Arachnoidalzysten sind mit Nervenwasser (Liquor) gefüllte, gutartige Hohlräume, die von den Membranen der weichen Hirnhäute (Arachnoidea) umgeben sind. Sie können im Gehirn oder Rückenmark auftreten. In den meisten Fällen sind sie angeboren (primäre Arachnoidalzysten) und werden oft zufällig entdeckt. Obwohl sie bei Kindern relativ häufig vorkommen, wissen die meisten Betroffenen nichts von ihrer Existenz. In seltenen Fällen können größere Arachnoidalzysten jedoch Symptome verursachen, indem sie Druck auf das Gehirn ausüben.
Was sind Arachnoidalzysten?
Arachnoidalzysten sind flüssigkeitsgefüllte Räume innerhalb des Schädels oder der Wirbelsäule, die aus regulären anatomischen Anteilen zusammengesetzt sind. Es handelt sich um Ansammlungen von Gehirnflüssigkeit (Liquor) zwischen den weichen Hirnhäuten, den sogenannten Arachnoidalen Blättern, wodurch sich eine Zyste entwickelt. Durch Verklebungen kann es frühzeitig zur Isolation des Nervenwassers kommen, welches sich in diesem Bereich aufstaut.
Diese Zysten können frei mit den umliegenden liquorführenden Räumen kommunizieren oder raumfordernd wirken und Druck auf das anliegende Hirn ausüben, was sogar die normale Hirnwasserzirkulation behindern kann.
Insgesamt sind Arachnoidalzysten gar nicht selten: 2-3 % der Kinder haben solche Zysten. Meist werden sie zufällig entdeckt und "wachsen sich aus". Daher weisen auch nur etwa 1-2 % aller Erwachsenen Arachnoidalzysten auf.
Ursachen von Arachnoidalzysten
Arachnoidalzysten entstehen, wenn sich in der Arachnoidea, einer der drei feinen Häute, die das Gehirn und das Rückenmark umgeben, eine Ausstülpung bildet. Diese kann sich daraufhin mit Liquor, der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit, füllen und zu einer Zyste heranwachsen.
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Man unterscheidet zwischen primären und sekundären Arachnoidalzysten:
- Primäre Arachnoidalzysten: Diese sind in der Regel angeboren und entstehen während der Entwicklung des Fötus im Mutterleib. Wissenschaftler nehmen an, dass sie durch eine abnormale Teilung oder eine Fehlentwicklung der Arachnoidea verursacht werden. Angeborene Fehlbildungen des Gehirns und der Hirnhäute können ebenfalls eine Rolle spielen.
- Sekundäre Arachnoidalzysten: Seltener entstehen Arachnoidalzysten auch sekundär nach einem Trauma, einer Operation, einer Infektion oder einer Blutung im Gehirn. Auch Entzündungen oder Tumore können die Ursache sein.
Jungen und Männer sind insgesamt deutlich häufiger von Arachnoidalzysten betroffen als Mädchen und Frauen.
Lokalisation von Arachnoidalzysten
Arachnoidalzysten können an verschiedenen Stellen im zentralen Nervensystem auftreten. Die häufigste Lokalisation ist die mittlere Schädelgrube vor dem Schläfenlappen des Gehirns (temporal). Weitere mögliche Lokalisationen sind:
- Liquorräume der Schädelbasis (supraselläre Arachnoidalzysten)
- Hemisphären des Großhirns
- Hirnkammern (Ventrikel)
- Hintere Schädelgrube nahe dem Kleinhirn oder dem Hirnstamm
- Wirbelsäule (Spinale Arachnoidalzysten), meist dorsal (zum Rücken hin) im thorakalen (Brust-) Bereich
Arachnoidalzysten können wenige Millimeter bis über fünf Zentimeter groß sein.
Symptome von Arachnoidalzysten
Viele Arachnoidalzysten verursachen keine Symptome und werden erst zufällig bei medizinischen Untersuchungen entdeckt. Wenn Arachnoidalzysten jedoch Beschwerden hervorrufen, variieren diese je nach Größe, Lokalisation und Art der Zyste. Oft sind die Symptome unspezifisch und lassen sich nicht eindeutig der Zyste zuordnen.
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Intrakranielle Arachnoidalzysten können sich wie folgt bemerkbar machen:
- Kopfschmerzen
- Epileptische Anfälle
- Erhöhter Hirndruck → Symptome: Kopfschmerzen, Übelkeit und Erbrechen
- Sehstörungen
- Hormonelle Störungen
- Psychische Auffälligkeiten und Unruhe
- Halbseitensymptomatik: Symptome, die nur auf einer Körperseite auftreten
- Bei Säuglingen: Zunahme des Kopfumfangs möglich
- Bei Kindern und Jugendlichen: Entwicklungsverlangsamung möglich
- Gelegentliches unkontrolliertes "Kopfwackeln" ("bobble head doll")
Spinale Arachnoidalzysten können die folgenden Symptome verursachen:
- Ausstrahlende Schmerzen in Arme oder Beine
- Lähmungserscheinungen
- Sensibilitätsstörungen
- Gangunsicherheit
- Störungen von Blasen- und Mastdarmfunktion
In seltenen Fällen können Arachnoidalzysten auch platzen und dann einbluten. Insgesamt ist das Risiko, dass eine Arachnoidalzyste reißt, jedoch sehr gering.
Diagnose von Arachnoidalzysten
Typischerweise werden Arachnoidalzysten durch bildgebende Verfahren wie Computertomografie (CT-Scan) oder Magnetresonanztomografie (MRT) diagnostiziert. Insbesondere das MRT eignet sich gut zur Darstellung von Arachnoidalzysten, da es eine detaillierte Beurteilung der Zyste und ihrer Beziehung zu den umliegenden Strukturen ermöglicht. Mit flusssensitiven Aufnahmen kann der Hirnwasserfluss in der Zyste dargestellt werden.
Die Galassi-Klassifikation bietet eine Möglichkeit, um Arachnoidalzysten einzuordnen und zu beschreiben. Dieses System teilt Arachnoidalzysten, die sich in der mittleren Schädelgrube befinden (der häufigste Ort für intrakranielle Zysten), in drei Typen auf.
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Behandlung von Arachnoidalzysten
Nicht alle Arachnoidalzysten bedürfen einer Behandlung. Zufällig entdeckte, asymptomatische Zysten können zunächst beobachtet werden. Die Indikation zur Behandlung ergibt sich aus den klinischen Symptomen, die mit der Zyste in ursächlichen Zusammenhang gebracht werden können, oder wenn die Zyste wächst.
Ziel der Behandlung einer symptomatischen Arachnoidalzyste ist die Verkleinerung der Zyste, indem ihre umgebenden Membranen gefenstert werden, um so den Wieder-Abfluss des Liquors zu ermöglichen. Eine effektive Verkleinerung einer Arachnoidalzyste ist letztendlich nur durch eine Operation zu erreichen. Dabei geht es darum, die Zyste vollständig zu entfernen und sie mit den umgebenden Liquorräumen in Kommunikation zu bringen, sodass der Liquor abfließen kann. Dadurch soll vor allem eine Verkleinerung der Zyste erreicht werden.
Für die operative Behandlung einer Arachnoidalzyste stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:
- Beobachtung: Für asymptomatische Zysten, die zufällig entdeckt wurden, wird meist eine konservative Behandlung gewählt. Dies bedeutet, dass keine sofortige Therapie erfolgt, sondern die Zyste durch regelmäßige Bildgebung überwacht wird, um mögliche Veränderungen zu erkennen.
- Mikrochirurgische (Teil-)Resektion oder Fensterung: Hierbei wird über eine Schädelöffnung die gesamte oder ein Teil der Zystenwand entfernt. Ziel ist in jedem Fall, dass die Zyste entlastet wird, die normale Kommunikation des Hirnwassers wiederhergestellt wird und die Zyste sich nicht neu ausbilden kann.
- Endoskopische Fensterung: Abhängig von der topographischen Situation, d.h. der Lage der Arachnoidalzyste, ist heute die endoskopische Fensterung der Zyste zu den normalen Liquorräumen die bevorzugte Methode. Bei dieser Technik wird über eine sehr kleine Schädelöffnung (Bohrloch) ein Endoskop in die Hirnkammern und/oder die Zyste eingeführt. Die Zystenwand kann dann unter Sicht (über eine integrierte Kamera) mit einem Speziallaser gefenstert werden. So wird eine Kommunikation der Zyste mit dem restlichen Hirnwasser (Hirnkammern oder Hirnwasser außerhalb des Gehirns) hergestellt und damit der Druckeffekt beseitigt.
- Shunt-Anlage: Sehr selten ist die Implantation eines Shunts zur Therapie notwendig. Ein Shunt ist ein kleiner Schlauch, der die Flüssigkeit aus der Zyste in eine andere Körperhöhle ableitet, meist in den Bauchraum (ventrikulo-peritonealer Shunt). Ein Shunt sollte in erster Linie vermieden werden.
Sämtliche oben genannten Techniken haben spezielle Vor- und Nachteile und können auch kombiniert verwendet werden. Die Komplikationsrate der mikrochirurgischen und endoskopischen Operationstechniken ist generell niedrig. Es kann jedoch zu einer erneuten Zystenbildung kommen.
Hydrocephalus und Arachnoidalzysten
Arachnoidalzysten können, insbesondere wenn sie sich in der Nähe der Hirnwasserwege befinden, zu einem Hydrocephalus (Wasserkopf) führen. Von einem Hydrocephalus spricht man, wenn eine Störung der Hirnwasserzirkulation besteht und das Hirnwasser auf Kosten des Hirnvolumens im Kopf zunimmt.
Es gibt zwei Haupttypen von Hydrocephalus:
- Malresorptiver oder kommunizierender Hydrocephalus: Hier ist der Abbau (Resorption) des Hirnwassers gestört, z.B. durch eine Blutung, Infektion oder altersbedingt.
- Verschluss-Hydrocephalus oder Hydrocephalus occlusus: Hier liegt eine Abflussblockade des Hirnwassers aus den Hirnwasserkammern vor, z.B. durch eine Arachnoidalzyste, die den Aquädukt (Verbindung zwischen dem dritten und vierten Ventrikel) verlegt.
Die Behandlung des Hydrocephalus hängt von der Ursache ab. Bei einem Verschluss-Hydrocephalus kann die Arachnoidalzyste operativ entfernt oder gefenstert werden, um den Abfluss des Hirnwassers wiederherzustellen. Bei einem malresorptiven Hydrocephalus wird meist ein Shunt angelegt, um das überschüssige Hirnwasser abzuleiten.
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