Eine Hirnblutung, auch intrakranielle Blutung genannt, bezeichnet eine Blutung innerhalb des Schädels. Sie entsteht, wenn ein Blutgefäß im Gehirn platzt oder reißt. Das austretende Blut kann das umliegende Hirngewebe schädigen und zu einem Schlaganfall führen. Eine Hirnblutung ist ein medizinischer Notfall, der sofortiger Behandlung bedarf.
Arten von Hirnblutungen
Je nach Lage der Blutung werden verschiedene Arten von Hirnblutungen unterschieden:
- Intrazerebrale Blutung (ICB): Eine Einblutung in das Hirngewebe selbst. Sie betrifft in der Regel einen größeren Bereich und wird deshalb manchmal auch Hirnmassenblutung genannt. Etwa 10 bis 15 Prozent aller Schlaganfälle werden durch eine intrazerebrale Blutung verursacht.
- Subarachnoidalblutung (SAB): Eine Blutung unterhalb der mittleren Hirnhaut (Arachnoidea), zwischen dieser und der weichen Hirnhaut im Innersten. Etwa fünf Prozent aller Schlaganfälle sind auf eine Subarachnoidalblutung zurückzuführen.
- Epiduralhämatom (EDH): Eine Blutansammlung zwischen dem Schädelknochen und der harten Hirnhaut (Dura mater), der äußersten der drei Hirnhäute. Sie tritt oft in Verbindung mit einem Schädelbruch auf.
- Subduralhämatom (SDH): Eine Blutansammlung unterhalb der harten Hirnhaut, also zwischen der Dura mater und der mittleren Hirnhaut. Sie wird ebenfalls oft durch Gewalteinwirkung von außen verursacht. Subdurale Hämatome können akut oder chronisch verlaufen.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für Hirnblutungen sind vielfältig. Sie können spontan auftreten oder die Folge einer anderen Erkrankung sein.
Häufige Ursachen
- Bluthochdruck (Hypertonie): Die häufigste Ursache für eine Hirnblutung ist ein zu hoher Blutdruck, der die Hirngefäße schädigt. Epidemiologischen Studien zufolge kann eine arterielle Hypertonie bei bis zu 80% aller Patienten mit intrazerebralen Blutungen nachgewiesen werden. Eine optimale Blutdruckeinstellung senkt das ICB-Risiko erheblich.
- Schädel-Hirn-Trauma (SHT): Nach einem Unfall, Sturz oder Schlag auf den Kopf können Blutgefäße im Gehirn verletzt werden und eine Hirnblutung verursachen.
- Hirngefäß-Fehlbildungen: Dazu zählen Fehlbildungen, bei denen viele Gefäße in einem Knäuel (Blutschwamm oder Angiom), Kurzschlüsse zwischen Gefäßen (sog. Fistel) oder eine Aussackung der Gefäßwand (sog. Aneurysma) vorliegen. Eine Subarachnoidalblutung beginnt meist mit einer Aneurysma-Ruptur der Hirnbasisarterien.
- Arteriosklerose: Indirekt gelten alle eine Arteriosklerose begünstigenden Umstände als Risikofaktoren für eine Hirnblutung.
- Blutgerinnungsstörungen: Bei einer Blutgerinnungsstörung kann es leichter zu Blutungen kommen, auch im Gehirn. Antikoagulantien und Thrombozytenaggregationshemmer können ebenfalls das ICB-Risiko steigern.
Weitere Risikofaktoren
- Alter: Das Risiko einer spontanen ICB verdoppelt sich mit jeder Lebensdekade.
- Geschlecht: Männer sind häufiger von intrazerebralen Blutungen betroffen.
- Nikotin- und Alkoholkonsum: Diese Faktoren können das Risiko für eine Subarachnoidalblutung erhöhen.
- Erhöhter Blutfettspiegel
- Blutzuckerkrankheit (Diabetes mellitus)
- Bewegungsmangel
- Übergewicht
- Drogenkonsum
Symptome
Typisch für eine Hirnblutung sind Beschwerden, die schlagartig und meist aus völligem Wohlbefinden heraus ohne Vorboten auftreten (Schlaganfall). Die Symptome einer Hirnblutung hängen davon ab, wo die Blutung auftritt und wie groß sie ist. Sie entstehen dadurch, dass das ausgetretene Blut die Hirnhaut reizt oder auf benachbarte Hirnregionen drückt.
Häufige Symptome
- Plötzliche, starke Kopfschmerzen: Oft als "vernichtend" beschrieben, insbesondere bei einer Subarachnoidalblutung.
- Neurologische Ausfälle: Plötzliche Lähmungen, Gefühlsstörungen, Sehstörungen oder Sprachstörungen.
- Übelkeit und Erbrechen
- Nackensteifheit
- Bewusstseinsstörungen: Verwirrtheit, Benommenheit bis hin zur Bewusstlosigkeit oder Koma.
- Krampfanfälle: Fokal oder generalisiert.
- Schwindel und Gleichgewichtsstörungen
Symptome je nach Lokalisation
- Intrazerebrale Blutung: Große Blutungen in die Stammganglien verursachen kontralaterale Hemiparesen, konjugierte Blickdeviation zur Seite der Läsion, Ophthalmoplegie, homonyme Hemianopsie, Aphasie und komatöse Eintrübung. Vigilanzeintrübung, vertikale Blickparese und kontralaterale sensomotorische Hemisymptomatik weisen auf eine Thalamusbeteiligung hin. Typische Symptome für Kleinhirn-Blutungen sind Schwindel, Erbrechen, Ataxie, Dysarthrie und Spontannystagmus. Isolierte Hirnnervenausfälle sowie Tetraparese, kontralaterale Hemisymptomatik und komatöse Eintrübung deuten auf Pons-Hämatome hin.
- Subarachnoidalblutung: Sekundäre Vasospasmen können fokale Hirnischämien verursachen und zu vegetativen Störungen, fokal-neurologischen Ausfällen, Meningismus, Hydrozephalus und beidseitig positivem Babinski-Zeichen führen. Ein Hydrozephalus macht sich mit Kopfschmerzen, Somnolenz und motorischen Defiziten bemerkbar.
- Subduralhämatom: Akute Subduralhämatome entwickeln sich rasch analog der traumatischen Verletzung. Typisch sind Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Vigilanzminderung. Häufig finden sich eine ipsilaterale Mydriasis und eine kontralaterale Herdsymptomatik in Form einer Hemiparese. In der Regel verlieren die Patienten innerhalb weniger Stunden das Bewusstsein. Beuge- und Strecksynergismen deuten auf hirndruckbedingte Ausfälle hin. Chronische Subduralhämatome werden häufig erst nach mehreren Wochen diagnostiziert. Die Symptomatik ist uncharakteristisch. Hinweisgebend sind ein Druckgefühl im Kopf (mitunter auch Kopfschmerzen), Schwindel und psychomotorische Einschränkungen sowie Konzentrationsschwäche und Orientierungsverlust. Fokale Symptome wie Lähmungen, sensible Störungen und Krampfanfälle sind ebenfalls möglich.
- Epiduralhämatom: Ein Epiduralhämatom beginnt akut mit Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen und Unruhe oder mit einem Latenzintervall nach initialer Bewusstlosigkeit. Hinweisgebend für Epiduralhämatome sind eine Anisokorie infolge ipsilateraler Mydriasis und kontralaterale Fokaldefizite bzw.
Diagnose
Bei Verdacht auf eine Hirnblutung muss unverzüglich der Rettungsdienst (Notruf 112) alarmiert werden. Im Krankenhaus erfolgen dann folgende Untersuchungen:
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- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Bewusstseinslage und der Funktion verschiedener Nerven.
- Anamnese: Gespräch mit dem Patienten oder Angehörigen über die Entstehung der Symptome und mögliche Risikofaktoren.
- Computertomographie (CT): Das wichtigste Bildgebungsverfahren, um eine Hirnblutung schnell und zuverlässig nachzuweisen.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Eine Alternative zur CT, insbesondere in der Akutphase.
- CT- oder MR-Angiographie: Zur detaillierten Darstellung der Hirngefäße und zum Nachweis von Gefäßmissbildungen.
- Lumbalpunktion: Entnahme einer Probe der Hirn-Rückenmarksflüssigkeit (Liquor), wenn eine Subarachnoidalblutung vermutet wird, aber die CT- oder MRT-Aufnahmen nicht eindeutig sind.
- Laboruntersuchungen: Blutbild, Gerinnungsstatus, um mögliche Ursachen der Blutung aufzudecken.
Behandlung
Die Akutbehandlung einer Hirnblutung erfolgt auf der Stroke Unit oder Intensivstation. Ziel der Behandlung ist es, die Blutung zu stoppen, den Hirndruck zu senken und weitere Schäden zu verhindern.
Konservative Behandlung
- Blutdrucktherapie: Wichtig, um den Blutdruck zu senken und weitere Blutungen zu verhindern.
- Medikamentöse Behandlung: Starke Kopfschmerzen, Fieber oder Krampfanfälle werden mit Medikamenten wie Schmerzmitteln, Fiebersenkern und krampfstillenden Mitteln behandelt.
- Vorbeugung einer Hirnschwellung (Hirnödem): Oft eine Folge einer starken Hirnblutung und sorgt für einen gefährlichen Druckanstieg im Schädel.
Operative Behandlung
Je nach Art, Größe und Lage der Hirnblutung kann eine Operation erforderlich sein:
- Intrazerebrale Blutung: Bei dieser Form der Blutung im Hirn wird sorgfältig abgewogen, ob ein operativer Eingriff durchgeführt wird. In der Regel wird zusätzlich ein Katheter oder Shunt gelegt, um Nervenwasser abzuleiten und den Hirndruck zu senken.
- Subarachnoidalblutung: Handelt es sich beim Auslöser dieser Hirnblutung um ein Aneurysma, wird bei einem operativen Eingriff dieses abgeklemmt oder das sogenannte „Coiling“ angewandt. Auch bei der Subarachnoidalblutung muss ein Shunt zum Ablassen des Nervenwassers gelegt werden, damit der Hirndruck gesenkt wird.
- Subduralhämatom: Ein kleines subdurales Hämatom erfordert keinen operativen Eingriff. Handelt es sich allerdings um eine größere subdurale Blutung muss es operativ entfernt werden.
- Epiduralhämatom: Hier sollte die Blutansammlung zwischen Schädeldecke und äußerer Hirnhaut schnellstmöglichst operativ entfernt werden, vor allem wenn es sich um ein größeres Hämatom handelt.
Rehabilitation
Nach der Akutbehandlung in der Klinik kommt der Rehabilitation eine große Bedeutung zu. Die Rehabilitation dient der Wiederherstellung der durch die Schädigung des Gehirngewebes beeinträchtigten Funktionen.
- Physiotherapie: Zielt darauf ab, dass sich Ihr Körpergefühl, Ihre Körperbeherrschung und damit Ihre Mobilität nach der intracerebralen Blutung wieder verbessern.
- Ergotherapie: Hat die Wiederherstellung oder Erhaltung der Selbstständigkeit im Alltag nach einer intracerebralen Blutung zum Ziel.
- Sprachtherapie (Logopädie): Hier wird an Sprechstörungen (Dysarthrien) und Störungen der Mitteilungsfähigkeit (Aphasien) gearbeitet.
- Neuropsychologische Therapie: Behandelt Störungen der geistigen Leistungsfähigkeit nach einer intracerebralen Blutung.
- Psychosoziale Betreuung: Unterstützt Patienten und Angehörige im Umgang mit den Herausforderungen nach einer Hirnblutung.
Vorbeugung
Es gibt einige Faktoren, die Sie positiv beeinflussen können, um einer Hirnblutung vorzubeugen:
- Blutdruckkontrolle: Ein bestehender Bluthochdruck sollte angemessen behandelt werden. Messen Sie regelmäßig Ihren Blutdruck und nehmen Sie die verschriebenen Medikamente konsequent ein.
- Gesunder Lebensstil: Regelmäßige Bewegung, ein gesundes Körpergewicht und eine ausgewogene Ernährung sind wichtig für einen gesunden Blutdruck.
- Rauchverzicht: Rauchen erhöht das Risiko für Hirnblutungen und viele andere Gesundheitsprobleme.
- Moderater Alkoholkonsum: Meiden Sie übermäßigen Alkoholkonsum, um Stürze und andere Unfälle zu vermeiden.
- Schutzhelme: Tragen Sie bei Sportarten wie Skifahren, Mountainbiking, Klettern und Reiten einen Schutzhelm, um Kopfverletzungen zu vermeiden.
Heilungschancen und Prognose
Die Heilungschancen einer Hirnblutung hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
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- Alter des Patienten
- Grunderkrankungen
- Begleitverletzungen
- Lokalisation und Ausdehnung der Blutung
- Frühzeitige Behandlung
Einige Patientinnen und Patienten schaffen es, sich nach einer Hirnblutung relativ schnell vollständig zu erholen, während andere Monate bis Jahre brauchen. Je nach Ausmaß der Hirnblutung gibt es auch Folgeschäden, die nicht durch eine Therapie verbessert werden können.
Mögliche Folgeschäden
- Bewegungsstörungen
- Sprachstörungen (Aphasie)
- Sprechstörungen (Dysarthrie)
- Seh- oder Gedächtnisstörungen
Bei der anschließenden Therapie nach einer Hirnblutung werden gemeinsam Strategien entwickelt, um die Folgeschäden bestmöglich zu behandeln oder zu erlernen, wie man am besten mit ihnen im Alltag zurechtkommt. Grundsätzlich gilt, dass je früher eine Rehabilitation nach einer Hirnblutung beginnt, desto größer sind die Erfolgsaussichten.
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