COVID-19 hat sich als eine Krankheit etabliert, die über die anfängliche Atemwegserkrankung hinausgeht und eine Vielzahl von gesundheitlichen Problemen verursachen kann. Besonders besorgniserregend sind die neurologischen Folgen, die sich in Form von Taubheitsgefühlen in den Fingern und anderen Körperteilen äußern können. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für diese Symptome, den Zusammenhang mit Polyneuropathie und bietet einen Überblick über Behandlungsansätze.
COVID-19 und Polyneuropathie: Ein möglicher Zusammenhang
Eine der Fragen, die sich im Zusammenhang mit COVID-19 stellt, ist, ob das Virus eine Polyneuropathie auslösen oder beeinflussen kann. Polyneuropathie ist eine Erkrankung, die durch Schädigung der peripheren Nerven verursacht wird und zu Taubheitsgefühlen, Schwäche und Schmerzen führen kann.
Es scheint, dass COVID-19 selbst nicht direkt Neuropathien auslöst. Es gibt jedoch zunehmend Hinweise darauf, dass eine COVID-19-Erkrankung die Ausprägung verschiedener Symptome negativ beeinflussen kann. Dies ist besonders relevant für Menschen mit Vorerkrankungen wie Diabetes, Autoimmunerkrankungen oder Krebs, die bereits ein erhöhtes Risiko für Neuropathien haben.
Wie COVID-19 neuropathische Beschwerden beeinflussen kann
- Geschwächtes Immunsystem: COVID-19 kann das Immunsystem schwächen, was das Risiko für Infektionen erhöht. Bei Menschen mit Neuropathie, die bereits ein vermindertes Gefühl in ihren Extremitäten haben, kann dies dazu führen, dass Verletzungen und Infektionen unbemerkt bleiben.
- Wiederaufflammen neuropathischer Symptome: Selbst wenn COVID-19 die Nervenzellen nicht direkt schädigt, kann die grippeähnliche Wirkung des Virus bestehende neuropathische Symptome verstärken. Kribbeln und Taubheitsgefühle können sich intensivieren, was für Betroffene sehr unangenehm sein kann.
- Autoimmunreaktionen: Bei Neuropathien, die durch Autoimmunerkrankungen verursacht werden, besteht die Möglichkeit, dass COVID-19 das Immunsystem zusätzlich fehlleitet und die Nervenschädigung verstärkt.
- Neurologische Folgen nach COVID-19: Studien haben gezeigt, dass eine SARS-CoV-2-Infektion neurologische Folgen verursachen kann, einschließlich Symptomen einer peripheren Neuropathie wie Schmerzen, Kribbeln und Taubheitsgefühlen in Händen und Füßen.
Forschungsergebnisse zum Zusammenhang von COVID-19 und peripherer Neuropathie
Eine Studie der University of Washington School of Medicine in St. Louis untersuchte den Zusammenhang zwischen COVID-19 und peripherer Neuropathie. Die Forscher fanden heraus, dass Personen, die positiv auf das Virus getestet wurden, etwa dreimal häufiger über Schmerzen, Taubheitsgefühle oder Kribbeln in Händen und Füßen berichteten als Personen mit negativem Testergebnis.
Die Studie ergab auch, dass fast 30 % der COVID-19-positiven Patienten zum Zeitpunkt ihrer Diagnose über Neuropathie-Probleme berichteten, und bei 6 bis 7 % dauerten die Symptome mindestens zwei Wochen und bis zu drei Monate an. Dies deutet darauf hin, dass das Virus anhaltende Auswirkungen auf die peripheren Nerven haben kann.
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Es ist wichtig zu beachten, dass die meisten Teilnehmer der Studie über leichte bis mittelschwere Probleme berichteten und möglicherweise keine professionelle Hilfe in Anspruch nahmen. Dennoch betonen die Forscher die Bedeutung des Verständnisses, ob eine Virusinfektion mit einem erhöhten Neuropathierisiko verbunden ist, um Patienten besser diagnostizieren und behandeln zu können.
Neuro-COVID: Ein Angriff auf das Nervensystem
Der Begriff "Neuro-COVID" fasst neurologische Beschwerden zusammen, die während und nach einer COVID-19-Erkrankung auftreten können. Dazu gehören anhaltende Erschöpfung, Schmerzen, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisprobleme und Schlafstörungen. In extremen Fällen kann es sogar zu demenzähnlichen Symptomen oder Psychosen kommen.
COVID-19 kann das Nervensystem auf verschiedene Weise beeinträchtigen:
- Direkte Schädigung: Das Virus kann direkt in das Nervensystem eindringen und dort Entzündungen und Schäden verursachen.
- Indirekte Schädigung: COVID-19 kann zu Störungen der Blutgerinnung führen, was das Risiko für Schlaganfälle und Hirnblutungen erhöht.
- Immunreaktionen: Das Immunsystem kann überreagieren und das Nervensystem angreifen, was zu Autoimmunerkrankungen wie dem Guillain-Barré-Syndrom führen kann.
Das Guillain-Barré-Syndrom (GBS) und COVID-19
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine seltene Nervenerkrankung, bei der das Immunsystem die Nervenzellen angreift. Symptome sind Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Beinen, Armen oder im Gesicht, Muskelschwäche und Lähmungserscheinungen. In schweren Fällen kann auch die Atmung betroffen sein.
Studien haben gezeigt, dass nach einer SARS-CoV-2-Infektion das Risiko für das Guillain-Barré-Syndrom erhöht ist. Eine israelische Studie ergab, dass das Risiko um mehr als das Sechsfache erhöht ist. Interessanterweise kann eine Impfung mit einem mRNA-Impfstoff das Risiko für GBS sogar senken.
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Es ist wichtig zu beachten, dass das Guillain-Barré-Syndrom auch in sehr seltenen Fällen nach einer COVID-19-Impfung auftreten kann, insbesondere bei Verwendung von Vektor-basierten Vakzinen. Das Risiko ist jedoch insgesamt sehr gering.
Long-COVID und seine neurologischen Symptome
Viele Menschen, die eine COVID-19-Erkrankung überstanden haben, leiden unter Langzeitfolgen, die als Long-COVID oder Post-COVID-Syndrom bezeichnet werden. Diese Symptome können verschiedene Organe und Körpersysteme betreffen, einschließlich des Nervensystems.
Häufige neurologische Symptome von Long-COVID sind:
- Erschöpfung (Fatigue): Ein anhaltender Energiemangel, der das gewohnte Leistungsvermögen einschränkt.
- Konzentrationsstörungen und Gedächtnisprobleme: Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, Informationen zu behalten oder Aufgaben zu erledigen.
- Geruchs- und Geschmacksstörungen: Anhaltender Verlust oder Veränderung des Geruchs- und Geschmackssinns.
- Kopfschmerzen und Schwindel: Häufige Kopfschmerzen und Schwindelgefühle, die die Lebensqualität beeinträchtigen können.
- Muskel- und Gelenkschmerzen: Anhaltende Schmerzen in Muskeln und Gelenken.
- Sensibilitätsstörungen und Muskelschwäche: Kribbeln, Taubheitsgefühle, Muskelschwäche und Koordinationsstörungen.
- Schlafstörungen: Schwierigkeiten beim Ein- und Durchschlafen.
Behandlungsmöglichkeiten bei Corona-bedingten Taubheitsgefühlen
Die Behandlung von Corona-bedingten Taubheitsgefühlen in den Fingern und anderen neurologischen Symptomen hängt von der zugrunde liegenden Ursache und den spezifischen Symptomen ab. Es gibt verschiedene Ansätze, die in Betracht gezogen werden können:
- Medikamentöse Behandlung: Schmerzmittel, Antikonvulsiva und Antidepressiva können zur Linderung von neuropathischen Schmerzen eingesetzt werden. Bei Autoimmunerkrankungen können Immunsuppressiva oder Immunglobuline helfen, die Entzündung zu reduzieren.
- Physiotherapie: Physiotherapie kann helfen, die Muskelkraft und Koordination zu verbessern, die Beweglichkeit zu erhöhen und Schmerzen zu reduzieren.
- Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, Alltagsaktivitäten zu erleichtern und die Lebensqualität zu verbessern.
- Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, mit den psychischen Folgen von Long-COVID umzugehen, wie z. B. Angst, Depression und Stress.
- Rehabilitation: Eine stationäre Rehabilitation kann helfen, die körperliche und psychische Gesundheit wiederherzustellen und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu verbessern.
Rehabilitation bei Long-COVID
Spezielle Reha-Programme für Menschen mit Long-COVID-Syndrom bieten einen ganzheitlichen Ansatz zur Behandlung der vielfältigen Symptome. Diese Programme umfassen in der Regel:
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- Pneumologisch-internistische Diagnostik: Objektivierung von Einschränkungen der Atmung und der körperlichen Belastbarkeit.
- Neurologische Diagnostik: Messung der Nervenleitgeschwindigkeit bei Verdacht auf Schäden der Nerven oder Muskulatur.
- Psychologische Diagnostik: Untersuchung auf stressbezogene psychische Erkrankungen wie Traumafolgestörungen, Erschöpfungssituationen oder Angsterkrankungen.
- Atemmuskeltraining und Atemphysiotherapie: Verbesserung der Atemfunktion und Reduzierung von Atemnot.
- Ausdauertraining und Krafttraining: Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit und Reduzierung von Müdigkeit.
- Sensibilitätstraining der Nerven: Verbesserung der Sensibilität bei Beeinträchtigung der Sensibilität.
- Psychologische Begleitung: Unterstützung bei der Bewältigung von Posttraumatischen Belastungsstörungen, Depressionen und Ängsten.
- Sozialberatung: Beratung und Unterstützung in sozialmedizinischen Fragen und bei beruflichen oder privaten Problemlagen.
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