Ein Schlaganfall, auch Apoplex oder Hirninsult genannt, ist eine plötzlich auftretende zerebrovaskuläre Minderdurchblutung, die oft zu langandauernden Funktionseinschränkungen führt. Es handelt sich um eine zeitkritische Erkrankung des Gehirns (ICD-10 I63), die mit einer plötzlich auftretenden Schädigung von Hirngewebe aufgrund eines Gefäßverschlusses (ischämischer Insult) oder einer Hirnblutung (hämorrhagischer Insult) assoziiert ist. Abhängig von der Lokalisation und dem Ausmaß des unterversorgten Hirnareals kommt es zu kognitiven, sensorischen und motorischen Funktionsstörungen.
Einführung
Der Schlaganfall ist keine einheitliche Erkrankung, sondern ein Oberbegriff für eine Vielzahl unterschiedlicher Erkrankungen, die verschiedene Ursachen haben und damit auch unterschiedliche Therapien erfordern. Die Diagnose wird mit bildgebenden Verfahren wie Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) oder einer Angiographie bestätigt. Die Prognose richtet sich nach Ursache, Art und Umfang der Läsion sowie dem Zeitpunkt der therapeutischen Intervention.
Epidemiologie des Schlaganfalls
Ein Schlaganfall gehört zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen. Jährlich erleiden weltweit 15 Millionen Menschen einen apoplektischen Insult. Davon sterben 5 Millionen, weitere 5 Millionen bleiben dauerhaft eingeschränkt. In Deutschland werden jährlich etwa 270.000 Schlaganfälle diagnostiziert, was einer Inzidenzrate von 260-270 pro 100.000 Einwohnern entspricht. Bei 70.000 der Ereignisse handelt es sich um ein Rezidiv.
Die Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, steigt mit zunehmendem Alter. Auf die Altersgruppe ab 60 Jahre entfallen fast 80% aller Schlaganfälle. Allerdings sind auch rund 30.000 Menschen unter 55 Jahren betroffen, selbst Kinder. Der Stiftung „Deutsche Schlaganfall Hilfe“ zufolge wird bei 300 Kindern jährlich ein Schlaganfall diagnostiziert. Die Dunkelziffer ist vermutlich höher, da viele Schlaganfälle unerkannt bleiben.
Weltweiter Anstieg der Schlaganfall-Last
Zwischen 1990 und 2019 gingen die altersstandardisierten Raten der Schlaganfallinzidenz um 17%, die Mortalität um 36%, die Prävalenz um 6% und die DALYs um 36% zurück. DALY (englisch disability-adjusted life-years) ist die Maßzahl für die durch Todesfälle verlorenen Lebensjahre und die Jahre mit krankheitsbedingter verminderter Lebensqualität. Dahingegen nimmt die Last an Schlaganfall-Erkrankungen seit drei Jahrzehnten weltweit zu. So stieg die absolute Zahl der Schlaganfälle zwischen 1990-2019 um 70%, die Zahl der prävalenten Schlaganfälle um 85%, die Zahl der Todesfälle durch Schlaganfall um 43% und die Zahl der durch Schlaganfall verursachten DALYs um 32%.
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Aufgrund der demografischen Entwicklung und der steigenden Lebenserwartung wird sich dieser Trend fortsetzen. Heute sind 24% der Bevölkerung älter als 60 Jahre. Für das Jahr 2050 wird ein Anteil von 38% prognostiziert. Das heißt, auch wenn die Neuerkrankungs- und Sterberaten in den letzten Jahrzehnten stetig gefallen sind, steigt die absolute Zahl der von einem Schlaganfall betroffenen Menschen aufgrund des demografischen Wandels kontinuierlich an.
Besorgniserregend ist die zunehmende Schlaganfallrate in Niedriglohnländern und der überproportionale Anstieg von Inzidenz und Prävalenz in der Gruppe der unter 70-jährigen Menschen. Während die relative Neuerkrankungsrate bei älteren Personen um 17% zurückgegangen ist, gab es bei den unter 70-Jährigen einen Anstieg um 15%. Der Grund für die „Verjüngung“ der betroffenen Bevölkerungsgruppen könnte den weltweit zunehmenden Risikofaktoren geschuldet sein.
Dritthäufigste Todesursache in Deutschland
Der Schlaganfall ist deutschland- und weltweit die zweithäufigste Todesursache. Gemäß einer Analyse der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) von Versicherten der AOK Niedersachsen versterben hierzulande 6,8% der PatientInnen in den ersten 30 Tagen nach einem Schlaganfall, nach 90 Tagen 9,4% und nach einem Jahr 17%. Nach fünf Jahren leben noch durchschnittlich 55% der Betroffenen.
Risikofaktoren für einen Schlaganfall
Generell gehen 87% der Schlaganfälle zu Lasten definierter Risikofaktoren. Unterschieden wird zwischen modifizierbaren und nicht beeinflussbaren Faktoren.
Modifizierbare Risikofaktoren
In einer GBD-Studie (Global Burden of Diseases) aus dem Jahr 2021 wurden 19 Risikofaktoren für das Auftreten von Schlaganfällen benannt und gewichtet. Der Hauptrisikofaktor für Schlaganfälle ist demnach ein hoher Blutdruck, der für 80 Millionen DALYs bzw. 55,5% aller DALYs verantwortlich war.
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Als weitere Risikofaktoren folgten:
- Erhöhter Body-Mass-Index (BMI) bzw. Übergewicht (24,3% aller Schlaganfall-bedingten DALYs)
- Diabetes (20,2%)
- Umwelt- bzw. Luftverschmutzung (20,1%)
- Rauchen (17,6%)
- Hoher Salzkonsum (12,3%)
Andere, mit einem erhöhten Schlaganfall-Risiko assoziierte Risikofaktoren sind:
- Bewegungsmangel
- Hyperlipidämie
- Vorhofflimmern
- Stress
- Alkoholkonsum
- Arteriosklerose
- Karotisstenose
- Ovulationshemmer
- Polyglobulie
Als neuer Risikofaktor wurde Endometriose festgestellt. Frauen mit laparoskopisch bestätigter Endometriose haben laut den Ergebnissen einer Studie aus dem Jahr 2022 eine um 34% höhere Wahrscheinlichkeit, einen Schlaganfall zu erleiden, als Frauen ohne eine solche Diagnose.
Nicht modifizierbare Risikofaktoren
Zwei der bedeutsamsten nicht modifizierbaren Risikofaktoren für einen Schlaganfall sind das Alter und das Geschlecht. Die meisten apoplektischen Insulte betreffen Menschen über 60 Jahre. Zudem haben Frauen ein höheres Schlaganfall-Risiko als Männer. Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) liegt die altersstandardisierte Schlaganfallrate bei Frauen in Deutschland bei 2,1% pro Jahr, während sie bei Männern 1,8% pro Jahr beträgt.
Genetische Prädisposition
Genetische Faktoren haben einen wichtigen Einfluss auf das Schlaganfallrisiko. Bis jetzt wurden 89 Schlaganfall-Risikogene ermittelt. Dazu gehören Gene, die für den Stoffwechsel von Lipiden, die Blutdruckregulation und Gerinnungsfaktoren verantwortlich sind. Die Risikogene korrelieren mit der Herkunft der PatientInnen und der Art des Schlaganfalls (ischämisch/hämorrhagisch).
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Forschende des GIGASTROKE-Konsortiums analysierten im Jahr 2022 in einer Metaanalyse genetische Daten von Patienten unterschiedlicher Herkunft (afroafrikanisch, europäisch, ost- oder südasiatisch sowie lateinamerikanisch). Neben den bereits bekannten Genen identifizierten sie 61 neue Genloci, die mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko assoziiert sind, etwa SH3PXD2A und FURIN. Die identifizierten Gene können unabhängig von anderen Risikofaktoren ein erhöhtes Schlaganfallrisiko vorhersagen, so die Forschenden.
Darüber hinaus nennt die Studie potenzielle Therapieansätze - zum Beispiel Inhibitoren für VCAM1, F11, KLKB1, GP1BA und LAMC2 sowie einen Aktivator für das Genprodukt von PROC.
Ursachen und Pathogenese des Schlaganfalls
Ursächlich werden zwei Schlaganfall-Formen unterschieden: ein ischämischer Insult infolge eines thromboembolischen Gefäßverschlusses und ein hämorrhagischer Insult aufgrund einer intrazerebralen Blutung (ICB) oder Subarachnoidalblutung (SAB). Bei der ICB handelt es sich um Blutungen in das Hirnparenchym, bei der SAB um Blutungen in den Subarachnoidalraum.
Entsprechend der Statistik der Heart and Stroke Association sind von allen Schlaganfällen rund 87% ischämische Hirninfarkte und 10% intrazerebrale hämorrhagische Schlaganfälle; die restlichen 3% entstehen als Folge einer Subarachnoidalblutung.
Ischämische Ursachen
Der ischämische Hirninfarkt wird umgangssprachlich als „weißer Schlaganfall“ bezeichnet. Die plötzliche Minderdurchblutung resultiert in der Regel aus Stenosen oder Verschlüssen hirnversorgender Arterien.
Folgende Situationen können eine ischämische Ursache bedingen:
- Makroangiopathie
- Mikroangiopathie
- Kardiale Embolie
- Andere Erkrankungen
Makroangiopathie
Bei einer Makroangiopathie sind die großen arteriellen Blutgefäße verengt oder obstruiert. Typischerweise bilden sich zunächst artherosklerotische Plaques. Ein erhöhtes Risiko dafür haben Menschen mit Hypertonie, Diabetes mellitus und Hyperlipidämien sowie Raucher und adipöse Personen. Rupturieren diese Plaques, beispielsweise durch ansteigenden Blutdruck oder Infektionen, lagern sich Blutgerinnsel an. Diese Thromben verengen zunehmend die arteriellen Blutgefäße. Wird ein Thrombus mit dem Blutfluss mitgerissen und in Richtung Gehirn fortgeschwemmt, kann er nunmehr als Embolus die Hirnarterie vollständig verschließen. Bevorzugt betroffene Arterien sind die A. cerebri media, A. cerebri anterior, A. cerebri posterior, A. carotis interna, A. basilaris, A. cerebelli oder A. vertebralis.
Mikroangiopathie
Bei einer Mikroangiopathie sind kleine arterielle Blutgefäße betroffen. Eine häufige erworbene Ursache ist die subkortikale arteriosklerotische Enzephalopathie (SAE). Bei dieser Gehirnerkrankung gehen Arteriolen im Bereich der Stammganglien und des Hirnstamms unter. Andere Ursachen für Mikroangiopathien wie die Fabry-Krankheit oder das MELAS-Syndrom sind genetisch bedingt. Amyloid-Angiopathien sowie toxämische und retinozerebrale Vaskulopathien können ebenfalls Ursachen mikroangionöser Pathologien sein.
Kardiale Embolie
Bei der kardialen Embolie entsteht der gefäßverschließende Embolus in der Regel durch Vorhofflimmern. Weitere Ursachen einer Kardioembolie sind Arrhythmien anderer Genese, Myokardinfarkt, Endokarditis, atriales Septum-Aneurysma, Herzvitien oder Klappenersatz.
Andere Erkrankungen
In sehr seltenen Fällen können auch Erkrankungen oder iatrogene Eingriffe eine Ischämie fördern. Dazu gehören beispielsweise:
- Hämatologische Erkrankungen wie Anämien multifaktorieller Genese, Thrombophilien und Koagulopathien
- Vaskulitiden und andere Vaskulopathien
- Gefäßkompressionen durch Tumore
- Gefäßdissektionen, zum Beispiel bei Schädel-Hirn-Trauma oder spontan bei fibromuskulärer Dysplasie
- Spezielle Infektionen wie Meningitis, Herpes zoster, Neurosyphilis, Neuroborreliose, AIDS, Rickettsien und Malaria
- Arzneimittel wie hormonale Kontrazeptiva und nicht steroidale Antirheumatika
- Paradoxe Embolie bei Phlebothrombose und persistierendem Foramen ovale oder Atriumseptumdefekt
- Migräne
- Iatrogene Interventionen wie Koronarangiografie oder Karotis-Endoprothesen (Stent)
- Drogenkonsum, insbesondere Kokain, Heroin und Amphetamine
Hämorrhagische Ursachen
Der hämorrhagische Schlaganfall wird umgangssprachlich als „roter Infarkt“ bezeichnet. Bei dieser Form geht Hirngewebe infolge einer Einblutung - meist aufgrund eines intrazerebralen Hämatoms - zugrunde. Ursache ist in der Regel ein rupturiertes Blutgefäß.
Die Subarachnoidalblutung hat als extrazerebrales Hämatom eine Sonderstellung. Dabei rupturiert ein Gefäß im Subarachnoidalraum und komprimiert das Hirngewebe von außen.
Pathogenese ischämischer Insult
Hirnnervenzellen beziehen ihre Energie aus dem Abbau von Glukose. Im Ruhezustand verbraucht das Gehirn durchschnittlich 3,35 ml Sauerstoff pro 100 g Hirngewebe pro Minute. Der Hauptenergielieferant Glukose wird zu 90% aerob verstoffwechselt, während 10% anaerob zu Pyruvat abgebaut werden. Unter pathologischen Umständen werden Ketonkörper und Aminosäuren verstoffwechselt.
Eine Verminderung der Hirndurchblutung unter das normale Niveau von 50-60 ml/100 g Gewebe/min auf 20 ml/100 g/min kann folgenlos toleriert werden. Wird diese Schwelle unterschritten, treten Funktionsstörungen auf, die nach einer Normalisierung der Durchblutung reversibel sind. Sinkt die Durchblutung auf weniger als 8-10 ml/100 g/min ab, kommt es zu einer anoxischen Zelldepolarisation, gefolgt von einer Infarzierung.
Je nachdem, wie gut die kollaterale Blutversorgung im Infarktbereich ist, kann ein Durchblutungsgradient entstehen, der von den Randzonen zum Kern hin ansteigt. Während das Gewebe im Kernbereich des Infarkts absterben kann, sind die Randzonen (Penumbra) nur in ihrer Funktion gestört und können sich bei wiederhergestellter Durchblutung noch nach Stunden erholen. Die Penumbra ist als Gewebe definiert, dessen Funktionsstoffwechsel erloschen, aber dessen Strukturstoffwechsel noch intakt ist. Dies bedeutet, dass es noch nicht zu einer ischämischen Depolarisation gekommen ist, bei der die Membran versagt.
Hält die Ischämie in der Penumbra so lange an, dass die Ionenpumpen ausfallen, strömen NaCl, Wasser und Kalzium in die Zellen. Die erhöhte Kalziumkonzentration führt zu einer übermäßigen Freisetzung von exzitatorischen Neurotransmittern, die den Zellstoffwechsel anstoßen und den Energieverbrauch der ischämischen Zellverbände noch weiter erhöhen.
Pathogenese hämorrhagischer Insult
Das Hämatom schränkt die Funktion von Neuronen und Glia ein. Dies führt zu einer Unterversorgung mit Sauerstoff und Nährstoffen, Freisetzung von Neurotransmittern, mitochondrialen Dysfunktion und Zellschwellung. Thrombin aktiviert Mikrogliazellen und verursacht Entzündungen und Ödeme.
Die primäre Schädigung ist auf die hämatominduzierte Kompression des Hirngewebes und eine intrakranielle Druckerhöhung zurückzuführen. Die sekundären Verletzungen entstehen aufgrund von entzündlichen Prozessen, Störungen der Blut-Hirn-Schranke, Ödemen, der Überproduktion freier Radikale wie reaktive Sauerstoffspezies (ROS), einer glutamatinduzierten Exzitotoxizität und der Freisetzung von Hämoglobin und Eisen.
In der Regel vergrößert sich das Hämatom innerhalb von 3-12 Stunden. Um das Hämatom herum befindet sich ein Bereich mit Hypoperfusion. Faktoren, die zu einer Verschlechterung der ICB führen können, sind die Ausdehnung des Hämatoms, eine intraventrikuläre Blutung, ein perihämorrhagisches Ödem und Entzündungsreaktionen.
Symptome eines Schlaganfalls
Das klinische Bild eines Schlaganfalls ist äußerst heterogen. Beim ischämischen Insult sind die Beschwerden meist unspezifisch - mitunter fallen nur leichter Schwindel, kurzzeitiges Zittern oder eine kaum wahrnehmbare Gangunsicherheit auf. Auf einen hämorrhagischen Insult weisen beispielsweise akute Kopfschmerzen, Erbrechen und Nackensteifigkeit hin.
Symptome beim ischämischen Insult
Klassisch Symptome, die auf einen ischämischen Insult hinweisen, sind:
- Plötzlich einsetzende Hemiparesen (Mundwinkel, Gesicht oder eine Körperhälfte)
- Artikulationsstörungen (oft mit verwaschener Sprache)
- Dysphagie
- Aphasie
- Apraxie
- Ataxie
- Sehbeeinträchtigungen (zum Beispiel Diplopie, Hemianopsie, Quadrantenanopsie oder Herdblick)
- Bewusstseinseinschränkungen
Die Symptomatik richtet sich vor allem nach der Infarktlokalisation und lässt sich topografisch zuordnen.
Besonderheiten beim Hirnstamminfarkt
Beim Hirnstamminfarkt kommt es zu Schädigungen im Bereich des Hirnstamms, die sich durch eine Vielzahl von Leitsymptomen äußern, darunter Schwindel, Dysarthrie, Dysphagie, Ataxie, Blickparese, Hemi- und Tetraparesen sowie Singultus.
Zudem können verschiedene Hirnstamm-Syndrome auftreten, die durch unterschiedliche Symptom-Kombinationen gekennzeichnet sind, darunter das:
- Alternans-Syndrom bzw. gekreuztes Hirnstamm-Syndrom: ipsilateraler Hirnnervenausfall, kontralaterale Hemiparese
- Foville-Syndrom bzw. Inferior-Medial-Pontine-Syndrom: kontralaterale Hemiparese, Fazialisparese, internukleäre Ophthalmoplegie
- Jackson-Syndrom bzw. ventrales paramedianes Oblongata-Syndrom: kontralaterale Hemiparese, ipsilateraler Ausfall des N. hypoglossus
Diagnose des Schlaganfalls
Bei Schlaganfallverdacht sind eine rasche Diagnostik und Versorgung im Krankenhaus äußerst wichtig. Je mehr Zeit vergeht - also je länger Gehirngewebe ohne Sauerstoff bleibt, desto wahrscheinlicher sind schwere und bleibende Schäden nach einem Schlaganfall. Deswegen gilt in der Schlaganfallbehandlung der Leitsatz „Time is brain“, deutsch übersetzt: „Zeit ist Gehirn“.
FAST-Test: So prüfen Sie selbst einen Schlaganfall-Verdacht
Der FAST-Test ist ein einfacher Test, der zur Grundausbildung von Rettungspersonal gehört und mit dem sich Schlaganfälle innerhalb weniger Sekunden feststellen lassen. F - A - S - T steht für Face (Gesicht), Arms (Arme), Speech (Sprache) und Time (Zeit).
- Face (Gesicht): Bitten Sie die Person zu lächeln. Ist das Gesicht einseitig verzogen? Möglicher Hinweis auf Halbseitenlähmung.
- Arms (Arme): Bitten Sie die Person, die Arme nach vorne zu strecken und dabei die Handflächen nach oben zu drehen. Bei einer Lähmung können nicht beide Arme gehoben werden, sinken oder drehen sich.
- Speech (Sprache): Lassen Sie die Person einen einfachen Satz nachsprechen. Ist sie dazu nicht in der Lage oder klingt die Stimme verwaschen, liegt vermutlich eine Sprachstörung vor.
- Time (Zeit): Wählen Sie unverzüglich die 112 und schildern die Symptome.
Versorgung durch den Notarzt
Bei einem Schlaganfall kümmert sich der Notarzt zunächst um die Sicherstellung von Puls und Atmung. Blutdruck, die Häufigkeit des Herzschlages und Blutzucker werden gemessen. Sowohl der Betroffene als auch anwesende Personen werden zur Krankengeschichte des Schlaganfallpatienten, zu Symptomen und Risikofaktoren befragt. Das Auftreten erster Krankheitszeichen sollte im besten Fall mit einer möglichst genauen Uhrzeit angegeben werden. Eine erste körperliche Untersuchung ermittelt Lähmungen, Bewusstseinsstörungen, Sprachvermögen/-verständnis und Gefühlsstörungen. Der Patient erhält Sauerstoff, notfalls über einen Schlauch in die Luftröhre (Intubation). Ein Zugang in die Vene, ermöglicht das Verabreichen von Flüssigkeit und Medikamenten. Der Rettungsdienst bringt den Patienten in ein Krankenhaus, das bestenfalls eine auf Schlaganfälle spezialisierte Abteilung (Stroke Unit) hat.
Um zu ermitteln, welche Teile des Gehirns vom Schlaganfall betroffen sind, wird ein Test der Nervenfunktionen durchgeführt. Eine Blutabnahme und -untersuchung gibt Aufschluss über Blutbild, Blutgerinnung, Entzündungsparameter sowie Risikofaktoren wie erhöhte Cholesterin- oder Blutzuckerwerte.
Bildgebende Verfahren
Bildgebende Verfahren wie Computertomografie oder Magnetresonanz-Tomografie ermöglichen eine Untersuchung des Gehirns. Damit wird geklärt, ob ein ischämischer oder hämorrhagischer Schlaganfall vorliegt - also eine Durchblutungsstörung oder eine Hirnblutung. Die Hirngefäße können mittels einer CT-Angiografie dargestellt werden, um Verstopfungen zu erkennen. Da eine Durchblutungsstörung erst nach Stunden nachweisbar ist, erfolgt gegebenenfalls auch eine Untersuchung der Hirndurchblutung mittels Kontrastmittel (CT-Perfusion).
Behandlung des Schlaganfalls
Die Ursachenklärung bei einem Schlaganfall ist der wichtigste Schritt für das weitere medizinische Vorgehen nach einer Schlaganfall-Diagnose.
Behandlung eines ischämischen Schlaganfalls
Bei einem ischämischen Schlaganfall gilt es, die Durchblutung des betroffenen Gehirnbereichs schnellstmöglich wiederherzustellen. Dies erfolgt durch die systemische Thrombolyse (auch kurz Lyse), bei der ein Blutgerinnsel-auflösendes Mittel über die Vene verabreicht wird. Diese Form der Therapie sollte möglichst innerhalb von viereinhalb Stunden nach Auftreten der ersten Symptome beginnen. Dadurch wird das Risiko von Behinderungen durch den Schlaganfall möglichst gering gehalten. Allerdings kann die Therapie zu Hirnblutungen führen und ist für Patienten mit bestimmten Vorerkrankungen nicht geeignet.
Bei manchen Formen des ischämischen Schlaganfalls kommt eine weitere, neue Behandlungsmethode - die mechanische Thrombektomie - infrage. Dabei verwendet der behandelnde Arzt einen dünnen Katheter, der an die Stelle des Gefäßverschlusses geführt wird. Das Blutgerinnsel wird mithilfe des Katheters mechanisch entfernt und abgesaugt. Die Thrombektomie kommt nur für ca. 5 % der Menschen mit Hirninfarkt infrage. Solche weisen ein Gerinnsel an den großen Hirngefäßen auf. Hier gilt ein etwas größeres Zeitfenster von etwa 6 bis 8 Stunden. Die Thrombektomie ist eine aufwändige Methode, die nur von erfahrenen Spezialisten durchgeführt wird und somit nur in größeren Zentren angeboten wird.
Behandlung eines hämorrhagischen Schlaganfalls
Bei einem hämorrhagischen Schlaganfall gilt es, die Gehirnblutung zu stillen. Tritt das Blut aus den Gefäßen in das Hirngewebe aus, so verdrängt das entstehende Blutgerinnsel das umliegende Gewebe. Durch den daraus resultierenden Druck, können gesunde Gehirnteile geschädigt werden und der Patient wird lebensbedrohlich gefährdet. Zudem schädigen die im Blut enthaltenen Stoffe teilweise die Gehirnzellen. Bei größeren Blutungen ist es unter Umständen nötig, das Blut mittels einer Operation zu beseitigen. Um den Druck auf das Gehirn zu reduzieren, kann das Öffnen des Schädels sinnvoll sein. Somit besteht die Möglichkeit, Blut zu entfernen und dem Hirngewebe Platz zum Ausweichen einzuräumen. In manchen Fällen lässt sich das Leck im Gefäß verschließen. Dies gilt besonders bei Gefäßausstülpungen im Gehirn, sogenannten Aneurysmen. Ist eine Blutung durch zu hohen Blutdruck bedingt, muss dieser vorsichtig gesenkt werden. Bei rascher Senkung droht eine Minderdurchblutung des Gehirns.
Folgen eines Schlaganfalls
Ungefähr die Hälfte aller Patienten, die einen Schlaganfall überleben, tragen bleibende Schäden davon, die ihren Alltag nachhaltig beeinträchtigen. Art und Ausmaß der Folgen sind davon abhängig, welches Hirnareal wie schwer geschädigt wurde. Betroffene sind nach einem Schlaganfall oftmals pflegebedürftig oder sogar schwerstbehindert.
Mögliche Folgen sind:
- Schluck-, Sprachstörungen und Störungen der Nahrungsaufnahme (Dysphagie)
- Lähmung des Gesichts oder einer Körperseite
- Aufmerksamkeitsstörungen
- Gedächtnisstörungen
- Störung der Sinnesempfindungen
- Embolien und Thrombose
- Geschwächtes Immunsystem
- Epilepsie
Schlaganfall vorbeugen: Die besten Tipps
Grundsätzlich kann ein Schlaganfall jeden zu jeder Zeit treffen, dennoch gibt es einige Risikofaktoren, die einen Schlaganfall / Apoplex begünstigen können. Die Ursachen für einen Apoplex / Schlaganfall können durch eine ärztliche Schlaganfall-Diagnose schnell identifiziert werden - und in manchen Fällen (mal abgesehen von Alter, Geschlecht und vererbbaren Risikofaktoren) vermieden werden.
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