Einführung
Neurone sind die grundlegenden Informationsträger im Nervensystem. Sie leiten Informationen in Form von Aktionspotenzialen weiter. Die Übertragung dieser Aktionspotenziale von einer Zelle zur nächsten erfolgt an spezialisierten Kontaktstellen, den Synapsen. Eine besondere Form der Synapse ist die neuromuskuläre Endplatte, die die Verbindung zwischen einem α-Motoneuron und einer Skelettmuskelfaser darstellt. Dieser Artikel beleuchtet die Transmitterfunktion an der neuromuskulären Synapse und die zugrunde liegenden Mechanismen.
Ein Neuron im Zentralnervensystem (ZNS) kann mehrere tausend synaptische Verbindungen eingehen und Signale austauschen. Erregende Synapsen rufen an der Postsynapse eine Depolarisation hervor, während hemmende Synapsen eine Hyperpolarisation verursachen. Die Impulse werden am Axonhügel des postsynaptischen Neurons verrechnet und weitergeleitet, was als räumliche und zeitliche Summation bezeichnet wird.
Arten von Synapsen
Grundsätzlich lassen sich zwei Haupttypen von Synapsen unterscheiden: elektrische und chemische Synapsen.
Elektrische Synapsen
Elektrische Synapsen kommen im Herzmuskel, im Uterus und selten in Nervenzellen vor. Sie werden durch Gap Junctions gebildet, die einen direkten Austausch von Ionen zwischen den Zellen ermöglichen. Dies führt zu einer sehr schnellen Erregungsübertragung.
Chemische Synapsen
Chemische Synapsen bestehen aus der synaptischen Endigung eines Axons einer Nervenzelle und dem Dendriten einer benachbarten Nervenzelle. Die Dendriten sind stark verzweigt und bilden dendritische Bäume mit dendritischen Fortsätzen, an denen die synaptischen Endigungen der ankommenden Axone andocken. Die Zellen sind durch einen schmalen synaptischen Spalt voneinander getrennt. Die präsynaptische Endigung ist mit Membranvesikeln gefüllt, die Neurotransmitter enthalten. Auf der postsynaptischen Membran sitzen zahlreiche Rezeptoren, die diese Neurotransmitter binden können.
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Die neuromuskuläre Endplatte
Die neuromuskuläre Endplatte ist eine spezielle chemische Synapse zwischen einer motorischen Nervenzelle und einer Muskelzelle. Genauer gesagt, handelt es sich um die Synapse zwischen dem α-Motoneuron und einer Skelettmuskelfaser. An der motorischen Endplatte wirkt der Neurotransmitter Acetylcholin.
Aufbau der motorischen Endplatte
Die motorische Endplatte stellt die Synapse zwischen der Nervenzelle (Neuron) und einer Muskelzelle dar. Es handelt sich dabei immer um die Muskelzellen eines Skelettmuskels. An glatten Muskelzellen findet keine Erregungsübertragung über eine motorische Endplatte statt. Efferente Nerven, die für die Kontraktion der Skelettmuskulatur verantwortlich sind, werden auch als alpha-Motoneurone bezeichnet. Die motorische Endplatte stellt eine wichtige Synapse in der Neurobiologie dar. Durch diese Erregungsübertragung kann die Muskelfaser erregt werden und der Muskel zieht sich zusammen (kontrahiert).
Die zelluläre Grundeinheit eines Muskels ist die Muskelfaser, auch Muskelzelle oder Myozyt genannt. Die Präsynapse ist der Anteil der Synapse, welcher durch das an der motorischen Endplatte beteiligte Neuron gebildet wird. Am präsynaptischen Axon läuft ein elektrisches Signal bis zum Endknöpfchen. Der präsynaptische Neurotransmitter, der durch ein Signal in den synaptischen Spalt abgegeben wird, ist immer der Transmitter Acetylcholin (ACh). Die Neurotransmitter sind in Vesikeln gespeichert, die durch das eintreffende Aktionspotential in Richtung des synaptischen Spalts laufen. Durch die sich öffnenden Vesikel wird der Neurotransmitter frei und gelangt in die Synapse. Die Membran des Endknöpfchens ist mehrmals eingefaltet, sodass durch diese Oberflächenvergrößerung mehr Vesikel andocken und mehr Neurotransmitter in kurzer Zeit in den synaptischen Spalt abgegeben werden können.
Die Postsynapse ist der zur Muskelzelle gehörige Anteil der motorischen Endplatte, genauer gesagt ein Anteil an deren Membran, dem Sarkolemm. Jedes Endknöpfchen der Nervenzelle kann ein Signal an jeweils eine Membran gleichzeitig abgeben. Auch diese ist aufgefaltet und in ihrer Membran befinden sich viele Rezeptoren für das präsynaptische ACh.
Funktion der motorischen Endplatte
Die Hauptfunktion der motorischen Endplatte ist die Erregungsübertragung von Nervenzellen auf Muskelzellen, um eine Muskelkontraktion auszulösen.
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Wenn ein Aktionspotential die präsynaptische Endigung erreicht, öffnen sich Ca2+-Kanäle, und Ca2+-Ionen strömen in die Zelle. Die Ca2+-Ionen binden an Synaptotagmin und lösen die Fusion der Vesikel mit der präsynaptischen Membran aus. Die Transmitter werden durch Exozytose in den synaptischen Spalt freigesetzt.
Acetylcholin (ACh) ist der Neurotransmitter der Wahl an der neuromuskulären Endplatte. Es wird in den Vesikeln im Soma oder der präsynaptischen Endigung gespeichert. Die Vesikel lagern sich an bestimmten Freisetzungsstellen (aktive Zonen) an der Innenseite der präsynaptischen Membran an. Mithilfe des SNARE-Komplexes (Synaptotagmin, Synaptobrevin, Syntaxin und SNAP-25) werden die Vesikel mit der Zellmembran fusioniert, und die Neurotransmitter können in den synaptischen Spalt entleert werden.
Wenn ACh an die Membran der Postsynapse andockt, öffnen sich ligandengesteuerte Natriumkanäle, und die Postsynapse wird depolarisiert. Dies löst in der Muskelzelle ein sogenanntes Endplattenpotential (EPP) aus. Dabei wird die Postsynapse depolarisiert, ihr Membranpotential wird positiver. Dies löst ab einem Wert von ungefähr 50mV ein Aktionspotential im Muskel aus. Das Potential breitet sich dann über den Muskel aus, wobei sich zur Erregungsweiterleitung weitere Natriumkanäle öffnen. Diese Ausbreitung wird auch als elektromechanische Kopplung bezeichnet, da hierbei ein elektrisches Signal in eine mechanische Aktion umgewandelt wird.
Ein alpha-Motoneuron innerviert eine bestimmte Anzahl an Muskelzellen und Muskelfasern. Diese Gesamtheit der Muskelzellen, die von einem Nerv innerviert werden, wird als die motorische Einheit dieses Neurons bezeichnet.
Das Muskelaktionspotential, welches somit ausgelöst wird, hält bis zu 10 Millisekunden an und ist damit positiver als ein normales Aktionspotential zwischen zwei Nervenzellen. Es bewirkt eine Kontraktion der Muskelfaser, womit die neuromuskuläre Kopplung des Muskels und der motorischen Endplatte abgeschlossen ist.
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Vergleich: Synapse vs. motorische Endplatte
| Merkmal | Motorische Endplatte | Interneuronale Synapse |
|---|---|---|
| Erregungsübertragung | Elektrisch, dann chemisch | Elektrisch, dann chemisch; in seltenen Fällen nur elektrisch |
| Neurotransmitter | Acetylcholin (erregend) | Viele unterschiedliche (hemmend und erregend) |
| Aktionspotential | Stark positiv | Positiv |
| Beteiligte Zellen | Alpha-Motoneuron und Muskelzelle | Zwei Neurone |
Beendigung der Signalübertragung
Die Signalübertragung in einer Synapse endet aufgrund von verschiedenen Mechanismen:
- Repolarisation der präsynaptischen Membran: Die Exozytose der Transmitter nimmt ab, wenn sich die spannungsabhängigen Ca2+-Kanäle während der Repolarisation nach dem Aktionspotenzial wieder schließen. Die eingeströmten Ca2+ -Ionen werden durch Na+/Ca2+ -Austauscher oder Ca2+-ATPasen wieder zurück in den Extrazellulärraum gepumpt.
- Inaktivierung und Abbau: Einige Transmitter wie Acetylcholin werden durch Enzyme wie die Acetylcholinesterase schnell inaktiviert und abgebaut. Das Cholin wird wiederverwendet.
- Wiederaufnahme in die präsynaptische Endigung: Andere Transmitter wie Noradrenalin werden als ganze Moleküle wieder in die präsynaptische Endigung aufgenommen.
- Autoinhibition: Der ausgeschüttete Transmitter bindet an Rezeptoren auf der präsynaptischen Membran und hemmt so seine weitere Freisetzung. Noradrenalin zum Beispiel hemmt seine Ausschüttung durch Bindung an α2-Rezeptoren an der präsynaptischen Membran.
Im synaptischen Spalt lässt sich außerdem die ACh-Esterase auffinden. Dies ist ein Enzym, welches den präsynaptischen Neurotransmitter spaltet, nachdem er an der Postsynapse angedockt ist. Die gespaltenen Teile werden vom synaptischen Spalt aus zurück in die Präsynapse befördert, wo sie einem Recycling unterzogen werden. Nach dem Recycling befinden sich die Stoffe wieder in den präsynaptischen Vesikeln.
Rezeptoren an der postsynaptischen Membran
Es gibt zwei Arten von Rezeptoren: ionotrope und metabotrope Rezeptoren.
Ionotrope Rezeptoren
Ionotrope Rezeptoren sind ligandengesteuerte Ionenkanäle, die bei Bindung des Neurotransmitters (=Ligand) durchlässig werden und Ionen passieren lassen. Dies führt zu einer Änderung des Membranpotenzials (abhängig von den Kanälen ist die Änderung exzitatorisch (= erregend) oder inhibitorisch (= hemmend)). Die Öffnungsgeschwindigkeit dieser Kanäle ist hoch und ermöglicht eine schnelle synaptische Übertragung.
Metabotrope Rezeptoren
Metabotrope Rezeptoren wirken über Second-Messenger-Systeme. Die Bindung des Neurotransmitters aktiviert ein G-Protein, das entweder Ionenkanäle öffnet oder dies indirekt über cAMP oder IP3 bewirkt. Diese Rezeptoren sind langsamer, da sie erst eine Signalkaskade in Gang setzen müssen. Jedoch kann durch die Kaskade eine deutliche Verstärkung erreicht werden.
Erregende und hemmende postsynaptische Potentiale
Das postsynaptische Potential kann erregend oder hemmend sein.
EPSP (Erregendes Postsynaptisches Potenzial)
EPSP steht für exzitatorisches postsynaptisches Potenzial. Es handelt sich um ein erregendes Signal, das bei der Depolarisation der postsynaptischen Membran einer Nervenzelle entsteht. Das erregende Signal wird in der Nervenzelle verarbeitet, die es empfangen hat, und erleichtert die Bildung eines Aktionspotenzials. Der wichtigste Transmitter erregender Synapsen im ZNS ist Glutamat, der an ligandengesteuerte Ionenkanäle bindet. Ein exzitatorisches postsynaptisches Potenzial (EPSP) wird erzeugt, wenn Glutamat an AMPA- oder Kainat-Rezeptoren bindet, wodurch Na+-Ionen eintreten. Der NMDA-Rezeptor ist auch für Ca2+-Ionen durchlässig, was eine langfristige synaptische Plastizität ermöglicht.
IPSP (Inhibitorisches Postsynaptisches Potenzial)
IPSP steht für inhibitorisches postsynaptisches Potenzial. Es handelt sich um ein hemmendes Signal, das bei der Hyperpolarisation der postsynaptischen Membran einer Nervenzelle entsteht. Das hemmende Signal wird in der Nervenzelle verarbeitet, die es empfangen hat, und erschwert die Bildung eines Aktionspotenzials. Die Transmitter hemmender Synapsen sind Glycin und GABA (γ-Aminobuttersäure). Der wichtigste hemmende Transmitter im Gehirn ist GABA, der an ligandengesteuerte Ionenkanäle bindet und Cl- in die Zelle einströmen lässt. Cl- strömt in die postynaptische Zelle/das postsynaptische Neuron ein und führt aufgrund seiner negativen Ladung zu einer Hyperpolarisation. Die Wahrscheinlichkeit für eine Erregung des Neurons nimmt ab.
Neurotransmitter und Ionenkanäle
Der wichtigste Transmitter erregender Synapsen im ZNS ist Glutamat, der an ligandengesteuerte Ionenkanäle bindet. Ein exzitatorisches postsynaptisches Potenzial (EPSP) wird erzeugt, wenn Glutamat an AMPA- oder Kainat-Rezeptoren bindet, wodurch Na+-Ionen eintreten. Der NMDA-Rezeptor ist auch für Ca2+-Ionen durchlässig, was eine langfristige synaptische Plastizität ermöglicht. Der wichtigste hemmende Transmitter im Gehirn ist GABA, der an ligandengesteuerte Ionenkanäle bindet und Cl- in die Zelle einströmen lässt.
Synaptische Plastizität
Synaptische Plastizität bezeichnet die Fähigkeit der synaptischen Verbindungen im Gehirn, ihre Stärke und Effizienz anzupassen. Diese ist grundlegend für das Lernen, die Gedächtnisbildung und die Anpassungsfähigkeit des Nervensystems. Kurzzeitpotenzierung ist eine kurzfristige Verstärkung der Transmitterfreisetzung bei hohen Aktionspotenzialfrequenzen.
Beeinflussung der motorischen Endplatte
Normalerweise ist in den präsynaptischen Vesikeln der Synapse ACh als Botenstoff der Erregungsübertragung enthalten. Der Stoff Nikotin kann auch an die synaptischen Kanäle an der motorischen Endplatte andocken. Nikotin ist beispielsweise in Tabakrauch enthalten und kann so vom Körper aufgenommen werden. Damit kann das ACh aus den präsynaptischen Vesikeln nicht mehr anbinden, Nikotin hemmt die Rezeptoren der Membran und verlangsamt so die Erregungsübertragung an der Membran auf die Muskelfaser, beziehungsweise Muskelzelle. Nikotin bleibt, im Gegensatz zu ACh, länger im synaptischen Spalt, da ACh schnell von synaptischen Spaltenzymen gespalten wird. Dadurch, dass Nikotin länger im synaptischen Spalt verweilt und die Muskelzelle länger erregt wird, dauert die Repolarisation der Postsynapse länger.
Auch Botulinumtoxin ("Botox") und andere Stoffe können in die Erregungsübertragung an der Muskelzelle an der Synapse eingreifen. Derartige Substanzen beeinflussen die Ausschüttung der ACh-gefüllten Vesikel oder die Vorgänge an der Postsynapse. Die Muskelfaser reagiert darauf entweder mit einer Entspannung (Relaxation) oder einer Anspannung (Kontraktion). Im Falle von Botulinumtoxin wird die Ausschüttung von ACh unterbunden, was zu einer Hemmung der Erregungsweiterleitung und damit zur Relaxation führt.
Krankheiten der neuromuskulären Endplatte
Das Verständnis der Grundlagen der Neurobiologie ist die Basis für mögliche Therapieansätze bei Erkrankungen.
Myasthenia gravis
Myasthenia gravis ist eine Störung an der neuromuskulären Endplatte, bei der der ACh-Rezeptor an der Membran der Postsynapse durch Autoantikörper besetzt wird. Autoantikörper sind Antikörper, die sich gegen den eigenen Körper und dessen Strukturen richten. Durch die Besetzung der Membran mit Autoantikörpern kann das Aktionspotential an der Muskelfaser schlechter ausgelöst werden. Merkmale für die Erkrankung sind in der Folge eine Belastungsschwäche der Muskeln, wobei oftmals die Muskulatur der Mimik früh betroffen ist.
Weitere Erkrankungen
Weitere Erkrankungen, die mit der Funktion von Neurotransmittern in Verbindung stehen, sind:
- Parkinson-Krankheit: neurodegenerative Erkrankung, bei der die Produktion von Dopamin durch Zerstörung der produzierenden Zellen in der Substantia nigra vermindert ist.
- Tetanustoxin: Verhinderung der Freisetzung des hemmenden Neurotransmitters GABA, was zu Muskelphysiologie der Skelettmuskulatur führt, die sich durch Krämpfe zeigt.
- Botulismus: Botulinumtoxin verhindert die Freisetzung von Acetylcholin, einem stimulierenden Neurotransmitter.
- Autismus-Spektrum-Störung: neurologische Entwicklungsstörung, die durch reduzierte soziale Fähigkeiten, eingeschränkte Interessen und soziale Interaktionen sowie sich wiederholende und stereotype Verhaltensweisen gekennzeichnet ist.
- Chorea Huntington: progressive neurodegenerative Erkrankung mit autosomal-dominanter Vererbung.
- Schizophrenie: schwere chronische psychische Störung.
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