Parkinson ist eine fortschreitende neurologische Erkrankung, die das extrapyramidal-motorische System und die Basalganglien betrifft und nicht kausal therapiert werden kann. Charakteristische Symptome sind Hypokinese, Rigor, Tremor und posturale Instabilität. Weltweit sind etwa 6,3 Millionen Männer und Frauen an Parkinson erkrankt, in Deutschland gibt es etwa 400.000 Parkinson-Patienten. Die Erkrankung betrifft vor allem ältere Menschen, wobei das Erkrankungsrisiko mit dem Alter steigt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Parkinson-Syndrome und ihre Einteilung
Parkinson (ICD-10 G20.- Primäres Parkinson-Syndrom, G21.- Sekundäres Parkinson-Syndrom) gehört zu den neurodegenerativen Erkrankungen, die das extrapyramidal-motorische System (EPS) und die Basalganglien betreffen. Parkinson-Syndrome werden in vier Gruppen unterteilt:
- Idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS) bzw. Parkinson-Krankheit (PK)
- Genetische Formen des Parkinson-Syndroms
- Symptomatische Parkinson-Syndrome (SPS)
- Atypische Parkinson-Syndrome (APS)
Leitsymptome sind Bradykinese (Kardinalsymptom), Rigor, Tremor und posturale Instabilität. Diese treten oft in Kombination mit sensiblen, vegetativen, psychischen und kognitiven Störungen auf. Das Beschwerdebild ist auf einen fortschreitenden Verlust nigraler und anderer Neuronen mit sukzessivem Dopaminmangel zurückzuführen. Bis heute gibt es keine Kausaltherapie.
Ursachen und Risikofaktoren
Ätiologisch wird Parkinson in verschiedene Krankheitsentitäten unterteilt:
Idiopathisches Parkinson-Syndrom (IPS)
Das idiopathische Parkinson-Syndrom (IPS) ist mit etwa 75-80 Prozent der Fälle das häufigste Parkinson-Syndrom. Andere Bezeichnungen sind Parkinson-Krankheit (PK) und Morbus Parkinson. Die Ursachen des IPS sind bis heute nicht verstanden. Angenommen wird eine multifaktorielle Genese aus Umweltfaktoren, Verhaltenseinflüssen und dem genetischen Hintergrund.
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Genetische Formen des IPS
Bei 5-15 Prozent der IPS-Patienten sind weitere Familienmitglieder betroffen. Bislang sind 16 Gen-Loci (PARK 1-21) für seltene, autosomal vererbte Formen beschrieben; für 12 Gen-Loci sind die verantwortlichen Gene identifiziert. Für die früh auftretende, autosomal rezessive Parkinson-Krankheit wurden Mutationen in den Genen PARKIN, PINK1 und DJ-1 als Ursache detektiert. Mutationen im LRRK2-Gen werden mit autosomal-dominanter Parkinson-Krankheit mit unvollständiger Penetranz in Verbindung gebracht. Monogen vererbte Formen weisen häufig eine Punktmutation im alpha-Synclein-Gen auf. Je jünger ein Patient ist, umso wahrscheinlicher liegt ein genetischer Hintergrund vor.
Symptomatisches Parkinson-Syndrom
Symptomatische bzw. sekundäre Parkinson-Syndrome (sPD bzw. SPS) sind auf andere Ereignisse, Erkrankungen oder Arzneimittel zurückzuführen, die die zentralnervösen Strukturen schädigen. Dazu gehören:
- Arzneimittel, insbesondere klassische Neuroleptika, Lithium, Valproinsäure, Reserpin, Antiemetika (Metoclopramid) und Calciumkanalantagonisten (Cinnarizin, Flunarizin)
- Neurotoxine, zum Beispiel Intoxikationen durch Kohlenmonoxid, Mangan, Blei oder MPTP (1-Methyl-4-Phenyl-1,2,5,6-Tetrahydropyridin). Eine Exposition gegenüber Pestiziden, Lindan, Rotenon oder Lösungsmitteln auf Basis von Trichlorethylen, Tetrachlorkohlenstoff und Perchlorethylen erhöhen das Erkrankungsrisiko.
- Traumatische Hirnschädigung, speziell schwere Schädel-Hirn-Traumata (SHT). Das Erkrankungsrisiko steigt mit der Anzahl der Kopfverletzungen, spezifischen Umwelteinflüssen und genetischen Anfälligkeitsfaktoren. Eine schwere traumatische Hirnschädigung in Verbindung mit einer Exposition gegenüber dem Kontaktherbizid Paraquat erhöht die Krankheitswahrscheinlichkeit um das Dreifache.
- Hirntumore
- Entzündungen wie AIDS-Enzephalopathie oder seltene Enzephalitiden
- Stoffwechselstörungen wie Morbus Wilson und Hypoparathyreoidismus
- Psychostimulanzien vom Amphetamintyp, etwa Methamphetamin (Crystal Meth)
Atypische Parkinson-Syndrome
Parkinson-Syndrome im Rahmen anderer neurodegenerativer Krankheiten werden auch als atypische Parkinson-Syndrome bezeichnet. Parkinson betrifft das extrapyramidal-motorische System (EPS) und die Basalganglien. Pathophysiologisch ist die Krankheit vor allem durch den Verlust dopaminerger Neuronen in der Substantia nigra pars compacta im Mittelhirn (speziell in den ventrolateralen Anteilen) definiert und mit intraneuralen zytoplasmatischen Einschlüssen, die unlösliche Alpha-Synuclein-Aggregate enthalten (den sogenannten Lewy-Körpern und Lewy-Neuriten), assoziiert. Degenerieren die Neuronen, kann der Neurotransmitter Dopamin nicht mehr ins Putamen transportiert werden. Die Thalamus-induzierte motorische Aktivierung der Großhirnrinde bleibt aus, was zu Bewegungsbeeinträchtigungen führt.
Symptome und Diagnose
Parkinson-Syndrome zeigen unabhängig ihrer Ätiologie die gleiche Kernsymptomatik. Der Symptomkomplex wird mit dem Akronym TRAP (Tremor, Rigor, Akinese und Posturale Instabilität) zusammengefasst. Als fakultative Begleitsymptome sind sensible, vegetative, psychische und kognitive Störungen möglich.
- Bradykinese/Hypokinese/Akinese: Die Bradykinese bzw. Verlangsamung der Bewegungsgeschwindigkeit ist das zentrale Kardinalsymptom des idiopathischen Parkinson-Syndroms. Sie ist durch eine erschwerte und verzögerte Initiierung von Willkürbewegungen und eine Verlangsamung paralleler motorischer Tätigkeiten oder der Durchführung rascher sequenzieller Bewegungen, die im Verlauf nahezu regelhaft an Amplitude verlieren (Dekrement), definiert. Im klinischen Alltag sind auch die Begriffe Akinese (gestörte Bewegungsinitiation und Bewegungsblockade) oder Hypokinese (verminderte Bewegungsamplitude und verminderte Spontanbewegungen) gebräuchlich.
- Tremor: Beim Tremor werden drei Formen unterschieden: klassischer Parkinsontremor, Haltetremor und Aktionstremor.
- Rigor: Rigor beschreibt eine Tonuserhöhung, die während des gesamten Bewegungsumfangs auftritt und unabhängig von der Geschwindigkeit der Gelenksbewegung ist.
- Posturale Instabilität: Posturale Instabilität beschreibt die Unfähigkeit, den Körper stabil aufrechtzuerhalten.
Frühsymptome
Den motorischen Kardinalsymptomen geht meist eine - oft jahrelange - Prodromalphase mit unklaren Beschwerden voraus. Typische Frühsymptome von Parkinson sind:
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- REM-Schlaf-Verhaltensstörung (RBD)
- Riechstörungen
- Stimmungsschwankungen
- Obstipation
Therapie
Parkinson ist nicht heilbar und erfordert daher eine dauerhafte Therapie, die auf den individuellen Krankheitsverlauf und die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten zugeschnitten und laufend angepasst wird. Mit den richtigen Therapieansätzen und Medikamenten ist die Krankheit gut behandel- und kontrollierbar, sodass sich die Lebenserwartung nicht verkürzt und die Selbstständigkeit der Patientinnen und Patienten oft über Jahre erhalten werden kann.
Medikamentöse Therapie
Das älteste medikamentöse Therapieprinzip ist es, Dopamin zuzuführen - also den Botenstoff, der bei Parkinson-Betroffenen nicht mehr in ausreichender Menge vom Körper produziert wird. Das Mittel Levodopa ist bereits seit den frühen 70er Jahren zur Behandlung der Parkinson-Erkrankung zugelassen. Es verbessert die typischen Parkinson-Symptome wie das Zittern, die verlangsamten Bewegungen und die Steifheit der Muskeln. Weitere Medikamente sind Dopaminagonisten, Monoaminooxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer), Adenosin-Rezeptor-Antagonisten und COMT-Inhibitoren.
Nicht-medikamentöse Therapie
Unterstützend werden sogenannte nicht medikamentöse Therapien eingesetzt, wie Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie.
- Krankengymnastik / Physiotherapie: Die Krankengymnastik bzw. Physiotherapie bei Parkinson trägt wesentlich zur Verbesserung oder Erhaltung der aktiven und passiven Mobilität in allen Gelenken bei.
- Ergotherapie: Die Ergotherapie bei Parkinson verbessert die Koordination der Bewegungsabläufe im täglichen Leben und fördert zudem Wahrnehmung, Orientierung sowie Gedächtnisleistungen.
- Psychotherapie: Durch eine Psychotherapie können mögliche Traumata aufgearbeitet werden.
- Sprachtherapie: Atemübungen können dabei helfen, die Sprache zu trainieren. Richtiges Atmen verbessert darüber hinaus die Sauerstoffzufuhr der Lunge und schützt vor Bronchitis und Lungenentzündung.
Ergotherapie als begleitende Behandlung
Die Ergotherapie spielt eine wichtige Rolle in der begleitenden Behandlung von Morbus Parkinson. Sie zielt darauf ab, die Selbstständigkeit und Lebensqualität der Betroffenen im Alltag zu erhalten oder zu verbessern. Ergotherapeuten arbeiten mit den Patienten an verschiedenen Bereichen, um ihnen ein möglichst aktives und erfülltes Leben zu ermöglichen.
Ziele der Ergotherapie
- Erhaltung und Verbesserung der motorischen Fähigkeiten: Durch gezielte Übungen werden Feinmotorik, Koordination und Beweglichkeit gefördert. Dies hilft den Patienten, alltägliche Aufgaben wie Anziehen, Essen oder Schreiben besser zu bewältigen.
- Förderung der Wahrnehmung und Kognition: Ergotherapeuten unterstützen die Patienten dabei, ihre Wahrnehmung zu verbessern und kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Konzentration zu trainieren.
- Anpassung des Wohnumfelds: Ergotherapeuten beraten die Patienten und ihre Angehörigen hinsichtlich der Gestaltung des Wohnumfelds, um Barrieren zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen.
- Hilfsmittelberatung und -anpassung: Ergotherapeuten helfen den Patienten bei der Auswahl und Anpassung von Hilfsmitteln, die ihnen den Alltag erleichtern, wie z.B. spezielle Besteckarten, Anziehhilfen oder Gehhilfen.
- Schulung von Angehörigen: Ergotherapeuten informieren und schulen die Angehörigen, um sie im Umgang mit den Patienten zu unterstützen und ihnen zu helfen, die Bedürfnisse der Betroffenen besser zu verstehen.
Ergotherapeutische Maßnahmen
Die ergotherapeutische Behandlung von Parkinson-Patienten umfasst eine Vielzahl von Maßnahmen, die individuell auf die Bedürfnisse und Fähigkeiten der Patienten abgestimmt werden. Dazu gehören:
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- Feinmotoriktraining: Übungen zur Verbesserung der Hand- und Fingerfertigkeit, z.B. mit Knetmasse, Steckspielen oder Schreibübungen.
- Koordinationstraining: Übungen zur Verbesserung der Koordination von Bewegungen, z.B. mit Ballspielen, Jonglieren oder rhythmischen Bewegungen.
- Gleichgewichtstraining: Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts, z.B. mit Standübungen, Gangschulung oder Übungen auf instabilen Unterlagen.
- Wahrnehmungstraining: Übungen zur Verbesserung der Wahrnehmung von Körper, Raum und Zeit, z.B. mit Tastspielen, Orientierungsübungen oder Gedächtnisspielen.
- Kognitives Training: Übungen zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten, z.B. mit Konzentrationsübungen, Gedächtnisübungen oder Problemlösungsaufgaben.
- Alltagstraining: Übungen zur Bewältigung alltäglicher Aufgaben, z.B. An- und Ausziehen, Essen zubereiten, Einkaufen oder Körperpflege.
- Hilfsmittelberatung und -anpassung: Beratung und Anpassung von Hilfsmitteln, z.B. spezielle Besteckarten, Anziehhilfen, Gehhilfen oder Kommunikationshilfen.
- Umgebungsanpassung: Beratung und Unterstützung bei der Anpassung des Wohnumfelds, um Barrieren zu reduzieren und die Sicherheit zu erhöhen.
Spezifische ergotherapeutische Ansätze
- CO-OP (Cognitive Orientation to daily Occupational Performance): Ein Ansatz, der besonders bei Kindern mit Umschriebener Entwicklungsstörung (UEMF) eingesetzt wird, die Probleme bei der Ausführung von Aufgaben haben.
- Sensorische Integrationstherapie (SI-Therapie): Zielt auf die Verbesserung sensomotorischer Fertigkeiten sowie auf die Integration des Gelernten in den Alltag.
Ergotherapeutische Gruppenbehandlung
Eine ergotherapeutische Gruppenbehandlung kann von einem Arzt verordnet werden. Durch die Vorteile der Gruppendynamik können unter Umständen Therapieziele besser erreicht werden.
- Marburger Konzentrationstraining (MKT): Das Training setzt an der Verbesserung der Aufmerksamkeitssteuerung der Kinder an. Dies geschieht mit Hilfe der Methode der verbalen Selbstinstruktion (die Kinder lernen, laut zu denken).
- Attentioner Training: Das neuropsychologische Gruppentraining für Kinder mit Aufmerksamkeitsstörungen.
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