Die Verbindung zwischen Auge und Gehirn ist viel enger, als viele Menschen annehmen. Die Augen sind nicht nur das Fenster zur Seele, wie der Volksmund sagt, sondern sie geben auch einen direkten Einblick in unser Gehirn und können sogar Hinweise auf unsere Intelligenz und das Risiko für neurologische Erkrankungen wie Alzheimer geben.
Die Pupille als Spiegel der Intelligenz
Forscher haben eine verblüffende Korrelation zwischen der Größe der Pupillen und der Intelligenz gefunden. Konkret: Je größer die Pupillen einer Person sind, desto intelligenter ist sie. Diese These wurde von Jason Tsukahara und Randall Engle vom Georgia Institute of Technology aufgestellt. Sie stellten fest, dass die Pupillengröße mit der fluiden Intelligenz, der Aufmerksamkeitskontrolle und der Kapazität des Arbeitsgedächtnisses zusammenhängt.
Wie wurde dieser Zusammenhang entdeckt?
Tsukahara und Engle bemerkten diesen Zusammenhang erstmals bei Versuchen, bei denen sie die mentale Anstrengung von Probanden während Gedächtnistests maßen. In mehreren Studien haben sie die Korrelation schließlich näher untersucht. Für ihre Experimente stellten sie mehr als 500 Probanden im Alter zwischen 18 und 35 Jahren auf die Probe. Zunächst haben die Wissenschaftler die durchschnittliche Pupillengröße der Studienteilnehmer mit einem Eye-Tracker vermessen. Im nächsten Teil der Versuche sollten sie verschiedene Tests zu ihrer fluiden Intelligenz, also der Fähigkeit, logisch zu denken und Probleme zu lösen, absolvieren. Außerdem bestimmten Tsukahara und Engle die Leistungsfähigkeit des Arbeitsgedächtnisses, sich Dinge über einen bestimmten Zeitraum zu merken, sowie die Aufmerksamkeitskontrolle, durch die der Mensch seine Aufmerksamkeit trotz Ablenkungen gezielt und bewusst steuern kann.
Die Rolle des Locus coeruleus
Die Pupillengröße hängt mit dem Locus coeruleus zusammen. Dieses Hirnareal setzt den Neurotransmitter und das Hormon Noradrenalin frei, das unsere Wahrnehmung und Aufmerksamkeit sowie das Lernen und Gedächtnis reguliert. Außerdem bildet diese Region neuronale Verzweigungen auch in weit entfernte Bereiche des Gehirns aus und koordiniert deren Aktivitäten. Die Kognitionsforscher vermuten, dass der Locus coeruleus bei Leuten mit größeren Pupillen im Ruhezustand Aktivitäten effizienter reguliert. Das wiederum stärke die kognitiven Leistungen.
Die Netzhaut als Biomarker für neurologische Erkrankungen
Eine neue Studie der University of Otago in Neuseeland hat gezeigt, dass die Netzhaut Auskunft über die Hirnleistung geben kann - und darüber, ob ein Alzheimer-Risiko besteht. Die Forscher stellten einen Zusammenhang fest - zwischen der Dicke der Netzhaut und der Hirnleistung.
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Studienergebnisse
Aus den Studienergebnissen geht hervor, dass Teilnehmer mit dickeren Nervenfaser- und Ganglienzellschichten eine höhere kognitive Fähigkeit aufwiesen - sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter. Dünnere retinale Schichten korrelierten mit niedrigeren IQ-Werten in beiden Lebensphasen. Zudem wiesen Probanden mit einer dünneren Nervenfaserschicht eine deutliche Verminderung der Verarbeitungsgeschwindigkeit im zunehmenden Alter auf.
Früherkennung von Alzheimer durch Augen-Scans
Mithilfe der Augen-Scans könnten Ärzte möglicherweise die Alzheimer-Krankheit schnell, einfach - und vor allem frühzeitig - erkennen. Künftig könnte man mit künstlicher Intelligenz ein Bild der Netzhaut einer Person aufnehmen und feststellen, ob diese Person ein Alzheimer-Risiko hat, lange bevor die ersten Symptome auftreten.
Weitere Einblicke in die Funktionsweise des Gehirns durch die Augen
Die Augenbewegungen geben auch Aufschluss über die Funktionsweise des Gehirns. Wenn wir kniffelige Handlungen ausführen, etwa einen Faden durch ein Nadelöhr ziehen, müssen unsere Augen viele kleine und sehr präzise Bewegungen ausführen. Wissenschaftlern war bisher nicht klar, wie das Gehirn solche Augenbewegungen kontrolliert. Demnach spielt eine Region im Mittelhirn, der Colliculus superior, eine entscheidende Rolle. Es zeigte sich, dass rund ein Viertel bis ein Drittel aller Nervenzellen im Colliculus superior für die Verarbeitung von Informationen aus der Sehgrube zuständig ist.
Neuroophthalmologie: Wenn Sehstörungen neurologische Ursachen haben
Die Neuroophthalmologie beschäftigt sich mit der Frage, wie unser Gehirn visuelle Reize verarbeitet und welche neurologischen Ursachen hinter Sehstörungen stecken können. Als Schnittstelle zwischen Neurologie und Augenheilkunde widmet sich dieses Fachgebiet jenen Fällen, in denen die Ursache visueller Symptome im Nervensystem liegt. Im Mittelpunkt stehen dabei die neuronalen Netzwerke, die Signale von der Netzhaut über den Sehnerv bis hin zu verschiedenen Arealen im Gehirn leiten und verarbeiten.
Typische Symptome neuroophthalmologischer Störungen
- Plötzliche oder schleichende Sehverschlechterung auf einem oder beiden Augen
- Gesichtsfeldausfälle wie Hemianopsien (Halbseitenblindheit) oder Quadrantenanopsien
- Doppelbilder (Diplopie), besonders bei Blick in bestimmte Richtungen
- Störungen der Pupillenreaktion, wie relative afferente Pupillenstörungen
- Nystagmus (unwillkürliche, rhythmische Augenbewegungen)
- Ptosis (Herabhängen des Oberlids)
- Verlust des Farbsehens oder Kontrastempfindens
- Oszillopsien (Scheinbewegungen der Umgebung bei Kopfbewegungen)
Diagnostik und Behandlung
Die Diagnostik in der Neuroophthalmologie setzt auf eine Kombination spezialisierter Methoden aus der Augenheilkunde und Neurologie. Wichtige Untersuchungen sind detaillierte Gesichtsfeldtests, Tests zur Pupillenmotorik und bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT). Die Behandlung richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache der Sehstörung.
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Die Bedeutung der Sehentwicklung bei Kindern
Gutes Sehen ist essenziell für das Erlernen weiterer Funktionen, wie Laufen lernen und sich im Raum zurechtfinden. In den ersten Lebenstagen sieht ein Baby nur Schwarz und Weiß. Die Stelle des schärfsten Sehens im Auge ist noch nicht ausgebildet und somit ist das Farbensehen noch nicht entwickelt. Regelmäßige Untersuchungen der Augen sind notwendig, um eine gute Sehentwicklung zu gewährleisten.
Früherkennung von Augenerkrankungen und Sehfehlern
Die Frühentdeckung von Augenerkrankungen und die sichere Begleitung der Sehentwicklung beim Kind sind wichtige Aufgaben von Augenärzten. Besonders Kinder, deren Eltern an Sehstörungen leiden, sollten in den ersten Lebensjahren augenärztlich untersucht werden.
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