Demenz: Die Wirkung von Farben und Licht – Eine Studie

Die Gestaltung der Umgebung von Menschen mit Demenz spielt eine entscheidende Rolle für ihr Wohlbefinden und ihre Lebensqualität. Eine aktuelle Studie untersucht die Wirksamkeit von Farbe und Licht als psychologische Umweltfaktoren und zeigt signifikante positive Auswirkungen auf Patienten und Personal.

Einleitung

Die vorliegende Studie befasst sich mit dem Einfluss von Farbe und Licht auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Menschen mit Demenz. Angesichts der zunehmenden Zahl von Demenzerkrankungen und des Fachkräftemangels im Gesundheitswesen ist es von entscheidender Bedeutung, Umgebungen zu schaffen, die sowohl für Patienten als auch für das Personal förderlich sind.

Hintergrund der Studie

Anlass für die Studie war die wissenschaftliche Diskussion über die negativen Auswirkungen eines prolongierten Delirs auf die Morbidität und Mortalität von Patienten in der Intensivmedizin. Neben medikamentösen Behandlungen werden verstärkt Einflussfaktoren gesucht, die das Wohlbefinden und die Gesundung fördern sowie ein Delir verhindern können. In diesem Zusammenhang rückt die Wahrnehmung des architektonischen Raums in den Fokus, insbesondere die atmosphärischen Wirkungen klinischer Umgebungen.

Die Forschungslücke im Bereich der Gesundheitsbauten, insbesondere in der Intensivmedizin, ist problematisch, da die klinische Umgebung negative Gefühle wie Angst, Panik, Desorientierung, Einsamkeit und Depression fördern kann. Diese Effekte können das Leben und die Gesundheit von Patienten gefährden.

Studiendesign und -methoden

Die Studie wurde im Rahmen von Renovierungsmaßnahmen auf den Stationen B3-EGI, B5-3I und B5-3IMC der Klinik für Intensivmedizin im HELIOS Universitätsklinikum Wuppertal durchgeführt. Aus Kostengründen wurde auf die Erneuerung von Böden, Einrichtung und Medizintechnik verzichtet.

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Die Bewertungen von Patienten und Personal wurden vor und nach der Renovierung sowohl quantitativ mittels Fragebögen als auch qualitativ über Interviews erfasst. Um Verzerrungseffekte zu minimieren, wurde die Befragung erst drei Monate nach dem Bezug der renovierten Räume durchgeführt. Der Medikamentenverbrauch wurde in einem repräsentativen Vergleichszeitraum von neun Monaten vor und nach der Renovierung dokumentiert und ausgewertet.

Ergebnisse der Studie

Die Ergebnisse der Studie belegen die Wirksamkeit der Farb- und Lichtgestaltung auf das Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Patienten und Personal.

Verbesserte Wahrnehmung der Umweltgestaltung

Die Wahrnehmung der Gestaltungsfaktoren stieg bei den Patienten um durchschnittlich 32,3 %, beim Personal sogar um 40,8 %. Die größte Steigerung zeigte sich bei den Patienten bei der Bewertung der Farbgestaltung (62,7 %), dicht gefolgt vom Gefühl der Privatheit, das sich um 55,2 % verbesserte. Beim Personal war die größte Steigerung von 75,6 % ebenfalls bei der Farbgestaltung zu verzeichnen, gefolgt von der spürbaren Verbesserung der Kunstlichtqualität um 54,3 %.

Reduzierter Medikamentenverbrauch

Der Verbrauch an Medikamenten konnte deutlich gesenkt werden. Bei den Benzodiazepinen wurden keine signifikanten Veränderungen festgestellt. Bei den Akut-Neuroleptika (Haloperidol, Risperidon, Chlorprothixen etc.) kam es zu deutlichen Veränderungen. Im Vergleichszeitraum sank der Verbrauch um durchschnittlich 30,1 %. In der Intermediate Care Station (IMC), wo Patienten mit bis zu zwei Tagen Liegedauer aufgenommen werden, sank der Verbrauch im Vergleichszeitraum um 51 %. Auf der Operativen Intensivstation (B3-EGI) sank der Verbrauch im Vergleichszeitraum um 15,9 %.

Verbesserte Pflegequalität

Der von den Betroffenen als „Wohlfühlatmosphäre“ bezeichnete Raumeindruck der Aufenthaltsräume und Patientenzimmer sorgt für eine effektivere Pflege. Die Bewertung der Pflegemaßnahmen stieg bei den Patienten nach der Renovierung um 28 %.

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Farb- und Lichtkonzept

Im Rahmen der Renovierung wurde ein Farb- und Lichtkonzept umgesetzt, das auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten ist.

Farbwahl

  • Warme Farben: Warme Farben wie Gelb, Orange und Rot werden im Langzeitgedächtnis gespeichert und auch im Alter als angenehm empfunden. Sie wirken anregend und entgegenkommend.
  • Kontrastreiche Gestaltung: Eine kontrastreiche Farbgestaltung erleichtert die Orientierung und hilft, Räume und Objekte besser zu erkennen.
  • Vermeidung von Blau: Blaue Farben werden von älteren Menschen oft nur als Grau wahrgenommen und können mit einer Wasseroberfläche assoziiert werden.
  • Erdige Farbtöne: Erdige Farbtöne symbolisieren Trittfestigkeit und geben Halt.

Lichtgestaltung

  • Helle Beleuchtung: Ältere Menschen benötigen eine höhere Beleuchtungsstärke als jüngere Menschen. Eine gute Ausleuchtung ist wichtig, um Depressionen zu reduzieren und die Gabe von Psychopharmaka zu verringern.
  • Blendfreies Licht: Blendungen können Ängste auslösen und Stürze verursachen.
  • Tageslichtähnliches Licht: Biodynamisches Licht, das den Tag-Nacht-Rhythmus simuliert, kann den Schlaf-Wach-Rhythmus von Demenzpatienten verbessern.
  • Warme Lichtfarben: Warme Lichtfarben wirken beruhigend und fördern das Wohlbefinden.

Weitere Gestaltungselemente

  • Naturmaterialien: Naturmaterialien strahlen Wärme aus und wirken beruhigend.
  • Vermeidung von Spiegeln: Spiegel können Ängste auslösen, da Demenzpatienten ihr eigenes Spiegelbild oft nicht mehr erkennen.
  • Klare Strukturen: Klare Strukturen und eine reduzierte Anzahl von Gegenständen erleichtern die Orientierung.
  • Symbolhafte Kennzeichnung: Türen sollten mit leicht erkennbaren Symbolen gekennzeichnet werden, die auf die Funktion des Raumes hinweisen.
  • Taktile Elemente: Handläufe mit taktiler Unterstützung aktivieren den Tastsinn und erleichtern die Orientierung.

Beispiele für gelungene Farb- und Lichtgestaltung

St. Marien-Hospital in Köln

Das St. Marien-Hospital in Köln hat ein Gestaltungskonzept für seine Geriatrische Abteilung umgesetzt, das Farbe und Licht in den Mittelpunkt stellt. Die Architektin Gudrun Kaiser entwarf ein Raumkonzept, das die Farb- und Materialkombination sowie den Einsatz von biologisch wirksamem Licht berücksichtigt.

Die Designerinnen Eva Häckel und Imme Bode vom Caparol FarbDesignStudio entwickelten ein Farbkonzept, das mit den wechselnden, dem Tageslicht angepassten Lichtstimmungen harmoniert. Ziel war es, die Patienten zu aktivieren, ihnen die Orientierung zu erleichtern und vor allem ihr Wohlbefinden und Sicherheitsgefühl zu fördern.

Seniorenheim mit Schwerpunkt Demenz in Stuttgart

Für ein Stuttgarter Seniorenheim mit Schwerpunkt Demenz wurde ein Farbkonzept entwickelt, das auf Urassoziationen basiert. Jede Etage erhält ein eigenes Thema, das durch Farbakzente und Dekorationen unterstrichen wird. Grundsätzlich wurde in jedem einzelnen Bereich jedoch die Funktion des Raumes an sich unterstrichen und ein dazugehörendes Raumklima erzeugt.

Bedeutung von Farbe bei der Verwendung von Einmalhandschuhen

Eine Studie des Bayerischen Instituts für alters- und demenzsensible Architektur (BIfadA) hat gezeigt, dass die Farbe von Einmalhandschuhen die Akzeptanz von Berührungen bei älteren Menschen beeinflussen kann. Transparente und rosafarbene Handschuhe wurden dabei besonders positiv bewertet, während blaue Handschuhe auf wenig Gegenliebe stießen.

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Fazit

Die Studie zeigt, dass die gezielte Gestaltung der Umgebung mit Farbe und Licht einen positiven Einfluss auf das Wohlbefinden, die Zufriedenheit und die Pflegequalität von Menschen mit Demenz hat. Die Ergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer ganzheitlichen Farb-Material-Licht-Konzeption, die die spezifischen Bedürfnisse dieser Patientengruppe berücksichtigt. Durch die Schaffung einer angenehmen und orientierungsfördernden Umgebung kann der Medikamentenverbrauch gesenkt, die Pflegequalität verbessert und das Wohlbefinden von Patienten und Personal gesteigert werden.

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