Arteriovenöse Malformationen (AVM) oder AV-Angiome des Gehirns sind angeborene Fehlbildungen des arteriolär-kapillären Gefäßbettes. Sie entstehen durch direkte Verbindungen zwischen arteriellen und venösen Schenkeln eines primitiven vaskulären Plexus während der 4. bis 8. Schwangerschaftswoche. Diese Kurzschlussverbindungen unterliegen keiner geordneten Gefäßregulation und können zu verschiedenen neurologischen Symptomen führen.
Definition und Pathophysiologie
AV-Angiome präsentieren sich pathologisch-anatomisch als ein Gefäßkonvolut (Nidus) variabler Größe. Dieser Nidus wird von einer oder mehreren zerebralen Arterien gespeist und von großen oberflächlichen oder tiefen Venen drainiert. Durch das Fehlen des normalen Gefäßwiderstands im arteriolär-kapillären Gefäßbett kommt es zu einer erhöhten Durchblutungsrate der AVM (arteriovenöse Shunts) und einer Flussbeschleunigung in den zuführenden Arterien und drainierenden Venen. Nidus und drainierende Venen sind einem erhöhten intravaskulären Druck ausgesetzt, was das Risiko einer Ruptur der weniger resistenten AVM-Gefäße erhöht.
Ein erhebliches Shuntvolumen der AVM kann zu einer verminderten Durchblutung des umgebenden Hirngewebes führen (sog. Steal-Effekt). Fluktuierende oder langsam progrediente neurologische Störungen können die Folge dieser Ischämie sein. Die Druckerhöhung im venösen Schenkel behindert zudem die Drainage der angrenzenden weißen Substanz.
Ursachen und Häufigkeit
Die genauen Ursachen für die Entstehung von AVMs sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass sie auf Fehlentwicklungen während der Embryonalentwicklung zurückzuführen sind. Die AVM-Häufigkeit in der Bevölkerung beträgt etwa 1:1000.
Lokalisation
AV-Angiome sind überwiegend in den zerebralen Hemisphären lokalisiert, wobei 90 % supratentoriell (davon 10 % im Stammganglienbereich) und 10 % zerebellär oder im Hirnstamm liegen.
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Symptome
AV-Angiome können während des gesamten Lebens asymptomatisch bleiben. Nur 20 % der AVM werden bis zum 20. Lebensjahr symptomatisch. Zunehmende hämodynamische Veränderungen manifestieren sich meist zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr.
Initialsymptome im Kindes- und Jugendalter sind:
- Blutungen (zu 60 %)
- Zerebrale Krampfanfälle (30 %)
- Rezidivierende Kopfschmerzen (je 5 %)
- Neurologische Ausfallserscheinungen (je 5 %)
Die erste Blutung geht mit einer Letalität von 10-25 % einher und hinterlässt bei der Hälfte der Überlebenden bleibende neurologische Ausfallserscheinungen. Kleine AVM bluten eher häufiger als große. Das Risiko einer Blutung nach Diagnosestellung einer AV-Malformation wird bei unbehandelten Patienten mit 2-3 % pro Jahr angegeben. Die Wiederholungswahrscheinlichkeit einer Blutung liegt bei 5 % pro Jahr.
Zerebrale Krampfanfälle präsentieren sich überwiegend als fokale und sekundär generalisierte Anfälle. Sie erweisen sich nur selten als therapierefraktär. Bei etwa der Hälfte der AVM-Patienten ist ein pulsierendes Gefäßgeräusch über der Kalotte auskultierbar. Außerdem kann der ansteigende intrakranielle Druck zu Kopfschmerzen, Sehstörungen und selten zu einer Stauungspapille führen.
Diagnose
Zur Diagnosestellung von AVMs werden verschiedene bildgebende Verfahren eingesetzt:
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- Transkranielle Doppler- oder Farbduplexsonografie: Kann eine erhöhte systolische und enddiastolische Flussgeschwindigkeit in den zuführenden basalen Hirnarterien nachweisen.
- Kernspintomografie (MRT) mit -angiografie (MRA): Ermöglicht die Feststellung von Lage, Größe und Hauptversorgung der AVM.
- Invasive Angiografie: Voraussetzung einer Behandlung, da sie alle hirnversorgenden Gefäße einschließlich der A. carotis interna darstellt.
Bei Blutungsverdacht wird sofort eine cCT veranlasst. Der Nachweis einer Subarachnoidalblutung zwingt zur digitalen Subtraktionsangiografie aller 4 hirnversorgenden Gefäße. Die Aneurysmasuche mittels dreidimensionaler computertomografischer Angiografie bzw. MRT ist mit einer Sensitivität von jeweils 96 % diagnostisch nicht sicher ausreichend. MRT und MRA können Form, Lagebeziehung, Gefäßverdrängung und -abgänge, Ein- und Ausgangszonen des Aneurysmas sowie intraaneurysmatische Turbulenzen und Thrombosierungen meist nachweisen, sodass diese Verfahren nach Ausschluss einer Blutung Vorrang vor einer invasiven Angiografie haben. Eine Liquorpunktion zum Blutungsnachweis (xanthochromer Liquor) ist nur bei negativem CT-Befund indiziert.
Therapie
Therapiemöglichkeiten bestehen in:
- Operativer Ausschaltung des Angioms
- Protonenbestrahlung (vorzugsweise kleiner, operativ unzugänglicher AV-Malformationen)
- Obliteration der/des zuführenden Gefäße(s) mittels Embolisation bzw. einer Kombination dieser Verfahren
Eine embolisatorische Vorbehandlung kann sowohl die Operabilität als auch die Strahlenbehandlung optimieren. In jedem Fall sollte der therapeutische Plan im Team mit Neurochirurgen, interventionellen Neuroradiologen und Strahlentherapeuten individuell abgestimmt werden.
Behandlungsziel ist immer die vollkommene Ausschaltung der AVM, da die Blutungsgefahr bei inkompletter Behandlung nur wenig abnimmt.
Operative Ausschaltung
Die operative Entfernung der AVM ist ein invasiver Eingriff, der darauf abzielt, den Nidus vollständig zu entfernen und die normale Durchblutung des umliegenden Hirngewebes wiederherzustellen. Die Morbidität nach Operation liegt bei 5 %. Ein großer Vorteil bei diesen Operationen ist die Heilung durch eine sofortige, vollständige und dauerhafte Beseitigung des Blutungsrisikos. In einer Klinik besteht durch den in der Klinik einzigartig genutzten Zeego®-Hybrid- Operationssaal die Möglichkeit noch intraoperativ eine Katheterangiographie durchführen zu können, so dass noch während der Operation die vollständige Entfernung der AVM dokumentiert werden kann. Im Falle einer Rest-Gefäßmissbildung kann diese noch in selbiger Operation entfernt werden.
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Endovaskuläre Embolisation
Bei der katheterbasierten, endovaskulären AVM-Behandlung werden die Hirnarterien von der Leiste oder vom Arm aus mit sehr feinen Kathetern aufgesucht. Wenn der Katheter unmittelbar am Nidus liegt, kann die Gefäßmissbildung mit einer zäh fließenden Flüssigkeit („Embolisat“, „Gewebeklebstoff“) ausgeschaltet oder der Zufluss reduziert werden. Die komplette AVM-Entfernung ist grundsätzlich das Therapieziel. Größere AVM werden oft zuerst katheterbasiert embolisiert und dann in einer Operation (mit Öffnung des Schädels) vollständig entfernt. Kleinere AVM können gelegentlich komplett embolisiert („verödet“, „verklebt“) werden, ohne dass hinterher operiert werden muss.
Strahlentherapie
Kleine AVM, die tief im Gehirn gelegen sind und somit für eine operative Behandlung nicht zugänglich sind, können auch durch eine gezielte einmalige Bestrahlung behandelt werden. Bei der robotergeführten Hochpräzisionsbehandlung einer CyberKnife- oder ZAP-X-Therapie bündeln sich Photonen hochfokussiert im Zentrum der Gefäßmalformation und bewirken somit langfristig einen Verschluss der krankhaften Gefäße.
Risiken der Therapie
Jede der Therapien birgt Risiken. In einer groß angelegten prospektiven Studie bei Erwachsenen mit nicht rupturierter AVM (ARUBA-Studie) zeigten sich unter den interventionellen Therapien in einer Beobachtungszeit von durchschnittlich 3 Jahren mehr Komplikationen (Insult, Tod) als unter konservativer symptomatischer Behandlung. Angesichts des hohen kumulativen Risikos einer ersten oder wiederholten AVM-Blutung wird bei Kindern aktuell weiterhin eine Behandlung angestrebt.
Beim therapeutischen Verschließen der AVM und der zuführenden Gefäße kann es zu Durchblutungsstörungen auch in anderen Gefäßen kommen. Dies kann zu vorübergehenden oder schlimmstenfalls bleibenden Störungen am Nervensystem führen (Schlaganfall). Auch kann es während oder nach der Behandlung zu einer Hirnblutung kommen, dies wird oft mit einer Umstellung der Durchblutung in der Umgebung der AVM erklärt. Das Komplikationsrisiko ist von unterschiedlichen Faktoren abhängig: Erkrankung (Eigenschaften der AVM), Behandler*in und Material sowie individuellen Risikofaktoren (Vorerkrankungen etc.).
V.-Galeni-Malformation
Bei der aneurysmatischen Malformation der V. Galeni (VG) handelt es sich um eine vor der 11. Schwangerschaftswoche (SSW) entstehende arteriovenöse Gefäßfehlbildung mit Persistenz des embryonalen Vorläufers der V. magna Galeni, der sog. V. prosencephalica. Diese wird von einem fistulösen Netz multipler choroidaler Arterien (choroidaler Typ) oder von einer bis wenigen arteriovenösen Fisteln (muraler Typ) gespeist und mündet mit schräg ansteigendem Verlauf über den Sinus falciformis in den Sinus sagittalis superior. Die eigentliche V. Galeni ist bei dieser Fehlbildung nicht angelegt.
Wegen des hohen Shuntvolumens kommt es zu einer sackförmigen, aneurysmatischen Erweiterung der V. prosencephalica im Mündungsbereich der Fisteln.
Choroidale Form
Bei der choroidalen Form der VG-Malformation mit multiplen Shunts stehen postnatal die Zeichen der Volumenbelastung im Vordergrund: massiv erhöhtes Herzminutenvolumen mit systolischem Herzgeräusch, Tachykardie, Kardiomegalie und Herzinsuffizienz, Hepatomegalie, Atemnotsyndrom und Lungenödem. Ein bestehender Hydrops weist auf eine bereits pränatal vorhandene Herzinsuffizienz hin. Über der Kalotte ist ein lautes Gefäßgeräusch auszukultieren, die sichtbaren kranialen Venen sind gestaut.
Murale Form
Ist das Shuntvolumen nicht exzessiv erhöht, z. B. bei der muralen Form, können sich VG-Malformationen auch erst in der Säuglings- und Kleinkindzeit manifestieren. Pathogenetisch steht eine venöse Abflussstörung des erhöhten Shuntvolumens im Vordergrund. Der venöse Druck in den großen venösen Blutleitern und deren vorgeschalteten Venen steigt an. Infolgedessen nimmt die Liquorresorptionskapazität ab. Auch eine okklusive Liquorzirkulationsstörung kann durch Druckwirkung der VG-Malformation auf den Aquädukt wirksam sein. Der resultierende Hydrocephalus internus führt zur zunehmenden Makrozephalie (Leitsymptom) mit Sonnenuntergangsphänomen und gestauten Schädelvenen. Die zum Teil erhebliche venöse Hypertension in den kortikalen Venen kann zu Perfusionsstörung und Hypoxie des Hirnparenchyms und dadurch zu ausgedehnten Verkalkungen im subkortikalen Marklager führen. Mögliche Folgen sind zerebrale Krampfanfälle und eine Retardierung der Gesamtentwicklung.
Diagnose
Die Diagnose kann prä- und postnatal durch Ultraschall gestellt werden: Es zeigt sich eine große, zentrale, zystische Formation, die farbdopplersonografisch eindeutig durchflossen ist. Auch die fistulösen Zuflüsse und der Abfluss über die dilatierte V. prosencephalica sind nachweisbar. MRT und MRA können die Veränderungen des Parenchyms, der Liquorräume und der Gefäßarchitektur detailliert darstellen.
Therapie
Eine Embolisationsbehandlung choroidaler VG-Malformationen sollte nur in spezialisierten Zentren durchgeführt werden. Der optimale Zeitpunkt wird mit 5-6 Monaten angegeben. Die Letalität nach Embolisation lag bei Neugeborenen bei 52 %, bei Säuglingen bei 7 %. Nach Embolisation im Neugeborenenalter (vs. im Säuglings- und Kindesalter) ist eine normale Entwicklung in 36 % (vs. 76 %), eine mäßige Retardierung in 55 % (vs. 13 %), eine schwere Retardierung in 9 % (vs. 10 %) zu erwarten. Die Begleittherapie besteht in der Behandlung der Herzinsuffizienz und der Kontrolle zerebraler Anfälle.
Eine V.-Galeni-Dilatation liegt vor, wenn ein arteriovenöses Angiom in eine regelrecht angelegte V. Galeni drainiert und diese sich infolge des hohen Shuntvolumens bei gleichzeitiger umschriebener venöser Abflussstörung aneurysmatisch erweitert. Der natürliche Verlauf der VG-Dilatation entspricht der tief sitzender AV-Angiome.
Kavernome (kavernöse Hämangiome)
Kavernome oder kavernöse Hämangiome stellen 5-15 % aller intrakraniellen vaskulären Malformationen dar. Pathologisch-anatomisch handelt es sich um multiple, sinusoidal erweiterte, vaskuläre Räume, die von einer einfachen Epithelzellschicht begrenzt werden. Das Fehlen von Hirngewebe zwischen den einzelnen vaskulären Räumen ist typisch. Kavernome werden als Slow-flow- und Low-pressure-Läsionen bezeichnet.
Lokalisation
75 % der Kavernome liegen supratentoriell, meist im frontalen oder parietalen Marklager. Infratentoriell ist vor allem der Pons betroffen, eine intraspinale Lokalisation ist sehr selten. In 20 % der Fälle liegen multiple Kavernome vor.
Häufigkeit und Symptome
Nach autoptischen Studien liegt die Prävalenz von Kavernomen bei 0,1-0,5 %. Nur 5 % aller Kavernome werden im Laufe des Lebens symptomatisch. Charakteristisch sind rezidivierende Einblutungen, vermutlich infolge intraluminaler Druckschwankungen. Symptomatische Kavernome werden in 20-25 % der Fälle vor dem 20. Lebensjahr manifest, in 3 % bereits im 1. Lebensjahr. Erstsymptome im Kindesalter sind überwiegend fokale Krampfanfälle. Die zunehmende raumfordernde Wirkung kann zu progressiven neurologischen Defiziten führen. Unspezifische Kopfschmerzen liegen bei einem Viertel der Patienten vor. Fatale Hämorrhagien sind sehr selten, obwohl bei nahezu allen symptomatischen Kavernomen Zeichen einer abgelaufenen Blutung nachweisbar sind.
Diagnose
In der MRT zeigt sich eine charakteristische popcornähnliche Formation mit gemischter Signalintensität: Im T2-Bild finden sich signalarme Hämosiderinablagerungen im umgebenden Hirnparenchym und eine reaktive Gliose als Folge kleiner Sickerblutungen, im T1-Bild stellt sich frisches Methämoglobin hyperintens dar, Verkalkungen sind hypointens. Kontrastangehobene MRT-Bilder sollten zum Nachweis eines möglicherweise assoziierten venösen Angioms angefertigt werden. In der cCT lassen sich oft unregelmäßig konfigurierte, hyperdense, leicht raumfordernde Formationen mit Verkalkungen nachweisen. Die invasive Angiografie zeigt meist nur eine zarte Anfärbung („blush“) oder ein avaskuläres Areal mit diskreter Verlagerung benachbarter Gefäße.
Therapie
Asymptomatische Kavernome werden unabhängig von ihrer Lokalisation in der Regel nur beobachtet. Die Prognose hängt vor allem von der Lokalisation der Läsion ab. Sie ist günstiger bei oberflächlichen als bei tief liegenden Kavernomen. Die Morbidität nach Operation liegt bei 5 %.
Venöse Angiome
Bei dieser vaskulären Besonderheit handelt es sich um eine seltene Form der Drainage der weißen Substanz. Multiple kleine intramedulläre Venen konvergieren wie in einem Caput medusae zu einer dilatierten, transzerebral verlaufenden Sammelvene, die entweder in das oberflächliche oder in das tiefe venöse System drainiert. Hämodynamisch verhalten sich diese wie normale Venen. In der Regel sind sog. venöse Angiome asymptomatisch. Blutungen sind sehr selten und treten dann meist als Folge eines assoziierten Kavernoms auf. Diagnostisch wegweisend sind MRT und MRA.
Kapilläre Teleangiektasien
Bei den kapillären Teleangiektasien handelt es sich um eine Ansammlung von abnorm dilatierten Kapillaren, die durch normales Hirngewebe getrennt werden. Sie sind am häufigsten im Pons lokalisiert, seltener im zerebralen Kortex und im Rückenmark. Klinisch sind diese Läsionen gewöhnlich stumm und werden nur zufällig in der MRT entdeckt.
Aneurysmen
Als Aneurysmen werden umschriebene Gefäßerweiterungen bezeichnet. Sie sind in über 90 % der Fälle kongenitalen Ursprungs und beruhen auf einer anlagebedingten Schwäche der Tunica media. Diese wirkt sich meist an einer arteriellen Bifurkation mit bogigem Gefäßverlauf aus, wo besondere Druck- und Scherkräfte auf die Gefäßwand wirken und dort zu sack- oder beerenförmigen Ausstülpungen führen können. Während im Erwachsenenalter anhaltende hämodynamische Belastungen zu einer fokalen Degeneration der Lamina elastica interna führen, sind im Kindesalter eher „intrinsische Faktoren“ wie kongenitale Mediadefekte wirksam. Sie treten gehäuft bei Kollagenkrankheiten (z. B. Ehlers-Danlos-Syndrom) sowie in Assoziation mit polyzystischer Nierenerkrankung, Aortenisthmusstenose, arteriovenösen Malformationen und Moyamoya-Syndrom auf.
Häufigkeit und Lokalisation
Aneurysmen finden sich in 4 % der Autopsiefälle im Erwachsenenalter. Nur 0,5-3 % aller Aneurysmen werden bis zum Alter von 20 Jahren symptomatisch. Jungen sind häufiger betroffen als Mädchen (Verhältnis etwa 2:1). Die Mehrheit der Aneurysmen ist an Teilungsstellen im vorderen Anteil des Circulus Willisii gelegen. Atypische Lokalisationen (im posterioren Anteil und im Bereich peripherer Äste) kommen im pädiatrischen Krankengut häufiger vor als bei Erwachsenen. Dies gilt auch für den deutlich höheren Anteil (etwa 20 %) von Riesenaneurysmen über 2,5 cm Durchmesser. Seltenheiten sind multiple kongenitale und traumatisch oder infektiös erworbene Aneurysmen und Riesenaneurysmen.
Symptome
Die Ruptur eines Aneurysmas führt zur Subarachnoidalblutung. Sie ist mit 80 % die häufigste Primärmanifestation. Akut treten stärkste Kopfschmerzen und Nackensteifigkeit auf. Bewusstseinsstörung (bis zum Koma) und Hirnnervenparesen können hinzukommen. Konsekutive Liquorzirkulationsstörungen können zum Hydrocephalus internus führen. Zwischen dem 3. und 10. Tag nach Blutung können Vasospasmen im Bereich der basalen Hirngefäße mit möglicher Folge eines sekundären ischämischen Defizits auftreten. Die Prognose wird durch das Ausmaß der Blutung und der initialen Bewusstseinsstörung und eine Aneurysmalokalisation im hinteren Hirnkreislauf negativ beeinflusst. Riesenaneurysmen können sich primär auch durch isolierte Hirnnervenausfälle (vor allem Nn. oculomotorius und trigeminus) manifestieren.
Diagnose
Bei Blutungsverdacht wird sofort eine cCT veranlasst. Der Nachweis einer Subarachnoidalblutung zwingt zur digitalen Subtraktionsangiografie aller 4 hirnversorgenden Gefäße. Die Aneurysmasuche mittels dreidimensionaler computertomografischer Angiografie bzw. MRT ist mit einer Sensitivität von jeweils 96 % diagnostisch nicht sicher ausreichend. MRT und MRA können Form, Lagebeziehung, Gefäßverdrängung und -abgänge, Ein- und Ausgangszonen des Aneurysmas sowie intraaneurysmatische Turbulenzen und Thrombosierungen meist nachweisen, sodass diese Verfahren nach Ausschluss einer Blutung Vorrang vor einer invasiven Angiografie haben. Eine Liquorpunktion zum Blutungsnachweis (xanthochromer Liquor) ist nur bei negativem CT-Befund indiziert.
Therapie
Die Behandlung des rupturierten Aneurysmas besteht, wenn möglich, in der frühzeitigen mikrochirurgischen Clippung zur Vermeidung einer fatalen Nachblutung. Das OP-Risiko steigt bei Sopor und Koma und nach mehr als 72 Stunden (wegen der Gefahr des dann einsetzenden Vasospasmus).
Bezüglich der Aneurysmaversorgung sind grundsätzlich zwei Methoden zu unterscheiden:
- Endovaskuläre (kathetergestützte) Aneurymaversorgung durch sogenanntes „Coiling“: Bei diesem Verfahren werden während einer Angiographie Platinspiralen in die Gefäßaussackung gebracht. Das Aneurysma „verstopft“ sich somit von innen und ist dadurch vom normalen Blutkreislauf ausgeschlosssen.
- Ausschaltung des Aneurysmas durch einen Clip während einer Operation: Noch während der Operation werden unterschiedliche Untersuchungen durchgeführt, welche zeigen können, dass die Gefäßaussackung komplett ausgeschaltet ist.
Die Entscheidung, ob eine operative oder eine endovaskuläre Behandlung in Frage kommt, hängt hauptsächlich von dem Aufbau und der Lokalisation des Aneurysmas ab.