Künstliche Intelligenz (KI) und insbesondere Deep Learning sind heutzutage allgegenwärtig. Neuronale Netze, die oft als "Black Boxes" bezeichnet werden, spielen dabei eine zentrale Rolle. Dieser Artikel beleuchtet die Funktionsweise von Black-Box-Gehirnen, insbesondere im Kontext künstlicher neuronaler Netze, und untersucht die Herausforderungen und Lösungsansätze, die mit ihrer Interpretierbarkeit verbunden sind.
Künstliche Neuronale Netze: Eine Einführung
Künstliche neuronale Netze (KNN) sind computerbasierte Modelle, die vom menschlichen Gehirn inspiriert sind. Sie werden im Bereich des maschinellen Lernens und der KI eingesetzt, um komplexe Aufgaben zu lösen, die für Menschen schwer zu bewältigen wären. KNNs bestehen aus miteinander verbundenen künstlichen Neuronen, die Informationen aufnehmen, verarbeiten und weiterleiten.
Die Struktur eines künstlichen Neurons
Künstliche Neuronen sind die grundlegenden Bausteine tiefer neuronaler Netze. Ihre Aufgabe ist es, Informationen aufzunehmen, zu verarbeiten und gegebenenfalls weiterzuleiten - ähnlich wie biologische Neuronen im menschlichen Gehirn.
Bestehende künstliche Neuronen, wie sie in großen Sprachmodellen wie GPT-4 verwendet werden, funktionieren, indem sie eine große Anzahl von Eingaben aufnehmen, diese addieren und die Summe mithilfe einer mathematischen Operation innerhalb des Neurons in eine Ausgabe umwandeln.
Ein künstliches Neuron, auch Perzeptron genannt, nimmt gewichtete Eingaben entgegen, summiert diese und wendet eine Aktivierungsfunktion an, um eine Ausgabe zu erzeugen. Die Gewichte der Verbindungen zwischen den Neuronen entsprechen der Stärke der Synapsen im menschlichen Gehirn.
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Schichten und Verbindungen
KNNs sind in Schichten organisiert, wobei die erste Schicht als Eingabeschicht, die letzte als Ausgabeschicht und die dazwischenliegenden Schichten als verborgene Schichten bezeichnet werden. Die Neuronen in den verschiedenen Schichten sind miteinander verbunden, und die Informationen werden von Neuron zu Neuron weitergeleitet.
Die Eingabeschicht versorgt das neuronale Netz mit den notwendigen Informationen. Die Input-Neuronen verarbeiten die eingegebenen Daten und führen diese gewichtet an die nächste Schicht weiter. Die verborgene Schicht befindet sich zwischen der Eingabeschicht und der Ausgabeschicht. Während die Ein- und Ausgabeschicht lediglich aus einer Ebene bestehen, können beliebig viele Ebenen an Neuronen in der verborgenen Schicht vorhanden sein. Hier werden die empfangenen Informationen erneut gewichtet und von Neuron zu Neuron bis zur Ausgabeschicht weitergereicht. Die Gewichtung findet in jeder Ebene der verborgenen Schicht statt. Die genaue Prozessierung der Informationen ist jedoch nicht sichtbar. Daher stammt auch der Name, verborgene Schicht. Die Ausgabeschicht ist die letzte Schicht und schließt unmittelbar an die letzte Ebene der verborgenen Schicht an.
Lernen durch Backpropagation
Das "Wissen" eines KNN ist in den Gewichten der Verbindungen gespeichert. Diese Gewichte werden während der Trainingsphase angepasst, um die gewünschte Ausgabe zu erzeugen. Der Backpropagation-Algorithmus ermöglicht es, den Fehler zwischen der tatsächlichen Ausgabe und der gewünschten Ausgabe durch das Netzwerk zurückzupropagieren und die Gewichte entsprechend anzupassen.
Dem anfangs noch unkalibrierten Netz wird ein Trainingsdatum, bestehend aus Eingabemerkmalen und zugehöriger Sollausgabe, zugeführt. Das Netz erstellt basierend auf den Eingabemerkmalen und den Gewichten eine Ausgabe y‘. Die Abweichung zwischen der Ausgabe des Netzes und der Sollausgabe y wird über eine Fehlerfunktion E gemessen. Der gemessene Fehler wird durch das gesamte Netz zurückgeführt, sodass darauf basierend die Gewichte des Netzes angepasst werden können.
Die Black-Box-Problematik
Einer der größten Kritikpunkte an tiefen neuronalen Netzen ist ihr Black-Box-Charakter. Die von ihnen gelernten Zusammenhänge und Datenrepräsentationen sind oft so komplex und abstrakt, dass Menschen sie nicht mehr nachvollziehen können. Dies liegt daran, dass Black-Box-Modelle nicht transparent sind.
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Transparenz auf verschiedenen Ebenen
Transparenz kann auf drei verschiedenen Ebenen betrachtet werden:
- Modell-Ebene (Simulierbarkeit): Ein Mensch kann alle Rechenschritte des Modells in angemessener Zeit auswerten.
- Komponenten-Ebene (Unterteilbarkeit): Alle Komponenten des neuronalen Netzes sind intuitiv verständlich, z.B. der Einfluss jedes Parameters ist nachvollziehbar.
- Algorithmischer Ebene (algorithmische Transparenz): Der Entscheidungsprozess des Algorithmus ist klar und verständlich.
Tiefe neuronale Netze erfüllen in der Regel keines dieser Kriterien. Die schiere Anzahl an Parametern und die komplexen Entscheidungsgrenzen machen es unmöglich, ihre Funktionsweise vollständig zu verstehen.
Warum wollen wir neuronale Netze verstehen?
Die Frage, warum wir neuronale Netze überhaupt verstehen wollen, ist berechtigt. Reicht es nicht aus, den Black-Box-Charakter zu akzeptieren, solange die Vorhersagegenauigkeit hoch ist?
In vielen Anwendungen ist die Erklärbarkeit jedoch unerlässlich. In der Produktion beispielsweise, wo neuronale Netze zur Erkennung von Ausschuss eingesetzt werden, ist es wichtig zu verstehen, warum das Netz eine bestimmte Entscheidung getroffen hat. Auch in medizinischen Anwendungen, wo KI Ärzte bei der Diagnose von Krankheiten unterstützt, ist die Nachvollziehbarkeit der Entscheidungen von entscheidender Bedeutung.
Ein Beispiel aus der medizinischen Bildanalyse verdeutlicht dies: Ein neuronales Netz analysiert Thoraxröntgenbilder, um Lungenentzündungen zu erkennen. Wenn das Netz jedoch fälschlicherweise den Schriftzug "Portable" auf dem Bild als Indikator für eine Lungenentzündung interpretiert, kann dies zu einer Fehldiagnose führen.
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Der Trade-off zwischen Genauigkeit und Interpretierbarkeit
Oftmals besteht ein Trade-off zwischen der Genauigkeit eines Modells und seiner Interpretierbarkeit. Komplexe Modelle wie tiefe neuronale Netze können sehr genaue Vorhersagen treffen, sind aber schwer zu verstehen. Einfachere Modelle sind leichter zu interpretieren, erzielen aber möglicherweise nicht die gleiche Genauigkeit.
Lösungsansätze zur Verbesserung der Interpretierbarkeit
Trotz der Herausforderungen gibt es verschiedene Ansätze, um die Interpretierbarkeit von Black-Box-Modellen zu verbessern:
Sensitivitätsanalyse
Eine Möglichkeit, die Black Box etwas verständlicher zu machen, ist die Sensitivitätsanalyse. Hierbei werden verschiedene Eingaben variiert und die Auswirkungen auf die Ausgabe des Modells beobachtet.
Beispielsweise könnte man bei einem Algorithmus, der vorhersagt, ob jemand ein politisch engagierter Bürger wird, verschiedene Parameter wie den Universitätsabschluss oder den Studienort variieren, um zu sehen, wie sich dies auf die Vorhersage auswirkt.
Visualisierungstechniken
Visualisierungstechniken können verwendet werden, um die internen Repräsentationen von neuronalen Netzen darzustellen. Beispielsweise können Heatmaps zeigen, welche Bereiche eines Bildes für die Entscheidung des Netzes relevant waren.
Explainable AI (XAI)
Explainable AI (XAI) ist ein Forschungsgebiet, das sich mit der Entwicklung von Methoden befasst, um KI-Modelle verständlicher zu machen. XAI-Techniken zielen darauf ab, die Entscheidungsprozesse von KI-Algorithmen transparenter zu machen und zu erklären, welche Faktoren zu einer bestimmten Entscheidung beigetragen haben.
Neue Architekturen
Ein neuer Ansatz zur Verbesserung der Transparenz von KI-Modellen ist die Entwicklung von Kolmogorov-Arnold-Netzwerken (KANs). KANs unterscheiden sich von herkömmlichen mehrlagigen Perzeptronen (MLPs) dadurch, dass sie die Verarbeitung und Summierung der Eingaben zum Teil aus dem Neuron herauslösen. Jede einfache Funktion außerhalb des KAN-Neurons nimmt eine Zahl auf und gibt eine andere Zahl aus. Während des Trainings lernt das KAN nicht mehr die einzelnen Gewichte, sondern nur noch, wie es die einzelnen einfachen Funktionen darstellen soll.
Anwendungsbeispiele
Medizinische Diagnose
Künstliche neuronale Netze werden zunehmend in der medizinischen Diagnose eingesetzt. Sie können beispielsweise verwendet werden, um Krankheiten auf Röntgenbildern zu erkennen oder das biologische Alter eines Menschen anhand von Hirnbildern zu bestimmen.
Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften haben einen Algorithmus entwickelt, der zeigt, dass die Altersschätzung von neuronalen Netzen auf einer ganzen Bandbreite an Merkmalen im Gehirn zurückgeht und generelle Auskunft über den Gesundheitszustand eines Menschen gibt. Die Netzwerke nutzen unter anderem die weiße Substanz, um Vorhersagen zu treffen, und analysieren, wie viele kleine Risse und Vernarbungen sich durch das Nervengewebe im Gehirn ziehen.
Münzsortierautomaten
Auch in vermeintlich unspektakulären Anwendungen wie Münzsortierautomaten kommen KNNs zum Einsatz. Sie helfen, schwer beherrschbare Anforderungen wie Verarbeitung in Echtzeit, hohe Qualitätsansprüche, geringe Fehlertoleranzen und strikte gesetzliche Vorgaben zusammenzuführen.
Münzsortierautomaten müssen die zugeführten Münzen zuverlässig nach Originalen, Fremdwährungen und Falschgeld unterscheiden können. Da Münzgeld keine spezifischen Sicherheitsmerkmale aufweist, müssen alternative und hochzuverlässige Prüfmethoden entwickelt werden. Maschinelle Lernverfahren wie KNNs eignen sich hierfür sehr gut, da sie in der Lage sind, selbständig zu lernen.
Die Rolle von Black-Box-Modellen im maschinellen Lernen
Black-Box-Modelle spielen eine zentrale Rolle im Bereich des maschinellen Lernens. Sie ermöglichen eine schnelle Prototypenerstellung und sind vielseitig einsetzbar, von Bildverarbeitung bis zur Spracherkennung. Viele dieser Modelle können durch Optimierungsalgorithmen automatisch verbessert werden.
Ein typisches Beispiel für die Anwendung von Black-Box-Modellen im maschinellen Lernen ist die Gesichtserkennung in sozialen Netzwerken. Modelle müssen eine riesige Menge an Daten verarbeiten können, um Gesichter zuverlässig zu erkennen, oft ohne dass Nutzer verstehen, wie genau dies geschieht.
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