Akupressur, eine Heilkunst mit tiefen Wurzeln in der fernöstlichen Medizin, bietet eine sanfte und natürliche Möglichkeit, verschiedene Beschwerden zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Seit Jahrtausenden wird diese traditionelle Heilkunde zur Behandlung von Schmerzen, Stress und anderen Problemen eingesetzt. Die Akupressur nutzt die Kraft des Drucks auf bestimmte Punkte des Körpers, um die Energieflüsse zu harmonisieren und Heilungsprozesse zu fördern.
Was ist Akupressur?
Akupressur ist neben der Akupunktur die bekannteste Heiltechnik der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Sie arbeitet mit Druck, der auf bestimmte Punkte des Körpers ausgeübt wird, um die Energieflüsse zu harmonisieren und Heilungsprozesse zu fördern. Die Akupressurpunkte liegen entlang der Meridiane, einer Art Linien, die nach der Lehre die Energie durch den Körper leiten.
Laut der TCM gibt es 365 Akupressurpunkte entlang der 12 Meridiane. Bestimmte Meridiane haben einen direkten Bezug zu Organen, wie beispielsweise Lunge, Dickdarm, Herz, Milz, Leber oder Nieren. Das Drücken bestimmter Akupressurpunkte soll die eigenen Selbstheilungskräfte aktivieren, Energieblockaden lösen und so die natürliche Balance im körperlichen Organismus wiederherstellen. Vorrangig wird Akupressur zur Schmerzlinderung eingesetzt, kann aber auch bei Angstzuständen oder Depressionen als begleitende Therapie Anwendung finden.
Wie wirkt Akupressur?
Akupressur ist vielseitig einsetzbar und kann nachweislich bei einigen Beschwerdebildern, wie beispielsweise Menstruationsschmerzen, positive Unterstützung bieten. Zusätzlich belegen Studien die Wirksamkeit der traditionellen Heilkunst bei Kopfschmerzen, Migräne, Übelkeit oder Schlafstörungen.
Weitere positive Auswirkungen von Akupressur:
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- Schmerzlinderung
- Linderung bei Schwangerschaftsübelkeit
- Besserung bei Verdauungsstörungen
- Stressabbau
- Unterstützung bei der Gewichtsreduktion
- Unterstützung bei der Rauchentwöhnung
- Stärkung des Immunsystems
Es gibt kaum Nebenwirkungen, die bei der Anwendung von Akupressur auftreten. Gegebenenfalls können blaue Flecken durch zu starken Druck oder Hautreizungen durch unsachgemäße Anwendung entstehen.
Anwendungsdauer und Häufigkeit
Die Häufigkeit der Akupressur-Anwendungen hängt von den individuellen Bedürfnissen und Beschwerden ab. Im Allgemeinen wird empfohlen, Akupressur mehrmals pro Woche oder sogar täglich anzuwenden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Eine Sitzung kann zwischen 5 und 30 Minuten dauern, je nach Anzahl der behandelten Punkte und der Intensität des Drucks.
Die Empfehlungen der traditionellen Medizin sind abhängig vom Alter der behandlungsbedürftigen Person:
- Babys (3 bis 6 Monate): eine halbe bis vier Minuten täglich
- Babys (bis 12 Monate): maximal eine bis fünf Minuten täglich
- Kinder (1. bis 3. Lebensjahr): insgesamt drei bis sieben Minuten täglich
- Ältere Kinder: maximal fünf bis zehn Minuten
- Erwachsene: maximal fünf bis 15 Minuten täglich
Für wen ist Akupressur nicht geeignet?
Obwohl Akupressur eine sanfte und sichere Therapieform ist, gibt es einige Personengruppen, für die die traditionelle Heilkunst eher ungeeignet ist:
- Schwangere: Einige Akupressurpunkte können Wehen auslösen und sollten während der Schwangerschaft vermieden werden.
- Menschen mit bestimmten gesundheitlichen Problemen: Leiden Sie zum Beispiel an einer schweren Herz-Kreislauf-Erkrankung, sprechen Sie vor der Anwendung mit Ihrem behandelten Arzt.
- Personen mit Hautproblemen: Bei offenen Wunden, Hautinfektionen oder entzündlichen Hauterkrankungen sollte eine Akupressur an den betroffenen Bereichen vermieden werden.
Außerdem sollten folgende Personengruppen Akupressur nur nach ärztlicher Rücksprache anwenden:
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- Schmerzbetroffene mit akuten Organ-, Knochen- oder Muskelschäden (zum Beispiel Entzündungen oder Brüchen)
- Personen mit schweren psychischen Erkrankungen oder Psychosen
- Personen, die starke Medikamente erhalten
Akupressur als sanfte Therapie: Beschwerden adé
Akupressur bietet eine sanfte natürliche Möglichkeit, verschiedene Beschwerden zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Da keine Medikamente oder invasiven Eingriffe erforderlich sind, kann Akupressur eine sichere Alternative oder Ergänzung zu herkömmlichen Behandlungsmethoden sein. Die traditionelle Heilkunst kann mit ein wenig Zeit und Aufwand auch problemlos zu Hause angewendet werden. Wenn die richtigen Akupressurpunkte gefunden sind, ist eine gezielte Therapie möglich. Entsprechende Abbildungen in Literatur und Internet oder spezielle Akupressur-Listen geben Aufschluss.
Durchführung
Die Stimulation der Akupressurpunkte erfolgt durch Druck mit dem Daumen oder der Fingerspitze des Zeigefingers. Alternativ kann der Fingerknöchel des angewinkelten Zeigefingers oder ein fester, abgerundeter Gegenstand benutzt werden.
Zunächst wird in kreisenden Bewegungen mit leichtem Druck der Akupressurpunkt massiert. Anschließend wird der Punkt für 30 Sekunden bis 3 Minuten gehalten. Falls eine spürbare Abnahme der Empfindlichkeit eintritt oder der Punkt verstärkt schmerzt, sollte der nächste Punkt behandelt werden. Vibrierende oder klopfende Massagen der Akupressurpunkte verstärken die Wirkung.
Akupressur-Helfer: Akupressur-Matte, Igelball und mehr
Es gibt verschiedene Hilfsmittel, die die Akupressur-Anwendung erleichtern und effektiver gestalten. Auch der Einsatz von speziellen Akupressur-Massagegeräten kann eine gute Alternative sein.
Akupressur-Matte
Diese Matte ist mit etwa 4.000 bis 6.000 leichten Kunststoffspitzen bedeckt, die bei Kontakt mit der Haut viele Akupressur-Punkte gleichzeitig stimulieren. Sie kann zur Entspannung, Schmerzlinderung und Stressreduktion verwendet werden.
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Folgende Personengruppen sollten die Akupressur-Matte nicht anwenden:
- Personen mit Hauterkrankungen, offenen Wunden oder Entzündungen
- Schwangere (nur nach ärztlicher Rücksprache)
- Epileptiker
- Menschen mit Blutgerinnungsstörungen
Igelball
Der Igelball ist ein kleiner, stacheliger Ball, der ideal für die Selbstmassage und Stimulation von Akupressur-Punkten an Händen, Füßen und anderen Körperbereichen geeignet ist. Der kleine Helfer regt die Durchblutung und den Kreislauf an, aktiviert das Lymphsystem und hilft bei Stress und Anspannung.
Nadel-Roller
Der Nadel-Roller ist geeignet für die Massage der Beine oder zur gezielten Narbenbehandlung. Er verbessert die Durchblutung, Sauerstoff- und Nährstoffversorgung, lindert Schmerzen und regt die Kollagenproduktion an.
Fingerringe und Akupressur-Band
Fingerringe kommen zur Linderung von Arthrose-Schmerzen in den Fingern, aber auch zur Narbenbehandlung nach Operationen an der Hand oder Kapselverletzungen zum Einsatz. Das Akupressur-Band soll bei Schwangerschafts- oder Reiseübelkeit Abhilfe schaffen. Das Hilfsmittel ersetzt die Druckmassage und kann zu jeder Zeit getragen werden.
Massageknauf
Die kleinen Gebilde aus Hartplastik, Holz, Edelstahl oder Glas sind mit Knubbeln oder abgerundeten Spitzen versehen und ermöglichen so eine gezielte Druckausübung. Das Hilfsmittel reduziert Stress, lindert Schmerzen und verbessert die Durchblutung.
Akupressur-Stifte
Diese Stifte haben abgerundete Spitzen und können präzise auf einzelne Akupressur-Punkte angewendet werden. Die gezielte Stimulation spezifischer Akupressur-Punkte hilft Schmerzen zu lindern und trägt zur Stressreduktion bei.
Akupressur und Migräne: Übungen für zu Hause
Entlang der 12 Meridiane befinden sich weit über 300 Akupressur-Punkte. Die Techniken der traditionellen Heilkunst wirken effektiv und sind zudem auch leicht im Alltag anwendbar. Hier sind einige Übungen zum Ausprobieren:
Kopfschmerzen und Migräne
Der Punkt für Kopfschmerzen oder Migräne befindet sich am unteren Hinterkopf, wo der Schädelknochen endet. Suchen Sie aus der Mitte des Nackens mit den Fingern in Richtung Ohr entlang nach einem vertieften Punkt. Drücken Sie diese Stelle nun für ein bis drei Minuten, am besten auf beiden Seiten gleichzeitig.
Ein weiterer Punkt, der Kopfschmerzen und Migräne zugeordnet ist, liegt auf dem Handrücken in der Wulst zwischen Zeigefinger und Daumen. Üben Sie sanften Druck für zwei Minuten auf die betroffene Stelle aus, bis die Kopfschmerzen nachlassen. Anschließend wechseln Sie die Seite.
Übelkeit
Der Punkt für Übelkeit befindet sich auf der Innenseite des linken Handgelenks, etwa 2-Fingerbreit oberhalb der Stelle des Pulses. Klopfen Sie mit dem rechten Mittelfinger leicht auf diese Stelle. Nach einer Minute wechseln Sie die Seite.
Ein weiterer Punkt für Übelkeit liegt unterhalb der Kniescheibe, einen Daumenbreit nach außen neben der Schienbeinkante. Drücken Sie diese Stelle mit dem Daumen mehrere Male. Anschließend wechseln Sie die Seite.
Schlafstörungen
Massieren Sie zwischen Stirn und Augenbrauen mit dem rechten Mittelfinger mindestens fünf Minuten sanft nach unten.
Drücken Sie mit dem Daumen der einen Hand leicht auf alle vier Fingerkuppen der anderen Hand. Die Daumen bleiben ausgespart. Danach führen Sie die Behandlung an der anderen Hand durch.
Die wichtigsten Akupressurpunkte im Überblick
Ein komplexes Netz aus Energieleitbahnen (Meridianen) durchzieht unseren Körper. Hierauf sind rund 365 Akupunkturpunkte verteilt. In der Akupressur werden diese „Energietore“ mit dem Daumen behandelt, anstatt mit Akupunkturnadeln. Im Folgenden eine Auswahl wichtiger Punkte:
Leber 3 (Tai Chong): Auf dem Fußrücken in einer Vertiefung zwischen dem ersten und zweiten Mittelfußknochen gelegen. Hilfreich bei Kopfschmerzen, Schwindel, Spannungsgefühlen, Bluthochdruck und zur Beruhigung bei Reizbarkeit oder unterdrücktem Ärger.
Milz 6 (San Yin Jiao): Drei Cun oberhalb der höchsten Erhebung des Innenknöchels. Wichtig in der Frauenheilkunde, unterstützt bei Menstruationsbeschwerden, stärkt die Fruchtbarkeit, reguliert die Harnwege und beruhigt den Geist. (Kontraindikation: Schwangerschaft)
Lunge 7 (Lie Que): 1,5 Cun proximal der Handgelenksfalte. Lindert Schmerzen in Händen, Armen und Schultern, unterstützt bei Kopf- und Nackenbeschwerden, stärkt das Immunsystem und hilft bei Atemwegserkrankungen.
Dickdarm 4 (He Gu): In der Vertiefung der Hand, wo sich die Knochen des Daumens und des Zeigefingers treffen. Aktiviert die Leitbahn, wirkt schmerzlindernd, beruhigend und unterstützt bei Erkältungskrankheiten, Entzündungen und Verdauungsproblemen. (Kontraindikation: Schwangerschaft)
Magen 36 (Zu San Li): Vier Cun unterhalb der Kniescheibe in einer Vertiefung. Harmonisiert den Magen, reguliert den Darm, hilft bei Übelkeit, Verstopfung und Durchfall, stärkt die Mitte, reguliert den Blutdruck und stabilisiert den Geist.
Herz 7 (Shen Men): Am Ende der Handgelenksfalte, auf der Seite des kleinen Fingers. Beruhigt die Emotionen, stärkt das Herz und klärt den Verstand. Hilfreich bei Lampenfieber, Schlaflosigkeit, innerer Unruhe und Depressionen.
Dünndarm 19 (Tinggong): Vor dem Ohr in einer Vertiefung, die sich beim Öffnen des Mundes bemerkbar macht. Hilft bei Ohrerkrankungen, Gesichtslähmung und Zahnschmerzen, wirkt beruhigend auf den Geist.
Perikard 6 (Nei Guan): Zwei Cun über der Handgelenkbeugefalte zwischen den Sehnen. Reguliert das Herz, befreit den Brustkorb, harmonisiert den Magen, vermindert Übelkeit und Erbrechen, lindert Schmerzen und beruhigt den Geist.
Gallenblase 21 (Jian Jing): Auf dem höchsten Punkt des Trapezmuskels. Lindert Kopfschmerzen, hilft bei Nacken-, Schulter- und Armschmerzen. (Kontraindikation: Schwangerschaft)
Blase 40 (Wei Zhong): In der Mitte der Kniekehle zwischen zwei Sehnen. Hilft bei Rückenschmerzen, Knieschmerzen, Krämpfen in den Beinen, Magenschmerzen und Hauterkrankungen.
Akupressur als Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM)
Die Akupressur ist ein Teil der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Neben der Akupunktur, der Kräutermedizin, der manuellen Behandlungsform Tuina, Diätetik, Moxibustion und Künsten wie Qigong oder Taiji Quan ist sie ein wertvoller Baustein ganzheitlicher Therapiemethoden. Da sie in der TCM wurzelt, liegt ihr die Theorie dieser Erfahrungsmedizin zugrunde. Das Faszinierende daran ist, dass diese sich über Jahrtausende entwickelt hat - aus der Beobachtung der Natur, des Menschen und der Gesetzmäßigkeiten zwischen Himmel und Erde. Hiernach spiegelt sich der gesamte Makrokosmos (die Natur) im Mikrokosmos des Menschen wider. Dieser reiche Erfahrungsschatz wurde erstmalig im 3. Jahrhundert v.Chr. im „Gelben Kaiser“ zusammengefasst. Weitere Konzepte, z.B. die 5 Wandlungsphasen (Elemente), das Verständnis von Yin und Yang sowie die energetische Anatomie (Leitbahnen/Meridiane), bilden die fundamentalen Grundlagen für eine ganzheitliche Behandlung.
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