Das Nervensystem ist ein komplexes Netzwerk, das es uns ermöglicht, mit unserer Umwelt zu interagieren, Körperfunktionen zu steuern und vielfältige Mechanismen im Inneren unseres Körpers zu koordinieren. Es ist von grundlegender Bedeutung für unser Überleben und unser Wohlbefinden. Im Folgenden werden wir den Aufbau, die Funktionen und die verschiedenen Teile des Nervensystems detailliert untersuchen.
Einführung in das Nervensystem
Das Nervensystem umfasst alle Nervenzellen des menschlichen Körpers. Es nimmt Sinnesreize auf, verarbeitet diese und löst Reaktionen wie Muskelbewegungen oder Schmerzempfindungen aus. Wer zum Beispiel auf eine heiße Herdplatte fasst, zieht die Hand reflexartig zurück - und die Nervenbahnen senden gleichzeitig ein Schmerzsignal ans Gehirn. Es besteht aus Abermilliarden Nervenzellen und steuert bewusste und unbewusste Prozesse.
Anatomischer Aufbau des Nervensystems
Betrachtet man die Anatomie, hat das Nervensystem des Menschen einen ganz bestimmten Aufbau. Nach der Lage der Nervenbahnen im Körper unterscheidet man zwischen einem zentralen und einem peripheren Nervensystem.
Zentrales Nervensystem (ZNS)
Das zentrale Nervensystem (ZNS) umfasst Nervenbahnen in Gehirn und Rückenmark. Es befindet sich sicher eingebettet im Schädel und dem Wirbelkanal in der Wirbelsäule. Das ZNS bekommt seine Informationen vom peripheren Nervensystem, verarbeitet sie und schickt Befehle mit passenden Reaktionen an das periphere Nervensystem zurück.
Das Gehirn wird orientierungsweise in 5 größere Abschnitte unterteilt. Dies sind das Großhirn, das Zwischenhirn, das Mittelhirn, das Kleinhirn und das Nachhirn. Umgeben ist das Gehirn von 3 Hautschichten. Die äußere Hülle (harte Hirnhaut) ist innen mit den Schädelknochen fest verbunden. Zwischen der inneren und der mittleren Haut befindet sich Flüssigkeit, die bei Erschütterungen wie eine Art Stoßdämpfer wirkt und somit zum Schutz des Gehirns beiträgt. Im Inneren des Gehirns befinden sich 4 Hohlräume (Hirnkammern), die mit Gehirnflüssigkeit gefüllt sind. Etwa 1.400 Gramm wiegt unser Gehirn. Dabei ist das Gehirn von Männern im Durchschnitt etwas größer und schwerer als das von Frauen, wobei dieser Größenunterschied keine unmittelbaren Rückschlüsse auf geistige Merkmale wie die Intelligenz zulässt. Das Älterwerden geht nicht spurlos an unserem Gehirn vorüber.
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Das Großhirn, dessen Entwicklung den Menschen mit all seinen einzigartigen und vielfältigen Fähigkeiten erst ermöglicht, nimmt 80% der Hirnmasse ein. Es besteht aus einer rechten und einer linken Großhirnhälfte, die durch einen breiten und dicken Nervenstrang (den „Balken“) miteinander verbunden sind. Die äußere Schicht des Großhirns bildet die Großhirnrinde. Sie ist 2 bis 3 Millimeter dick und wird auch, wegen ihres Aussehens, als graue Substanz bezeichnet. Ihre graue Farbe erhält die Großhirnrinde von den Zellkörpern der Neurone. Unterhalb der Großhirnrinde befindet sich die weiße Substanz.
Peripheres Nervensystem (PNS)
Die außerhalb von Gehirn und Rückenmark liegenden Nervenzellen gehören zum peripheren Nervensystem. Sie bilden Nervenstränge, die von Gehirn und Rückenmark in die Peripherie des Körpers verlaufen und von dort zurück. Das periphere Nervensystem (Peripherie, z. B. Arme, Beine, Organe) besteht aus neuronalen Komponenten, die sich aus dem ZNS fortsetzen. Rückenmark, die sich außerhalb des ZNS befinden. Informationen gelangen auf zwei Wegen zum zentralen Nervensystem, also vom PNS zum ZNS (afferent).
Funktionelle Unterteilung des Nervensystems
Sowohl das zentrale als auch das periphere Nervensystem enthalten willkürliche und unwillkürliche Anteile. Funktionell lässt sich das Nervensystem in zwei Hauptbereiche unterteilen: das somatische (willkürliche) und das vegetative (autonome) Nervensystem. Gemeinsam sind die beiden Teile für die Übertragung von Informationen und für die Koordination der Körperfunktionen (z. B. Atmung) zuständig.
Somatisches Nervensystem
Das somatische Nervensystem nennst du auch animalisches Nervensystem oder willkürliches Nervensystem. Es umfasst alle bewussten und willentlichen Prozesse in deinem Körper, also jene, die du absichtlich steuern und beeinflussen kannst. Das willkürliche Nervensystem (somatisches Nervensystem) steuert alle Vorgänge, die einem bewusst sind und die man willentlich beeinflussen kann. Dies sind zum Beispiel gezielte Bewegungen von Gesichtsmuskeln, Armen, Beinen und Rumpf.
Vegetatives Nervensystem
Das vegetative Nervensystem kannst du auch als viszerales Nervensystem oder autonomes Nervensystem bezeichnen. Es steuert alle unwillkürlichen Prozesse deines Körpers, also jene, die außerhalb deines Bewusstseins sind und automatisch ablaufen. Das vegetative Nervensystem (autonomes Nervensystem) regelt die Abläufe im Körper, die man nicht mit dem Willen steuern kann. Es ist ständig aktiv und reguliert beispielsweise Atmung, Herzschlag und Stoffwechsel. Hierzu empfängt es Signale aus dem Gehirn und sendet sie an den Körper. In der Gegenrichtung überträgt das vegetative Nervensystem Meldungen des Körpers zum Gehirn, zum Beispiel wie voll die Blase ist oder wie schnell das Herz schlägt. Das vegetative Nervensystem kann sehr rasch die Funktion des Körpers an andere Bedingungen anpassen. Ist einem Menschen beispielsweise warm, erhöht das System die Durchblutung der Haut und die Schweißbildung, um den Körper abzukühlen.
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Sympathikus und Parasympathikus
Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Teilen:
- sympathisches Nervensystem
- parasympathisches Nervensystem
- Eingeweide-Nervensystem (enterisches Nervensystem)
Das sympathische und parasympathische Nervensystem (Sympathikus und Parasympathikus) wirken im Körper meist als Gegenspieler: Der Sympathikus bereitet den Organismus auf körperliche und geistige Leistungen vor. Er sorgt dafür, dass das Herz schneller und kräftiger schlägt, erweitert die Atemwege, damit man besser atmen kann, und hemmt die Darmtätigkeit. Der Parasympathikus kümmert sich um die Körperfunktionen in Ruhe: Er aktiviert die Verdauung, kurbelt verschiedene Stoffwechselvorgänge an und sorgt für Entspannung.
Die Nervenzelle: Baustein des Nervensystems
Das Nervensystem enthält viele Milliarden Nervenzellen, sogenannte Neuronen. Allein im Gehirn sind es rund 100 Milliarden. Die Nervenzellen sind die Bausteine unseres Nervensystems. Sie besitzen einen Zellkörper und Zellfortsätze, die sie mit anderen Nervenzellen oder mit Körperzellen, wie beispielsweise Muskel- oder Drüsenzellen, verbinden. Diese Fortsätze werden als Axone und Dendriten bezeichnet. Jede einzelne Nervenzelle besteht aus einem Körper und verschiedenen Fortsätzen. Die kürzeren Fortsätze (Dendriten) wirken wie Antennen: Über sie empfängt der Zellkörper Signale, zum Beispiel von anderen Nervenzellen. Axone leiten Signale zu anderen Neuronen oder Zielzellen weiter, während Dendriten die Signale meistens von anderen Neuronen empfangen. Die Länge der Axone und Dendriten reicht von wenigen tausendstel Millimeter bis zu über einem Meter.
Die Dendriten nehmen Signale aus dem Körper auf. Das Axon leitet Signale zu einem anderen Axon, zu einer Drüsenzelle oder einer Muskelfaser weiter. Umgeben ist das Axon von Gliazellen. Nervenzellen sind miteinander verbunden. Sie geben das elektrische Signal des Axons an die nächste Nervenzelle weiter. Für die Weiterleitung eines Signals an der Synapse wird das elektrische Signal in ein chemisches Signal umgewandelt. - an die nächste Zelle.
Neben den Neuronen enthält das Nervensystem Gliazellen und ein dichtes Netz von Blutgefäßen, das die ausreichende Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen sicherstellt.
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Signalübertragung im Nervensystem
Nervenbahnen durchziehen wie Stromkabel den gesamten Körper und leiten Reize zum Hirn und Befehle aus der Zentrale wieder zurück zu der Körperstelle. Eine Nervenbahn besteht aus gebündelten Nervenzellen und ist mit einer Schutz-Hülle umgeben. Jeder Mensch hat Abermilliarden Nervenzellen (Neuronen). Mit ihren „Zweigen“ (Dendriten) empfangen sie Signale aus den Nachbarzellen und schicken sie über den Stamm (Axon) zu den Synapsen, den Kontaktstellen zur nächsten Zelle. Nervenzellen sind im Durchmesser nur bis 0,1 Millimeter groß, das Axon kann aber bis zu einem Meter lang sein. Eine Nervenzelle kann bis zu 100.000 Synapsen haben. Wenn Nervenzellen einen Kaffeeklatsch machen wollen - also ein Reiz von einer Zelle zur nächsten weitergeleitet werden soll, arbeiten die meisten Synapsen mit chemischen Botenstoffen, andere mit elektrischen Signalen.
Beispiel: Nervensystem im Alltag - Eine Tasse Kaffee
Unser Nervensystem besteht aus Abermilliarden Nervenzellen. Das komplexe Netz steuert bewusste und unbewusste Prozesse - wie die folgende, für die meisten von uns ganz alltägliche Szene an der Kaffeemaschine deutlich macht. Wenn wir uns eine Tasse Kaffee schmecken lassen, leistet unser Nervensystem Erstaunliches.
Der Kaffee ist fertig! Jetzt hat das sensorische Nervensystem viel zu tun. Wie sieht der Kaffee aus? Riecht er gut? Wie schwer ist die Tasse? Habe ich Durst? Ist der Kaffee zu heiß? Und schmeckt er? Antworten schicken Augen, Ohren, Nase, Zunge und Sensoren in der Haut über die Nervenbahnen ans Gehirn. Und das befiehlt: Ja, Kaffee! Aber er ist heiß und bitter. Milch & Zucker rein, vorsichtig trinken & genießen.
Nicht bewusst steuern können wir, was in unserem Magen und Darm mit dem Kaffee geschieht - wie auch alle anderen Prozesse, die vom vegetativen Nervensystem kontrolliert werden: Dieses regelt neben der Verdauung auch die Herztätigkeit, die Atmung, den Kreislauf, die Schweißbildung, die Körpertemperatur und viele weitere Abläufe in unserem Körper autonom.
Wenn wir eine Tasse greifen wollen, laufen unzählige Prozesse im motorischen Nervensystem ab. Aus den Infos der Sinneswahrnehmung berechnet das Gehirn, wohin wir greifen müssen. Über das Rückenmark und die an Muskeln andockenden Nervenzellen gibt es den Befehl zum Ausstrecken der Hand. Die Bewegung wird fortlaufend mit den Reizen abgeglichen, die das sensorische Nervensystem ans Hirn zurücksendet: damit wir nicht danebengreifen, nicht kleckern oder uns am heißen Kaffee verbrennen. Auch wenn wir dabei nicht nachdenken, ist das ein bewusster Prozess.
Neurologische Erkrankungen
Neurologische Erkrankungen sind Erkrankungen des Nervensystems. Sie sind entweder durch einen Gendefekt angeboren oder entstehen im Laufe des Lebens. Hierfür können zum Beispiel eine Infektion, ein Trauma oder eine Rückbildung (Degeneration) verantwortlich sein.
Beispiele für neurologische Erkrankungen
- Amyotrophe Lateralsklerose (ALS): Auch als Lou-Gehrig-Krankheit bekannt. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine sporadisch auftretende oder vererbte neurodegenerative Erkrankung der ersten und zweiten Motoneurone.
- Läsion des ersten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines ersten Motoneurons (z. B. Schlaganfall) auftreten können. Neurologische Untersuchung, Spastik und Klonus.
- Läsion des zweiten Motoneurons: Mehrzahl an Defiziten, die nach einer Schädigung eines zweiten Motoneurons (z. B. Trauma oder Impingement) auftreten können. Anzeichen und Symptome können Lähmung oder Parese, Muskelatrophie, Areflexie und Fibrillationen umfassen.