Vegetatives Nervensystem und seine Funktion für die Blase

Die Blase, ein Organ, das für die Speicherung und Ausscheidung von Urin zuständig ist, wird von einem komplexen Zusammenspiel verschiedener Systeme gesteuert, wobei das vegetative Nervensystem eine zentrale Rolle einnimmt. Die normale Blasenfunktion umfasst zwei Hauptphasen: die Füllungsphase und die Entleerungsphase (Miktion). Diese Prozesse werden durch Steuerungsfunktionen auf allen Ebenen des vegetativen Nervensystems präzise reguliert.

Die Rolle des vegetativen Nervensystems bei der Blasenfunktion

Das vegetative Nervensystem, auch autonomes Nervensystem genannt, ist ein Teil des Nervensystems, der lebenswichtige Körperfunktionen steuert, ohne dass wir dies bewusst beeinflussen müssen. Es besteht aus drei Hauptkomponenten: dem Sympathikus, dem Parasympathikus und dem enterischen Nervensystem. Bei der Blasenfunktion spielen der Sympathikus und der Parasympathikus eine entscheidende Rolle.

Füllungsphase der Blase

Die Füllungsphase der Blase wird hauptsächlich durch eine Schaltstelle im unteren Ende des Rückenmarks, den Onuf-Kern, kontrolliert. Von dort ziehen sympathische Nervenfasern zum Blasenschliessmuskel (Sphincter) und sorgen für dessen Kontraktion. Dies ermöglicht die Speicherung von Urin in der Blase, ohne dass es zu ungewolltem Harndrang kommt.

Entleerungsphase der Blase (Miktion)

Die Steuerung der Blasenentleerung ist Aufgabe von spezialisierten Harnblasen-Schaltstellen im Hirnstamm, insbesondere dem pontinen Miktionszentrum, sowie des Grosshirns, genauer gesagt des frontalen Blasenzentrums. Die Miktion erfordert eine präzise Koordination zwischen der Kontraktion der Blasenfüllungsmuskulatur (Detrusor) und der Öffnung des Blasenschliessmuskels. Der Parasympathikus stimuliert die Kontraktion des Detrusors, während gleichzeitig der Sympathikus gehemmt wird, um die Entspannung des Schliessmuskels zu gewährleisten.

Neurogene Blasenstörung: Wenn das Nervensystem die Blase beeinträchtigt

Eine neurogene Blasenstörung entsteht, wenn die Nerven, die die Blase steuern, geschädigt sind. Dies kann zu einer Überaktivierung oder einer Unterfunktion des Detrusor-Muskels führen. Störungen der Blasenentleerung können auf verschiedenen Ebenen des Nervensystems verursacht werden. Je nach Erkrankung kann die Impulsübertragung der Nerven der Blase und des Schließmuskels, aber auch die Funktion der Schaltstellen im Rückenmark, Hirnstamm oder Großhirn geschädigt sein. Die neurogene Blasenfunktionsstörung geht oft mit einer erektilen Dysfunktion bei Männern bzw. einer verminderten vaginalen Lubrikation bei Frauen einher. Die erektile Dysfunktion resultiert aus der Störung parasympathischer Nervenfasern des Rückenmarkes und einer verminderten Freisetzung des gefässerweiternden und durchblutungssteigernden Stickstoffmonoxids. Die Behandlung der erektilen Dysfunktion ist ein wichtiger Teil des neurourologischen Therapieplans.

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Überaktivierung des Blasenmuskels

Im Alltag kann sich die vermehrte Aktivität des Blasenmuskels durch häufigen Harndrang bemerkbar machen. So kann im Verlauf der neurogenen Blasenstörung die mehrmalige nächtliche Blasenentleerung notwendig werden bzw. bereits Gewohnheit sein. Eine Anzahl von 10 und mehr Toilettengängen am Tage ist bei einer Überaktivität des Blasenmuskels keine Seltenheit. Besonders lästig ist es, wenn der Harndrang keinen Aufschub duldet und den Alltag bestimmt. Nicht selten verleitet diese unangenehme Veränderung dazu, wenig bzw. zu wenig Flüssigkeit zu trinken. Dies kann Probleme wie bspw. Kreislaufstörungen oder Harnwegsinfekte und begünstigen. Die Überaktivierung des Blasenmuskels ruft vermehrten Harndrang mit häufigen auch nächtlichen Entleerungen und schliesslich auch Inkontinenz hervor.

Unterfunktion des Blasenmuskels

Die verminderte Blasenfunktion führt zu einer verzögerten oder unvollständigen Blasenentleerung. In der Folge kann es ebenfalls zu einer Inkontinenz kommen, nämlich der Überlauf-Inkontinenz. Die Unterfunktion des Blasenmuskels kann zu einer verzögerten und unvollständige Entleerung führen. Gelegentlich wird zur Entleerung die Kompression des Unterbauches mit der Hand (Bauchpresse) angewendet. Oft verspüren die Betroffenen durch den in der Harnblase verbliebenen Urin kurz nach dem Toilettengang erneuten Harndrang. Wenn auf diese Weise Urin in der Harnblase verbleibt, kann es zu einer Vermehrung von Bakterien im Urin kommen und damit auch zu einer Blasenentzündung. Gelegentlich fällt eine Blasenstörung erst durch eine Häufung von Harnblaseninfekten auf. Dies ist besonders typisch für chronische neurologische Erkrankungen.

Diagnostik von Blasenstörungen

Im Rahmen der urologischen Untersuchung werden zunächst anderweitige Ursachen wie Hindernisse oder Engen der Harnwege ausgeschlossen. Zur genauen Beurteilung einer Blasenstörung ist außerdem hilfreich, wenn über einen Beobachtungszeitraum von einigen Tagen die Häufigkeit der Harnblasenentleerungen, nächtliche Toilettengänge und Probleme beim Wasserlassen wie beispielsweise verzögertes Wasserlassen, Schmerzen beim Wasserlassen und auch die Häufigkeit der täglichen Blasenentleerungen notiert wurden.

Spezialisierte Untersuchungen zur Diagnose neurogener Ursachen

Um eine neurogene bzw. neurologische Ursache der Blasenstörung nachzuweisen, sind spezialisierte Untersuchungen erforderlich. Hierfür arbeiten wir eng mit neurourologischen Fachärzten zusammen. Eine sehr hilreiche Untersuchung der Blasenfunktion ist die Video-Urodynamik. Die urodynamische Untersuchung ermöglicht es, die genannten Formen neurogener Blasenstörungen zu differenzieren. Anhand einer urodynamischen Untersuchung werden die Harnblasen-Druck- und Flusskurven vor und während der Harnblasen-Entleerung aufgezeichnet. Im Rahmen der Video-Urodynamik wird eine Röntgen-Untersuchungseinheit verwendet, mit Hilfe, derer sich die Veränderung des Füllungszustandes der Harnblase während der urodynamischen Untersuchung dokumentieren lässt.

Autonome Funktionstestung

Bei neurogener Blasenstörung trägt zusätzlich die Autonome Funktionstestung zum Verständnis der Schädigung parasympathischer oder sympathischer Nerven bei. Damit kann die Frage beantwortet werden, ob eine chronische Blasenstörung beispielsweise Folge einer generellen Dysautonomie (Störung des Autonomen Nervensystems) wie bspw. bei einer Parkinson-Erkrankung ist. Die Untersuchungen helfen, eine Autonome Neuropathie als Teil einer Nerven-Erkrankung wie der Polyneuropathie zu identifizieren.

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Behandlung von Blasenstörungen

Die Behandlungsplanung neurologischer Blasenstörungen geschieht in Abstimmung zwischen neurologischen und urologischen Fachärzten. Zunächst werden nicht-medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft. Dazu gehörten das Blasentraining und die Trinkmengenplanung für den Tagesverlauf. Sollten Medikamente zur Verbesserung der Blasenfunktion erforderlich sein, so werden diese unter sorgfältiger Abwägung und Vermeiden von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ausgewählt.

Medikamentöse Therapie

Anticholinerge Medikamente, die auch bei der Dranginkontinenz eingesetzt werden, können die Beschwerden lindern. Dazu gehören z. B. Trospium (wie z. B. Spasmex®), Oxybutinin (wie z. B. Kentera®) und Darifenacin (wie z. B. Emselex®). Auch Beta-3-Rezeptoragonisten wie Mirabegron (z. B. Betmiga®) verordnen die Ärzt*innen gegen die Reizblase. Sollten Medikamente zur Verbesserung der Blasenfunktion erforderlich sein, so werden diese unter sorgfältiger Abwägung und Vermeiden von Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ausgewählt.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Blasentraining: Bei einem Blasentraining wird Tagebuch über Toilettengänge und Trinkmenge geführt. Ärzte raten, die Abstände zwischen den Toilettengängen immer ein bisschen weiter zu vergrößern. Schon eine Viertelstunde hilft, die Blase zu stärken.
  • Beckenbodentraining: Ein gezieltes Training des Beckenbodens hilft, den Harnröhrenschließmuskel zu stärken und einer möglichen Inkontinenz entgegenzuwirken. Eine einfache Methode ist das kurze Anhalten des Urinstrahls während dem Wasserlassen, da dabei automatisch die richtigen Muskeln angespannt werden.
  • Vaginale Östrogene: Entzündungen Schleimhautveränderungen und Erschlaffen des Beckenbodens durch einen Östrogenmangel (z. B. Forschungsergebnisse deuten auf einen psychoimmunologischen Prozess hin, was bedeutet, dass die psychische Grundproblematik (etwa Stress) sich auf das vegetative Nervensystem auswirkt und zu einer Schwächung der Abwehrkräfte führt - aber nur in der Blasenwand. Hinzu kommt eine Fehlsteuerung der Blasenmuskeln, die sowohl Blasenentzündungen als auch der Inkontinenzproblematik den Boden bereitet.
  • Stressabbau: Stress ist einer der Faktoren, der eine Reizblase begünstigt. Umso wichtiger ist es, sich zumindest beim Wasserlassen nicht unter Druck zu setzen - auch wenn die Toilette nach längerem Leiden häufig als stressbehafteter Ort wahrgenommen wird. Entspannungstechniken erlernen. Stress ist nicht nur ein Auslöser, sondern auch eine Folge der Reizblase. Einmal in diesem Stresskreislauf gefangen, muss Entspannung häufig erst wieder erlernt werden.

Invasive Therapie

  • Botulinumtoxin A: Bei ausgeprägten Beschwerden erwägt die Ärzt*in die Injektion von Botulinum-Toxin (Botox) in die Blasenmuskulatur. Durch das Einspritzen wird die Blasenmuskulatur geschwächt, die Kapazität der Blase erhöht und der Harndrang vermindert. Ist mit Medikamenten keine Besserung zu erzielen können die Ärzte die Blasenaktivität mit Hilfe eines endoskopischen Eingriffs dämpfen. Dafür wird das Nervengift Botulinum unter die Harnblasenwand gespritzt.
  • Beckenbodentraining mit Elektrostimulation: Hierbei wird eine Sonde in die Vagina eingeführt, die mit schwachen elektrischen Impulsen die Beckenbodenmuskulatur zur Kontraktion stimuliert.

Reizblase: Wenn die Blase verrückt spielt

Nicht immer ist eine wirkliche Entzündung der Grund für den ständigen Drang zum Wasserlassen. „Wesentlich häufiger als echte Harnwegsinfekte mit Bakterien sind Reizzustände der Blase ohne nachweisbare Ursache - auch ,überaktive Blase’ genannt“, sagt der Urologe des Universitätsklinikums Freiburg. Dies äußert sich in besonders häufigem Harndrang, welcher so abrupt und stark auftreten kann, dass auch ein unkontrollierter Urinverlust möglich ist. „Die Kombination aus Harndrang und unkontrolliertem Urinverlust bis hin zur kompletten ungewollten Entleerung der Blase ist für die Betroffenen besonders belastend“, sagt Dr. Katzenwadel.

Ursachen und Diagnose der Reizblase

Ein Grund für eine Reizblase ist die Irritation des für die Blasensteuerung zuständigen vegetativen Nervensystems. Die genauen Ursachen lassen sich oft nicht eindeutig klären. Es müssen jedoch Erkrankungen wie akute Entzündungen, Harnsteinleiden und auch Tumoren der Harnblasenregion ausgeschlossen werden. Auch eine Bandscheibenproblematik der Lendenwirbelsäule kann zu einer Reizblasensituation führen.

Zunächst klärt die Ärztin in einem Gespräch mit der Patientin die Beschwerden. Als Nächstes führt die Ärztin eine Ultraschalluntersuchung und eine Harnblasenspiegelung durch, um eventuell andere organische Ursachen, also Erkrankungen wie z. B. Finden sich keine eindeutigen Krankheitsbefunde, so spricht man von einer Reizblase. Sie ist in der gynäkologischen und urologischen Praxis eine Ausschlussdiagnose - sie bleibt also übrig, wenn sich bei den Untersuchungen keine greifbare Erkrankung (mit organischem Befund) ergeben hat.

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Behandlung der Reizblase

Um die Beschwerden bei überaktiver Blase oder Reizblase zu verringern, können allgemeine Maßnahmen, wie Stressabbau, der Verzicht auf Rauchen, Kaffee, und Alkohol helfen. Außerdem wird ein Beckenbodentraining empfohlen: die Anspannungs- und Entspannungsübungen der Beckenbodenmuskulatur wirken sich oft positiv auf die Blase aus. Ist damit keine ausreichende Besserung zu erzielen, kann mit „blasendämpfenden Medikamenten“ - sogenannten Anticholinergica - behandelt werden. „Leider können hier auch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit oder Verstopfungsneigung auftreten.

  • Pflanzenheilkunde: Extrakte aus Kürbissamen, Brennnesseln, Sägepalme oder Echter Goldrute können die Beschwerden lindern.
  • Blasentraining: Ist die Dranginkontinenz nicht sehr ausgeprägt, hilft das Blasen- und/oder Toilettentraining. Halten Sie sich an regelmäßige Zeiten, zu denen Sie die Toilette aufsuchen, und verlängern Sie die Zeitabstände zwischen den Toilettengängen schrittweise.
  • Druck wegnehmen: Stress ist einer der Faktoren, der eine Reizblase begünstigt. Umso wichtiger ist es, sich zumindest beim Wasserlassen nicht unter Druck zu setzen - auch wenn die Toilette nach längerem Leiden häufig als stressbehafteter Ort wahrgenommen wird. Entspannungstechniken erlernen. Stress ist nicht nur ein Auslöser, sondern auch eine Folge der Reizblase. Einmal in diesem Stresskreislauf gefangen, muss Entspannung häufig erst wieder erlernt werden.

Harnwegsinfekte: Eine häufige Komplikation von Blasenstörungen

Blasenentleerungsstörungen mit unvollständiger Blasenentleerung, fortgeschrittenes Alter, die Wechseljahre, Östrogenmange begünstigen die Entstehung von Harnwegsinfekten. Manche Frauen bekommen Harnwegsinfekte fast regelmäßig kurze Zeit nach vorausgegangenem Geschlechtsverkehr. Um einer Blasenentzündung vorzubeugen, ist es hilfreich, ausreichend viel zu trinken und Kälte eher zu meiden. Der Toilettengang sollte möglichst regelmäßig erfolgen. Da häufiger Geschlechtsverkehr gerade bei jungen Frauen die Wahrscheinlichkeit einer Harnwegsinfektion erhöht, sollte möglichst frühzeitig nach dem Geschlechtsverkehr die Toilette aufsucht werden, damit durch die Entleerung der Blase eventuell in die Harnröhre gelangte Keime wieder mechanisch ausgespült werden.

Spätestens wenn plötzlich auftretendes Fieber, Schüttelfrost, starke Schmerzen in der Nierengegend, Übelkeit und allgemeinem Unwohlsein dazukommen, sollte dringend ein Arzt aufgesucht werden. Denn dann liegt wahrscheinlich eine Nierenbeckenentzündung vor, die akut bedrohlich werden kann und langfristig sogar zu einer Verschlechterung der Nierenfunktion führen kann. Ist die Blase akut entzündet, hilft eine Antibiotikatherapie meist zuverlässig. Wird die Blasenentzündung chronisch mit unzureichender Abheilung der Entzündung oder tritt die Entzündung sehr häufig auf, ist die Therapie schwieriger. „Bei chronischen Entzündungen der Blase sind oft mehrere Harnwegsinfekte vorausgegangen, welche nicht ausreichend behandelt worden waren“, sagt Dr. Katzenwadel. Anhand einer Urinkultur bestimmt der Arzt die Erreger und kann auf dieser Basis ein geeignetes Antibiotikum für die Behandlung auswählen. In der Regel kann eine akute Harnwegsinfektion wirksam mit einer von einem Arzt verschriebenen Antibiotikatherapie behandelt werden.

Psychosomatische Aspekte von Blasenstörungen

In der Praxis des niedergelassenen Urologen sind funktionelle (somatoforme) Störungen sehr häufig. Bei Männern ist die Prostatodynie („chronische Prostatitis“), bei Frauen die „Reizblase“das häufigste funktionelle Krankheitsbild. Psychosomatische Konzepte integrieren prädisponierende somatische Faktoren, Persönlichkeitsmerkmale und psychosoziale Faktoren. Die Letzteren können das Krankheitsbild auslösen und haben bei der Chronifizierung große Bedeutung. Beratung oder Psychoedukation durch den Arzt der Primärversorgung oder spezifische psychotherapeutische Interventionen durch den Fachpsychotherapeuten sind von großer Bedeutung für eine erfolgreiche Behandlung.

Die Begriffe chronische bakterielle Prostatitis, chronische abakterielle Prostatitis, chronische unspezifische Prostatitis, Kongestionsprostatitis, prostatisches Syndrom, Prostatopathie und vegetatives urogenitales Syndrom werden als Synonyme für eine Prostatodynie verwendet.

Für die Reizblase werden psychosomatisches Urethralsyndrom, Irritable Bladder, Urethralsyndrom, Frequency-Urgency-Syndrom als Synonyme verwendet. Unter neurophysiologischen Aspekten lässt sich die Reizblase besonders gut über das vegetative Nervensystem erklären.

Es erscheint somit nicht überraschend, dass bei über 50 Prozent der Patienten mit einem vegetativen Urogenitalsyndrom zusätzlich Erektions- oder Ejakulationsstörungen festgestellt werden (5) und auch bei Frauen mit Reizblasensymptomatik häufig funktionelle Sexualstörungen auftreten (12).

Vesikoureteraler Reflux: Rückfluss von Urin in die Harnleiter

Der Begriff „Reflux“ bedeutet Rückfluss - unter „vesikoureteralem Reflux“ verstehen Mediziner den Rückfluss von Harn von der Blase in den Harnleiter. Gelangt der Urin sogar bis ins Nierenbecken zurück, sprechen wir von „vesikoureterorenalem Reflux“. Ursachen können Fehlbildungen, aber auch ein zu großer Blasendruck durch neurologische (die Nerven betreffende) Schäden oder eine Verengung der Harnröhre sein. Der zwischen Blase und Niere verbleibende Urin erhöht das Risiko für Blasen- und Nierenbeckenentzündungen, die die Nieren auf Dauer stark schädigen können.

Da Reflux-Erkrankungen familiär gehäuft auftreten, fragen wir im ersten Gespräch immer nach bekannten Refluxerkrankungen bei Eltern oder Geschwistern. Außerdem fragen wir nach allgemeinen Beschwerden: Säuglinge bzw. Kleinkindalter haben oft wiederkehrende Blasenentzündungen, die mit hohem Fieber und einem allgemein sehr schlechten Befinden einhergehen. Manche Kleinkinder leiden auch unter Fieberschüben, Erbrechen oder Wachstumsstörungen. Als Schulkind mit einer Reflux-Erkrankung hast Du vermutlich die gleichen Beschwerden wie bei einer Blasenentzündung - musst also sehr oft auf die Toilette, hast Schmerzen beim Wasserlassen und in den Bauchseiten.

Diagnose von Vesikoureteralem Reflux

Vermuten wir bei Dir eine Reflux-Erkrankung untersuchen wir Dich erst einmal körperlich, analysieren im Labor Deinen Urin und machen Ultraschallaufnahmen von Deiner Blase und Deiner Niere. Sehen wir im Ultraschall einen Nierenaufstau, ist dies ein Hinweis auf einen Reflux. Außerdem bitten wir Dich eventuell, über einige Tage aufzuschreiben, wie viel Du wann getrunken hast und wann Du auf der Toilette warst. Vielleicht musst Du auch einmal auf eine besondere Toilette bei uns im Krankenhaus gehen: diese misst den Harnstrahl, was uns wichtige Hinweise darüber gibt, ob Du vielleicht eine Blasenentleerungsstörung hast. Wenn wir nach diesen Untersuchungen noch immer einen Reflux vermuten, müssen wir wahrscheinlich eine Röntgenkontrastuntersuchung der Harnblase durchführen. In der Röntgendurchleuchtung sehen wir dann, wann und wohin das Kontrastmittel zurückfließt. Außerdem können wir eventuelle Fehlbildungen oder Engstellen erkennen und anhand der Bilder den Schweregrad Deiner Reflux-Erkrankung bestimmen.

Behandlung von Vesikoureteralem Reflux

Je nach Schweregrad der Refluxerkrankung, Deinem Alter und Geschlecht sowie eventuellen Begleiterkrankungen gibt es verschiedene Therapiemöglichkeiten.

  • Medikamentöse Behandlung: Da es bei Kindern unter einem Jahr möglich ist, dass der Reflux mit dem Wachstum von allein verschwindet, behandeln wir hier meist mit einem niedrig dosierten Antibiotikum, das aber zuverlässig eingenommen werden muss.
  • Endoskopische Unterspritzung der Harnleitermündungsstelle: Bei einem gering ausgeprägten Reflux können wir dort, wo der Harnleiter in die Blase mündet, eine Substanz einspritzen. So wird das Ende des Harnleiters angehoben, die Mündungsstelle des Harnleiters eingeengt und der Reflux idealerweise beseitigt. Allerdings ist diese Lösung nicht bei allen Kindern von Dauer.
  • Offen chirurgische Behandlung: Wir empfehlen eine Operation immer dann, wenn der Reflux besonders ausgeprägt ist oder trotz Antibiotika-Therapie immer wieder Nierenbeckenentzündungen oder fieberhafte Blasenentzündungen auftreten oder es zu Narbenbildung am Nierengewebe kommt. Mit einer offenen Operation können wir fast alle Reflux-Erkrankungen behandeln. Je nach genauer Ausprägung des Reflux gibt es verschiedene OP-Techniken. Das häufigste Verfahren ist es, den Harnleiterverlauf durch die Blasenwand durch zu verlängern. Für den Eingriff benötigen wir nur einen kleinen Schnitt am Unterbauch, der Krankenhausaufenthalt beträgt ungefähr vier Tage.

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