Ein Taubheitsgefühl im rechten Arm und Bein kann beunruhigend sein und verschiedene Ursachen haben, von harmlosen vorübergehenden Zuständen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen, Diagnosemethoden und Behandlungsansätze, um Ihnen ein umfassendes Verständnis dieser Beschwerde zu vermitteln.
Ursachen für Taubheitsgefühle im Arm und Bein
Ein Taubheitsgefühl, medizinisch als Hypästhesie bezeichnet, entsteht durch eine verringerte Sensibilität der Haut. Informationen über äußere Reize wie Wärme, Kälte, Berührung, Druck, Schmerzen und Vibrationen können nicht oder nur eingeschränkt an das Gehirn weitergeleitet werden. Die Ursachen für ein Taubheitsgefühl im rechten Arm und Bein können vielfältig sein:
- Durchblutungsstörungen: Niedrige Temperaturen können dazu führen, dass sich die Gefäße zusammenziehen und die Extremitäten schlechter durchblutet werden. Auch das Einklemmen von Blutgefäßen durch ungünstige Körperhaltungen kann zu vorübergehenden Taubheitsgefühlen führen. Chronische Durchblutungsstörungen können auf Erkrankungen wie Arteriosklerose oder die Raynaud-Krankheit hindeuten.
- Eingeklemmte Nerven: Ähnlich wie beim Einklemmen von Blutgefäßen kann eine falsche Körperhaltung dazu führen, dass ein Nerv abgeklemmt wird und die Reizweiterleitung gestört ist. Auch andere Nerven, wie der Ellennerv (Ulnartunnel-Syndrom), können eingeklemmt werden.
- Karpaltunnelsyndrom: Ein Karpaltunnelsyndrom kann hinter einem ständig wiederkehrenden Taubheitsgefühl und Kribbeln in den Fingern stecken. Dabei wird der Mittelhandnerv beim Durchtritt durch den Handwurzelkanal eingeengt.
- Polyneuropathie: Unter einer Polyneuropathie versteht man eine Erkrankung des peripheren Nervensystems, die mit Missempfindungen und Taubheitsgefühlen einhergeht. Diese werden durch gereizte, entzündete oder geschädigte Nervenbahnen ausgelöst. Eine Sonderform ist die diabetische Polyneuropathie, die unterschiedliche Nervenbereiche betreffen kann.
- Bandscheibenvorfall: Bei einem Bandscheibenvorfall können durch Druck auf die Nervenwurzel starke Schmerzen entstehen, die von Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl im Lendenbereich oder den Beinen begleitet werden. Es kann auch zu Lähmungen kommen. Auch andere Probleme im Bereich der Wirbelsäule, besonders im Bereich der Halswirbelsäule, können für ein Taubheitsgefühl sorgen.
- Schlaganfall: Bei einem Schlaganfall wird das Gehirn nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt, was zu nervalen Ausfällen führen kann. Typischerweise treten die Taubheitsgefühle einseitig auf, betreffen also nur eine Hälfte des Gesichts oder den rechten oder linken Arm. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Schwindel, Übelkeit, Seh- und Sprachstörungen sowie halbseitige Lähmungserscheinungen. Ein Schlaganfall ist ein Notfall! Wählen Sie sofort die Notrufnummer 112.
- Infektionen: Verschiedenste Infektionen mit Bakterien oder Viren können ein taubes Gefühl im Körper auslösen, wie beispielsweise Gürtelrose oder Borreliose.
- Mangelerscheinungen: Ein Vitamin-B12-Mangel kann ein Taubheitsgefühl, das häufig auf der Zunge auftritt, auslösen. Auch an den Händen und Füßen kann es zu Empfindungsstörungen kommen. Auch Magnesiummangel kann sich in Form eines Taubheitsgefühls oder eines Kribbelns in Armen und Beinen bemerkbar machen.
- Medikamente: In seltenen Fällen können bestimmte Medikamente Missempfindungen wie ein taubes Gesicht oder taube Hände sowie ein Kribbeln auslösen.
- Thoracic-outlet-Syndrom (TOS): Der Begriff umfasst alle Beschwerdebilder, bei denen Druck im oberen Brustkorb Nerven oder Blutgefäße schädigt oder beeinträchtigt. Mögliche Anzeichen des TOS sind zum Beispiel wechselnde Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühl an der Außenseite der Schulter, oft auch an Arm und Hand.
- Epileptischer Anfall: Sogenannte einfach-fokale Anfälle entstehen in einem eng umschriebenen, begrenzten Bereich im Gehirn und lösen keine Bewusstseinstrübung aus. Je nachdem, in welcher Hirnregion der Anfall entsteht, sind aber Sensibilitätsstörungen wie zum Beispiel Kribbeln und „Ameisenlaufen“ möglich.
- Fibromyalgie: Diese chronische Schmerzerkrankung äußert sich durch einen tiefen Muskelschmerz, häufig begleitet von Steifigkeit, Brennen, Kribbeln oder einem Taubheitsgefühl. Betroffen von den beiden letzteren Symptomen sind oft Rücken, Brust, Nacken, Arme und Beine.
- Funktionelle Störungen: Funktionelle Gefühls- und Bewegungsstörungen wie Lähmungserscheinungen oder Taubheitsgefühle treten meist unerwartet auf - oft in Situationen hoher seelischer Belastung. Ursache ist nicht eine strukturelle Schädigung des Nervensystems.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Meist ist Kribbeln harmlos, etwa im Fall „eingeschlafener“ Gliedmaßen oder als Vorbote eines leichten Erkältungsschnupfens. In folgenden Fällen von Kribbeln sollten Sie aber zu einem Arzt gehen, um die Ursache abklären zu lassen:
- Neu auftretendes Kribbeln ohne erkennbaren Grund
- Anhaltendes, häufig wiederkehrendes oder sich verschlimmerndes Kribbeln
- Kribbeln, das von weiteren Beschwerden begleitet wird (z.B. von Taubheitsgefühlen, Muskelschwäche oder Lähmungen)
- Plötzlich auftretende Schwäche, Taubheitsgefühle und Lähmungserscheinungen: Bei einem Schlaganfall lassen sich oft Arm, Hand, und / oder Bein nicht mehr richtig bewegen.
- Sprachstörungen: Viele Menschen haben auf einmal Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden, ihre Sätze sind abgehackt. Auch wenn jemand plötzlich nuschelt und verwaschen oder lallend spricht, kann dies auf einen Schlaganfall hinweisen.
- Gesichtsfeldausfall: Ein Schlaganfall kann das Sehen beeinträchtigen. Die Dinge auf einer Seite des Raumes werden nicht mehr wahrgenommen.
- Schwindel und Gangunsicherheit: Es kann Probleme bereiten, das Gleichgewicht zu halten.
- Starke Kopfschmerzen: Manchmal können auch plötzliche, ungewohnt heftige Kopfschmerzen auf einen Schlaganfall hinweisen.
Denken Sie daran: Ein Schlaganfall ist ein Notfall! Haben Sie keine Angst davor, den Notruf zu wählen. Warten Sie nicht ab, ob die Symptome wieder von selbst verschwinden - dadurch geht kostbare Zeit verloren!
Diagnose von Taubheitsgefühlen
Der Arzt wird sich zunächst ausführlich nach Ihrer Krankengeschichte erkundigen (Anamnese). Beispielsweise wird er Sie fragen, seit wann das Kribbeln besteht, ob es in bestimmten Situationen verstärkt auftritt und ob weitere Beschwerden bestehen. Diese Informationen geben dem Arzt oft schon Anhaltspunkte, was die Ursache für das Kribbeln sein könnte.
Verschiedene Untersuchungen können den Verdacht dann bestätigen oder ausräumen. Dazu zählen zum Beispiel:
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- Körperliche Untersuchung: Sie ist Routine, wenn Patienten mit unklarem Kribbeln oder anderen Beschwerden zum Arzt kommen. Der Arzt testet den Nackenbereich auf Flexibilität und prüft den Bewegungsradius.
- Blutuntersuchungen: Eine Blutanalyse kann zum Beispiel einen Mangel an Magnesium oder Vitamin B12, aber auch einen Überschuss an Kalium als Auslöser von Kribbeln aufdecken. Gemessen werden zum Beispiel der Blutzuckerspiegel, die Menge bestimmter Vitamine und Mineralstoffe sowie Entzündungswerte.
- Orthopädische Untersuchung: Sie ist zum Beispiel bei Erkrankungen der Wirbelsäule als mögliche Ursachen von Kribbeln angezeigt, so etwa bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall oder eine Verengung des Wirbelkanals (Spinalstenose).
- Bildgebende Verfahren: Röntgen, Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) und Computertomografie (CT) können etwa bei Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall, eine Verengung des Wirbelkanals (Spinalstenose) oder Epilepsie als Auslöser für das Kribbeln sinnvoll sein. Ein spezielles Ultraschallverfahren, die Dopplersonografie, dient der genaueren Untersuchung von Krampfadern.
- Neurologische Tests: Im Rahmen neurologischer Untersuchungen prüft der Arzt anhand verschiedener Tests Funktions- und Leitungszustand von Nervenbahnen. Das ist wichtig, wenn das Kribbeln auf einem eingeengten Nerv beruhen könnte - wie etwa bei einem Bandscheibenvorfall, Karpal- oder Tarsaltunnelsyndrom. Die Eigenreflexe, das Gehör, die visuelle Wahrnehmung (der Sehsinn) und der Gleichgewichtssinn werden geprüft.
- Messung der Nervenleitgeschwindigkeit: Bei der Elektroneurografie (ENG) misst der Arzt, wie schnell periphere Nerven (etwa in Armen oder Beinen) Informationen weiterleiten. Das Ergebnis kann auf Nervenschädigungen hinweisen, das das Kribbeln verursachen (z.B. bei Polyneuropathie oder Karpaltunnelsyndrom).
- Messung der elektrischen Muskelaktivität: Bei der Elektromyografie (EMG) wird die elektische Aktivität von Muskelfasern gemessen.
- Messung der Hirnströme: Kommen epileptische Anfälle als Auslöser von Kribbeln in Betracht, kann der Arzt zur Klärung im Rahmen der Elektroenzephalografie (EEG) die elektrische Hirntätigkeit, analysieren.
- Allergietest: Vermutet der Arzt eine Kontaktallergie hinter dem Kribbeln, kann ein sogenannter Pflastertest (Epikutantest) Gewissheit bringen.
- Quantitative Sensorische Testung (QST): Bei der standardisierten Quantitativen Sensorischen Testung werden durch sieben verschiedene Gefühlstests an der Haut 13 Werte ermittelt. Sie helfen zu erkennen, welche Nervenfasern genau geschädigt sind und wie stark die Schädigung fortgeschritten ist. Um das Temperaturempfinden exakt zu messen, kommen bei der sogenannten Thermode computergesteuerte Temperaturreize zum Einsatz.
- Nerv-Muskel-Biopsie: Die Untersuchung einer Gewebeprobe kann helfen, die Ursache einer Polyneuropathie zu finden. Dazu wird eine sogenannte Nerv-Muskel-Biopsie aus dem Schienbein entnommen und feingeweblich untersucht. Hierbei wird festgestellt, ob der Schaden an der Hüllsubstanz des Nerven (Myelin) oder am Nerven selbst entstanden ist.
- Hautbiopsie: Bei einer Untergruppe der Neuropathien sind insbesondere die dünnen, kleinen Nervenfasern der Haut betroffen. Für die richtige Diagnose ist die Quantitative Sensorische Testung mit Messung des Temperaturempfindens entscheidend. Darüber hinaus kann eine Gewebeprobe aus der Haut (Hautbiopsie) unter dem Mikroskop untersucht werden.
Behandlung von Taubheitsgefühlen
Konnte der Arzt herausfinden, was das Kribbeln auslöst, wird er Ihnen nach Möglichkeit eine geeignete Behandlung vorschlagen. Generell ist die Therapie von Taubheitsgefühlen sehr stark von der Ursache abhängig.
- Konservative Therapie: Bei Nackenschmerzen und ausstrahlenden Schmerzen in Armen, die üblicherweise Anzeichen dafür sind, dass Nervenwurzeln gedrückt werden, versucht man, mit Schmerzmedikamenten, Muskelaufbau, Entspannungstraining und gegebenenfalls Akupunktur eine Lockerung der Nackenmuskulatur zu erreichen. Auch werden eventuell aufgetretene Muskellähmungen behandelt.
- Invasive Verfahren: Zu den invasiven Verfahren gehören oberflächliche Spritzenbehandlungen (Quaddeln) und gezielt Infiltrationen der Nervenwurzel unter dem Computertomogramm. Das nennt man periradikuläre Therapie (PRT).
- Operation: Sind über einen Zeitraum von vier bis sechs Wochen die Beschwerden nicht verschwunden, sollte man über eine Operation nachdenken. Bei den operativen Therapien gilt es, so schonend wie möglich zu arbeiten. Bei reinen Bandscheibenvorfällen ohne Veränderungen an den Wirbelkörpern im Sinne von knöchernen Vorsprüngen, Einengungen und Verschleißerscheinungen kommt eine künstliche Bandscheibe infrage.
- Karpaltunnelsyndrom: Durch das Tragen einer speziellen Schiene kann das Taubheitsgefühl in den Fingern meist behoben werden. Tritt keine Besserung ein, erfolgt eine operative Behandlung.
- Polyneuropathie: Ist eine Polyneuropathie die Ursache der Gefühlsstörungen, richtet sich die Behandlung nach der jeweiligen Form der Erkrankung. Bei Diabetes muss der Patient seine Blutzuckerwerte in den Griff bekommen, um die Nervenschädigung zu stoppen. Sind Alkohol oder Medikamente die Ursache, hilft Abstinenz beziehungsweise ein Wechsel der Präparate. Zur Schmerzbekämpfung haben sich Antidepressiva und Medikamente gegen Krampfanfälle (Epilepsie), sogenannte Antikonvulsiva, bewährt.
- Capsaicin-Pflaster: Capsaicin hat sich in Form von Capsaicin-Pflastern auf der Haut in Studien als erfolgversprechendes Mittel gegen Polyneuropathie erwiesen. Es betäubt nicht nur den schmerzenden Bereich und steigert die Durchblutung, sondern scheint sogar die Neubildung kleiner Nervenfasern anzuregen.
- Elektrotherapie: Bei der Elektrotherapie werden die Nerven durch Impulse aus einem speziellen Gerät so stimuliert, dass Erkrankte statt Schmerzen ein leichtes Kribbeln spüren. Von außen lässt sich dieses durch ein TENS-Gerät erreichen.
- Physiotherapie: Gegen die fortschreitende Gangunsicherheit wirkt Gleichgewichtstraining in der Physiotherapie. Durch Massagen können gelähmte Bereiche (teilweise) wieder reaktiviert werden.
- Bandscheibenvorfall: Ist ein Bandscheibenvorfall die Ursache der Hypästhesie, besteht die Therapie vor allem darin, die Wirbelsäule zu entlasten - zum Beispiel durch eine Stufenbettlagerung. Um die Schmerzen zu lindern, verabreichen Fachleute mitunter entzündungshemmende Schmerzmittel (zum Beispiel aus der Gruppe der NSAR) oder Glukokortikoide und Mittel zur Muskelentspannung (Muskelrelaxanzien). Um langfristig die Rückenmuskulatur zu kräftigen, empfiehlt sich anschließend eine Physiotherapie.
- Vitamin B12-Mangel: Liegt ein Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure vor, bessern sich die Symptome unter Umständen, wenn man den Mangel ausgleicht.
- Infektionen: Tritt die Hypästhesie infolge einer bakteriellen Infektion (zum Beispiel Borreliose) auf, hilft eine Therapie mit Antibiotika. Wenn das Taubheitsgefühl mit Gürtelrose zusammenhängt, behandelt derdie ArztÄrztin diese zumeist mit dem Wirkstoff Aciclovir.
Was Sie selbst tun können
- Sitzposition überprüfen: Wenn Sie häufig unter eingeschlafenen Füßen leiden, sitzen Sie möglicherweise "falsch". Wechseln Sie immer wieder die Sitzposition und stehen Sie beim ersten Kribbeln sofort auf, damit das Blut wieder ungehindert fließen kann.
- Durchblutung ankurbeln: Steckt eine schlechte Durchblutung hinter den Empfindungsstörungen, hilft alles, was den Kreislauf in Schwung bringt und den Blutfluss anregt. Sorgen Sie für ausreichend Bewegung.
- Gefäße gesund halten: Gesunde Blutgefäße sind die Voraussetzung für eine gute Durchblutung. Vermeiden Sie Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht oder Bewegungsarmut.
- Körperbewusstsein trainieren: Entstehen Taubheitsgefühle im Rahmen von Panikattacken oder als Ausdruck einer psychischen Störung, helfen eventuell Übungen zur Verbesserung des Körperbewusstseins. Mit Techniken wie Yoga oder dem Body Scan trainieren Sie, Ihre Aufmerksamkeit auch über einen längeren Zeitraum auf Ihren Körper zu richten und sich intensiver zu spüren.
- Hausmittel bei Herpes: Wenn ein Brennen oder Kribbeln an den Lippen Herpesbläschen ankündigt, sollten Sie sofort reagieren. Bewährte Hausmittel sind das wiederholte Auftupfen von eingetrocknetem oder frischem Rotwein sowie Auflagen mit Eichenrinden-, Johanniskraut-, Salbei- oder Zaubernusstee.
- Inhalieren bei Schnupfen: Kündigt sich ein Schnupfen durch Kribbeln in der Nase, Niesreiz und trockene Nasenschleimhaut an, können Sie den Krankheitsausbruch oft noch mit einer Inhalation verhindern.
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