Chorea Huntington: Ursachen, Symptome, Diagnose und Therapie

Die Huntington-Krankheit, auch bekannt als Chorea Huntington oder Morbus Huntington, ist eine seltene, vererbbare neurologische Erkrankung, die durch fortschreitende Bewegungsstörungen, psychische Veränderungen und einen Rückgang der intellektuellen Fähigkeiten gekennzeichnet ist. Benannt nach dem amerikanischen Arzt George Huntington, der sie 1872 erstmals beschrieb, manifestiert sich die Krankheit typischerweise im Alter von 30 bis 45 Jahren, kann aber auch in der frühen Kindheit oder im höheren Alter auftreten.

Was ist Chorea Huntington?

Chorea Huntington ist eine neurodegenerative Erkrankung, die vor allem durch unkontrollierte, übermäßige Bewegungen gekennzeichnet ist. Neurodegenerative Erkrankungen betreffen Teile des Nervensystems. Bei Chorea sind bestimmte Nervenzellen im Gehirn krankhaft verändert. Der Begriff „degenerativ“ beschreibt in der Medizin Krankheitsprozesse, die stetig fortschreiten und die Funktionsweise bestimmter Organe zunehmend einschränken. Die Symptome der Chorea Huntington nehmen im Krankheitsverlauf zu.

Ursachen und Risikofaktoren

Ursache der Huntington-Krankheit ist eine Mutation im Huntingtin-Gen (HTT) auf Chromosom 4. Diese Mutation führt zu einer Verlängerung von CAG-Triplett-Wiederholungen innerhalb des Gens. Gesunde Menschen haben in der Regel 10 bis 30 dieser Wiederholungen, während bei Menschen mit Huntington-Krankheit die Anzahl der Wiederholungen 36 oder mehr beträgt. Ab etwa 36 Wiederholungen bricht die Krankheit aus. Je mehr CAGs, umso früher bricht die Krankheit aus und umso rascher schreitet sie voran. Diese verlängerte CAG-Sequenz führt zur Produktion eines abnormalen Huntingtin-Proteins, das für Nervenzellen im Gehirn toxisch ist und deren Degeneration verursacht.

Die Huntington-Krankheit wird autosomal dominant vererbt. Das bedeutet, dass bereits eine Kopie des mutierten Gens ausreicht, um die Krankheit auszulösen. Jedes Kind eines Elternteils mit Huntington-Krankheit hat ein 50-prozentiges Risiko, das mutierte Gen zu erben und somit die Krankheit zu entwickeln. In etwa 1 bis 3 Prozent aller Fälle tritt die Genveränderung spontan auf, ohne dass eine familiäre Vorbelastung besteht.

Symptome

Die Symptome der Huntington-Krankheit sind vielfältig und können von Person zu Person unterschiedlich sein. Sie lassen sich grob in drei Kategorien einteilen:

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  • Bewegungsstörungen: Unwillkürliche, unkontrollierbare Bewegungen (Chorea) der Arme, Beine, des Rumpfes und des Gesichts sind ein Hauptmerkmal der Huntington-Krankheit. Anfangs können diese Bewegungen noch in scheinbar sinnvolle Handlungen eingebaut werden, nehmen aber mit der Zeit zu und beeinträchtigen die Koordination und den Gang. Im späteren Verlauf der Erkrankung kann es auch zu Muskelsteifigkeit und Bewegungshemmung kommen (Westphal-Variante). Eine deutliche Gangunsicherheit mit erhöhter Sturzgefahr kann zusätzlich bestehen. Außerdem ist die Sprache oft undeutlich und klingt abgehackt. Zudem können Schluckstörungen auftreten, so dass die Nahrungsaufnahme sehr schwierig wird. Lungenentzündungen aufgrund von Schluckstörungen sind eine häufige Komplikation im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung.
  • Psychische Veränderungen: Bereits im Frühstadium der Erkrankung können psychische Veränderungen wie Reizbarkeit, Nervosität, Interesselosigkeit, Depressionen, Zwangssymptome, Wahnvorstellungen und Halluzinationen auftreten. Betroffene neigen zu Wutausbrüchen und können andere ohne ersichtlichen Grund verletzen. Auch massives Misstrauen und Kontrollzwang können vorkommen.
  • Kognitive Beeinträchtigungen: Im Laufe der Zeit treten Gedächtnis- und Orientierungsstörungen bis hin zur Demenz auf. Die Urteilsfähigkeit schwindet, das Lernen und Planen fällt zunehmend schwer. Es kann zu Interessensverlust, Konzentrationsstörungen und Vergesslichkeit kommen.

Weitere Symptome können sein:

  • Sprachstörungen (Dysarthrie)
  • Schluckbeschwerden (Dysphagie)
  • Gewichtsverlust
  • Schlafstörungen
  • Harninkontinenz
  • Vermehrtes Schwitzen

Es ist wichtig zu beachten, dass der Verlauf der Huntington-Krankheit individuell sehr unterschiedlich sein kann. Einige Patienten entwickeln die Symptome schneller als andere.

Diagnose

Die Diagnose der Huntington-Krankheit basiert auf einer Kombination aus:

  • Familienanamnese: Da es sich um eine Erbkrankheit handelt, ist die Erhebung der Familiengeschichte von großer Bedeutung.
  • Klinische Untersuchung: Eine ausführliche neurologische Untersuchung durch einen erfahrenen Neurologen ist entscheidend, um die typischen Bewegungsstörungen und andere Symptome zu erkennen. Sind die neurologischen Symptome und die Familiengeschichte eindeutig, kann auf eine ausgedehnte Diagnostik verzichtet werden.
  • Bildgebende Verfahren: Bei untypischen Beschwerden oder zur Abgrenzung von anderen Erkrankungen können bildgebende Verfahren wie CT oder MRT des Gehirns eingesetzt werden. Eine Positronen-Emissions-Tomographie (PET) kann charakteristische Störungen im Stoffwechsel von Hirngewebe sichtbar machen.
  • Molekulargenetische Testung: Eine Blutprobe wird auf Veränderungen im Huntingtin-Gen untersucht, um die Diagnose sicher zu bestätigen. Dieser Test kann auch bei gesunden Familienangehörigen durchgeführt werden, um ihr Erkrankungsrisiko zu bestimmen (prädiktive Diagnostik).

Die genetische Untersuchung darf jedoch erst nach vorhergehender ausführlicher Beratung und frühestens nach Erreichen der Volljährigkeit durchgeführt werden.

Therapie

Bislang ist die Huntington-Krankheit nicht heilbar. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Ein multimodales Therapiekonzept, das an den individuellen Krankheitsverlauf angepasst ist, ist hierbei sinnvoll.

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  • Medikamentöse Therapie: Verschiedene Medikamente können zur Linderung der Symptome eingesetzt werden. Dopaminrezeptorantagonisten (z. B. Tiaprid, Haloperidol), Dopamin-entspeicherer (z. B. Tetrabenazin) oder atypische Antipsychotika können die unwillkürlichen Bewegungen reduzieren. Antidepressiva (z. B. SSRI) können bei Depressionen und anderen psychischen Problemen helfen. Bei Minderbewegungen können Parkinson-Medikamente eingesetzt werden.
  • Funktionserhaltende Therapien: Physio-, Ergo- und Logopädie spielen eine wichtige Rolle, um die Mobilität, Koordination, Sprache und Schluckfunktion so lange wie möglich zu erhalten. Schluckstörungen sollten logopädisch behandelt werden. Durch das Andicken der Nahrung kann der Schluckakt erleichtert werden.
  • Psychologische und psychosoziale Unterstützung: Psychotherapie kann den Betroffenen helfen, mit der Erkrankung umzugehen und ihre Ängste und Depressionen zu bewältigen. Selbsthilfegruppen bieten eine wichtige Unterstützung für Betroffene und Angehörige.
  • Ernährung: Eine hochkalorische Ernährung mit bis zu 6 bis 8 Mahlzeiten pro Tag wird empfohlen, um Gewichtsverlust entgegenzuwirken. In späten Krankheitsstadien ist dennoch gelegentlich die Anlage einer Magenfistel (perkutanen endoskopischen Gastrostomie (PEG)) unumgänglich.

Zudem ist es notwendig, rechtzeitig sozialmedizinische Aspekte der Erkrankung (Rente, Betreuung, Vollmachten u. ä.) zu berücksichtigen.

Lebenserwartung und Prognose

Die Huntington-Krankheit ist eine fortschreitende Erkrankung, die nicht geheilt werden kann. Die durchschnittliche Erkrankungsdauer liegt bei etwa 12 bis 15 Jahren. Die Lebenserwartung hängt maßgeblich vom Alter bei Krankheitsbeginn ab. Die häufigste Todesursache sind Komplikationen wie Lungenentzündungen aufgrund von Schluckstörungen.

Ein individuell angepasstes Behandlungsschema und pflegerische Unterstützung im Alltag können jedoch dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

Spezialisierte Zentren und Netzwerke

Aufgrund der Seltenheit und Komplexität der Huntington-Krankheit ist es ratsam, sich in einem spezialisierten Zentrum behandeln zu lassen. Diese Zentren verfügen über erfahrene Ärzte und Therapeuten, die mit den neuesten diagnostischen und therapeutischen Verfahren vertraut sind.

Das Europäische Huntington-Netzwerk (EHDN) ist ein Zusammenschluss von Zentren in Europa, die sich der Erforschung und Behandlung der Huntington-Krankheit widmen. Dieses Netzwerk bündelt die Anstrengungen von Ärzten, Grundlagenwissenschaftlern, Pflegekräften, Therapeuten, Patienten und Angehörigen, um neue Therapien für die Huntington-Krankheit zu entwickeln.

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Forschung

Die Forschung zur Huntington-Krankheit schreitet stetig voran. Wissenschaftler arbeiten an verschiedenen Ansätzen, um die Ursachen der Erkrankung besser zu verstehen und neue Therapien zu entwickeln, die den Krankheitsverlauf beeinflussen können. Ein vielversprechender Ansatz ist die Entwicklung von Medikamenten, die die Produktion des schädlichen Huntingtin-Proteins reduzieren oder dessen Abbau fördern.

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