Kribbeln in den Beinen, oft als unangenehm empfunden, kann ein Anzeichen für verschiedene Ursachen sein. Medizinisch werden diese Empfindungen als Parästhesien oder Dysästhesien bezeichnet und können sich als Taubheitsgefühl, Ameisenlaufen oder Schmerzen äußern. Während gelegentliches Kribbeln harmlos sein kann, sollte anhaltendes oder sich verschlimmerndes Kribbeln, insbesondere wenn es von Lähmungen begleitet wird, ärztlich untersucht werden.
Ursachen für Kribbeln und Taubheitsgefühl im Schienbein
Die Ursachen für Taubheitsgefühle im Schienbein sind vielfältig und reichen von harmlosen Auslösern bis hin zu ernsthaften Erkrankungen.
Harmlos Ursachen
- "Eingeschlafene" Beine: Längeres Sitzen oder Liegen in ungünstigen Positionen kann zu Durchblutungsstörungen führen, was ein Taubheitsgefühl und Kribbeln verursacht. Dies ist in der Regel harmlos und verschwindet nach kurzer Bewegung.
- Psychischer Stress: Auch psychischer Stress kann ein Auslöser für Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Beinen sein.
Mögliche Erkrankungen
- Polyneuropathie: Eine der Hauptursachen für Kribbeln in den Beinen ist die Polyneuropathie, eine Erkrankung der peripheren Nerven. Diese kann durch Diabetes oder Alkoholmissbrauch verursacht werden. Eine dauerhafte Nervenschädigung lässt sich oft nicht heilen, aber die Symptome können gelindert oder das Fortschreiten aufgehalten werden.
- Restless-Legs-Syndrom (RLS): RLS ist durch ein intensives, tiefgehendes Kribbeln in den Beinen gekennzeichnet, das von einem unkontrollierbaren Bewegungsdrang begleitet wird. Die Beschwerden verschlimmern sich oft abends und nachts.
- Tarsaltunnelsyndrom: Hierbei wird der Schienbeinnerv im Tarsalkanal zwischen Sprungbein, Fersenbein und Innenknöchel eingeklemmt, was zu Kribbeln, Schmerzen und Taubheitsgefühlen im Vorfuß führen kann.
- Bandscheibenvorfall: Ein Bandscheibenvorfall kann Druck auf Nervenwurzeln ausüben und so Kribbeln, Taubheitsgefühle oder sogar Lähmungen in den Beinen verursachen.
- Wirbelkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals im Rücken kann ähnliche Symptome wie ein Bandscheibenvorfall verursachen.
- Nährstoffmangel: Ein Mangel an bestimmten Nährstoffen, wie Magnesium oder Pantothensäure (Vitamin B5), kann ebenfalls zu Kribbeln in den Beinen führen.
- Schienbeinkantensyndrom: Schmerzen an der Schienbeinkante, die in aller Regel nach stärkerer sportlicher Belastung auftreten.
- Multiple Sklerose (MS): MS ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS).
- Periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK): Bei der PAVK ist der Blutfluss in den Beingefäßen behindert.
- Raynaud-Syndrom: Hier lösen zum Beispiel Kälte oder Stress Gefäßkrämpfe aus.
- Guillain-Barré-Syndrom (GBS): Bei der seltenen Autoimmunerkrankung richtet sich das Immunsystem gegen die peripheren Nerven, greift sie an und zerstört sie.
Weitere Ursachen
- Medikamente: Einige Medikamente können als Nebenwirkung Kribbeln in den Beinen verursachen.
- Fußfehlstellungen: Fehlbildungen des Fußes wie ein Knick-Senkfuß können die Entstehung eines Tarsaltunnelsyndroms fördern.
- Enge Schuhe: Zu enge oder hohe, starre Schuhe können ein Tarsaltunnelsyndrom auslösen oder verstärken.
- Verletzungen: Verletzungen im Bereich des Sprunggelenks können ebenfalls zu einem Tarsaltunnelsyndrom führen.
- Infektionen: Diverse Infektionskrankheiten können Missempfindungen begünstigen.
- Erbliche Veranlagung: Eine erblich bedingte Veranlagung kann eine Rolle spielen.
- Ischämie: Eine Minderdurchblutung infolge einer Ischämie kann Taubheitsgefühle verursachen.
- Tumore: Tumore können ebenfalls für ein Taubheitsgefühl am Schienbein verantwortlich sein.
Symptome
Die Symptome eines Taubheitsgefühls im Schienbein können vielfältig sein und umfassen:
- Kribbeln
- Taubheitsgefühl
- Ameisenlaufen
- Brennen
- Schmerzen
- Muskelschwäche
- Eingeschränkte Beweglichkeit
- Empfindungsstörungen (z. B. verminderte Berührungsempfindlichkeit)
Beim Tarsaltunnelsyndrom sind vor allem nächtliche Missempfindungen im Bereich der vorderen Fußsohle und der Zehen kennzeichnend. Brennen im Fuß, Taubheitsgefühle und Kribbeln quälen die Betroffenen oft die ganze Nacht. Die Symptome strahlen manchmal auch in die Wade aus. Zudem ist bei einigen Patienten der Bereich um den Innenknöchel herum dauerhaft schmerzempfindlich. Langes Stehen und Gehen verstärken die Symptome, Hochlagern des Fußes und Ruhe hingegen lindern sie häufig.
Beim Schienbeinkantensyndrom klagen die betroffenen Patientinnen und Patienten über Beschwerden an der Schienbeinkante bei Belastung und auf Druck. Anfänglich treten die Beschwerden nur bei längerer Belastung auf, später auch beim Einlaufen, um dann eventuell wieder zu verschwinden.
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Diagnose
Um die Ursache für das Taubheitsgefühl im Schienbein zu ermitteln, wird der Arzt zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und eine körperliche Untersuchung durchführen. Dabei wird er nach der Art der Beschwerden, deren Dauer und Begleitumständen fragen.
Anamnese
- Krankengeschichte
- Medikamenteneinnahme
- Vorerkrankungen (z. B. Diabetes, Alkoholmissbrauch)
- Lebensstil (z. B. sportliche Aktivitäten, Ernährung)
Körperliche Untersuchung
- Neurologische Untersuchung (z. B. Prüfung der Reflexe, Sensibilität, Muskelkraft)
- Untersuchung der Durchblutung
- Abtasten des Schienbeins und des Fußes
- Funktionsprüfung des Fußes
Weitere Untersuchungen
Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen erforderlich sein:
- Elektrophysiologische Untersuchungen (NLG): Messung der Nervenleitgeschwindigkeit, um Nervenschädigungen festzustellen.
- Blutuntersuchungen: Überprüfung von Blutzuckerwerten, Vitamin- und Mineralstoffspiegeln, Entzündungswerten.
- Bildgebende Verfahren: Röntgen, MRT oder CT, um andere Erkrankungen wie Stressbrüche, Bandscheibenvorfälle oder Tumore auszuschließen.
- Hautbiopsie: Entnahme einer Gewebeprobe aus der Haut, um Small-Fiber-Neuropathien zu diagnostizieren.
- Nerv-Muskel-Biopsie: Entnahme einer Gewebeprobe aus dem Schienbein, um die Ursache einer Polyneuropathie zu finden.
- Quantitative Sensorische Testung (QST): Messung der Gefühlsempfindlichkeit der Haut.
Behandlung
Die Behandlung des Taubheitsgefühls im Schienbein richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
Konservative Behandlung
- Ruhigstellung: Bei Verletzungen oder Entzündungen kann eine Ruhigstellung des Fußes erforderlich sein.
- Schuheinlagen: Bei Fußfehlstellungen können Schuheinlagen helfen, die Last von der Innenseite des Fußes auf die Außenseite zu verlagern.
- Medikamente: Schmerzmittel, entzündungshemmende Medikamente oder Kortison können zur Linderung der Beschwerden eingesetzt werden. Bei Polyneuropathie können Antidepressiva oder Antikonvulsiva helfen.
- Physiotherapie: Dehnübungen, Kräftigungsübungen und Massagen können die Durchblutung verbessern und die Muskeln entspannen.
- Kinesiotaping: Anbringen von elastischen Pflasterstreifen zur Stabilisierung und Entlastung des Fußgelenks.
- Homöopathie: Homöopathische Produkte können zur Behandlung von Nervenschmerzen eingesetzt werden (Wirksamkeit umstritten).
- Anpassung des Schuhwerks: Bequeme Schuhe mit ausreichend Platz und guter Dämpfung sind wichtig.
- Körperbewusstsein trainieren: Entspannungsübungen wie Yoga oder Body Scan können helfen, die Körperwahrnehmung zu verbessern und Stress abzubauen.
- Sitzposition überprüfen: Vermeiden Sie es, mit gekreuzten Beinen zu sitzen, da dies die Blutversorgung stören kann.
- Durchblutung ankurbeln: Regelmäßige Bewegung, Spaziergänge oder Radfahren können die Durchblutung fördern.
Operative Behandlung
In einigen Fällen kann eine Operation erforderlich sein, z. B. beim Tarsaltunnelsyndrom, um den Nerv zu entlasten, oder bei einem Bandscheibenvorfall, um den Druck auf die Nervenwurzel zu reduzieren.
Behandlung von Grunderkrankungen
Die Behandlung einer Grunderkrankung wie Diabetes oder einer Schilddrüsenunterfunktion ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie.
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Hausmittel
- Kühlen: Bei Schmerzen und Schwellungen kann Kühlen helfen.
- Fußmassage: Eine sanfte Massage der Fußsohle kann die Durchblutung anregen.
- Bewegung: Regelmäßige Bewegung und Dehnung der Beine können beim Restless-Legs-Syndrom Linderung bringen.
Prognose
Die Prognose hängt von der Ursache des Taubheitsgefühls ab. In vielen Fällen können die Beschwerden durch konservative Maßnahmen gelindert oder beseitigt werden. Bei chronischen Erkrankungen wie Polyneuropathie oder MS ist eine Heilung oft nicht möglich, aber die Symptome können behandelt und die Lebensqualität verbessert werden.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Ein Arzt sollte aufgesucht werden, wenn:
- Das Taubheitsgefühl plötzlich auftritt.
- Das Taubheitsgefühl anhält oder sich verschlimmert.
- Das Taubheitsgefühl von anderen Symptomen wie Lähmungen, Schmerzen oderSensibilitätsverlust begleitet wird.
- Das Taubheitsgefühl nach einer Verletzung auftritt.
- Das Taubheitsgefühl im Zusammenhang mit einer bekannten Erkrankung wie Diabetes steht.
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