Alpha-Wellen: Funktion und Wirkung auf das Gehirn

Vor etwa 100 Jahren entdeckte der Neurologe und Psychiater Hans Berger die Existenz von Hirnwellen und erfand damit das Elektroenzephalogramm (EEG). Heute wissen wir, dass verschiedene Arten von Wellen mit bestimmten Bewusstseinszuständen zusammenhängen. Alphawellen, ein wichtiger Bestandteil dieser Hirnaktivität, spielen eine besondere Rolle bei Entspannung, Aufmerksamkeit und Lernprozessen.

Entdeckung der Hirnwellen durch Hans Berger

Vor rund einem Jahrhundert gelang dem deutschen Neurologen und Psychiater Hans Berger ein bahnbrechender Durchbruch. Er entdeckte, dass das Gehirn elektrische Aktivität erzeugt, die er als Hirnwellen bezeichnete. Mittels einer Elektrode, die er an einer offenen Stelle am Schädel eines Patienten platzierte, konnte er die elektrische Aktivität der Großhirnrinde ableiten. Dies war die Geburtsstunde des Elektroenzephalogramms (EEG), eines Instruments, das bis heute verwendet wird, um Hirnwellen zu messen und zu analysieren. Berger erkannte, dass diese Hirnwellen in unterschiedlichen Frequenzen auftreten, von sehr langsamen bis hin zu über 100 Schwingungen pro Sekunde.

Hirnwellen entstehen durch die koordinierte Aktivität von Nervenzellen, die sich zusammenschalten und gemeinsam elektrische Impulse aussenden. Diese Impulse ermöglichen es auch weit entfernten Hirnarealen, miteinander zu kommunizieren.

Die verschiedenen Arten von Hirnwellen

Das Gehirn produziert eine Vielzahl von Hirnwellen, die jeweils mit unterschiedlichen Bewusstseinszuständen und mentalen Aktivitäten verbunden sind. Zu den wichtigsten Arten von Hirnwellen gehören:

  • Delta-Wellen (1-3 Hz): Diese langsamen Wellen treten vor allem im Tiefschlaf auf und sind mit tiefer Entspannung verbunden.
  • Theta-Wellen (4-7 Hz): Theta-Wellen sind typisch für den leichten Schlaf, Meditation und tiefe Entspannung. Sie können auch mit Tagträumen und innerer Konzentration in Verbindung gebracht werden.
  • Alpha-Wellen (8-12 Hz): Alphawellen treten vor allem bei geschlossenen Augen auf und werden durch Betawellen ersetzt, wenn die Augen geöffnet werden (Berger-Effekt). Sie kennzeichnen einen Zustand der Entspannung und entspannten Wachheit.
  • Beta-Wellen (13-30 Hz): Beta-Wellen dominieren im Wachzustand, insbesondere bei Konzentration, Problemlösung und geistiger Aktivität.
  • Gamma-Wellen (30-100 Hz): Gamma-Wellen sind die schnellsten Hirnwellen und werden mit Lernprozessen, Gedächtnis, Bewusstsein und Problemlösung in Verbindung gebracht.

Obwohl sich die verschiedenen Arten von Hirnwellen im Gehirn überlagern, haben Forscher wie Ilka Diester Techniken entwickelt, um sie einzeln zu betrachten und ihre spezifischen Funktionen zu untersuchen.

Lesen Sie auch: Faszination Nesseltiere: Wie sie ohne Gehirn leben

Alpha-Wellen im Detail

Was sind Alpha-Wellen?

Alpha-Wellen sind Hirnwellen im Frequenzbereich zwischen 8 und 12 Hz. Sie treten vor allem auf, wenn wir uns in einem Zustand der Entspannung oder entspannten Wachheit befinden, meist bei geschlossenen Augen. Eine verstärkte Alpha-Aktivität im Gehirn kann gezielt erzeugt werden und führt zu Entspannung, erhöhter Konzentration und gesteigerter Aufmerksamkeit.

Wie wirken Alpha-Wellen?

Alpha-Wellen haben eine beruhigende und entspannende Wirkung auf den Körper. Sie helfen uns, uns von äußeren Einflüssen zu distanzieren und uns auf unsere Innenwelt zu konzentrieren. Im Alphazustand denken wir tendenziell weniger und analysieren nicht mehr so viel.

Alpha-Wellen und Lernen

Alphawellen unterstützen konzentriertes und effektives Lernen. Lozanov fand heraus, dass klassische Musik den Alpha-Zustand im Gehirn verursacht. Die genauen Mechanismen, wie klassische Musik Alphawellen auslöst, sind jedoch noch unklar. Lernmusik und Alphawellen können auch beim Einschlafen helfen.

Alphawellen und Aufmerksamkeit

Eng verknüpft mit Aufmerksamkeitsprozessen sind die Alpha-Wellen in unserem Gehirn, deren Stärke die Höranstrengung des Zuhörers anzeigen. Neurowissenschaftler der Forschungsgruppe Auditive Kognition an der Universität zu Lübeck und am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig haben untersucht, wie die Modulation dieser Wellen im Gehirn es ermöglicht, trotz Ablenkung zuzuhören.

"Die Größe der Alpha-Wellen erhöht sich jeweils auf der Seite im Gehirn, auf der zu hören ist, was wir als wichtig erachten", erklärt Studienleiter Malte Wöstmann. "Der Unterschied im Ausschlag der Alpha-Wellen zwischen der linken und der rechten Gehirnhälfte verrät also, ob ein Zuhörer die Aufmerksamkeit nach links oder rechts richtet."

Lesen Sie auch: Lesen Sie mehr über die neuesten Fortschritte in der Neurowissenschaft.

Alpha-Wellen bei Kindern

Zwischen dem fünften und achten Lebensjahr kommt es zu einer Veränderung der Gehirnwellen bei Kindern. Sie entwickeln nun Alphawellen mit einer Frequenz von 8-13 Zyklen pro Sekunde. Zu diesem Zeitpunkt bildet sich der analytische Verstand aus, und das Kind beginnt, die Gesetzmäßigkeiten seiner Umwelt zu interpretieren und Schlüsse daraus zu ziehen.

Wie man Alpha-Wellen aktivieren kann

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Alpha-Wellen-Aktivität im Gehirn zu fördern:

  • Entspannungstechniken: Meditation, Yoga und Atemübungen können helfen, den Geist zu beruhigen und die Alpha-Wellen-Produktion zu erhöhen.
  • Musik hören: Bestimmte Arten von Musik, insbesondere klassische Musik und spezielle "Alphawellen-Musik", können die Alpha-Wellen-Aktivität stimulieren.
  • Augen schließen: Das Schließen der Augen reduziert sensorische Informationen und fördert den Übergang in den Alphazustand.
  • Aufmerksamkeit nach innen richten: Sich auf die eigenen Gedanken und Gefühle zu konzentrieren, anstatt auf äußere Reize, kann ebenfalls die Alpha-Wellen-Aktivität erhöhen.
  • brainLight-Systeme: Diese Systeme nutzen audiovisuelle Stimulation, um den Anwender in einen entspannten Zustand zu versetzen und die Alpha-Wellen-Produktion zu fördern.

Die Bedeutung von Alpha-Wellen für neurologische Erkrankungen

Hirnwellen lassen sich nicht nur messen, sondern auch beeinflussen, um positiv auf neurologische Erkrankungen einzuwirken. Beispielsweise wird bei der tiefen Hirnstimulation von Parkinson-Patienten eine Elektrode in den Subthalamischen Nucleus implantiert, um die Beta-Frequenz zu stören und die motorischen Fähigkeiten der Patienten zu verbessern.

Auch bei psychischen Störungen wie Dissoziation spielen Hirnwellen eine Rolle. Der US-amerikanische Psychiater und Neurobiologe Karl Deisseroth hat eine winzig kleine Hirnwelle tief im Hirn von Mäusen entdeckt, die offenbar mit diesem Zustand zusammenhängt.

Lesen Sie auch: Tinnitus und Gehirnaktivität: Ein detaillierter Einblick

tags: #Alpha-Wellen #Gehirn #Funktion