Demenz und Verlust des Sättigungsgefühls: Ursachen und Lösungsansätze

Die Ernährung spielt eine zentrale Rolle für die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Menschen, insbesondere aber für ältere Menschen und solche, die an Demenz erkrankt sind. Im Laufe des Alterungsprozesses können sich sowohl der Appetit als auch der Geschmacksinn verändern, was zu einer reduzierten Nahrungsaufnahme führen kann. Bei Menschen mit Demenz kann dies noch verstärkt werden, da sie oft das Gefühl für Hunger und Durst verlieren oder aufgrund von Gedächtnisproblemen vergessen, zu essen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für den Verlust des Sättigungsgefühls bei Demenz, die damit verbundenen Probleme und mögliche Lösungsansätze.

Einführung

Die Aufnahme von Nahrung und Flüssigkeit ist ein menschliches Grundbedürfnis. Mit zunehmendem Alter und insbesondere bei Demenzerkrankungen können sich diese Bedürfnisse jedoch stark verändern. Demenz kann dazu führen, dass Betroffene das Gefühl für Hunger und Durst verlieren oder vergessen, zu essen, was zu Mangelerscheinungen und Gewichtsverlust führen kann. Eine ausgewogene Ernährung ist jedoch entscheidend für die geistige und körperliche Gesundheit, auch im Alter.

Ursachen für den Verlust des Sättigungsgefühls bei Demenz

Mehrere Faktoren können zum Verlust des Sättigungsgefühls bei Demenz beitragen:

Beeinträchtigung der Sinnesorgane

Ein beeinträchtigtes Seh-, Schmeck- und Riechvermögen kann dazu führen, dass Speisen als langweilig und fade empfunden werden. Dies kann den Appetit mindern und dazu führen, dass Betroffene weniger essen.

Zahnprobleme und Schluckbeschwerden

Zahnverlust sowie Kau- und Schluckbeschwerden können das Essen erschweren und den Appetit weiter reduzieren.

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Kognitive Beeinträchtigungen

Menschen mit Demenz haben oft Konzentrationsschwierigkeiten und können sich nicht mehr an Mahlzeiten erinnern. Hektik, Lärm und ein vermehrter Bewegungsdrang können sie zusätzlich von den Mahlzeiten ablenken.

Veränderungen im Gehirn

Mit fortschreitender Demenz verlieren viele Betroffene grundlegende Fähigkeiten, die für das Essen und Trinken notwendig sind, wie z.B. Kauen, Schlucken und der Umgang mit Besteck. Auch die Wahrnehmung von Hunger- und Durstsignalen kann beeinträchtigt sein.

Stoffwechselveränderungen im Alter

Im Alter verlangsamt sich der Stoffwechsel, was zu einem verminderten Appetit führen kann. Auch Verdauungsprobleme können die Nahrungsaufnahme beeinträchtigen. Senioren haben oft keine feinen Antennen mehr für die Signale ihres Körpers, wodurch Hungergefühle nicht mehr als solche wahrgenommen werden. Ebenso verhält es sich mit dem Durstgefühl.

Mögliche Erkrankungen

Appetitlosigkeit kann auch ein Symptom für eine ernste Erkrankung sein. Es ist wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um die Ursache abzuklären, insbesondere wenn die Nahrungsaufnahme ganz verweigert wird.

Auswirkungen des Verlusts des Sättigungsgefühls

Der Verlust des Sättigungsgefühls und die daraus resultierende mangelnde Nahrungsaufnahme können schwerwiegende Folgen für Menschen mit Demenz haben:

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Mangelernährung

Eine unzureichende Zufuhr von Energie und Nährstoffen führt zu Mangelerscheinungen, die sich in Schwäche, Müdigkeit, Gewichtsverlust und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionen äußern können.

Dehydration

Eine zu geringe Flüssigkeitsaufnahme kann zu Dehydration führen, die sich durch Verwirrtheit, trockene Haut und Schleimhäute sowie konzentrierten Urin äußert. Dehydration kann lebensbedrohliche Zustände verursachen.

Verschlechterung des Gesundheitszustands

Mangelernährung und Dehydration können den allgemeinen Gesundheitszustand von Menschen mit Demenz erheblich verschlechtern und zu einem schnelleren Fortschreiten der Erkrankung führen.

Maßnahmen zur Verbesserung der Nahrungsaufnahme bei Demenz

Um die Nahrungsaufnahme bei Menschen mit Demenz zu verbessern, gibt es verschiedene Maßnahmen, die ergriffen werden können:

Frühzeitige Erkennung und Risikoeinschätzung

Pflegekräfte sollten Veränderungen im Ess- und Trinkverhalten frühzeitig erkennen und eine strukturierte Risikoeinschätzung durchführen, um Unterernährung und Dehydration vorzubeugen. Validierte Instrumente wie das Mini Nutritional Assessment - Short Form (MNA-SF) oder der Nutritional Risk Screening (NRS 2002) können dabei helfen.

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Ursachenanalyse

Wenn ein Mensch mit Demenz die Nahrungsaufnahme verweigert, ist eine gründliche Ursachenanalyse wichtig. Mögliche Gründe sind Schmerzen, Erkrankungen im Mund-Rachen-Raum, Schluckstörungen, Medikamentennebenwirkungen, depressive Verstimmungen oder ein verändertes Geschmacksempfinden.

Anpassung der Ernährung

Die Ernährung sollte an die individuellen Bedürfnisse und Vorlieben des Betroffenen angepasst werden. Dazu gehört:

  • Ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung: Demenzerkrankte sollten viel Vitamine und Ballaststoffe durch Obst und Gemüse zu sich nehmen. Der Anteil an Cholesterin, gesättigten Fetten und tierischen Proteinen sollte gering sein. Stattdessen sollten Omega-3- und ungesättigte Fettsäuren in Fisch, Hanf- oder Leinöl bevorzugt werden. Auch Folsäure in Brokkoli, Spinat oder Hühnerleber kann als Ernährungsprävention gegen Demenz dienen.
  • Berücksichtigung von Vorlieben und Abneigungen: Es ist wichtig, die Vorlieben und Abneigungen des Betroffenen zu berücksichtigen und ihm Speisen anzubieten, die er gerne isst.
  • Anpassung der Konsistenz: Bei Schluckstörungen sollten Mahlzeiten eine weiche, homogene und gut formbare Konsistenz haben. Püriertes Gemüse, weiche Kartoffelgerichte, Rührei, cremige Suppen, Pudding oder Joghurt sind geeignet. Auch angedickte Flüssigkeiten können das Risiko des Verschluckens senken. Krümelige, faserige oder trockene Speisen sollten vermieden werden.
  • Kleine, häufige Mahlzeiten: Statt drei großer Mahlzeiten können mehrere kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt angeboten werden.
  • Appetitanregende Maßnahmen: Lebensmittel, die mineralstoffreich sind und zahlreiche Vitamine enthalten, können den Appetit anregen. Auch eine attraktive Präsentation der Speisen und eine ruhige, entspannte Atmosphäre beim Essen können helfen.

Unterstützung beim Essen und Trinken

Menschen mit Demenz benötigen oft Unterstützung beim Essen und Trinken. Dazu gehört:

  • Hilfe beim Umgang mit Besteck: Wenn der Betroffene Schwierigkeiten hat, mit Besteck umzugehen, kann Fingerfood eine gute Alternative sein.
  • Anwesenheit und Unterstützung beim Essen: Auch wenn der Betroffene noch selbst essen kann, sollte eine Pflegekraft anwesend sein, um im Falle des Verschluckens helfen zu können.
  • Anbieten von Getränken: Menschen mit Demenz verspüren oft wenig Durst. Es ist wichtig, ihnen regelmäßig Getränke anzubieten, z.B. Wasser, Saftschorlen oder Tees. Auch Getränke mit vielen Kalorien und einem hohen Zuckergehalt können bei Appetitlosigkeit helfen.
  • Basale Stimulation: Das Konzept der basalen Stimulation kann auch bei der Essensaufnahme sehr wirksam sein. Dabei wird die Wahrnehmung und Kommunikation auf elementarer Ebene gefördert, um positive Erinnerungen wachzurufen und das grundlegende Bedürfnis zu essen zu stillen.

Schaffung einer angenehmen Essumgebung

Die Essumgebung sollte so gestaltet sein, dass sie den Bedürfnissen von Menschen mit Demenz entspricht. Dazu gehört:

  • Ruhe und Entspannung: Lärm und Hektik sollten vermieden werden.
  • Angenehme Atmosphäre: Eine entspannende Beleuchtung und ruhige Musik können eine angenehme Atmosphäre schaffen.
  • Vermeidung von Ablenkungen: Tischdekorationen können verwirren und sollten vermieden werden.
  • Geeignetes Geschirr: Tiefe Teller mit einem farbigen Rand können helfen, das Essen leichter zu finden.

Kommunikation und Empathie

Eine wertschätzende und empathische Kommunikation ist entscheidend, um Menschen mit Demenz auf das Essen einzustimmen und die Nahrungsaufnahme zu erleichtern. Dazu gehört:

  • Blickkontakt herstellen und den Namen nennen.
  • Langsam und deutlich reden.
  • Wichtige Informationen wiederholen.
  • Ironie vermeiden.
  • Lob und Bestätigung geben und Kritik vermeiden.
  • Zeit für Antworten lassen.
  • Geschlossene Fragen stellen.

Logopädische Therapie

Bei Schluckstörungen kann eine logopädische Therapie helfen, die Schluckmuskulatur zu kräftigen, sichere Schlucktechniken zu trainieren und die Konsistenz der Speisen anzupassen.

Berücksichtigung von traumatischen Erfahrungen

Menschen mit Demenz gehören oft einer Generation an, die durch Kriegs- und Nachkriegszeiten Hunger und Entbehrungen erlebt haben. Diese Erfahrungen können ihre Spuren hinterlassen haben und das Essverhalten beeinflussen. Es ist wichtig, diese Erfahrungen zu berücksichtigen und gegebenenfalls alternative Speisen anzubieten.

Fingerfood und "Eat by Walking"

Fingerfood verbessert die Selbstständigkeit und die Selbstbestimmung. "Eat by Walking" (das Essen im Gehen) eignet sich oftmals auch für Menschen mit Demenz, die nicht mehr ruhig am Tisch sitzen und essen können und ruhelos umherwandern.

Vermeidung von Zwang

Wichtig ist, Maßnahmen zur Unterstützung stets am Willen und Wohlbefinden der Betroffenen auszurichten. Zwangsernährung ist nur in Ausnahmefällen und unter strengen rechtlichen Voraussetzungen zulässig.

Präventive Ernährungsmaßnahmen

Präventive Ernährungsmaßnahmen können dazu beitragen, das Risiko für Demenz-Erkrankungen zu reduzieren. Eine bewusste und ausgewogene Ernährung im Alter ist dabei das A und O.

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