Das menschliche Gehirn ist ein faszinierendes und komplexes Organ, das die zentrale Schaltstelle unseres Körpers darstellt. Es steuert nicht nur lebenswichtige Funktionen, sondern ist auch der Sitz unseres Bewusstseins, unserer Gedanken, Gefühle und Erinnerungen. In diesem Artikel werden wir uns genauer mit dem Gewicht des menschlichen Gehirns befassen und weitere interessante Fakten über dieses besondere Organ beleuchten.
Allgemeine Fakten zum Nervensystem
Das Nervensystem des Menschen wiegt etwa 2 kg, wobei auf das Gehirn rund 1,3 kg entfallen. Dies entspricht etwa drei Prozent des durchschnittlichen Körpergewichts. Das Nervensystem besteht aus Abermilliarden Nervenzellen und steuert bewusste und unbewusste Prozesse.
Die Nervenbahnen im Gehirn eines Erwachsenen sind etwa 5,8 Millionen Kilometer lang, was 145 Erdumrundungen entspricht. Je öfter wir eine Handlung wiederholen, desto stärker werden die Verbindungen zwischen den beteiligten Nervenzellen. Lernen ist also wie das Anlegen von Trampelpfaden im Gehirn: Je häufiger wir darauf gehen, umso leichter finden wir uns zurecht.
Das Gewicht des menschlichen Gehirns
Das menschliche Gehirn wiegt durchschnittlich etwa 1.300 Gramm. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen Männern und Frauen: Das Gehirn eines Mannes wiegt im Durchschnitt rund 1,4 Kilogramm, während das Gehirn einer Frau bei gleicher Körpergröße etwa 100 Gramm leichter ist. Es ist wichtig zu betonen, dass die Größe oder das Gewicht des Gehirns keineswegs auf die Intelligenz oder die Hirnleistung schließen lässt.
Obwohl Männer im Schnitt rund 23 Milliarden Nervenzellen im Gehirn besitzen, Frauen hingegen nur 19 Milliarden, gibt es keine Intelligenzunterschiede zwischen den Geschlechtern. Dies deutet darauf hin, dass die Gehirngröße beim Thema Intelligenz eine untergeordnete Rolle spielt.
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Die Struktur des Gehirns
Das Gehirn ist durch die Schädelknochen geschützt und von Hirnhäuten, den sogenannten Meningen, umgeben. Die einzelnen Gehirnteile sind in Flüssigkeit, dem sogenannten Liquor, gelagert und dadurch zusätzlich vor Stößen geschützt.
Das Gehirn wird orientierungsweise in fünf größere Abschnitte unterteilt:
- Großhirn: Nimmt 80 % der Hirnmasse ein und besteht aus einer rechten und einer linken Großhirnhälfte, die durch einen breiten Nervenstrang (den „Balken“) miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht des Großhirns bildet die Großhirnrinde, die auch als graue Substanz bezeichnet wird. Sie ist 2 bis 3 Millimeter dick und erhält ihre graue Farbe von den Zellkörpern der Neurone. Unterhalb der Großhirnrinde befindet sich die weiße Substanz. Das Großhirn ist für das Sprechen und Denken zuständig.
- Zwischenhirn: Verbindet Großhirn und Hirnstamm und besteht aus dem Thalamus, dem Hypothalamus und der Hypophyse. Im Zwischenhirn werden der Schlaf-Wach-Rhythmus, das Schmerzempfinden und die Körpertemperatur gesteuert. Die Hypophyse produziert zudem Hormone.
- Mittelhirn: Ein Teil des Hirnstamms, der an der Steuerung von Augenbewegungen, auditiven und visuellen Reflexen beteiligt ist.
- Kleinhirn: Ist ebenfalls in zwei Hälften geteilt und steuert das Gleichgewicht und die Koordination von automatisierten Bewegungsabläufen. Vermutlich ist das Kleinhirn auch an unbewussten Lernprozessen und am Spracherwerb beteiligt. Das Kleinhirn ist für Bewegungen zuständig.
- Nachhirn: Bildet den unteren Teil des Hirnstamms und geht in das Rückenmark über. Es enthält wichtige Zentren für die Steuerung von Atmung, Herzfrequenz und Blutdruck.
Die Funktionen des Gehirns
Das Gehirn ist die Steuerzentrale des gesamten Organismus. Es nimmt Sinneswahrnehmungen und Reize auf, verarbeitet sie und löst Reaktionen aus, die den Organismus am Leben erhalten. Über elektrochemische Prozesse werden Informationen über die Nerven an das Gehirn und vom Gehirn über die Nerven an Organe, Gewebe oder Muskeln weitergeleitet. Viele dieser Prozesse geschehen unbewusst, wie zum Beispiel Reaktionen des Körpers zur Aufrechterhaltung der Vitalfunktionen, die über das vegetative Nervensystem gesteuert werden. Bewusstsein, Denken, Fühlen und Erinnern sind die Folge komplexer Prozesse im Großhirn.
Das Gehirn ist das aktivste Organ des Menschen und verbraucht etwa ein Fünftel der gesamten vom Blut transportierten Sauerstoffmenge. Wird die Sauerstoffzufuhr für länger als zehn Sekunden unterbrochen, wird der Mensch bewusstlos, nach wenigen Minuten der Unterversorgung entstehen bleibende Hirnschäden oder es tritt der Hirntod ein.
Gehirngröße und Intelligenz: Ein komplexes Verhältnis
Die relative Größe des Gehirns in einem Tier wird häufig als Maß für dessen Intelligenz betrachtet. So haben Menschen mit 1,3 bis 1,5 Kilogramm deutlich kleinere und leichtere Gehirne als Pottwale (8,5 Kilogramm) und Elefanten (5 Kilogramm), doch bezogen auf die Körpermasse liegen sie auf den ersten Blick weit vorn im Tierreich: Das Denkorgan macht rund zwei Prozent ihres Gewichts aus.
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Allerdings ist das Verhältnis von Gehirngröße und Intelligenz komplizierter. Eine Studie von Forschern um den Anthropologen Jeroen Smaers vom University College London analysierte Daten zu Gehirngröße und Körpergewicht von Hunderten lebenden und ausgestorbenen Fledermausarten, Raubtieren und Primaten. Dabei zeigten sich über die Millionen von Jahren unterschiedliche Trends.
Bei Fledermäusen zum Beispiel verkleinerte sich das Gehirn in evolutionären Schrumpfphasen sehr viel langsamer als der Körper, was zu einem erhöhten relativen Gehirngewicht führte. Wahrscheinlich stecken adaptive Vorteile dahinter: Mit kleinerem Körper konnten die Tiere leichter in der Luft manövrieren, verfügten aber weiter über ausreichend kognitive Leistungsfähigkeit, um in unübersichtlichem Gelände zu navigieren und zu jagen.
Bei Primaten hingegen schrumpft das Gehirn in solchen Phasen ein bisschen schneller als der Körper. "Änderungen in der Körpergröße geschehen häufig unabhängig von Änderungen in der Gehirngröße - und umgekehrt", sagt Jeroen Smaers.
Effiziente Vernetzung statt schierer Größe
Aktuelle Studien zeigen, dass nicht die Nervenzellen selbst, sondern ihre Vernetzung untereinander ein wichtiger Faktor für die Intelligenz ist. Paradoxerweise gilt hier: weniger ist mehr! Mittels einer speziellen Form der Magnetresonanztomografie untersuchten Forscher die Dendritendichte im Gehirn von 259 Männern und Frauen. Dendriten sind Zellfortsätze, mit denen Nervenzellen Kontakte zu anderen Nervenzellen aufnehmen. Eine hohe Dendritendichte geht folglich mit einem stark vernetzten Gehirn einher.
Interessanterweise erzielten Probanden mit einer niedrigen Dendritendichte bessere Ergebnisse in IQ-Tests. Was zunächst paradox klingen mag, macht in Anbetracht der bereits 1988 postulierten „Neural Efficiency“-Hypothese durchaus Sinn: Der Psychologe Richard Haier untersuchte den Energieverbrauch im Gehirn von Probanden beim Lösen kognitiver Aufgaben. Dabei konnte gezeigt werden, dass Menschen mit hohen IQ-Werten einen niedrigeren Energieverbrauch beim Lösen der Aufgaben aufweisen als Menschen mit niedrigeren IQ-Werten.
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„Intelligente Gehirne“ zeichnen sich also durch eine schlanke und vor allem effiziente Vernetzung in bestimmten Hirnregionen aus. Eine geringe Dendritendichte konnte nämlich insbesondere in den parietalen und frontalen Hirnregionen nachgewiesen werden. Der Parietallappen integriert alle sensorischen Inputs wie Hören, Schmecken oder Riechen, welche anschließend im Frontallappen weiterverarbeitet werden. Diese Hirnregionen verarbeiten also eine Fülle an Informationen, die zu einem gewissen Rauschen führen. Um kognitiv anspruchsvolle Aufgaben zu lösen, muss man allerdings relevante Signale von irrelevantem Rauschen unterscheiden können. Eine geringe Dendritendichte vermindert hier also das Rauschen und erlaubt somit eine effiziente Verarbeitung eingehender Signale.