Das menschliche Gehirn, ein komplexes und faszinierendes Organ, ist der Sitz unseres Bewusstseins, unserer Intelligenz und unserer Persönlichkeit. Es steuert nicht nur lebenswichtige Körperfunktionen, sondern ermöglicht uns auch zu denken, zu fühlen, zu lernen und uns zu erinnern. Doch was wiegt dieses erstaunliche Organ eigentlich? Und was sagt das Gewicht eines Gehirns über seine Leistungsfähigkeit aus? Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte des Gehirngewichts, seine Entwicklung im Laufe der Evolution und seine Beziehung zur Intelligenz.
Gehirn-Evolution: Warum unser Gehirn so groß geworden ist
Im Laufe der Evolution hat sich das Gehirn als ein entscheidender Erfolgsfaktor für das Überleben herausgestellt. Besonders dem Menschen kam die Entwicklung zugute - hat dessen Gehirn doch im Vergleich zu anderen Säugetieren ein erheblich größeres Wachstum erfahren.
Das Gehirn eines Menschen wiegt knapp 1,5 Kilogramm. Damit ist es zwar nicht das schwerste, aber relativ zum Körpergewicht eines der größten Gehirne auf der Erde. Maßgeblich für das evolutionäre Wachstum des Menschengehirns war ein bestimmtes Gen. Das ARHGAP11B-Protein ist in den Mitochondrien vorhanden. Wie das Gen innerhalb der basalen Hirnstammzellen arbeitet, war bisher aber nicht bekannt.
Ein Team um Prof. Wieland Huttner vom Max-Planck-Institut für molekulare Zellbiologie und Genetik (MPI-CBG) entdeckte die Schlüsselrolle des Gens ARHGAP11B, das nur beim Menschen und unseren nächsten ausgestorbenen Verwandten, den Neandertalern und Denisova-Menschen, vorkommt. Dieses Gen bewirkt, dass sich die so genannten basalen Hirnstammzellen vermehren und dadurch mehr Nervenzellen gebildet werden können, was letztendlich zu einem größeren und gefalteten Gehirn führt.
Wachstum durch Kalziumstau
Takashi Namba, Postdoktorand in der Gruppe von Huttner, fand heraus, dass das ARHGAP11B-Protein in den Mitochondrien sitzt. Diese Organellen erzeugen den größten Teil der chemischen Energie in einer Zelle und werden daher oft als das Kraftwerk der Zelle bezeichnet. Die Forscher entdeckten, dass ARHGAP11B mit einem Protein in der Membran von Mitochondrien zusammenwirkt, welches eine Membran-Pore steuert.
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„Als Folge dieser Wechselwirkung schließen sich die Poren in der Membran und verhindern so den Austritt von Kalzium aus den Mitochondrien“, erklärt der Forscher. „Die dadurch entstehende höhere Kalziumkonzentration veranlasst die Mitochondrien, über den Stoffwechselweg ‚Glutaminolyse‘ chemische Energie zu erzeugen. Auf diese Weise kann ARHGAP11B basale Hirnstammzellen dazu bringen, einen größeren Pool von Stammzellen zu bilden“. Folglich können mehr Nervenzellen gebildet werden, was die Voraussetzung für ein größeres Gehirn ist.
Stoffwechselweg wie bei Tumorzellen
Eine erhöhte Glutaminolyse ist ein Kennzeichen von sich stark vermehrenden Zellen, insbesondere von Tumorzellen.
Das Gewicht des menschlichen Gehirns: Fakten und Zahlen
Das durchschnittliche menschliche Gehirn wiegt etwa 1300 Gramm, was ungefähr 1,3 Kilogramm entspricht. Es gibt jedoch eine gewisse natürliche Variation, wobei das Gehirn von Männern im Durchschnitt etwas schwerer ist als das von Frauen. Dies liegt hauptsächlich an den Unterschieden in der Körpergröße und -statur. Es ist wichtig zu betonen, dass diese Gewichtsunterschiede keine Aussage über die Intelligenz oder kognitiven Fähigkeiten einer Person treffen.
Gehirngröße im Vergleich: Mensch vs. Tier
Vergleicht man das menschliche Gehirn mit dem anderer Tiere, so zeigt sich ein interessantes Bild. Elefanten beispielsweise haben Gehirne, die mit etwa 4000 Gramm deutlich schwerer sind als die des Menschen. Auch Pottwale besitzen mit rund 8500 Gramm ein erheblich größeres Gehirn. Allerdings ist die Körpergröße dieser Tiere im Vergleich zum Menschen ebenfalls deutlich größer.
Um die Gehirngröße in Relation zur Körpergröße zu setzen, wird häufig der Enzephalisationsquotient (EQ) verwendet. Dieser Wert gibt an, wie stark die tatsächliche Gehirngröße eines Tieres von der erwarteten Gehirngröße für seine Körpergröße abweicht. Der Mensch hat einen relativ hohen EQ, was bedeutet, dass sein Gehirn im Verhältnis zur Körpergröße überdurchschnittlich groß ist.
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Gehirngröße und Intelligenz: Ein komplexes Verhältnis
Die Frage, ob ein größeres Gehirn automatisch intelligenter bedeutet, ist ein komplexes Thema, das in der Wissenschaft kontrovers diskutiert wird. Während einige Studien eine positive Korrelation zwischen Gehirngröße und Intelligenz festgestellt haben, zeigen andere Forschungsergebnisse, dass der Zusammenhang weniger eindeutig ist.
Absolute vs. relative Gehirngröße
Es ist wichtig, zwischen der absoluten und der relativen Gehirngröße zu unterscheiden. Wie bereits erwähnt, haben Elefanten und Wale größere Gehirne als Menschen, sind aber nicht unbedingt intelligenter. Die relative Gehirngröße, also das Verhältnis von Gehirnmasse zur Körpermasse, scheint ein besserer Indikator für Intelligenz zu sein.
Die Bedeutung der neuronalen Vernetzung
Aktuelle Studien deuten darauf hin, dass nicht die Anzahl der Nervenzellen allein entscheidend für die Intelligenz ist, sondern vielmehr die Art und Weise, wie diese Nervenzellen miteinander vernetzt sind. Ein effizientes Netzwerk ermöglicht eine schnellere und präzisere Informationsverarbeitung, was sich positiv auf die kognitiven Fähigkeiten auswirken kann.
"Neural Efficiency"-Hypothese
Die "Neural Efficiency"-Hypothese besagt, dass intelligente Gehirne weniger Energie verbrauchen, um kognitive Aufgaben zu lösen. Dies deutet darauf hin, dass eine effiziente neuronale Vernetzung eine entscheidende Rolle für die Intelligenz spielt.
Faktoren, die das Gehirngewicht beeinflussen
Das Gewicht des Gehirns kann von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden, darunter:
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- Genetik: Die genetische Veranlagung spielt eine wichtige Rolle bei der Bestimmung der Gehirngröße.
- Ernährung: Eine ausgewogene Ernährung, insbesondere in der frühen Kindheit, ist entscheidend für die optimale Entwicklung des Gehirns.
- Umweltfaktoren: Umweltfaktoren wie Stress, Toxine und soziale Interaktion können ebenfalls das Gehirngewicht und die Gehirnstruktur beeinflussen.
- Alter: Das Gehirn erreicht seine maximale Größe im jungen Erwachsenenalter und kann im Laufe des Lebens leicht schrumpfen.
- Geschlecht: Männer haben im Durchschnitt ein etwas größeres Gehirn als Frauen, was hauptsächlich auf Unterschiede in der Körpergröße zurückzuführen ist.
Das Gehirn: Mehr als nur Gewicht
Das Gehirn ist ein komplexes Organ, das aus verschiedenen Teilen besteht, die jeweils spezifische Funktionen erfüllen. Zu den wichtigsten Bestandteilen gehören:
- Großhirn: Der größte Teil des Gehirns, der für höhere kognitive Funktionen wie Denken, Lernen, Gedächtnis und Sprache zuständig ist.
- Kleinhirn: Spielt eine wichtige Rolle bei der Koordination von Bewegungen und dem Gleichgewicht.
- Hirnstamm: Verbindet das Gehirn mit dem Rückenmark und steuert lebenswichtige Funktionen wie Atmung, Herzschlag und Blutdruck.
- Zwischenhirn: Reguliert wichtige Körperfunktionen wie Schlaf, Hunger, Durst und Körpertemperatur.
Die Bedeutung der Hirnrinde
Die Hirnrinde, auch Cortex genannt, ist die äußere Schicht des Großhirns und spielt eine entscheidende Rolle bei höheren kognitiven Funktionen. Sie ist stark gefaltet, um die Oberfläche zu vergrößern und mehr Nervenzellen aufzunehmen. Die Anzahl der Nervenzellen in der Hirnrinde und die Art und Weise, wie sie miteinander vernetzt sind, sind wichtige Faktoren für die Intelligenz.
Das Gehirn trainieren: Nervenzellen vor dem Absterben bewahren
Menschen, genauso wie Elefanten, besitzen Nervenzellen, die im Laufe des Lebens zunehmend absterben. Bei Menschen sterben jene Nervenzellen am ehesten ab, die nicht verwendet werden. Das bedeutet, dass es wichtig ist, das Gedächtnis regelmäßig zu trainieren, so kann der Verfall aufgehalten werden. Am einfachsten gelingt Ihnen dies mit dem Gedächtnistraining.