Riechstörungen werden oft als Domäne der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde betrachtet, doch sie berühren auch die Bereiche Psychologie, Psychotherapie, Neurologie und Psychiatrie. Der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns kann ein frühes Anzeichen für neurologische Erkrankungen wie das idiopathische Parkinson-Syndrom und die Alzheimer-Krankheit sein. Es ist daher wichtig, diese Symptome ernst zu nehmen undDifferentialdiagnostisch abzuklären.
Die Bedeutung von Geruchs- und Geschmackssinn
Geruchs- und Geschmackssinn spielen eine wesentliche Rolle in unserem Leben. Dies wird oft erst bewusst, wenn sie beeinträchtigt sind, beispielsweise bei einer Erkältung. Eine längerfristige oder dauerhafte Beeinträchtigung kann jedoch auf schwerwiegendere Ursachen hindeuten.
Ursachen von Riechstörungen
Riechstörungen können verschiedene Ursachen haben:
- Sinunasale Riechstörungen: Hierbei wird der Luftweg zur Riechschleimhaut behindert, etwa durch Entzündungen, Nasenpolypen, Verkrümmungen der Nasenscheidewand oder Schleimhautschwellungen.
- Nichtsinunasale Riechstörungen: Diese entstehen durch Schädigungen des Riechapparats, beispielsweise durch Schädelverletzungen, Gift- und Schadstoffe, Virusinfektionen (wie COVID-19), neurodegenerative Erkrankungen (wie Alzheimer-Demenz, Morbus Parkinson, Multiple Sklerose), Diabetes mellitus Typ 2, Schilddrüsenunterfunktion, Epilepsie, höheres Lebensalter, Medikamente oder genetische Faktoren.
Während sinunasale Riechstörungen oft behandelbar sind, ist dies bei nichtsinunasalen Riechstörungen nicht immer der Fall. Angeborene oder altersbedingte Riechstörungen gelten als schwer behandelbar, ebenso wie solche nach Traumata. Nach viralen Infekten erholen sich etwa zwei Drittel der Patienten spontan, während bei einem Drittel die Riechwahrnehmung dauerhaft gestört bleibt. Riechstörungen durch Medikamente oder Schadstoffe lassen sich oft erfolgreich behandeln. Jüngere Patienten haben im Allgemeinen bessere Heilungschancen als ältere.
Riechstörungen als Frühsymptom von Parkinson
Forschungsergebnisse bestätigen, dass Riechstörungen bei etwa 80 Prozent aller Parkinson-Patienten bereits im frühen Stadium auftreten. Die Ursachen liegen hierbei nicht in gestörten Riechsinneszellen, sondern direkt im Gehirn. Hinzu kommt, dass viele Parkinson-Patienten über 60 Jahre alt sind, und ab etwa dem 65. Lebensjahr die Regenerationsfähigkeit der Riechzellen abnimmt und sich die Geschmackswahrnehmung zurückbildet.
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Psychologische Auswirkungen von Riechstörungen
Riechstörungen können erhebliche psychische Auswirkungen haben:
- Sie können auf viele andere Erkrankungen und Funktionsstörungen hindeuten wie zum Beispiel Mangel- oder Fehlernährung, Schilddrüsenunterfunktion, Nierenfunktionsstörungen oder Tumore.
- Psychische Erkrankungen: Riechstörungen können mit Depressionen, Essstörungen, Schizophrenie, Autismus-Spektrum-Störungen und Substanzabhängigkeit einhergehen.
- Halitophobie: Eine ausgeprägte Angst, an Mundgeruch zu leiden und andere dadurch zu belästigen.
- Unsicherheiten und Ängste: Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen, Angst vor nicht wahrnehmbaren Gefahren.
- Qualitative und quantitative Veränderungen: Anosmie (kein Geruchssinn), Hyposmie (verminderter Geruchssinn), Hyperosmie (überempfindlicher Geruchssinn), Parosmie (veränderte Geruchswahrnehmung), Phantosmie (Geruchshalluzinationen).
Auswirkungen auf den Alltag
Ein eingeschränkter Geruchs- und Geschmackssinn kann im Alltag viele Bereiche beeinträchtigen. Betroffene können Warnsignale und Gefahren wie verdorbene Lebensmittel, giftige Dämpfe oder Brandgeruch nicht mehr wahrnehmen. Im Berufsleben kann dies insbesondere in Branchen, die mit Lebensmitteln, Aromen oder chemischen Produkten zu tun haben, problematisch sein.
Therapeutische Ansätze
Obwohl Riechstörungen keine direkte Indikation für eine Psychotherapie darstellen, können sie mit der zunehmenden Zahl von Patienten mit COVID-19-bedingten Riech- und Schmeckstörungen in Zukunft häufiger thematisiert werden. Psychotherapeuten können helfen, den Leidensdruck zu verringern und die Anpassung an das Handicap zu erleichtern.
- Akzeptanz und Integration: Patienten sollten begleitet werden, den Verlust zu akzeptieren und in ihr Leben zu integrieren. Abschiedsrituale können helfen, das alte Leben loszulassen und sich für neue Möglichkeiten zu öffnen.
- Resilienz und Coping-Strategien: Konzentration auf Ressourcen statt Defizite, Schärfung der anderen Sinne, Ausprobieren neuer Zubereitungsarten.
- Riechtraining: Bei guten Genesungschancen können Patienten durch ein Riechtraining mit Riechstiften motiviert werden, aktiv zu werden.
Was Parkinson-Patienten tun können
Parkinson-Patienten können trotz Riech- und Geschmacksstörungen weiterhin Freude am Essen haben. Eine medikamentöse Therapie scheint die Riechstörung nicht zu beeinflussen, aber vielversprechend sind Therapieansätze mit einem Riechtraining. Riechzellen haben die Fähigkeit, sich alle sechs Wochen neu zu bilden. Mit starken Duftstoffen wie Zimt, Rose, Gewürznelke und Eukalyptusöl kann man Anreize setzen, welche die Riechzellen anregen und stärken. Dieses Training führt aber nur zu einer Stärkung des Geruchssinns, wenn die entsprechenden Stammzellen noch vorhanden sind.
Ernährungstipps für Parkinson-Patienten
Eine zielgerichtete Kost und bestimmte Maßnahmen können die Lebensqualität von Parkinson-Patienten steigern und den Genuss am Essen wiederfinden.
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- Gesunde Ernährung: Vorbeugung einer Mangelernährung, Kontrolle des Körpergewichts, Zufuhr von Ballaststoffen, Vitaminen, Mineralstoffen und Proteinen.
- Ballaststoffe: Verbesserung der Verdauung und Vorbeugung von Verstopfungen.
- Ausreichend Trinken: Aufnahme von mindestens 2,5 Litern Flüssigkeit pro Tag.
- Gewürze und Kräuter: Anregung des Geruchssinns durch fein zermahlene Gewürze und Kräuter.
- Energiereiche Kost: Ausreichende Versorgung mit Energie, ggf. Gewichtszunahme.
- Abwechslungsreiche Kost: Fleisch, Fisch, Geflügel, Eier oder vegane Speisen.
- L-Dopa und Eiweiß: Einnahme des Medikaments auf leeren Magen, Eiweiß in kleinen Portionen über den Tag verteilt.
- Calcium und Vitamin D: Vorbeugung von Osteoporose durch Aufnahme von Calcium und Vitamin D.
Weitere Symptome und Begleiterkrankungen
Neben Riechstörungen können bei Parkinson-Patienten weitere Symptome und Begleiterkrankungen auftreten:
- Motorische Symptome: Verlangsamte Bewegung (Bradykinese), Zittern (Tremor), Steifheit der Muskeln (Rigor), Gleichgewichtsstörungen.
- Nicht-motorische Symptome: Schlafstörungen, Verstopfungen, Probleme mit der Blase, kognitive Einschränkungen, Depressionen, Angststörungen, Demenz.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose wird meist durch einen Neurologen gestellt, der den Patienten körperlich untersucht und auf Parkinson-Symptome achtet. Therapien zur Linderung von Parkinson-Symptomen umfassen körperliches Training, Physiotherapie und Medikamente. Das Mittel Levodopa verbessert die typischen Parkinson-Symptome, kann aber auch Nebenwirkungen haben. Weitere Medikamente sind Dopaminagonisten, Monoaminooxidase-B-Hemmer (MAO-B-Hemmer), Adenosin-Rezeptor-Antagonisten und COMT-Inhibitoren. Invasiven therapeutischen Verfahren stehen die Behandlung mit einer Dopamin- oder Apomorphinpumpe oder eine tiefe Hirnstimulation zur Verfügung.
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