Salziger Geschmack im Mund: Ursachen und neurologische Zusammenhänge

Ein salziger Geschmack im Mund kann ein irritierendes und beunruhigendes Symptom sein. Er kann verschiedene Ursachen haben, von harmlosen Auslösern bis hin zu komplexeren neurologischen Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen für einen salzigen Geschmack im Mund, insbesondere im Hinblick auf neurologische Aspekte, und gibt einen Überblick über Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Dysgeusie?

Dysgeusie ist eine Störung der Geschmackswahrnehmung. Sie ist selten, wobei qualitative Dysgeusien (veränderte Geschmackswahrnehmung) am häufigsten vorkommen.

Formen der Dysgeusie

  • Qualitative Dysgeusien:
    • Parageusie: veränderte Geschmackswahrnehmung
    • Phantogeusie: halluzinatorische Geschmackswahrnehmung
  • Quantitative Dysgeusien:
    • Hypogeusie: verminderter Geschmacksinn
    • Hypergeusie: überempfindlicher Geschmacksinn
    • Ageusie: aufgehobener Geschmacksinn

Ursachen für einen salzigen Geschmack im Mund

Ein salziger Geschmack im Mund, auch bekannt als Dysgeusie, kann vielfältige Ursachen haben. Diese lassen sich grob in drei Kategorien einteilen: epitheliale, nervale und zentrale Ursachen.

Epitheliale Ursachen

Diese Ursachen sind auf eine Schädigung der Geschmacksknospen zurückzuführen, die sich auf der Zunge und im Mundraum befinden.

  • Infektionen der Atemwege: Chronische Nasennebenhöhlenentzündungen (Sinusitis) oder Infektionen mit Sars-CoV-2 (COVID-19) können die Schmeckrezeptoren im Mund schädigen. Selbst ein heftiger Schnupfen kann den Geschmackssinn beeinträchtigen, da die entzündungsbedingte Schwellung der Nasenschleimhaut den Geruchssinn beeinträchtigt.
  • Mundschleimhautentzündungen: Entzündungen im Mundraum können die Geschmacksknospen direkt schädigen.
  • Rauchen: Zellgifte wie Nikotin können die Geschmacksknospen schädigen und so eine Dysgeusie hervorrufen.
  • Mangelnde Mundhygiene: Eine unzureichende Mundhygiene kann zu Entzündungen und Infektionen im Mundraum führen, die den Geschmackssinn beeinträchtigen können.
  • Anwendung von Mundwasser: Übermäßiger Gebrauch von Mundwasser kann die Mundschleimhaut reizen und den Geschmackssinn stören.

Nervale Ursachen

Hierbei liegt die Ursache in einer Schädigung der Hirnnerven, die für die Geschmackswahrnehmung zuständig sind.

Lesen Sie auch: Ursachen und Therapie von Geschmacksverlust nach Schlaganfall

  • Gürtelrose im Gesicht (Herpes Zoster): Eine Infektion mit Herpes-Zoster-Viren kann die Nervenfasern des Gesichtsnervs schädigen, die durch das Mittelohr verlaufen.
  • Operationen im Kopfbereich: Bei Operationen im Kopfbereich können versehentlich Nerven verletzt werden, die für die Geschmackswahrnehmung wichtig sind.
  • Schädel-Hirn-Trauma: Ein Schädel-Hirn-Trauma kann den Gesichtsnerv (Fazialis-Nerv) verletzen, was ebenfalls die Geschmackswahrnehmung stören kann.

Zentrale Ursachen

Diese Ursachen liegen im Gehirn selbst, wo die Geschmacksinformationen verarbeitet werden.

  • Schädel-Hirn-Trauma: Ein Schädel-Hirn-Trauma kann jene Bereiche des Gehirns schädigen, die für das Verarbeiten von Schmeckreizen wichtig sind, wie beispielsweise den Thalamus und den Hirnstamm.
  • Hirntumoren: Tumoren im Gehirn können die Geschmackszentren beeinträchtigen.
  • Multiple Sklerose: Diese neurologische Erkrankung kann die Nervenbahnen im Gehirn schädigen, die für die Geschmackswahrnehmung zuständig sind.
  • Epilepsie: Epileptische Anfälle können die Hirnaktivität stören und zu Geschmacksstörungen führen.
  • Psychiatrische Erkrankungen: In seltenen Fällen können psychiatrische Erkrankungen wie Depressionen zu Geschmacksstörungen führen.

Weitere mögliche Ursachen

  • Burning-Mouth-Syndrom (BMS): Diese Erkrankung geht mit brennenden Missempfindungen der Mundschleimhaut und einem anhaltend bitteren oder metallenen Geschmack im Mund einher.
  • Medikamente: Zahlreiche Medikamente können als Nebenwirkung eine Dysgeusie auslösen. Beispiele hierfür sind trizyklische Antidepressiva, Neuroleptika, Antibiotika, Schlafmittel, Diuretika, Antikonvulsiva, Gichtmedikamente, Statine, Blutdrucksenker und Zytostatika.
  • Hormonelle Veränderungen: Ein veränderter Geschmack im Mund ist bei schwangeren Frauen keine Seltenheit und wird auf hormonelle Veränderungen zurückgeführt.
  • Erkrankungen der Schilddrüse, Leber und Niere: Funktionsstörungen dieser Organe können ebenfalls eine Dysgeusie verursachen.
  • Diabetes mellitus: Gelegentlich berichten Menschen mit Diabetes mellitus über einen beeinträchtigten Geschmacksinn.
  • Cushing-Syndrom: Ein Überschuss des Stresshormons Cortisol kann die Empfindlichkeit für Geschmäcker verringern.
  • Autoimmunerkrankungen: Bestimmte Autoimmunerkrankungen wie das Sjögren-Syndrom können die Geschmacksknospen schädigen.
  • Jodüberladung: Ein Überschuss an Jod kann zu einem metallischen Geschmack im Mund führen.
  • Mangelerscheinungen: Ein Mangel an Vitaminen, Eisen oder Zink kann den Geschmackssinn beeinträchtigen.
  • Ess-Brech-Sucht (Bulimie): Häufiges Erbrechen kann die Mundschleimhaut schädigen und zu Geschmacksstörungen führen.
  • Alter: Bei älteren Menschen lässt die Geschmacksempfindung natürlicherweise nach.

Neurologische Aspekte

Die neurologischen Ursachen für einen salzigen Geschmack im Mund sind vielfältig und komplex. Sie können auf Schädigungen oder Funktionsstörungen in verschiedenen Bereichen des Nervensystems zurückzuführen sein, die an der Verarbeitung von Geschmacksinformationen beteiligt sind.

Beteiligte Hirnnerven

Drei Hirnnerven sind für die Übertragung von Geschmacksinformationen vom Mund zum Gehirn verantwortlich:

  • Nervus facialis (VII): Versorgt die vorderen zwei Drittel der Zunge.
  • Nervus glossopharyngeus (IX): Versorgt das hintere Drittel der Zunge.
  • Nervus vagus (X): Versorgt den Rachen und den Kehlkopf.

Schädigungen dieser Nerven, beispielsweise durch Verletzungen, Entzündungen oder Tumoren, können zu Geschmacksstörungen führen.

Zentrale Verarbeitung im Gehirn

Die von den Hirnnerven übertragenen Geschmacksinformationen werden in verschiedenen Bereichen des Gehirns verarbeitet, darunter:

Lesen Sie auch: Zunge und Geschmack im Detail

  • Hirnstamm: Hier befindet sich der Nucleus solitarius, der die Geschmacksfasern der Hirnnerven empfängt.
  • Thalamus: Der Thalamus dient alsRelaisstation für sensorische Informationen und leitet die Geschmacksinformationen an den Kortex weiter.
  • Inselrinde (Insula): Dieser Bereich des Kortex ist maßgeblich an der bewussten Wahrnehmung von Geschmack beteiligt.
  • Frontaler Kortex: Der frontale Kortex spielt eine Rolle bei der Bewertung von Geschmack und der Steuerung des Essverhaltens.

Schädigungen dieser Bereiche, beispielsweise durch Schlaganfälle, Tumoren oder neurodegenerative Erkrankungen, können zu komplexen Geschmacksstörungen führen.

Diagnose

Die Diagnose einer Dysgeusie ist komplex und umfasst mehrere Schritte.

Anamnese

Zunächst wird der Arzt ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten führen, um die Krankengeschichte zu erheben. Mögliche Fragen sind:

  • Seit wann besteht die Schmeckstörung?
  • Wie genau äußert sie sich (z.B. als abgeschwächter Geschmackssinn oder als anhaltend metallischer Geschmack im Mund)?
  • Hat sie sich im zeitlichen Verlauf verändert?
  • Fällt Ihnen ein möglicher Auslöser der Dysgeusie ein?
  • Haben Sie noch andere Beschwerden (z.B. Zungenbrennen, Riechstörung)?
  • Hatten Sie vor kurzem eine Infektion der oberen Atemwege?
  • Sind bei Ihnen irgendwelche Vor- oder Grunderkrankungen bekannt (z.B. chronische Sinusitis, Hepatitis, Diabetes, Nierenerkrankungen, psychiatrische oder neurodegenerative Erkrankungen wie Multiple Sklerose)?
  • Hatten Sie vor kurzem eine zahnärztliche Behandlung, einen chirurgischen Eingriff im Mundbereich oder eine andere Operation?
  • Hatten Sie in der Vergangenheit eine Kopfverletzung?
  • Nehmen Sie irgendwelche Medikamente ein? Wenn ja, welche?
  • Rauchen Sie?

HNO-Status

Der Arzt wird den Mund-Nasen-Rachenraum untersuchen, um mögliche Ursachen wie Entzündungen oder Verletzungen zu erkennen.

Neurologische Untersuchung

Bei Verdacht auf eine neurologische Ursache wird der Arzt eine neurologische Untersuchung durchführen, um die Funktion der Hirnnerven und anderer neurologischer Strukturen zu überprüfen.

Lesen Sie auch: Parkinson-Symptome erkennen

Schmecktests (Gustometrie)

Verschiedene Tests können eingesetzt werden, um die Geschmackswahrnehmung zu überprüfen:

  • Drei-Tropfen-Methode: Dem Patienten werden zwei geschmacklose Tropfen und ein Tropfen mit Geschmack auf die Zunge geträufelt. Er muss den Tropfen mit Geschmack erkennen und seine Qualität benennen (süß, sauer, salzig, bitter).
  • Schmeckstreifen: Es werden feste Schmeckstreifen verwendet, um die verschiedenen Geschmacksrichtungen zu testen.
  • Elektrogustometrie: Ein sehr geringer Strom wird an der Zungenoberfläche angelegt, um die Geschmacksknospen zu reizen.

Weitere Untersuchungen

Je nach Verdacht können weitere Untersuchungen durchgeführt werden, wie beispielsweise:

  • Blutuntersuchungen: Zum Ausschluss von Mangelerscheinungen, Infektionen oder anderen Erkrankungen.
  • Bildgebende Verfahren (CT, MRT): Zur Darstellung von Gehirnstrukturen und zum Ausschluss von Tumoren oder anderen neurologischen Ursachen.
  • Messung der Speichelproduktion: Bei Verdacht auf Mundtrockenheit.
  • Zahnärztliche Untersuchung: Zum Ausschluss von Zahnerkrankungen als Ursache.

Behandlung

Die Behandlung einer Dysgeusie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.

Ursächliche Behandlung

  • Medikamentenbedingte Dysgeusie: Absetzen des betreffenden Medikaments oder Umstellung auf ein anderes Präparat.
  • Zinkmangel: Gabe von Zinkpräparaten.
  • Systemerkrankungen: Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Multiple Sklerose, Diabetes).
  • Ernährungsbedingte Dysgeusie: Ernährungsberatung.

Unterstützende Maßnahmen

  • Sialagoga: Mittel zur Anregung des Speichelflusses bei Mundtrockenheit.
  • Nachwürzen der Speisen: Bei Hypogeusie, um den abgeschwächten Geschmackssinn zu stimulieren.
  • Verzicht auf Nikotin und andere Substanzen: Die den Geschmackssinn beeinträchtigen.
  • Lokale Betäubungsmittel (Lidocain): Bei qualitativen Schmeckstörungen (z.B. metallischer Geschmack im Mund).
  • Ernährungsberatung: Bei Gewichtsverlust infolge der Schmeckstörung.

Weitere Therapieansätze

  • Kortikoide: In einigen Fällen kann ein Therapieversuch mit Kortikoiden unternommen werden.
  • Theophyllin: Auch Theophyllin kann in bestimmten Fällen zur Behandlung von Riechstörungen eingesetzt werden.

Geduld ist gefragt

Die Behandlung einer Dysgeusie erfordert viel Geduld, da das Schmecksystem Zeit braucht, um sich zu erholen. Regelmäßige Arztbesuche und Schmecktests sind sinnvoll, um den Verlauf der Schmeckstörung zu kontrollieren.

Was kann man selbst tun?

  • Gute Mundhygiene: Regelmäßiges Zähneputzen und die Verwendung von Zahnseide helfen, Infektionen vorzubeugen.
  • Ausgewogene Ernährung: Eine gesunde Ernährung mit ausreichend Vitaminen und Mineralstoffen ist wichtig für den Geschmackssinn.
  • Vermeidung von Reizstoffen: Rauchen und Alkohol können den Geschmackssinn beeinträchtigen.
  • Anregung des Speichelflusses: Kaugummikauen oder das Lutschen von Bonbons können bei Mundtrockenheit helfen.
  • Kreatives Kochen: Experimentieren mit verschiedenen Gewürzen und Aromen kann helfen, den Appetit anzuregen.
  • Psychologische Unterstützung: Bei psychischer Belastung durch die Geschmacksstörung kann eine psychologische Beratung hilfreich sein.

tags: #salziger #geschmack #im #mund #ursachen #neurologie