Die komplexe Welt der neurologischen Funktionen kann durch verschiedene Faktoren gestört werden, die zu einer Vielzahl von Symptomen führen, von unwillkürlichen Muskelkrämpfen bis hin zu Lähmungen. Diese Störungen können durch Toxine, genetische Defekte, Traumata oder andere Erkrankungen verursacht werden. Dieser Artikel untersucht die Ursachen und Mechanismen von Transmitterzerstörung, Krämpfen und Lähmungen und bietet einen umfassenden Überblick über diese komplexen neurologischen Probleme.
Botulinumtoxin: Ein Beispiel für Transmitterzerstörung
Das Bakterium Clostridium botulinum produziert Toxine, die zu Lebensmittelvergiftungen führen können, insbesondere durch Wurst und sterilisierte Lebensmittel. Dieses thermolabile Toxin wird beim Kochen inaktiviert. Clostridium botulinum erhielt seinen endgültigen Namen aufgrund seiner Fähigkeit, diese Toxine zu produzieren. Es gibt auch tierpathogene Arten von Clostridium botulinum.
Botulinumtoxine gehören zu den stärksten bekannten Giften. Die Typen A, B, E und F verursachen die typischen Vergiftungserscheinungen. Diese Toxine bestehen aus zwei Disulfidbrücken, die miteinander verbunden sind. Sie blockieren die Acetylcholin-Ausschüttung im synaptischen Spalt, indem sie mit hoher Affinität an Rezeptoren der präsynaptischen Membran binden und in Endosomen eingeschlossen werden. Ein Teil des Giftes kann ins Zytosol gelangen, wo es unterschiedliche Proteine zerstört und die Ausschüttung von Acetylcholin in den synaptischen Spalt verhindert. Dies kann beispielsweise zu einer Inhibition der Substanz-P-Freisetzung führen.
Therapeutische Anwendungen von Botulinumtoxin
Trotz seiner Toxizität wird Botulinumtoxin in der Medizin zur Behandlung verschiedener Erkrankungen eingesetzt. Es wird beispielsweise zur Faltenbekämpfung (siehe Kasten) verwendet. Bei Botox-Partys lassen sich Menschen Falten glätten oder ihre Augenbrauen anheben. Studien haben gezeigt, dass dies zu einem entspannteren Gesichtsausdruck führen kann (z. B. äußeren Lidwinkel). Die Wirkung hält für drei bis sechs Monate an, danach muss nachgespritzt werden. Die Veränderungen sind jedoch nicht von Dauer, und mögliche Entstellungen sind reversibel.
Botulinumtoxin wird auch zur Behandlung von Falten verwendet, die von den Nasenflügeln zum Mund verlaufen. In diesem Bereich sind jedoch Nebenwirkungen problematischer. Über Langzeitfolgen der Behandlung ist noch wenig bekannt, und es gibt kleine Gruppen von Therapieversagern.
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Dystonie: Unwillkürliche Muskelverkrampfungen
Dystonien sind durch unwillkürliche Verkrampfungen von Muskeln in verschiedenen Regionen des Körpers gekennzeichnet. Sie werden in primäre und sekundäre Formen unterteilt. Die genaue Ursache der primären Dystonie ist noch nicht bekannt, aber es wird vermutet, dass sie genetisch bedingt ist. Sekundäre Dystonien können durch ein schweres Schädel-Hirn-Trauma oder Medikamente, meistens Neuroleptika, hervorgerufen werden.
Zu den verschiedenen Formen der Dystonie gehören Stimmbandkrampf sowie Mund-, Zungen- und Schlundkrampf. Eine spezielle Dystonieform ist der Torticollis, was übersetzt "verdrehter Hals" bedeutet. Er kann von einem Zittern begleitet sein, zumindest bei bestimmten Kopfbewegungen. Eine weitere Form ist der Blepharospasmus, der sich kaum von normalem Zwinkern unterscheidet, jedoch auch krampfartige Formen annehmen kann. Der Schreibkrampf tritt beispielsweise beim Schreiben auf, während der Arm oder die Hand in anderen Situationen nicht verkrampft ist. Auch bei anderen Tätigkeiten wie Golfen oder Tennis spielen können solche Krämpfe auftreten.
Die Ursachen der Dystonie sind oft ungeklärt. Bei einer Beteiligung der Stimmbänder kann die Stimme gepresst oder heiser klingen. Die Symptome können sich so weit erstrecken, dass sie die Kommunikation für den Betroffenen unmöglich machen. In vielen Fällen kann den Betroffenen mit Botulinumtoxin geholfen werden.
Weitere Anwendungen von Botulinumtoxin
Botulinumtoxin kann auch zur Behandlung von übermäßigem Schwitzen eingesetzt werden, da die Schweißsekretion durch Acetylcholin aktiviert wird. Allerdings sprechen nicht alle Patienten gut auf eine solche Behandlung an. Injektions-Behandlungen können erschwert sein, und Patienten, die schmerzempfindlich sind, kommen für diese Therapie nicht in Betracht.
Es gibt auch Berichte über die Anwendung von Botulinumtoxin zur Behandlung von Kopfschmerzen und Migräneattacken, aber die Ergebnisse sind widersprüchlich. Es ist noch nicht geklärt, wo genau das Toxin injiziert werden sollte, um Migräneattacken und Spannungskopfschmerz zu lindern. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Injektion von Botulinumtoxin, ähnlich wie bei der Akupunktur, den Kopfschmerz bessern kann. Eine einzige Akupunktursitzung gilt jedoch als eher unwahrscheinlich.
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Migräne und Epilepsie: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Wissenschaftlich betrachtet sind Migräne und Epilepsie chronische Anfallsleiden mit episodischen Manifestationen. Obwohl sich die Inzidenzen beider Erkrankungen um den Faktor 20 unterscheiden, ist ihre Komorbidität auffallend hoch. Die komplexe Interaktion zwischen beiden Entitäten zeichnet sich durch unterschiedliches zeitliches Auftreten, Lateralisation und verschiedenartige genetische Hintergründe aus. Gemeinsames therapeutisches Ziel ist jedoch die Anfallsfreiheit durch geeignete pharmakologische und chirurgische Interventionen.
Die Prävalenz der Migräne beträgt etwa 12 Prozent, während Epilepsie nur in etwa 0,7 Prozent der Patienten vorkommt. Migräne ist demnach etwa 20-mal häufiger als Epilepsie. Der Krankheitsbeginn, die Aktivitätsmuster der Erkrankung und die Geschlechterverteilung bei Migräne und Epilepsie unterscheiden sich deutlich.
In einer Metaanalyse haben Gustavsson und Kollegen Kostenschätzungen des Jahres 2004 mit denen des Jahres 2010 für Europa verglichen. Betrachtet wurden nur die direkten Kosten, ohne Diagnosekosten, Krankheitstage und Ausfallskosten. Die Untersuchung bestätigt die um den Faktor 20 unterschiedliche Prävalenz: in Europa leiden schätzungsweise 2,6 Millionen Patienten an Epilepsie und etwa 50 Millionen unter Migräne. Hinsichtlich der Kosten zeigen sich jedoch erhebliche Unterschiede zwischen den Erkrankungen. Epilepsie erzeugt etwa um den Faktor 13 höhere Medikamentenkosten. Auch kommt es unter Epilepsie häufiger zu Krankenhausaufenthalten im Vergleich zu Migräne.
Im Rahmen einer Studie wurden 201 Epilepsiepatienten untersucht, von denen jeder dritte über einen periiktalen Kopfschmerz klagte. Unter dem Begriff periiktale Kopfschmerzen werden präiktale und postiktale Kopfschmerzen zusammengefasst. Präiktale Kopfschmerzen beginnen innerhalb von 24 Stunden vor dem Anfall, postiktale innerhalb von 24 Stunden nach dem Anfall. In der Regel treten diese Schmerzen zeitlich nahe dem epileptischen Anfall auf. Ein Fünftel der Patienten mit periiktalen Kopfschmerzen hatte einen präiktalen Kopfschmerz, vier Fünftel einen postiktalen. Sehr wenige Patienten hatten sowohl präiktale als auch postiktale Kopfschmerzen. Mehr als ein Viertel der periiktalen Kopfschmerzen waren migränösen Charakters, erfüllten also die Kriterien einer Migräneattacke. 62 % waren Spannungskopfschmerzartig, die restlichen Kopfschmerzformen waren nicht kategorisierbar. Die Schmerzen waren stark ausgeprägt und erreichten auf der visuellen Analogskala einen Wert von sechs, ± 2 cm. Die meisten Patienten behandelten den Kopfschmerz entweder gar nicht oder mittels rezeptfreier Analgetika, wie Aspirin oder Paracetamol. Patienten mit generalisierten, tonisch-klonischen Anfällen litten sehr häufig an periiktalen Kopfschmerzen.
In einer Studie der Montreal-Gruppe zur Lateralisierung von Kopfschmerzen wurden 100 Patienten mit fokaler Epilepsie im prächirurgischen Monitoring rekrutiert. Die Patienten wurden klassifiziert nach temporalen und extratemporalen Epilepsien. 50% der temporalen Patienten berichteten über periiktale Kopfschmerzen und bei 90 % dieser Patienten war die Seite des Kopfschmerzes mit dem Anfallsfokus identisch. Im Gegensatz dazu gab es bei den Patienten mit extratemporalen Epilepsien keinen Zusammenhang zwischen der Seite des Kopfschmerzes und dem Anfallsfokus. Die beiden Patientengruppen unterschieden sich diesbezüglich signifikant.
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Der iktale Kopfschmerz ist eher eine Rarität: In einer Studie aus Seoul an 831 Patienten wurden mittels Video-EEG sechs Patienten (also 0,7 Prozent) identifiziert, bei denen der Kopfschmerz maßgeblich oder wahrscheinlich die epileptische Aura darstellte. Es gibt Epilepsiesyndrome, die mit Kopfschmerzen als iktales Phänomen assoziiert sind. Diese kommen insbesondere im pädiatrischen Bereich vor und werden als Panayiotopoulos-Syndrom oder kindliches Epilepsiesyndrom bzw. benigne occipitale Epilepsie vom Typ Lennox-Gastaut bezeichnet. Beim kindlichen Epilepsiesyndrom sind Kopfschmerzen elementarer Teil der Anfallssymptomatik.
In der Literatur wird das zeitgleiche Auftreten von Migräne und Epilepsie mitunter als „Migralepsie“ bezeichnet. Der Begriff taucht immer wieder unter dem Stichwort „borderland of epilepsy“ auf. In der International Classification of Headache Disorders (IHS) ist die Migralepsie per se nicht klassifiziert, wohl aber der zerebrale Krampfanfall, der durch eine Migräneaura getriggert wurde. Die Diagnose ist erfüllt, wenn a) die Migräne, die Kriterien einer Migräne mit Aura erfüllt und b) sich ein zerebraler Krampfanfall, der die Kriterien eines Epilepsietyps erfüllt, während oder innerhalb von einer Stunde nach einer Migräneaura ereignet. Dazu kommentiert die IHS: „Migräne und Epilepsie sind Prototypen von paroxysmalen zerebralen Anfallsleiden. Während migräneähnliche Kopfschmerzen in der Postiktalphase relativ häufig sind, können manchmal auch zerebrale Krampfanfälle während oder im Anschluss an eine Migräne auftreten. Diese Definition wird kritisch diskutiert, da es sich auch um einen Zufallsbefund handeln kann.
Die Arbeitsgruppe von Josemir Sander aus London hat sich intensiv mit Komorbiditäten von Epilepsie beschäftigt und die möglichen Zusammenhänge in dem folgenden Konzept dargestellt (Abbildung 2). Die Forscher haben insgesamt fünf Komorbiditäts-Kategorien gebildet. Die erste Kategorie beschreibt Konstellationen, in denen eine Epilepsie und eine andere Erkrankung, ohne jeglichen Zusammenhang auftreten. Und trotzdem gibt es Artefakte, die auftreten können. Deswegen ist der Zusammenhang hier noch einmal hervorgehoben. Die zweite Kategorie beschreibt Komorbiditäten die direkt oder indirekt zu Epilepsie führen können. Beispielsweise hat jemand, der einen Schlaganfall erleidet, ein 10-prozen-tiges Risiko in den nächsten Jahren an Epilepsie zu erkranken. Beim indirekten Zusammenhang liegt eine Verkettung von unterschiedlichen Erkrankungen vor. Beispielsweise kann schwerer Nikotin-Abusus als psychiatrische Erkrankung begriffen werden. Infolge des Rauchens kann es dann zu einem Schlaganfall kommen. Oder es manifestiert sich ein Bronchialkarzinom mit Metastasen im Gehirn. In beiden Fällen steigt die Wahrscheinlichkeit für eine Epilepsie. Die zeitliche Abfolge kann auch umgekehrt sein (Kategorie 3). Die Epilepsie kann dazu führen, dass andere Erkrankungen auftreten, oft Anfalls-assoziiert. In der Praxis ereignen sich häufiger Frakturen bei Patienten mit Epilepsie als bei Menschen ohne Epilepsie, weil erstere häufiger stürzen. Möglicherweise begünstigen sogar die eingenommenen Antiepi-leptika die Sturzfolgen, weil sie den Knochenstoffwechsel negativ beeinflussen. Das geläufige Verständnis von Komorbidität ist, dass es gemeinsame Risikofaktoren gibt, die auf der einen Seite Epilepsie auslösen und zusätzlich eine andere Erkrankung hervorrufen, wie beispielsweise Kopfschmerzen oder Migräne. Es besteht also ein Zusammenhang hinsichtlich des Risikofaktors. Zwischen der Epilepsie und der Komorbidität gibt es hingegen keinen direkten Zusammenhang (Kategorie 4). Die Arbeitsgruppe beschreibt hierfür das folgende Beispiel: Perinatale Hypoxie. Die Kinder entwickeln eine Epilepsie und sie haben eine spastische Parese. Aber die Epilepsie ist nicht Auslöser der spastischen Parese oder umgekehrt. Es handelt sich vielmehr um eine gemeinsame erworbene perinatale Schädigung, welche zu beiden Erkrankungen führt. Schließlich gibt es noch den bidirektionalen Zusammenhang (Kategorie 5).
Die gleiche Arbeitsgruppe hat ebenfalls einen systematischen Review zum Thema Komorbidität zwischen Migräne und Epilepsie veröffentlicht. Die Metaanalyse geht der Frage nach, wie häufig Patienten mit Migräne an Epilepsie leiden und umgekehrt. Im Rahmen der systematischen Recherche wurden mehrere Tausend Studien identifiziert. Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass bei Patienten mit Epilepsie ein 1,52-faches Risiko besteht, eine Migräne zu entwickeln. Die umgekehrte Situation, also das Auftreten von Epilepsie bei Migränepatienten, tritt mit einem Faktor von 1,79 häufiger auf als bei Patienten ohne Migräne, d.h. Die Vergesellschaftung von Migräne mit Epilepsie bzw. von Epilepsie mit Migräne ist also zwischen 1,5- und 2-mal wahrscheinlicher als bei Patienten ohne die jeweilige Grunderkrankung.
Migräne betrifft Frauen zwei bis drei Mal häufiger als Männer. Jeder dritte Epilepsie-Patient hat einen schweren periiktalen Kopfschmerz, ein Viertel ist migräneartig. Eine niederländische Arbeitsgruppe hat mögliche Gen-Loci identifiziert, die an der Entstehung von Migräne beteiligt sein können. Dazu wurden Daten aus drei großen sogenannten Genome-Wide-Association-Studien und einer Meta-Analyse ausgewertet. [10] Die Forscher konnten 13 Suszepitbilitäts-Genvarianten identifizieren, die in Clustern auf fünf verschiedene pathophysiologische Pathways hindeuten. Insbesondere für die genetischen Hintergründe der epileptischen Enzephalopathien liegen belastbare Daten vor. 17 Prozent der epileptischen Enzephalopathien sind über genetischen Faktoren erklärbar. Von den genetisch-generalisierten Epilepsien sind hingegen nur fünf Prozent eindeutig gesichert. Für 95 % lassen sich bisher keine genetische Zusammenhänge bilden. Noch weniger bekannt ist über die genetischen Hintergründe von nicht läsionellen fokalen Epilepsien. Es gibt zwar seltene Fälle von autosomal-dominanter Frontallappenepilepsie, insgesamt sind jedoch nur zwei Prozent genetisch erklärbar. Auf der anderen Seite gibt es immer wieder einzelne Familien, bei denen ein konkreter Gen-Locus identifiziert wurde, der für die Entstehung seltener, familiärer occipitotemporaler Epilepsien und Migränen mit visueller Aura verantwortlich ist. Das sind Patienten, bei denen plötzlich, aus der Migräne-Aura ein epileptischer Anfall wird. Dieser Zusammenhang wurde eingangs bereits unter dem Stichwort „Migralepsie“ beschrieben.
Pathophysiologisch unterliegen sowohl Epilepsie als auch Migräne einer neuronalen Hyperexzitabilität. Die Migräne-Aura zeichnet sich durch die "spreading depolarisation" aus. In Abbildung 3 ist diese Depolarisation dargestellt: Das blaue Areal bezeichnet die Front der voranschreitenden Depolarisation, und der rosafarbene Bereich stellt die Zone mit verminderter neuronaler Depolarisation dar. Dieser Prozess, sowie das Auftreten der Aura, dauert üblicherweise 15 bis 20 Minuten an. Normalerweise beginnt der Prozess der neuronalen Depolarisation occipital und wandert mit einer Geschwindigkeit von drei Millimeter pro Minute nach vorne. Der Gyrus postcentralis wird nach etwa 10 bis 15 Minuten erreicht. Hinter dieser Front besteht eine Phase der verringerten neuronalen Depolarisation mit einem gleichzeitig verringerten Blutfluss. Dagegen ist der Blutfluss im Bereich der Aurafront erhöht. Diese Veränderungen lassen sich sowohl im Tiermodell als auch am Mensch durch funktionelle Bildgebung nachweisen.
Der Migräne-Kopfschmerz an sich stellt ein anderes Phänomen dar. Er ist mit einer Aktivierung des trigemino-vaskulären Systems assoziiert. Wahrscheinlich werden die Nozizeptoren der betroffenen Gefäße durch einen akuten inflammatorischen Prozess gereizt. Dieser Prozess zieht sich in das trigemino-zervikale Kerngebiet fort und steigt nach oben in den Thalamus. Ein wichtiger Transmitter in diesem Ablauf ist das Calcitonin gene-related peptide (CGRP).
Ziel der Behandlung chronischer Erkrankungen mit episodischen Manifestationen, wie Epilepsie oder Migräne, ist die Aufrechterhaltung eines möglichst normalen Lebensstils für die Patienten. Dazu gehört eine bestmögliche Symptomkontrolle. Im Idealfall hat der Patient unter der Therapie weder epileptische Anfälle noch Migräne-Attacken. Erst nachdem Patienten epilepsiechirurgisch evaluiert worden sind, sollten andere therapeutische Konzepte erwogen werden. Dazu gehören Neurostimulation, ketogene Diät und Bio-Feedback-Verfahren. Die beste Evidenz liegt diesbezüglich für die Neurostimulation vor. In der Praxis kommt immer wieder vor, dass Patienten einen Vagusnervstimulator erhalten, ohne vorher epilepsiechirurgisch evaluiert worden zu sein. Bei der Behandlung der Migräne steht die Pharmakotherapie im Vordergrund. Begleitend, nicht nachgeordnet, sollen Verhaltenstherapie und aerober Ausdauersport betrieben werden.
Zur Pharmakotherapie der Epilepsie sind in der Monotherapie zahlreiche Medikamente zugelassen. Tabelle 2 zeigt zusätzlich die zur Zusatztherapie zugelassenen Medikamente. Abbildung 4 zeigt die Responderraten, die verschiedene Antiepileptika im Rahmen der jeweiligen Zulassungsstudien demonstriert haben. Balken in orange zeigen die Responderrate der aktiven Substanz, in blau die unter Placebo. Im Durchschnitt zeigen die Substanzen eine Responderrate von 30 bis 35 Prozent bei schwer behandelbaren Epilepsiepatienten. Als Response wird gewertet, wenn mindestens 50 % weniger Anfälle unter dem Medikament im Vergleich zur Ausgangssituation beobachtet werden. Insgesamt hat also nur jeder dritte Patient unter Antiepileptika etwa 50 % weniger Anfälle. Abbildung 5 zeigt die anfallsfreien Patienten in Abhängigkeit von der Anzahl vorausgegangener, erfolgloser Therapien. Je mehr Medikamente bereits erfolglos eingesetzt wurden, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein weiteres Medikament hilft.
Synapsengifte: Störung der Erregungsübertragung
Synapsengifte sind Giftstoffe, die die Erregungsübertragung zwischen Nervenzellen stören. Sie können an unterschiedlichen Orten in der Synapse wirken und verschiedene Mechanismen beeinflussen.
Wirkungsweise von Synapsengiften
- Präsynaptische Membran: In der präsynaptischen Membran befinden sich Calciumionenkanäle. Das Gift der schwarzen Witwe (α-Latrotoxin) führt zum Beispiel dazu, dass übermäßig viele Calciumionen einströmen. Dadurch kommt es zur Entleerung aller vorhandenen Vesikel in den synaptischen Spalt, was zu Muskelkrämpfen führt. Botulinumtoxin (Botox) verhindert die Vesikelfusion und somit die Freisetzung von Neurotransmittern.
- Synaptischer Spalt: Im synaptischen Spalt gibt es Enzyme, die die Neurotransmitter abbauen, um deren Wirkungsdauer zu regulieren. Beispielsweise hemmt das Insektizid E 605 die Aktivität der Acetylcholinesterase, was zu einer verlängerten Wirkung von Acetylcholin führt.
- Postsynaptische Membran: In der postsynaptischen Membran befinden sich spezielle Rezeptoren, an die die Neurotransmitter binden können. Curare blockiert die Acetylcholinrezeptoren und verhindert, dass Acetylcholin binden kann. Das Gift des Schrecklichen Pfeilgiftfroschs (Batrachotoxin) bindet ebenfalls an die Acetylcholinrezeptoren, führt aber zu einer permanenten Aktivierung und somit zu Muskelkrämpfen.
Beispiele für Synapsengifte
- Botulinumtoxin: Verhindert die Freisetzung von Acetylcholin und führt zur Lähmung der Muskulatur.
- Curare: Blockiert die Acetylcholinrezeptoren und führt ebenfalls zur Lähmung.
- Batrachotoxin: Führt zu einer permanenten Aktivierung der Acetylcholinrezeptoren und somit zu Muskelkrämpfen.
Atemnot: Ursachen und Mechanismen
Atemnot (Dyspnoe) kann verschiedene Ursachen haben, die im Bereich der Atemwege, der Lunge oder des Herzens liegen können.
Ursachen im Bereich der Atemwege
- Fremdkörper oder Erbrochenes: Wenn ein Fremdkörper in die Luftröhre oder die Bronchien gerät, resultiert das in akuter Atemnot bis hin zu Erstickungsanfällen.
- Angio-Ödem (Quincke-Ödem): Eine plötzlich auftretende Schwellung der Haut und/oder Schleimhaut im Bereich von Mund und Rachen löst Atemnot bis hin zu Erstickungsanfällen aus.
- Pseudokrupp: Diese Atemwegsinfektion ist meist durch Viren ausgelöst und führt zu einer Schwellung der Schleimhaut in den oberen Atemwegen und am Kehlkopf-Ausgang.
- Diphtherie ("echter Krupp"): Diese bakterielle Atemwegsinfektion lässt ebenfalls die Schleimhaut der oberen Atemwege anschwellen.
- Kehldeckel-Entzündung: Die Epiglottitis ist eine bakterielle, lebensbedrohliche Entzündung des Kehldeckels.
- Lähmung der Stimmbänder: Eine beidseitige Stimmband-Lähmung ist eine weitere mögliche Ursache von Dyspnoe.
- Stimmritzen-Krampf (Glottiskrampf): Dabei verkrampft sich plötzlich die Kehlkopf-Muskulatur und verengt so die Stimmritze.
- Asthma bronchiale: Diese chronische Atemwegserkrankung ist sehr oft der Grund für anfallsartig auftretende Atemnot.
- Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD): Auch COPD ist eine weit verbreitete chronische Atemwegserkrankung, die mit einer Verengung der Atemwege der Lunge einhergeht.
Ursachen im Bereich der Lunge
- Lungen-Emphysem: Bei einem Lungenemphysem sind die Lungenbläschen (Alveolen) teilweise überdehnt und zerstört.
- Lungenentzündung (Pneumonie): Sie bringt in vielen Fällen neben Symptomen wie Fieber und Abgeschlagenheit auch Dyspnoe mit sich.
- Covid-19: Viele Covid-Erkrankte klagen auch nach milden Krankheitsverläufen über Atembeschwerden.
- Atelektase: Als Atelektase bezeichnen Mediziner einen kollabierten ("zusammengefallenen") Lungenabschnitt.
- Lungen-Embolie: Bei einer Lungen-Embolie wird ein Blutgefäß der Lunge in der Regel durch ein Blutgerinnsel verstopft.
- Lungen-Fibrose: Von Lungenfibrose spricht man, wenn sich das Bindegewebe in der Lunge krankhaft vermehrt und dann verhärtet und vernarbt.
- Pleura-Erguss: Die Pleura (Brustfell) ist eine zweiblättrige Haut im Brustkorb. Wenn sich Flüssigkeit im Pleuraspalt ansammelt, spricht man von Pleuraerguss.
- Pneumo-Thorax: Bei einem Pneumo-Thorax ist Luft in den spaltförmigen Raum zwischen Lungen- und Rippenfell (Pleura-Spalt) eingedrungen.
- Mukoviszidose (zystische Fibrose): Diese erbliche Stoffwechsel-Erkrankung geht mit der Bildung extrem zähflüssiger Drüsensekrete einher.
- Lungenhochdruck: Bei einer pulmonalen Hypertonie ist der Blutdruck in der Lunge dauerhaft erhöht.
- "Wasser in der Lunge" (Lungenödem): Darunter versteht man eine Flüssigkeitsansammlung in der Lunge.
- Tumoren: Wenn gut- oder bösartige Gewebe-Wucherungen die Atemwege einengen oder blockieren, stellt sich ebenfalls eine Dyspnoe ein.
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