Das periphere Nervensystem (PNS) bildet zusammen mit dem zentralen Nervensystem (ZNS) ein komplexes Netzwerk, das den Körper mit der Außenwelt verbindet und lebensnotwendige Funktionen steuert. Um die Aufgaben des PNS zu verstehen, ist es wichtig, seinen Aufbau und seine Funktionsweise im Detail zu betrachten.
Grundlagen des Nervensystems
Die Nervenzellen, auch Neuronen genannt, sind die grundlegenden Bausteine des Nervensystems. Sie bestehen aus einem Zellkörper (Soma) und Zellfortsätzen, den Axonen und Dendriten. Axone leiten Signale zu anderen Neuronen oder Zielzellen weiter, während Dendriten Signale von anderen Neuronen empfangen. Die Länge dieser Fortsätze variiert stark, von wenigen Mikrometern bis zu über einem Meter. Neben Neuronen enthält das Nervensystem Gliazellen, die unterstützende Funktionen übernehmen, sowie ein dichtes Netz von Blutgefäßen, das die Versorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellt.
Das Nervensystem wird in zwei Hauptbereiche unterteilt:
- Zentralnervensystem (ZNS): Bestehend aus Gehirn und Rückenmark.
- Peripheres Nervensystem (PNS): Umfasst alle Nervenzellen außerhalb des Gehirns und Rückenmarks.
Zentrales und peripheres Nervensystem bilden zusammen eine funktionelle Einheit.
Gliederung des Gehirns
Das Gehirn wird orientierungsweise in fünf größere Abschnitte unterteilt:
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- Großhirn
- Zwischenhirn
- Mittelhirn
- Kleinhirn
- Nachhirn
Das Gehirn ist von drei Hautschichten umgeben. Die äußere Hülle (harte Hirnhaut) ist innen mit den Schädelknochen fest verbunden. Zwischen der inneren und der mittleren Haut befindet sich Flüssigkeit, die bei Erschütterungen wie ein Stoßdämpfer wirkt und somit zum Schutz des Gehirns beiträgt. Im Inneren des Gehirns befinden sich vier Hohlräume (Hirnkammern), die mit Gehirnflüssigkeit gefüllt sind. Das Gehirn wiegt etwa 1.400 Gramm.
Das Periphere Nervensystem (PNS) im Detail
Das PNS kann als das Kommunikationsnetzwerk definiert werden, das dem Körper ermöglicht, auf die Umgebung zu reagieren und verschiedene Funktionen zu koordinieren. Man kann das PNS als die "Hände und Füße" des Nervensystems betrachten. Es sorgt für die "Arbeit vor Ort" und ist dafür verantwortlich, sensorische Informationen an das Gehirn zu senden und Befehle von ihm an die Muskeln und Organe zu liefern.
Aufbau des PNS
Der Aufbau des peripheren Nervensystems ist aus neuronalen Strukturen konzipiert, die außerhalb des Zentralnervensystems liegen. Diese Strukturen bestehen hauptsächlich aus Nerven und Ganglien.
- Nerven: Bündel von Millionen von neuronalem Gewebe (Neuronen), die von einer Hülle, der Myelinscheide, umgeben sind. Diese Nerven fungieren als Kommunikationsleitungen, die Elektrizität und chemische Signale innerhalb des Körpers übertragen.
- Ganglien: Ansammlungen von Neuronenzellkörpern im peripheren Nervensystem, die als Relaisstationen für Informationen dienen und auch die Speicherung und Verarbeitung von Informationen unterstützen.
Das periphere Nervensystem hat drei Arten von Nerven: sensorische, motorische und Mischbündel.
- Sensorische Nerven: Leiten Informationen von den sensorischen Rezeptoren zur zentralen Verarbeitungsstelle im Zentralnervensystem. Afferente Nervenfasern sind Nervenbahnen, die sensorische Informationen von den Sinnes- und Inneren Organen zu den Verarbeitungsstellen im Zentralnervensystem leiten. Afferente Nervenfasern übertragen eine Vielzahl von sensorischen Informationen, einschließlich Informationen über Berührung, Temperatur, Schmerz, Körperposition und Bewegung. Sie übermitteln auch Informationen aus den inneren Organen, einschließlich Viscerosensorik, die uns über innerkörperliche Zustände wie Magenfülle oder Herzrate informiert.
- Motorische Nerven: Leiten die Reaktion auf diese sensorischen Daten von der zentralen Verarbeitungsstelle zu den relevanten Muskeln oder Drüsen.
- Mischbündel: Nerven, die sowohl sensorische als auch motorische Fasern enthalten und so Informationen in beide Richtungen leiten können.
Ein peripherer Nerv besteht aus zahlreichen Nervenfasern (Neuronen), die in Bündel, sogenannte Faszikel, zusammengefasst sind. Diese Faszikel sind von Bindegewebe, dem Perineurium, umgeben. Das gesamte Nervenbündel ist zusätzlich durch eine äußere Schicht, das Epineurium, geschützt. Die Nerven verlaufen in der Regel gemeinsam mit größeren Arterien und Venen zu den Armen und Beinen und können hierbei entlang einzelner Knochen, Knochenvorsprünge und Muskeln ziehen, umgelenkt werden, oder sogar durch Muskulatur hindurchtreten.
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Funktionelle Unterteilung des PNS
Das PNS ist auf zwei Arten beschaffen: somatische und autonome.
- Somatisches Nervensystem: Kontrolliert willkürliche Bewegungen. Die somatischen Nerven geben den freiwilligen Muskeln Anweisungen, die es dir ermöglichen, dich zu bewegen und auf deine Umgebung zu reagieren. Dies könnte einfach das Heben einer Tasse oder das Springen, wenn du überrascht bist.
- Autonomes Nervensystem: Reguliert automatisierte Körperprozesse. Die autonomen Nerven hingegen, automatisieren die internen Prozesse, von denen du nicht bewusst "denkst". Das könnte die Regulation der Körpertemperatur, die Verdauung oder das Schlagen deines Herzens sein.
Interessanterweise ist das autonome Nervensystem weiter in das sympathische und das parasympathische Nervensystem unterteilt. Das sympathische Nervensystem bereitet deinen Körper auf Aktivität und Stress vor, während das parasympathische Nervensystem deinen Körper beruhigt und Erholung fördert. Das vegetative Nervensystem ist ein Teil des peripheren Nervensystems und reguliert alle automatisch ablaufenden Körperfunktionen wie beispielsweise Herzschlag, Atmung, Blutdruck und Verdauung. Dabei unterscheidet es praktischerweise, ob man gerade im Schatten eines Baumes ein Mittagsschläfchen hält oder sich mit einem Puma konfrontiert sieht. Dieser hat auch einen Gegenspieler: den sympathischen Teil, der dann aktiv wird, wenn wir in Alarmbereitschaft sind und Energie freigesetzt werden soll. Das heißt: Der Herzschlag wird beschleunigt, die Bronchien werden geweitet, die Durchblutung der Muskeln steigt - wir sind bereit zur Flucht.
Neurotransmitter
Neurotransmitter sind chemische Botenstoffe, die Signale zwischen Neuronen übertragen. Es gibt viele verschiedene Typen, darunter Dopamin, Serotonin und Acetylcholin, die alle unterschiedliche Effekte auf den Körper haben. Ein Beispiel für die Rolle von Neurotransmittern ist die Übertragung von Schmerzsignalen. Wenn du dich verletzt, werden Schmerzsignale über sensorische Nerven an dein Gehirn weitergeleitet. Anschließend sendet dein Gehirn Signale über motorische Nerven zu den betroffenen Muskeln, um sie zu bewegen und weitere Verletzungen zu vermeiden.
Funktion und Aufgaben des PNS
Das periphere Nervensystem spielt eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der zentralen Körperfunktionen und der Interaktion mit der Umwelt. Es ermöglicht es uns, auf Veränderungen in unserer Umgebung zu reagieren und lebenswichtige Körperfunktionen zu regulieren.
Die Aufgaben des peripheren Nervensystems sind vielfältig und in die Grundfunktionen des menschlichen Körpers eingebunden. Einige der Hauptaufgaben umfassen:
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- Sammeln von sensorischen Informationen aus der Umwelt. Dies beinhaltet ein breites Spektrum an Informationen, von der Erkennung von Temperatur und Berührungen auf der Haut bis hin zum Sehen und Hören.
- Informationsaustausch zwischen verschiedenen Teilen des Körpers und dem Zentralnervensystem. Dies ermöglicht die schnelle Kommunikation von sensorischen Informationen und motorischen Befehlen zwischen dem Gehirn, dem Rückenmark und dem Rest des Körpers.
- Ausführen motorischer Befehle vom ZNS an die Muskulatur. Diese Befehle ermöglichen uns Bewegungen und Aktivitäten, von einfachen Muskelfunktionen wie Blinzeln bis hin zu komplexen Bewegungsabläufen wie Laufen oder Schreiben.
- Regulierung und Kontrolle der Funktionen der inneren Organe. Dazu zählen zum Beispiel die Verdauung, die Atmung oder die Regulierung des Herzschlags.
Während alle diese Aufgaben extrem wichtig sind, ist vielleicht die beeindruckendste die Fähigkeit des PNS, all diese Funktionen simultan und in Echtzeit zu koordinieren und dabei eine kontinuierliche Rückkopplung an das ZNS zu liefern.
Im weiteren Sinne besteht die Funktion des peripheren Nervensystems darin, als Vermittler zwischen dem Zentralnervensystem und dem Rest des Körpers zu dienen. Eine Hauptrolle spielt das periphere Nervensystem bei der Übertragung von Nervenimpulsen, den sogenannten Aktionspotentialen, zwischen dem ZNS und den restlichen Körperteilen.
Aktionspotentiale sind elektrische Signale, die längs Nervenfasern weitergeleitet werden. Sie sind das resultierende Phänomen von spannungsabhängigen Ionenkanälen, die nacheinander öffnen und schließen und dabei eine Welle der Depolarisation auslösen.
Erkrankungen des peripheren Nervensystems
Erkrankungen des peripheren Nervensystems können vielfältige Ursachen haben und sich in unterschiedlicher Weise äußern.
Engpass-Syndrome
Aufgrund des Nervenverlaufs kann es an typischen Stellen zu Einengungen peripherer Nerven kommen, wodurch charakteristische Symptome entstehen. Dies sind meist Missempfindungen (Taubheit, Kribbeln, Brennen), Schmerzen, im fortschreitenden Krankheitsverlauf auch Muskelschwächen. Manche Nerven tragen durch ihren anatomischen Verlauf und ihre unmittelbare Nähe zu knöchernen Strukturen ein besonders hohes Risiko für mechanische Verletzungen wie z.B. der N. ulnaris im Bereich des Ellenbogengelenks.
Klassische Engpasssyndrome umfassen:
- Karpaltunnelsyndrom (CTS, N. medianus im Bereich des Handgelenks)
- Kubitaltunnelsyndrom (KTS, N. ulnaris im Bereich des Ellenbogengelenks)
- Thoracic-outlet-Syndrom (unterer Anteil des Armnervengeflechts)
- Peronaeus-Kompressions-Syndrom (N. peronaeus am proximalen Unterschenkel)
- Suprascapularis-Kompressions-Syndrom (N. suprascapularis am oberen Rand des Schulterblattes)
- Interosseus-posterior-Syndrom oder Pronator-teres-Syndrom (N. medianus am proximalen Unterarm)
- Loge-de Guyon-Syndrom (N. ulnaris am Handgelenk)
- Cheiralgia parästhetica (sensibler Ast des N. radialis am Unterarm)
- Meralgia parästhetica (N. cutaneus femoris lateralis an der Leiste)
- Hinteres Tarsaltunnel-Syndrom (N. tibialis am Innenknöchel)
- Vorderes Tarsaltunnel-Syndrom (N.
Werden Nerven über längere Zeit eingeengt oder eingeklemmt, reagieren sie äußerst empfindlich. Engpass- oder Nervenkompressionssyndrome sind chronische Druckschäden peripherer Nerven, die an typischen Engstellen im Nervenverlauf auftreten und meist durch Bänder, Muskelsehnen oder Knochenvorsprünge verursacht werden. Am häufigsten treten diese am Arm oder der Hand auf, seltener am Bein oder Fuß. Durch die Druckschädigung kommt es zu einem meist langsam fortschreitenden Ausfall der Nervenfunktionen und Auftreten von Gefühlsstörungen, Schmerz und einer Muskelschwäche.
Tumoren der peripheren Nerven
Ein chronisch wachsender Prozess im Bereich der peripheren Nerven kann neben einer tastbaren Schwellung und Schmerzen auch durch ständigen Druck, Zug oder Beeinträchtigung der Blutversorgung Schäden am betroffenen Nerv verursachen. Tumoren der peripheren Nerven sind insgesamt selten und meist gutartig. Diese gehen in der Regel von der Nervenscheide oder dem Bindegewebe der Nerven aus.
Periphere Nerventumoren:
- Schwannom
- Neurofibrom
- Maligner peripherer Nervenscheidentumor(MPNST)
- intraneurales Perineuriom
Raumforderungen mit Bezug zu den peripheren Nerven, z.B. Tumoren peripherer Nerven sind seltene Erkrankungen. Typischerweise sind sie sehr langsam wachsend und gehen von den Hüllstrukturen der peripheren Nerven aus. Die beiden häufigsten Tumoren peripherer Nerven werden als Schwannome und Neurofibrome bezeichnet. In der Regel lassen sich derartige Tumoren, falls notwendig, in mikrochirurgischer Technik und unter elektrophysiologischer Kontrolle der betroffenen Nerven ohne dauerhafte Ausfallserscheinungen entfernen.
Entscheidend zur Diagnostik tragen kernspintomographische Aufnahmen (MRT) der betroffenen Körperregion bei. Bei den meisten Tumoren handelt es sich um gutartige Tumoren, so dass bei fehlender klinischer Symptomatik und geringer Größe des Befundes auch ein abwartendes Beobachten mit regemäßigen klinischen Verlaufskontrollen und MRT-Bildgebungen als therapeutische Option erfolgen kann. Bei Beschwerden, größeren Tumoren oder bei unklaren Konstellationen kann die neurochirurgische Therapie aber notwendig werden. Insbesondere bei genetischen Erkrankungen können spezielle Nerventumoren gehäuft vorkommen und manchmal auch bösartige Eigenschaften aufweisen oder entwickeln (maligne Nervenscheidentumoren, MPNST). Sowohl zum Nachweis der genetischen Erkrankungen als auch zur feingeweblichen Eingruppierung der Tumoren kann die bioptische Sicherung durch Probeentnahme und pathologische Untersuchung sinnvoll sein. Das entsprechende Ergebnis kann dann zum Festlegen der weiteren neurochirurgischen oder interdisziplinären Behandlungsplanung herangezogen werden.
Zusätzlich zu den eigentlichen Nerventumoren gibt es noch weitere Tumoren (Sarkome, Myome, Metastasen) oder Raumforderungen (Zysten, Ganglien), die enge Lagebeziehung zu peripheren Nerven haben können.
Traumatische Nervenläsionen
Nerven können einerseits durch direktes spitzes oder stumpfes Trauma oder indirekt durch Zugwirkung geschädigt werden. Die Dehnbarkeit der Nerven hängt dabei einerseits vom zeitlichen Ablauf sowie von möglichen Vorschäden des Nervs ab. Langsame Dehnungen werden besser toleriert als akute. Die häufigsten Verletzungen durch Dehnung werden durch schnelle Zugkräfte an den Armen, z.B. bei Motorradunfällen oder Geburtstrauma verursacht. Dabei können Schäden am Arm- oder Beinnervengeflecht (traumatische Plexusläsionen) oder Nervenwurzelausrisse auftreten.
Des Weiteren können traumatische Verletzungen des Bewegungsapparats (Knochenbrüche, Gelenksluxationen, Muskelrisse, Scherverletzungen, Einblutungen) zu Verletzungen peripherer Nerven führen, welche dann einen akuten Ausfall der Nervenfunktion verursachen. Traumatische Nervenläsionen können prinzipiell überall im Körper durch verschiedenste Unfallmechanismen, beispielsweise bei Sport, Arbeits- oder Verkehrsunfällen durch eine entsprechende Gewalteinwirkung entstehen. Häufig sind diese Nervenverletzungen mit schweren Begleitverletzungen vergesellschaftet. Aber auch durch medizinische Maßnahmen (z.B. Lymphknotenbiopsie, Frakturversorgung) kommt es immer wieder zu solchen Nervenverletzungen. Charakteristisch ist ein akut eintretender Funktionsverlust des betroffenen Nervs.
Traumatische Nervenläsionen erfordern eine möglichst frühzeitige und spezialisierte Diagnostik, sowie ggf. neurochirurgische Therapie, um ein gutes funktionelles Ergebnis zu ermöglichen. Die Behandlung dieser komplexen Nervenverletzungen sollte in spezialisierten Zentren erfolgen, die über ein interdisziplinäres Netzwerk zur Diagnostik und Therapie derartiger Verletzungen verfügen. Akute Nervenverletzungen mit scharfer Durchtrennung des Nervs sollten sofort neurochirurgisch versorgt werden, wenn die Begleitverletzungen dies zulassen. Hierbei wird in der Regel in Vollnarkose unter mikrochirurgischer Technik mit Hilfe eines Mikroskops eine End- zu End-Naht der Nervenstümpfe durchgeführt. Diese wird durch feinste Nähte und eine Art Bioklebstoff (Fibrinkleber) gesichert. Eine Spannung auf die Nervennaht sollte in jedem Fall vermieden werde. Ist eine spannungsfreie Annäherung der Nervenenden nicht möglich, muss in manchen Fällen ein Spendernerv zwischen die Nervenenden eingenäht werden (Nerventransplantation/Nerveninterposition). Hierfür wird in der Regel ein körpereigener sensibler Nerv am Bein entnommen, der das Gefühl an der Fußaußenkante vermittelt und als N. suralis bezeichnet wird. Nach derartigen Nervenrekonstruktionen durch direkte Naht oder Nerveninterponat muss für ca. 14 Tage jeglicher Zug auf die Nervenenden vermieden werden. Hierzu werden nach Rekonstruktionen über Gelenke hinweg orthopädietechnische Hilfsmittel, wie z.B. Bandagen, in seltenen Fällen auch Gipsschienen zur Ruhigstellung genutzt. Danach kann das frühfunktionelle Training mit intensiver Physiotherapie begonnen werden.
Bei traumatischer Schädigung mehrerer Nerven, wie z.B. dem Armnervengeflecht oder Nervenwurzelausrissen aus dem Rückenmark kann eine direkte Rekonstruktion einzelner Nerven nicht immer durchgeführt werden. Aufgrund der starken Funktionseinschränkung kann dann in ausgewählten Fällen aber versucht werden durch Umlenken anderer Nerven verschiedene Hauptfunktionen wieder herzustellen. Hierzu werden diese Spendernerven durchtrennt und dann entweder End-zu-End, oder End-zu-Seit an den Empfängernerv angeschlossen.
Neuralgische Amyotrophie
Die neuralgische Amyotrophie ist eine entzündliche Erkrankung, welche sich typischerweise durch plötzlich auftretende Schmerzen (häufig im Bereich der Schulter oder des Arms), gefolgt von einer Lähmung der Muskulatur, äußert. Eine Ursache ist nicht immer sofort erkennbar. Während die Schmerzen mit der Zeit abklingen, können die Lähmungen anhalten und infolge der Entzündungsreaktion narbige Einschnürungen an den betroffenen Nerven entstehen. Die Erkennung dieser Einschnürungen („Konstriktionen“) kann zunächst schwierig sein und erfordert spezielle Untersuchungsmethoden im Sinne einer hochauflösenden Neurosonographie durch erfahrene Neurolog*innen oder einer MR-Neurographie.
Ein lange Zeit weitgehend unbekanntes und weiterhin unterdiagnostiziertes Krankheitsbild stellt die neuralgische Amyotrophie, früher auch Plexusneuritis oder Schulteramyotrophie, dar. Hierbei handelt es sich um eine entzündliche Nervenerkrankung, deren Ursache nicht immer geklärt werden kann. Risikofaktoren stellen eine übermäßige mechanische Beanspruchung (z.B. durch ungewohnte starke körperliche Aktivität), immunologische Auslöser (z.B. Infektionen) oder eine genetische Veranlagung dar. Durch Verbesserungen in der Diagnostik, insbesondere dem hochauflösenden Nervenultraschall sowie der Magnetresonanzneurographie gelingt eine zunehmend bessere bildgebende Darstellung des gesamten Verlaufs peripherer Nerven. Dabei können einerseits entzündlich bedingte Schwellungen der Nerven festgestellt und die Diagnose bestätigt werden.
Die Erkrankung beginnt in der Regel akut mit relativ plötzlich eintretenden stärksten Schmerzen im betroffenen Körperteil. Am häufigsten betrifft dies den Schulter-/Armbereich, selten die Beine. Die Schmerzen treten dabei häufig ohne unmittelbar erkennbare Ursache auf. In den folgenden Stunden bis Tagen kommt es zu einer Lähmung der vom betroffenen Nerv versorgten Muskelgruppe, manchmal begleitet von Gefühlsstörungen.
Die neurologische Akutbehandlung besteht aus schmerzstillenden Mitteln sowie hochdosierten entzündungshemmenden Cortison-Infusionen mit. Häufig bilden sich die Beschwerden darunter nach einigen Wochen wieder zurück. Immer wieder kommt es jedoch zu einem Fortbestehen der Lähmungen. Mithilfe der oben genannten Fortschritte bei bildgebenden Untersuchungen zeigte sich in den letzten Jahren, dass bei diesen Patientinnen und Patienten häufig narbige Einschnürungen der betroffenen Nerven bestehen, (sogenannte uhrglasförmige Nervenkonstriktionen), die den Nerv sogar verdreht erscheinen lassen können („Torsionen“). Bei Vorhandensein solcher Konstriktionen ist in der Regel eine medikamentöse Behandlung nicht weiter erfolgversprechend. Nach Bestätigung des Vorliegens einer solchen Nervenkonstriktion sollte eine zeitnahe Operation erfolgen. Diese kann je nach betroffenem Nerv ambulant oder stationär erfolgen. In der Regel ist eine Freilegung des Nervs und Narbenlösung (Neurolyse) ausreichend.
Diagnostik von Erkrankungen des peripheren Nervensystems
Zunächst wird im persönlichen Gespräch der Krankheitsverlauf erhoben und eine klinische Untersuchung der vom betroffenen Nerv versorgten Hautareale und Muskeln vorgenommen. Daraus ist häufig bereits ein Rückschluss auf die Art und Schwere der Verletzung möglich. In der Regel sind weitergehende Untersuchungen in Form von elektrophysiologischen Messungen (Neurographie, Elektromyographie) und bildgebenden Darstellungen des betroffenen Nervs mittels hochauflösenden Ultraschalls (Sonographie) oder Kernspintomographie (MRT) notwendig.
Therapieoptionen
Generell werden konservative von operativen Therapieformen unterschieden. Bei Verletzungen, bei denen der Spontanverlauf abgewartet werden kann, wird der Heilungsverlauf durch intensive therapeutische Maßnahmen ergänzt. Hierzu zählen intensivierte Physiotherapie auch auf neurophysiologischer Grundlage, physikalische Maßnahmen, Elektrostimulation und Ergotherapie. Ggf. kann die vorübergehende Anpassung orthopädietechnischer Hilfsmittel wie Schienen erforderlich sein.
Um die Druckentlastung eines Nervs zu ermöglichen wird dieser freigelegt und mikrochirurgisch oder endoskopisch die einengenden Bandstrukturen, Knochenvorsprünge oder Narbenzüge entfernt. Periphere Nerventumoren werden mithilfe eines Operationsmikroskopes freigelegt und entfernt. Zudem werden weitere Hilfsmittel wie die intraoperative Sonographie und elektrophysiologische Messungen eingesetzt, um eine möglichst vollständige Tumorentfernung zu ermöglichen, ohne eine Schädigung des betroffenen Nervs zu riskieren. Abhängig von Art und Größe des Tumors kann auch eine Teilentfernung des Nervs und ggf.
In Fällen einer Nervenunterbrechung erfolgt die direkte Naht zwischen den betroffenen Nervenenden falls dies möglich ist. Lassen sich die Enden nicht adaptieren, wird in der Regel ein körpereigener sensibler Nerv (N. suralis) am Bein entnommen und zwischen die Enden eingenäht (Nerventransplantation). Dies wird z.B. auch dann nötig, wenn sich ein Neurom gebildet hat und dieses zur Nervenrekonstruktion chirurgisch entfernt werden muss.
Lassen sich Nerven nicht direkt rekonstruieren, können gesunde funktionelle Nerven auf den erkrankten Nerv umgelenkt werden, um so die Chance einer Regeneration der ursprünglichen Funktion wiederherzustellen.
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