Meningitis ohne Erregernachweis: Ursachen, Diagnose und Behandlungsmethoden

Die Meningitis, in der Fachsprache auch als Hirnhautentzündung bekannt, ist eine Entzündung der Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen). Diese Entzündung kann durch verschiedene Erreger verursacht werden, darunter Bakterien, Viren, Pilze oder Parasiten. In manchen Fällen lässt sich trotz deutlicher Anzeichen einer Meningitis kein spezifischer Erreger nachweisen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnoseverfahren und Behandlungsmöglichkeiten der Meningitis, insbesondere im Kontext eines fehlenden Erregernachweises.

Was ist Meningitis?

Meningitis ist eine Entzündung der Schutzschichten (Hirnhäute) um Gehirn und Rückenmark. Sie kann infektiösen oder nicht-infektiösen Ursprungs sein. Die Entzündung betrifft die Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen), also die Bindegewebsschichten, die das zentrale Nervensystem umschließen. Wenn neben den Hirn- und Rückenmarkshäuten auch das Gehirn selbst betroffen ist, sprechen Fachleute von einer Meningoenzephalitis. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die durch das FSME-Virus ausgelöste Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME).

Wie viele Menschen erkranken an Meningitis?

In Deutschland ist die Verbreitung der Meningitis seit 2004 rückläufig, was vor allem durch neu verfügbare Impfstoffe gegen bakterielle Formen begründet wird. Die virale Meningitis kommt in den hiesigen Breitengraden mit jährlich etwa 30 Fällen pro 100.000 Menschen häufiger vor als die bakterielle Form, bei der es 0,5 bis vier Fälle pro 100.000 Personen im Jahr sind.

Ursachen der Meningitis

Die Ursachen für eine Meningitis sind vielfältig. Die häufigsten Auslöser sind Viren und Bakterien. Seltener sind Pilze, Parasiten, Autoimmunerkrankungen, Medikamente oder Krebserkrankungen die Ursache. Je nach Ursache unterscheidet sich der Verlauf und die Schwere der Erkrankung, was eine genaue Diagnose unerlässlich macht.

Virale Meningitis

Die virale Meningitis ist die häufigste Form der Hirnhautentzündung. Auslöser können unterschiedliche Viren sein, insbesondere Enteroviren wie ECHO-Viren und Coxsackie-Viren, die durch Schmier- und Tröpfcheninfektion übertragen werden. Auch Herpesviren, FSME-Viren, Mumps- und Masernviren sowie Influenzaviren können eine virale Meningitis verursachen. Die Ansteckung erfolgt je nach Virustyp unterschiedlich, beispielsweise durch Tröpfcheninfektion oder Zeckenbisse.

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Häufige virale Erreger

  • Coxsackie-Viren A und B (Hand-Fuß-Mund-Krankheit, Sommergrippe)
  • Herpes-Simplex-Virus Typ 1 und 2 (Lippenherpes, Genitalherpes)
  • FSME-Virus (Frühsommer-Meningoenzephalitis)
  • Varizella-Zoster-Virus (Windpocken, Gürtelrose)
  • Epstein-Barr-Virus (Pfeiffersches Drüsenfieber)
  • Mumps-Virus (Mumps)
  • Masern-Virus (Masern)
  • HI-Virus (HIV)
  • Polio-Virus
  • Röteln-Virus
  • Parvo-B19-Virus
  • SARS-CoV-2 (COVID-19)

Bakterielle Meningitis

Die bakterielle Meningitis ist seltener, aber deutlich gefährlicher als die virale Form. Sie wird durch Bakterien wie Pneumokokken, Meningokokken oder Listerien verursacht. Eine Infektion mit Meningokokken kann innerhalb weniger Stunden zu einer lebensbedrohlichen Sepsis führen. Durch Impfungen sind Meningokokken-Erkrankungen in Deutschland jedoch selten geworden.

Häufige bakterielle Erreger

  • Pneumokokken (Streptococcus pneumoniae)
  • Meningokokken (Neisseria meningitidis)
  • Staphylokokken
  • Enterobakterien (inkl. Pseudomonas aeruginosa)
  • Haemophilus influenzae Typ B
  • Streptococcus agalactiae (B-Streptokokken)
  • Listeria monocytogenes
  • Escherichia coli (bei Neugeborenen)

Aseptische Meningitis (Meningitis ohne Erregernachweis)

In manchen Fällen lässt sich trotz klinischer Anzeichen einer Meningitis kein spezifischer Erreger nachweisen. Dies wird als aseptische oder nicht-infektiöse Meningitis bezeichnet. Mögliche Ursachen hierfür sind:

  • Autoimmunerkrankungen (z.B. rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes, Morbus Behçet)
  • Bestimmte Medikamente
  • Tumorerkrankungen (Meningeosis carcinomatosa, Meningeosis leucaemica)
  • Entzündliche Erkrankungen (Sarkoidose)
  • Pilzinfektionen (Candidose, Kryptokokkose, Aspergillose)
  • Parasiten (Echinokokkose, Toxoplasmose)
  • Spezielle Bakterien (Tuberkulose, Neuroborreliose)

Wie gelangen die Erreger in den Körper?

Die Erreger einer Meningitis können auf verschiedenen Wegen in den Körper gelangen. Häufig erfolgt die Übertragung durch Tröpfcheninfektion beim Sprechen, Husten oder Niesen. Die Erreger siedeln sich dann in den Schleimhäuten des Nasen-Rachenraums an, dringen in Blutgefäße ein und gelangen über die Blutbahn zu den Hirnhäuten. Bei Entzündungen in der Nähe der Hirnhäute, wie Mittelohr- oder Nasennebenhöhlenentzündungen, kann sich die Erkrankung direkt auf das Nervenwasser und die Hirnhäute ausbreiten. Einige Viren, wie das FSME-Virus, werden durch Zecken oder Mücken übertragen.

Symptome der Meningitis

Die Symptome einer Meningitis können je nach Alter des Patienten und Art des Erregers variieren. Oft ähneln die ersten Anzeichen einem grippalen Infekt mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie allgemeinem Unwohlsein.

Typische Symptome bei älteren Kindern und Erwachsenen

  • Heftige Kopfschmerzen
  • Hohes Fieber (Achtung: Bei Kleinkindern ist auch eine zu niedrige Körpertemperatur möglich)
  • Nackensteifigkeit (Meningismus): Entzündungsbedingte Schmerzen machen es Betroffenen oft unmöglich, den Kopf auf die Brust zu legen.
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Licht- und Lärmempfindlichkeit
  • Abgeschlagenheit und Müdigkeit
  • Schläfrigkeit und Verwirrtheit
  • Neurologische Auffälligkeiten (Unruhe, Benommenheit, Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen bis zur Bewusstlosigkeit)
  • Hautveränderungen (Ausschlag, punktförmige Blutungen bei Meningokokken-Infektion)

Symptome bei Säuglingen und Kleinkindern

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome oft weniger eindeutig. Mögliche Anzeichen sind:

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  • Fieber oder Untertemperatur
  • Erbrechen
  • Reizbarkeit und Schläfrigkeit
  • Verweigerung der Nahrung
  • Weinen
  • Gewölbte Fontanellen (weiche Stellen zwischen den Schädelknochen)
  • Veränderungen des Verhaltens, der Befindlichkeit und des Ess- und Trinkverhaltens

Symptome bei älteren Personen

Bei älteren Personen können unspezifische Symptome wie Verwirrtheit oder eine Beeinträchtigung des Bewusstseins frühzeitig auftreten, während Fieber und Nackensteifigkeit fehlen können.

Meningismus

Ein wichtiger Hinweis auf eine Meningitis ist der Meningismus, der sich durch Nackensteifigkeit äußert. Dabei ist das Beugen des Kopfes zur Brust aufgrund entzündungsbedingter Schmerzen kaum möglich.

Klinische Zeichen zur Prüfung auf Meningismus

  • Lasègue-Zeichen: Bei diesem Test liegt die betroffene Person auf dem Rücken. Eine medizinische Fachkraft hebt ein Bein der Patientin oder des Patienten an und beugt es in der Hüfte. Kommt es dabei zu Dehnungsschmerzen im Rücken, Gesäß oder Bein, gilt der Test als positiv.
  • Brudzinski-Zeichen: Hierbei wird der Kopf der auf dem Rücken liegenden Person passiv nach vorn gebeugt. Lässt sich dadurch eine reflexhafte Bewegung von Knie- und Hüftgelenk auslösen, wird dies als positives Testergebnis gewertet.
  • Kernig-Zeichen: Die betroffene Person liegt flach auf dem Rücken. Eine zweite Person beugt daraufhin ein Bein der betroffenen Person, sodass 90-Grad-Winkel in Hüft- und Kniegelenk entstehen. Dann versucht sie, das Kniegelenk bei gebeugter Hüfte zu strecken.

Diagnose der Meningitis

Bei Verdacht auf Meningitis ist eine schnelle Diagnosestellung entscheidend, um schwere Komplikationen zu vermeiden. Neben der Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) und einer körperlichen Untersuchung sind folgende diagnostische Maßnahmen wichtig:

Anamnese

Ein ausführliches Anamnesegespräch ist wichtig, um mögliche Ursachen der Erkrankung zu erkennen. Dabei werden Fragen zu folgenden Aspekten gestellt:

  • Aktueller Impfstatus
  • Kontakt zu anderen Erkrankten
  • Aufenthalt in bestimmten Endemiegebieten
  • Lebens- und Arbeitsbedingungen
  • Hinweise auf eine Immunschwäche
  • Alkoholkonsum
  • Sexualleben
  • Kontakte zu Tieren
  • Kürzlich zurückliegende Reisen und Operationen

Körperliche Untersuchung

Bei der körperlichen Untersuchung werden spezielle Techniken eingesetzt, die unter anderem dem Nachweis einer Meningitis dienen, wie die oben genannten Meningismus-Zeichen (Lasègue-Zeichen, Brudzinski-Zeichen, Kernig-Zeichen).

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Blutuntersuchung

Im Blut lassen sich Entzündungszeichen und bei bakteriellen Infektionen oft auch der Erreger nachweisen. Wichtige Blutwerte sind Leukozyten, Differentialblutbild, C-reaktives Protein (CRP) und die Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit (BSG).

Lumbalpunktion

Die wichtigste diagnostische Maßnahme ist die Lumbalpunktion, bei der Nervenwasser (Liquor) aus dem Wirbelkanal entnommen und im Labor untersucht wird. Die Liquoruntersuchung ermöglicht den Nachweis von Entzündungszeichen und Krankheitserregern.

Vorgehensweise bei der Lumbalpunktion

  1. Ausschluss von Kontraindikationen: Vor der Lumbalpunktion muss mittels Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns ein möglicherweise erhöhter Hirndruck ausgeschlossen werden, insbesondere bei Bewusstseinsstörungen.
  2. Entnahme des Liquors: Mit einer speziellen Nadel wird am unteren Rücken eine Probe des Nervenwassers aus dem Rückenmarkskanal entnommen.
  3. Laboruntersuchung des Liquors: Der Liquor wird auf Entzündungszellen (Zelldifferenzierung), Bakterien, Viren und andere Erreger untersucht. Eine eitrig-trübe Färbung des Liquors kann bereits ein Hinweis auf eine bakterielle Meningitis sein.

Ansatz zur Liquoruntersuchung bei Meningitis

Die Zelldifferenzierung im Liquor ist entscheidend für die Identifizierung der Ätiologie der Meningitis.

Bildgebende Verfahren

Insbesondere bei Bewusstseinsstörungen ist eine Untersuchung des Gehirns über MRT (Magnetresonanztomographie) oder CT (Computertomographie) erforderlich, um andere Ursachen auszuschließen und Komplikationen zu vermeiden. Auch bei Betroffenen ohne Bewusstseinsstörungen werden bildgebende Verfahren zur Differentialdiagnose eingesetzt.

Weitere Untersuchungen

Je nach Patient, Schweregrad und Ursache der Meningitis können weitere Untersuchungen notwendig sein, um über die richtige Behandlungsstrategie zu entscheiden und Komplikationen zu vermeiden. Dazu gehören:

  • Rachenabstrich
  • Elektroenzephalografie (EEG)
  • Verschiedene Laboruntersuchungen

Behandlung der Meningitis

Die Behandlung der Meningitis richtet sich nach der Ursache der Erkrankung.

Bakterielle Meningitis

Eine bakterielle Meningitis ist ein Notfall und muss so schnell wie möglich mit Antibiotika behandelt werden, um einen schweren oder sogar tödlichen Verlauf zu verhindern. Die Antibiotikagabe erfolgt intravenös im Krankenhaus. Bei Verdacht auf eine bakterielle Meningitis beginnen Ärztinnen und Ärzte die Therapie mit mehreren Antibiotika sofort, auch wenn die Ergebnisse der Laboruntersuchungen noch nicht vorliegen.

Zusätzliche Maßnahmen bei bakterieller Meningitis

  • Kortikosteroide: Bei Pneumokokken-Meningitis kann entzündungshemmend wirkendes Kortison Komplikationen vorbeugen. Bei Meningokokken-Meningitis mit Beteiligung des Hörnervs kann die Gabe von Kortison ebenfalls sinnvoll sein.
  • Isolation: Meningokokken-Erkrankte sind bis 24 Stunden nach Beginn der Antibiotika-Therapie ansteckend und werden daher für diese Zeit isoliert.
  • Prophylaktische Antibiotikabehandlung: Enge Kontaktpersonen in Familie, Kindergarten oder Schule erhalten möglicherweise vorbeugend eine Antibiotikabehandlung.

Virale Meningitis

Bei der viralen Meningitis werden in erster Linie die Symptome behandelt, unter anderem durch:

  • Sicherstellung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr
  • Schmerzmittel
  • Fiebersenkende Medikamente
  • Arzneimittel gegen Übelkeit

Bei Verdacht auf eine virale Infektion durch Herpesviren kann vorsorglich ein Medikament gegen Herpesviren (Aciclovir) verabreicht werden. Sobald Herpesviren durch Laboruntersuchungen als Ursache ausgeschlossen wurden, kann das Medikament abgesetzt werden.

Behandlung bei fehlendem Erregernachweis

Wenn kein Erreger nachgewiesen werden kann, erfolgt eine symptomatische Behandlung. Je nach vermuteter Ursache können weitere spezifische Therapien in Betracht gezogen werden, beispielsweise bei Verdacht auf eine Autoimmunerkrankung.

Supportive Therapie

Unabhängig von der Ursache der Meningitis ist eine supportive Therapie wichtig, um Komplikationen zu vermeiden und die Genesung zu fördern. Dazu gehören:

  • Überwachung der Vitalfunktionen
  • Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolythaushaltes
  • Behandlung von Krampfanfällen
  • Linderung von Schmerzen und Übelkeit

Prävention

Gegen einige Meningitis-Erreger gibt es Impfungen, die einer Hirnhautentzündung vorbeugen können. Dazu zählen Impfungen gegen:

  • Pneumokokken
  • Haemophilus influenzae Typ b (Hib)
  • Meningokokken (Serogruppen B und C)
  • Masern
  • Mumps
  • Windpocken
  • FSME (in Risikogebieten)

Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt bestimmte Impfungen als Bestandteil der Grundimmunisierung für Kinder. Eine Impfung gegen Meningokokken C wird für alle Kinder im Alter von zwölf Monaten empfohlen. Eine fehlende Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.

Mögliche Komplikationen und Spätfolgen

Meningitis kann trotz Behandlung zu Komplikationen und Spätfolgen führen, insbesondere bei bakteriellen Infektionen. Mögliche Komplikationen sind:

  • Hirnödem (Schwellung des Gehirns)
  • Sepsis (Blutvergiftung)
  • ARDS (akutes Atemnotsyndrom)
  • Waterhouse-Friderichsen-Syndrom (bei Meningokokken-Sepsis)
  • Schlaganfall
  • Hirnabszess

Mögliche Spätfolgen sind:

  • Hörverlust
  • Gedächtnisprobleme
  • Lernschwierigkeiten
  • Epilepsie
  • Nierenversagen
  • Neurologische Defizite
  • Psychische Probleme

In schweren Fällen kann eine Meningitis auch tödlich verlaufen.

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