Beratungsstellen und Angebote für Demenz-Erkrankte und ihre Angehörigen

In Deutschland leben über eine Million Menschen mit Demenz. Diese Erkrankung stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen. Umso wichtiger ist es, die vielfältigen Beratungs- und Unterstützungsangebote zu kennen und zu nutzen. Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über die verschiedenen Anlaufstellen und Hilfestellungen für Menschen mit Demenz und ihre Familien.

Demenz in Deutschland: Eine wachsende Herausforderung

Die Zahl der Demenzerkrankten in Deutschland ist beträchtlich und steigt stetig. Allein in Bielefeld wird die Zahl auf 4.000 bis 6.000 Menschen geschätzt. Demenz führt oft zu einem Rund-um-die-Uhr-Betreuungsbedarf, was eine erhebliche Belastung für die pflegenden Angehörigen darstellt. Um diese Pflege langfristig leisten zu können, sind Entlastungsangebote unerlässlich.

Erste Schritte bei Verdacht auf Demenz

Bei Verdacht auf eine Demenzerkrankung sollte zunächst der Hausarzt aufgesucht werden. Dieser kann eine Überweisung an eine neurologische Praxis oder eine Gedächtnisambulanz ausstellen, wo spezialisierte Demenz-Tests durchgeführt werden. Neben neuropsychologischen Untersuchungen können bildgebende Verfahren wie CT oder MRT eingesetzt werden, um die Diagnose zu sichern.

Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz (DAlzG) bietet eine Checkliste mit dem Titel "Was tun nach der Demenz-Diagnose?" an. Diese Checkliste enthält wertvolle Hinweise und Tipps für den Umgang mit der Diagnose und die anstehenden Themen.

Beratungsstellen und Anlaufstellen für Betroffene und Angehörige

Spezialisierte Demenz-Beratungsstellen

Demenz-Beratungsstellen sind spezialisierte Einrichtungen, die umfassende Unterstützung und Beratung für Menschen mit Demenz, ihre Angehörigen und andere Betroffene anbieten. Diese Stellen verfügen über geschulte Fachkräfte mit umfangreichem Wissen im Umgang mit Demenzerkrankungen.

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Die Leistungen von Demenz-Beratungsstellen umfassen:

  • Individuelle Beratung: Persönliche Beratungsgespräche, die auf die spezifischen Bedürfnisse und Fragen der Ratsuchenden eingehen.
  • Unterstützung bei der Vermittlung von Hilfsangeboten: Vermittlung von ambulanten Pflegediensten, Tagespflegeeinrichtungen, Betreuungsangeboten und anderen Hilfen.
  • Schulungen und Fortbildungen: Schulungen und Fortbildungen für Angehörige, Pflegekräfte und andere Interessierte.
  • Wegweiser Demenz: Eine Initiative des Familienministeriums, die als spezialisierte Demenz-Beratungsstelle dient.
  • Lokale Allianzen: Das Bundesfamilienministerium fasst Beratungsstellen für Demenz in seiner Projekt-Landkarte „Lokale Allianzen für Menschen mit Demenz“ zusammen.

Pflegestützpunkte

Pflegestützpunkte sind Beratungsstellen rund um das Thema Pflege und Versorgung. Sie bieten individuelle und kostenfreie Beratung für Pflegebedürftige und ihre Angehörigen zu Themen wie Pflegebedürftigkeit, Wohnformen und Unterstützung zu Hause.

Fachstellen für pflegende Angehörige

Fachstellen für pflegende Angehörige sind Beratungs- und Anlaufstellen für pflegende Angehörige von älteren pflegebedürftigen Menschen. Sie unterstützen Angehörige durch psychosoziale Beratung, individuelle und langfristige Begleitung sowie Entlastungsangebote.

Medizinischer Dienst Bayern: Pflegeservice Bayern

Der Medizinische Dienst Bayern hat ein kostenloses Beratungsangebot initiiert, um Menschen frühzeitig in Beratung zu bringen und über den Begriff der Pflegebedürftigkeit aufzuklären. Unter der Rufnummer 0800 / 772 11 11 können Betroffene und Angehörige sich unabhängig zu allen Fragen rund um die Pflege beraten lassen.

Servicetelefon Pflegebegutachtung des Medizinischen Dienstes Bayern

Bei Fragen rund um die Pflegebegutachtung, von der Antragsstellung bis zum Ergebnis eines abgeschlossenen Gutachtens, können sich Betroffene oder ihre Angehörigen unter der Rufnummer 089 / 159 060 5555 an das Servicetelefon Pflegebegutachtung des Medizinischen Dienstes Bayern wenden.

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Compass Pflegeberatung

Die compass Pflegeberatung ist eine erste Anlaufstelle für Fragen rund um die Pflege. Die Pflegeberater beantworten Fragen, unterstützen in herausfordernden Pflegesituationen und helfen bei der Suche nach Versorgungsangeboten. Sie ist über die kostenfreie Rufnummer 0800 - 101 88 00 erreichbar.

Demenz-Hotlines

Demenz-Hotlines sind telefonische Beratungsstellen, die speziell auf die Bedürfnisse von Menschen ausgerichtet sind, die einen Demenzkranken betreuen oder unterstützen. Sie werden von geschultem Fachpersonal betrieben, das über umfangreiches Wissen im Umgang mit Demenzerkrankungen verfügt. Ein Beispiel ist das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft.

Selbsthilfe und Austausch

Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen bieten eine wertvolle Möglichkeit für Betroffene und Angehörige, sich mit anderen in ähnlicher Lage auszutauschen. In diesen Gruppen können Erfahrungen geteilt, emotionale Unterstützung gefunden und praktische Tipps ausgetauscht werden. Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann entlastend und ermutigend sein. Das Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer Gesellschaft gibt Auskunft über Selbsthilfegruppen in der Nähe.

Selbsthilfe-Foren und soziale Netzwerke

Für Menschen in ländlichen Regionen oder solche, die eine flexible Austauschmöglichkeit suchen, bieten Selbsthilfe-Foren und soziale Netzwerke eine gute Alternative. Hier können sich Pflegende und Pflegebedürftige austauschen und gegenseitig unterstützen.

Angebote zur Entlastung von Angehörigen

Ambulante Betreuungs- und Besuchsdienste

Ambulante Betreuungs- und Besuchsdienste bieten stundenweise Unterstützung im häuslichen Umfeld. Sie können Demenzkranke betreuen, ihnen Gesellschaft leisten und Angehörige entlasten.

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Betreuungsgruppen für Menschen mit Demenz

Betreuungsgruppen bieten Demenzkranken die Möglichkeit, sich außerhalb des eigenen Zuhauses in einer Gruppe zu treffen. Dort können sie an Aktivitäten teilnehmen, soziale Kontakte pflegen und ihren Alltag abwechslungsreicher gestalten. Dies entlastet auch die pflegenden Angehörigen.

Tages- und Nachtpflege

Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen bieten eine zeitweise Betreuung von Demenzkranken. Dies ermöglicht Angehörigen, einer Berufstätigkeit nachzugehen, eigene Termine wahrzunehmen oder einfach eine Auszeit zu nehmen.

Verhinderungspflege

Die Verhinderungspflege ermöglicht es Angehörigen, eine Auszeit von der Pflege zu nehmen, beispielsweise im Urlaub oder bei Krankheit. Während dieser Zeit wird die Pflege von einer anderen Person oder Einrichtung übernommen.

Haushaltshilfe

Eine Haushaltshilfe kann Angehörige bei der Haushaltsführung unterstützen und somit entlasten. Sofern ein Pflegegrad vorliegt, kann zur Finanzierung der Haushaltshilfe der Entlastungsbetrag von 131 Euro monatlich verwendet werden.

Kurzzeitpflege

Die Kurzzeitpflege ist eine vorübergehende stationäre Pflege, beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt oder in Krisensituationen. Sie bietet Angehörigen die Möglichkeit, sich zu erholen und die weitere Versorgung zu planen.

Finanzielle Unterstützung

Pflegegrad beantragen

Um finanzielle Hilfen in Anspruch nehmen zu können, ist es wichtig, dass der Demenzerkrankte einen Pflegegrad erhält. Der Antrag auf einen Pflegegrad wird bei der Pflegekasse gestellt. Die Zuordnung zu einem Pflegegrad erfolgt durch den Medizinischen Dienst (MD) oder eine vergleichbare Institution, die die individuelle Pflegebedürftigkeit bewertet.

Pflegeleistungen

Mit einem Pflegegrad haben Pflegebedürftige Anspruch auf eine Vielzahl von Pflegeleistungen, darunter:

  • Finanzierung eines ambulanten Pflegedienstes
  • Tagespflege oder Nachtpflege
  • Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds (barrierefreier Umbau)
  • Kombinationsleistungen (Pflegegeld und Pflegesachleistungen)

Entlastungsbetrag

Versicherte mit Pflegegrad 1 haben Anspruch auf den monatlichen Entlastungsbetrag in Höhe von 131 Euro sowie Leistungen zur Verbesserung des Wohnumfelds und Beratungsbesuche durch qualifizierte Pflegeberater.

Hilfsmittel und technische Unterstützung

Verschiedene Hilfsmittel können den Alltag von Menschen mit Demenz erleichtern und ihre Selbstständigkeit fördern. Dazu gehören beispielsweise:

  • GPS-Tracker zur Ortung bei Weglauftendenz
  • Ergonomisches Besteck
  • Medikamentenspender
  • Anpassung des Wohnraums

Wohnraumanpassung

Die Wohnberatung der Stadt Bielefeld bietet eine spezielle Beratung zur Wohnraumanpassung für Menschen mit Demenz an. Ziel ist es, die Wohnung so zu gestalten, dass sie den Bedürfnissen des Demenzerkrankten entspricht und ein sicheres und selbstständiges Leben ermöglicht.

Umgang mit der Diagnose und den Herausforderungen

Sprechen Sie über Ihre Ängste und Sorgen

Die Diagnose Demenz ist für Betroffene und Angehörige ein Schock. Es ist wichtig, offen über die Ängste und Sorgen zu sprechen, sich mit Vertrauten auszutauschen und professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Informationen und Wissen aneignen

Je mehr man über die Erkrankung und ihre Begleiterscheinungen weiß, desto besser kann man mit den Herausforderungen umgehen. Informations- und Beratungsangebote sowie kostenfreie Pflegekurse sind wertvolle Ressourcen.

Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit

Die Pflege eines Demenzerkrankten ist kräftezehrend. Es ist wichtig, auf die eigene Gesundheit zu achten, sich regelmäßige Auszeiten zu gönnen und Unterstützungsangebote anzunehmen. Pflegende Angehörige sollten sich bewusst machen, dass es normal ist, auch eigene Emotionen und Bedürfnisse zu haben. Es ist wichtig, sich regelmäßig Zeit für sich selbst zu nehmen, um Kraft zu tanken und sich zu erholen.

Entspannungstechniken

Viele Krankenkassen bieten kostenlose Online-Kurse für Entspannungstechniken an. Diese können helfen, Stress abzubauen und die eigene Widerstandsfähigkeit zu stärken.

Kuren für pflegende Angehörige und Demenzerkrankte

Kuren können sowohl für Demenzerkrankte als auch für ihre pflegenden Angehörigen eine wichtige Unterstützung sein. In manchen Fällen kann es notwendig sein, eine Kur in Anspruch zu nehmen, um eine dringend benötigte Auszeit zu erhalten, sich zu erholen und neue Kraft zu schöpfen. Dabei besteht die Möglichkeit, sowohl eine gemeinsame Kur mit dem Demenzerkrankten als auch eine Kur alleine zu machen.

Kultur- und Freizeitangebote

Für einige Demenzerkrankte können Angebote wie ein Museumsbesuch oder ein kreatives Kursangebot der Schlüssel zu ihrer emotionalen Welt sein. Auch pflegende Angehörige profitieren von gemeinsamen Besuchen solcher Angebote, denn sie können dadurch schöne Erlebnisse mit dem Demenzerkrankten teilen. Die Broschüre "Hamburg besucht" des AKTIVOLI Landesnetzwerks bietet eine Übersicht über barrierefreie Kultur- und Freizeitangebote in Hamburg.

Krisendienste und Telefonseelsorge

In akuten Krisensituationen stehen die Krisendienste Bayern unter der kostenlosen Rufnummer 0800 / 655 3000 rund um die Uhr zur Verfügung. Die Telefonseelsorge ist unter den kostenfreien Nummern 0800 / 111 0 111, 0800 / 111 0 222 oder 116 123 erreichbar.

Beispielhafte Angebote in Kiel und Hamburg

Alzheimer Gesellschaft Kiel e.V.

Die Alzheimer Gesellschaft Kiel e.V. bietet verschiedene Veranstaltungen und Gruppen an, darunter:

  • Treffpunkt Demenz: Jeden 2. Montag im Monat von 15.00 bis 17.00 Uhr in der AWO anna Gaarden, Preetzer Str.
  • Vortragsreihe: An jedem 1. Mittwoch im Monat von 17.00 bis 18.30 Uhr in der anna Gaarden, Preetzer Str. 35, 24143 Kiel.
  • Gruppe für Menschen mit beginnender Demenz: Monatliches Treffen regelmäßig am dritten Montag im Monat um 14.00 Uhr.
  • Gruppe Gneisenaustraße: Mittwoch 15.00-18.00 Uhr, Alzheimer Ges. Kiel, e.V., Gneisenaustr.
  • Holzwerkstatt: Für junge oder frühbetroffene Menschen mit Demenz, mittwochs, 10.00 - 13.00 Uhr Hof Akkerboom.
  • Kreativwerkstatt: Hof Akkerboom, mittwochs, 15.00 - 18.00 Uhr.

Alzheimer Gesellschaft Hamburg e.V.

Die Alzheimer Gesellschaft Hamburg e.V. bietet eine Vielzahl von Angeboten, darunter:

  • Aktionstage Demenz: Jährliche Aktionstage mit verschiedenen Veranstaltungen und Aktionen.
  • Selbsthilfegruppe "Trotz-Dem": Selbsthilfegruppe für junge Menschen mit Demenz.
  • Matinée-Konzert: Konzerte mit Demenzexperten und Künstlern.
  • Besuchsdienste: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer kommen nach Hause, um Angehörige für einige Stunden abzulösen.
  • Gesprächsgruppen: Möglichkeit zum Austausch mit anderen Betroffenen.
  • Betreuungsgruppen: Treffen für demenziell erkrankte Menschen mit kleinen Mahlzeiten, Spielen und Spaziergängen.
  • Schulungen für Ehrenamtliche: Qualifizierte, kostenlose Schulungen und individuelle Fortbildungen für ehrenamtliche Helfer.
  • Kultur & Freizeit: Angebote zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

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