördern. Ärzte verschreiben oft entzündungshemmende und schmerzlindernde Medikamente.
Konservative Behandlung:
- Schonung und Ruhigstellung (z. B. durch Legen einer Schiene)
- Behandlung mit Kortisonspritzen
- Physiotherapie
- Gabe von Muskelrelaxanzien
Weitere Maßnahmen:
- Starke Belastung vermeiden: Ein gereizter oder eingeklemmter Nerv sollte entlastet werden. Das Tragen von schweren Dingen sollten Betroffene deshalb möglichst meiden.
- Vorsichtig bewegen: Ruckartige Bewegungen sind bei einem eingeklemmten Nerv schmerzhaft. Schonung und vorsichtige Bewegungen sind angesagt.
- Fehlhaltungen vermeiden: Sich gar nicht mehr zu bewegen, ist allerdings auch keine Lösung, denn Schonhaltungen können zu weiteren Problemen führen.
Operative Behandlung:
Operative Maßnahmen kommen infrage, wenn die Beschwerden trotz konservativer Behandlung bestehen bleiben. Je länger der Druck andauert, desto größer ist die Gefahr bleibender Schäden. Umso wichtiger ist es, den richtigen Zeitpunkt für eine Operation nicht zu verpassen. In diesen Fällen ist oft eine operative Entlastung erforderlich, um eine Verschlechterung zu verhindern.
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In einigen Fällen, besonders bei schwerwiegenden oder chronischen Nervenkompressionen, kann eine Operation zur Dekompression notwendig werden. Bei einem Bandscheibenvorfall kann beispielsweise ein minimalinvasiver Eingriff durchgeführt werden, um den Druck auf den betroffenen Nerv zu verringern und die Nervenwurzeln zu entlasten.
Hausmittel:
- Wärmebehandlung: Wärme hilft, verspannte Muskulatur zu lockern und den eingeklemmten Nerv zu entlasten.
- Massage und Gymnastik: Eine professionelle Massage oder sanfte Gymnastik wie Yoga können helfen, Verspannungen zu lösen und die Muskulatur zu lockern. Achten Sie darauf, dass die Übungen die Schmerzen nicht verstärken, sondern den Heilungsprozess unterstützen.
Vorbeugung eines eingeklemmten Nervs im Arm
Ein eingeklemmter Nerv kann im Alltag nicht nur schmerzhaft, sondern auch einschränkend sein. Die gute Nachricht: Mit gezielten Maßnahmen lässt sich das Risiko einer Nervenkompression deutlich reduzieren.
- Ergonomie am Arbeitsplatz: Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes hilft, eingeklemmten Nerven vorzubeugen. Bei sitzenden Tätigkeiten im Büro sind eine aufrechte Haltung, passende Stühle und Tische sowie Hilfsmittel wie Handauflagen sinnvoll. Wer überwiegend steht, profitiert von gut gedämpften Schuhen und regelmäßigen Pausen zur Entlastung der Gelenke. Beim Heben schwerer Lasten sollte die Kraft aus den Beinen kommen, um den Rücken zu schonen.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität beugt Verspannungen vor und stärkt die Muskulatur.
- Stressmanagement: Muskelverspannungen können durch Stress begünstigt werden.
- Übergewicht reduzieren: Ein gesundes Körpergewicht entlastet die Wirbelsäule und verhindert zusätzlichen Druck auf Nerven.
- Vermeiden Sie wiederholte Bewegungen, einseitige Belastungen oder langanhaltende Fehlhaltungen. Arbeiten mit ständig gebeugtem Handgelenk (z. B. Computerarbeit) oder unbewusster Druck, z. B. beim Schlafen, können Nerven einklemmen.
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