Krämpfe, insbesondere Spastiken, können bei verschiedenen Erkrankungen wie Multipler Sklerose (MS) oder Zerebralparese auftreten und den Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Die Behandlung mit medizinischem Cannabis rückt zunehmend in den Fokus, insbesondere da es bei einem Bruchteil der Erkrankungen mit speziellen chronischen Schmerzen erwiesen ist, dass cannabisbasierte Arzneimittel helfen. Dieser Artikel beleuchtet die aktuelle Studienlage zum Einsatz von Cannabis gegen Krämpfe und gibt einen Überblick über Anwendungsgebiete, Darreichungsformen, Nebenwirkungen und rechtliche Rahmenbedingungen.
Einführung in Spastiken und ihre Ursachen
Spastiken sind schmerzende Muskelkrämpfe, die bei verschiedenen Krankheitsbildern wie Multipler Sklerose (MS) oder Tourette ganz plötzlich auftreten können. Der Leidensdruck bei Betroffenen ist groß. Immer mehr rückt die Behandlung mit medizinischem Cannabis in den Fokus. Dieses hat auch psychoaktive Nebenwirkungen, welche CBD Öl nicht hat. Spastiken sind eine Form der Muskelstörung, die durch plötzliche, unkontrollierte und oft schmerzhafte Muskelkontraktionen gekennzeichnet sind. Ursache ist eine Störung in der Signalübertragung zwischen Gehirn und Muskel. Je nach betroffener Muskelgruppe können Spastiken unterschiedliche Auswirkungen haben. Bei vielen Betroffenen ist die Bewegungsfähigkeit erheblich eingeschränkt, weil durch die Krämpfe ihre Muskeln steif werden und deswegen schwer zu bewegen sind. Es ist wichtig zu betonen, dass Spastiken kein eigenständiges Krankheitsbild, sondern Symptome sind, die bei verschiedenen neurologischen und neuromuskulären Erkrankungen auftreten können.
Spastiken sind ein häufiges Symptom bei Multiple Sklerose (MS). Bei MS greift das Immunsystem den eigenen Körper an und schädigt das zentrale Nervensystem. Dies führt zu einer Vielzahl von Symptomen, einschließlich Spastiken. Auch bei der Zerebralparese, einer Erkrankung, die durch eine Schädigung des Gehirns vor, während oder kurz nach der Geburt entsteht, können Spastiken auftreten. Die Muskelkrämpfe sind das Ergebnis einer Fehlkommunikation zwischen Gehirn und Muskeln. Normalerweise sendet das Gehirn Signale an die Muskeln, um ihnen mitzuteilen, wann sie sich zusammenziehen und wann sie sich entspannen sollen. Bei Spastiken jedoch ist diese Signalübertragung gestört. Das führt dazu, dass sich die Muskeln unwillkürlich zusammenziehen und keine Entspannung der Muskeln stattfindet. Es ist wichtig, mit einem Arzt oder Neurologen zu sprechen, um die am besten geeignete Behandlungsoption für den Einzelfall zu finden.
Rechtliche Rahmenbedingungen in Deutschland
Seit 2017 dürfen Ärzte Patienten mit schwerwiegenden Erkrankungen und bei fehlenden Therapiealternativen Cannabis (Cannabinoide) zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen. Der Antrag auf Kostenübernahme durch die Krankenkasse bedarf einer besonderen Begründung durch den behandelnden Arzt. In der Schmerztherapie kann es derzeit nur bei Patienten mit nicht anders behandelbaren schwersten chronischen Nervenschmerzen eingesetzt werden. Sie sollten nicht als einzige Maßnahme gesehen werden, sondern nur in Kombination mit physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Verfahren. Eine langfristige Therapie ist nur bei einer anhaltenden positiven Wirkung sinnvoll. Allerdings gibt es noch keine ausreichenden Erfahrungen zu Erfolg und Sicherheit in der Langzeitbehandlung.
Die Cannabinoide können vom Arzt nur in speziellen Einzelfällen verschrieben werden. In der Schmerztherapie kann es derzeit nur bei Patienten mit nicht anders behandelbaren schwersten chronischen Nervenschmerzen eingesetzt werden. Sie sollten nicht als einzige Maßnahme gesehen werden, sondern nur in Kombination mit physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Verfahren. Eine langfristige Therapie ist nur bei einer anhaltenden positiven Wirkung sinnvoll. Allerdings gibt es noch keine ausreichenden Erfahrungen zu Erfolg und Sicherheit in der Langzeitbehandlung.
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Cannabinoide und ihre Wirkung
Cannabionoide werden aus der Hanfpflanze Cannabis sativa gewonnen. Der pflanzliche Cannabis enthält über 100 Inhaltsstoffe, u.a. die Cannabinoide. Ärzte dürfen Extrakte, künstliche Cannabinoide oder getrocknete Cannabisblüten (Medizinal-Hanf) verordnen. Cannabisblüten haben sehr unterschiedliche Wirkstoffzusammensetzungen und es Bedarf zum Inhalieren einen Verdampfer. Werden Cannabisblüten geraucht oder inhaliert, flutet die Wirkung schnell an, lässt aber auch schnell wieder nach, was in der Schmerzbehandlung nicht erwünscht ist. Von einer Eigentherapie mit Cannabisblüten raten Experten ausdrücklich ab, da die Dosierungen ungenau seien und es zu unerwünschten, gesundheitsschädlichen Nebenwirkungen kommen kann. Bei Schmerzpatienten wird aufgrund der derzeitigen Studienlage zur Wirksamkeit, als auch der Ergebnisse der Begleiterhebung, zunächst die Anwendung eines oral wirksamen Cannabispräparats (Dronabinoltropfen, Nabiximols-Spray oder ölige Vollextrakte) bevorzugt.
Cannabis enthält mehr als 100 Wirkstoffe. Cannabis hat Vorteile, die andere Wirkstoffe nicht haben: Der Körper produziert selbst ganz ähnliche Stoffe, die sogenannten Endocannabinoide. Sie entfalten ihre Wirkung über verschiedene Rezeptoren, die auch für eingenommene Cannabis-Wirkstoffe empfänglich sind. Der Rezeptor CB1 kommt im zentralen Nervensystem und vielen anderen Organen vor, lindert Angst, Stress, Unruhe und Schmerzen. Zu hoch dosiert, kann zum Beispiel Cannabis-Spray das Kurzzeitgedächtnis einschränken und unerwünschte Wirkungen auf die Geschmacksnerven haben.
THC und CBD: Zwei wichtige Cannabinoide
THC (Tetrahydrocannabinol) ist ein partieller Agonist an den Cannabinoid-Rezeptoren CB1 und CB2 und wirkt somit vor allem antiemetisch, appetitanregend, analgetisch und muskelrelaxierend − aber auch psychoaktivierend. CBD (Cannabidiol) ist ein Antagonist am CB1Rezeptor und wirkt ebenfalls analgetisch, zudem auch anxiolytisch, neuroprotektiv sowie antikonvulsiv. Durch seine antipsychotischen Eigenschaften wirkt CBD den psychoaktivierenden Effekten von THC entgegen.
THC und CBD werden mit dem gemeinsamen Substanznamen Nabiximols belegt. Dieses ist als Oromukosalspray (Sativex®, Almirall) als Begleitbehandlung bei Multipler Sklerose zugelassen.
Darreichungsformen von medizinischem Cannabis
Ärzte dürfen Extrakte, künstliche Cannabinoide oder getrocknete Cannabisblüten (Medizinal-Hanf) verordnen. Cannabisblüten haben sehr unterschiedliche Wirkstoffzusammensetzungen und es Bedarf zum Inhalieren einen Verdampfer. Werden Cannabisblüten geraucht oder inhaliert, flutet die Wirkung schnell an, lässt aber auch schnell wieder nach, was in der Schmerzbehandlung nicht erwünscht ist. Bei Schmerzpatienten wird aufgrund der derzeitigen Studienlage zur Wirksamkeit, als auch der Ergebnisse der Begleiterhebung, zunächst die Anwendung eines oral wirksamen Cannabispräparats (Dronabinoltropfen, Nabiximols-Spray oder ölige Vollextrakte) bevorzugt.
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Als Fertig-Medikamente gibt es diese in der Apotheke, als Kapseln oder als Mund-Spray. Medizinal-Hanf in Form von getrockneten Blüten oder Pflanzen-Extrakt muss erhitzt werden, damit die Inhaltsstoffe wirken.
Einsatzgebiete und Wirksamkeit von Cannabis bei Krämpfen
Cannabinoide dürfen nur in Einzelfällen bei schwerwiegenden körperlichen Erkrankungen gegeben werden, bei denen andere Medikamente keine Wirkung gezeigt haben. Eine Krankheit gilt dann als schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder wenn sie eine so schwere Gesundheitsstörung verursacht, dass die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt ist. Cannabinoide können meist keine Schmerzfreiheit herstellen, die Schmerzen werden aber unter Umständen vermindert wahrgenommen und schmerzbedingte Schlafstörungen können sich verbessern. Für eine deutliche Schmerzreduktion um mind. 50% liegt kein Beweis vor.
Als mögliche Einsatzgebiete für cannabisbasierte Medikamente gelten derzeit insbesondere chronische Nervenschmerzen (neuropathische Schmerzen), Spastik (langandauernde Muskelverkrampfung) bei Multipler Sklerose sowie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen bei Krebserkrankungen unter Chemotherapie. Akutschmerzen und Gewebeschmerzen wie z.B. muskuläre Schmerzen scheinen weniger auf Cannabinoide anzusprechen. Bei Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, rheumatoider Arthritis, chronischer Bauchspeicheldrüsenentzündung, Morbus Crohn, Schiefhals und Reizdarmsyndrom konnten keine eindeutigen Verbesserungen erzielt werden.
Studienlage zu Cannabis bei Spastiken
Eine Studie der Humboldt-Universität Berlin (Meyer et al., 2019) wurde mit 32 Patienten, die wegen Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) unter Spastiken litten, durchgeführt. Alle wurden mit THC:CBD Spray behandelt. Die Patientenerfahrung mit THC:CBD wurde durch den Net Promoter Score (NPS) und einen Fragebogen zur Medikamentenzufriedenheit (TSMQ-9) erfasst, entweder per Telefonumfrage oder Online-Erhebung. Der allgemeine NPS betrug +4,9, was eine positive Empfehlung bedeutet. Insbesondere Patienten mit moderater bis schwerer Spastik hatten eine hohe Empfehlungsrate (NPS: +29) im Vergleich zu Patienten mit leichter Spastik. In den Hauptbereichen des TSMQ-9 wurden hohe Zufriedenheitswerte festgestellt: Wirksamkeit 70,5, Komfort 76,6, und allgemeine Zufriedenheit 75,0. Patienten mit moderater bis schwerer Spastik benutzten also mehr THC:CBD und waren zufriedener als diejenigen mit leichter Spastik. Insgesamt war die Behandlungszufriedenheit hoch.
In einer norwegischen Studie (Rekand, 2014) wurde ein Spray mit den Hanf-Wirkstoffen THC und CBD an über 1000 Patienten mit Muskelspastiken aufgrund von Multipler Sklerose getestet. Es wurde festgestellt, dass die Patienten nach 12 Monaten Behandlung mit dem Spray keine Probleme im Denkvermögen, keinerlei Depressionen oder signifikante Stimmungsschwankungen hatten. Außerdem stellte sich heraus, dass das Spray die Fähigkeit der Patienten, ein Auto zu fahren, nicht negativ beeinflusst hat. Diese Studie bestätigt also, dass CBD Produkte sicher zu verwenden und effektiv sind.
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Die Einsatzgebiete von Dronabinol sind vielfältig: Von Spastiken bei MS oder Schlaganfall über neuropathische Schmerzen bei Polyneuropathie, Rückenmarktrauma, Gürtelrose oder bei Phantomschmerzen, Arthrose- oder Osteoporose-Schmerzen oder Fibrose, zum Beispiel nach Radiotherapie. Die Dosierung sollte nach Aussage von Jungck einschleichend mit 2,5 mg im acht- bis zwölfstündigen Intervall einsetzen und vorsichtig bis zur erwünschten Wirkung erhöht werden.
Cannabis bei Epilepsie
Vier klinische Studien und erste Erfahrungen aus der Praxis belegen, dass Cannabidiol (CBD) zusammen mit Clobazam zur adjuvanten Behandlung die Häufigkeit von Sturz- bzw. Vor etwa einem Jahr erhielt eine flüssige Formulierung von CBD, einem nicht psychoaktiven Cannabinoid, als erstes und bisher einziges aus Cannabispflanzen gewonnenes Fertigarzneimittel (Epidyolex®) die Zulassung für den europäischen Markt. Seither kann CBD, zusammen mit Clobazam, bei Patienten ab zwei Jahren für die adjuvante Behandlung von Krampfanfällen im Zusammenhang mit LGS oder DS angewendet werden.
Das Lennox-Gastaut-Syndrom ist eine schwere, seltene und therapieresistente Form der Epilepsie. Als Behandlungsziele nannte Professor Bernhard Steinhoff, Kehl, neben der Reduktion von Anfallsfrequenz und -intensität die Vermeidung medikationsbedingter Störwirkungen und einer Verschlechterung der Komorbiditäten. Eine komplette Anfallskontrolle sei dagegen unrealistisch. Da die Behandlungsoptionen begrenzt sind und keine antiepileptische Therapie als besonders wirksam identifiziert wurde, begrüßte Steinhoff CBD als Add-on-Therapieoption.
Die Wirksamkeit und Verträglichkeit von CBD als Zusatztherapie bei Krampfanfällen im Zusammenhang mit LGS wurde in den zwei zulassungsrelevanten, randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Parallelgruppenstudien GWPCARE3 und -4 untersucht. Der Wirksamkeitsnachweis gelang in den Subgruppen der Patienten, die gleichzeitig Clobazam einnahmen (ca. 50 % der Studienpopulation).
Wie die betreffende Subgruppenanalyse der Studie GWPCARE4 zeigte, führten 20 mg CBD/kg Körpergewicht (KG) pro Tag als antiepileptische Zusatztherapie zu Clobazam bei LGS-Patienten zu einer Reduktion der monatlichen Häufigkeit von Sturzanfällen gegenüber dem Ausgangswert um 62,4 % im Vergleich zu 30,7 % in der Placebo-Gruppe [1]. In der GWPCARE3-Studie wurde eine Reduktion von 64,3 % in der 20-mg-CBD-Gruppe, 45,6 % in der 10-mg-CBD-Gruppe und 22,7 % unter Placebo beobachtet [1]. Der Unterschied zu Placebo war in allen CBD-Gruppen statistisch signifikant.
Die Gabe von CBD zu Clobazam ging zudem mit einer signifikanten Verbesserung der Ansprechrate einher. Eine Verringerung der Häufigkeit von Sturzanfällen um mindestens 50 % erreichten in der GWPCARE4-Studie 54,8 % der Patienten unter 20 mg CBD/kg KG pro Tag vs. 28,6 % unter Placebo. In der GWPCARE3-Studie waren es 55,6 % bei 20 mg, 40,5 % bei 10 mg und 21,6 % unter Placebo.
Eine Reduktion der Sturzanfallhäufigkeit um mindestens 75 % wurde bei 31 % der Patienten unter 20 mg vs. 7 % unter Placebo in der GWPCARE4-Studie beziehungsweise bei 36 % unter 20 mg, 11 % unter 10 mg und 3 % unter Placebo in der GWPCARE3-Studie beobachtet [1, 2]. Zudem profitieren LGS-Patienten unter 10- bzw. 20-mg-CBD-Zusatz von einem Plus von 3,3 bzw. 5,5 bis 7,6 sturzanfallsfreien Tagen pro Monat im Vergleich zum Placebo-Arm, wie eine Subgruppenanalyse der zulassungsrelevanten GWPCARE3/4-Studien zeigte [1].
Eine offene Langzeitstudie unterstützt die Ergebnisse: 88 % der Patienten bzw. Betreuer berichten eine generelle Verbesserung des Gesamtzustands des Patienten nach 48 Wochen [3].
Auch bei DS-Patienten führte CBD als antiepileptische Zusatztherapie zu Clobazam zu einer Placebo überlegenen Wirksamkeit: In der GWPCARE1-Studie wurde die Häufigkeit von Krampfanfällen unter 20 mg CBD/kg KG pro Tag signifikant um 53,6 % vs. 18,9 % (Placebo) gesenkt. In der GWPCARE2-Studie wurde eine Reduktion um 56,8 % unter 20 mg CBD, 60,9 % unter 10 mg bzw. 37,6 % unter Placebo beobachtet [1].
Die Ansprechrate (mindestens 50%ige Reduktion der Häufigkeit von Krampfanfällen) betrug in der GWPCARE1-Studie 47,5 % bei Patienten unter 20 mg CBD/kg KG pro Tag vs. 23,7 % unter Placebo und in der GWPCARE2-Studie 62,5 % bei 20 mg, 55,6 % bei 10 mg und 36,6 % unter Placebo.
Eine mindestens 75%ige Verringung des Häufigkeit von Krampfanfällen erzielten bei einer Verabreichung von 20 mg CBD/kg KG pro Tag in der GWPCARE1-Studie 25 % im Vergleich zu 13 % unter Placebo; in der GWPCARE2-Studie betrug diese Ansprechrate ebenfalls 25 %. Unter 10 mg CBD/kg KG/Tag sprachen 36 % der Patienten und im Placebo-Arm 10 % an [1, 2].
Nebenwirkungen und Risiken
Unter einer Therapie mit Cannabinoiden kann es zu Nebenwirkungen im Gehirn kommen, die sich z. B. in Form von Übelkeit, Müdigkeit, Benommenheit, Schwindel, Mundtrockenheit, Störungen der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und des Denkens sowie Stimmungsschwankungen zeigen können. Weitere Nebenwirkungen sind Suchtentwicklung, Beeinflussung von Gedächtnisfunktionen, Verwirrtheit, Gewichtszunahme, Bewegungsbeeinträchtigungen, Nebenwirkungen auf das Herz- und Kreislaufsystem und Lustlosigkeit. Die bisherigen Untersuchungen beziehen sich auf kurze Behandlungszeiträume von wenigen Wochen bis Monaten, die besonderen Risiken einer Langzeitbehandlung sind weitestgehend unklar. Bei gleichzeitig zur Schmerzerkrankung bestehenden bestimmten psychiatrischen Erkrankungen wie Suchterkrankungen oder Psychosen ist von einer Behandlung mit Cannabinoiden abzusehen, da die Risiken und Nebenwirkungen hier besonders erhöht sind.
Unter medizinischer Anwendung ist das Lenken von Fahrzeugen und Bedienen von Maschinen vorrübergehend eingeschränkt. Diese Einschränkungen treten besonders bei Ersteinnahme, Entzug und je nach Dosishöhe auf. Die kontinuierliche Verfügbarkeit der Arznei ist z.B. bei Auslandsreisen zu gewährleisten, sonst kann es zu Entzugssymptomen kommen.
Die häufigsten Nebenwirkungen von Cannabis-Medizin sind Müdigkeit und Konzentrationsschwäche.
Die häufigsten, allerdings gut beherrschbaren unerwünschten Ereignisse bei den Patienten in den CBD-Gruppen waren Somnolenz, verminderter Appetit und Durchfall. Diese Ereignisse traten mit 94 % in der Gruppe mit höheren Dosen häufiger auf als bei der niedrigen Dosierung (84 %) und in der Placebo-Gruppe (72 %) [4]. Als häufigster Studienabbruchgrund wurden erhöhte Leberenzymwerte dokumentiert.
Dr. Axel Harnath, Chefkardiologe im Sana-Herzzentrum Cottbus, warnt vor ernsthaften Auswirkungen - nicht nur auf das Herz-Kreislauf-System. So können die Inhaltsstoffe der pflanzlichen Droge beispielsweise Arteriitis auslösen, also Entzündungen an den Gefäßwandungen. Auch krampfartige Verengungen von Blutgefäßen sind eine häufige Reaktion. Mediziner sprechen dabei von Gefäßspasmen. „Einige Rezeptoren befinden sich auch auf unseren Blutblättchen. Dockt der Wirkstoff dort an, können diese verklumpen und Gefäßverschlüsse verursachen“, betont der erfahrene Herzspezialist.
Cannabis bei Krebserkrankungen
Krebserkrankte profitieren von medizinischem Cannabis. Es lindert die Schmerzen und erleichtert den täglichen Alltag. Allerdings kommt es offenbar auf die Zusammensetzung des Hanfproduktes an.
Die Inhaltsstoffe Cannabidiol (CBD) und Tetrahydrocannabinol (THC) reduzieren offenbar auch Krebsschmerzen, wie eine aktuelle kanadische Studie untermauert. Darin wurden die Daten von 358 erwachsenen Krebserkrankten analysiert. Sie waren durchschnittlich 57 Jahre alt, etwa die Hälfte war männlich. Die drei häufigsten Krebsarten waren Urogenital-, Brust- und Darmkrebs. Aufgrund von Schmerzen wurden drei verschiedene Cannabis-Zusammensetzungen verabreicht. Knapp 25 % der Teilnehmerinnen bekamen ein THC-dominantes Präparat, 16,5 % einen Wirkstoff, bei dem CBD deutlich überwog. Und 38% Patientinnen erhielten ein Präparat, bei dem die Cannabissubstanzen THC und CDB in einem ausgewogenen Verhältnis zueinanderstanden.
Nach drei, sechs und neun Monaten hatten sich sowohl die schlimmsten als auch die durchschnittlichen Schmerzen durch Cannabis deutlich gebessert. Am stärksten schmerzlindernd erwiesen sich die THC-CBD-ausgewogenen Präparate, berichten die Forschenden. Im Verlauf der Untersuchung ging der Verbrauch von Opioiden in den ersten neun Monaten zurück. Auch andere Medikamente wurden weniger eingenommen. Zudem sank die Beeinträchtigung des täglichen Lebens.