Eine Einblutung ins Rückenmark, auch als spinale Blutung bezeichnet, ist ein seltenes, aber potenziell schwerwiegendes Ereignis, das zu neurologischen Ausfällen führen kann. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen, Symptome, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankung.
Was ist eine Myelopathie?
Als Myelopathie wird eine Reihe klinischer Symptome bezeichnet, die durch eine Schädigung des Rückenmarks, vor allem im Bereich der Halswirbelsäule (mitunter auch an der Brustwirbelsäule), ausgelöst werden. Das Wort Myelopathie setzt sich zusammen aus den altgriechischen Begriffen „Myelon“ für Rückenmark und „Pathos“ für Leiden oder Schmerz.
Ursachen einer Einblutung ins Rückenmark
Blutungen im Bereich des Rückenmarks können verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören:
- Trauma: Unfälle oder Verletzungen können zu Blutungen im Rückenmark führen.
- Gefäßmissbildungen: Angeborene oder erworbene Anomalien der Blutgefäße im Rückenmarksbereich, wie z. B. Kavernome, können platzen und Blutungen verursachen.
- Tumore: Größer werdende Veränderungen im Gewebe, wie Tumore, können zu Blutungen führen.
- Arteriosklerotische Veränderungen: Arteriosklerotische Veränderungen im Bereich der spinalen Quellgebiete (z. B. Aorta, A. vertebralis) können zu akuten ischämischen Rückenmarkschädigungen führen.
- Eingriffe oder Medikamente: Ärztliche Eingriffe oder bestimmte Medikamente (z. B. Antikoagulantien) können in seltenen Fällen für eine Blutung verantwortlich sein.
- Hämorrhagische Diathesen: Hämorrhagische Diathesen mit Hyperkoagulabilität sind die häufigste Ursache von Thrombosen spinaler Arterien.
- Vaskulitiden: Myelomalazien im Rahmen von Vaskulitiden sind selten.
Kavernome als Ursache:
Kavernome sind Gefäßmissbildungen, die aus kleinen, dünnwandigen Blutgefäßen bestehen. Früher hat man angenommen, dass Kavernome angeboren sind. Heute weiß man, dass Kavernome, wie andere Tumoren auch, neu entstehen können. Sie können überall auftreten, aber für Neurochirurgen sind die Kavernome im Gehirn, Rückenmark und der Augenhöhle relevant. Kavernome können bluten und werden dadurch häufig symptomatisch. Die Blutungswahrscheinlichkeit wird in größeren Studien unterschiedlich angegeben, liegt aber zwischen ca. 1 - 6 % pro Jahr. Bei Blutungen in den Hirnstamm oder das Rückenmark können schwere neurologische Störungen auftreten.
Symptome einer Einblutung ins Rückenmark
Die Symptome einer Einblutung ins Rückenmark können vielfältig sein und hängen von der Lokalisation und dem Ausmaß der Blutung ab. Mögliche Symptome sind:
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- Schmerzen: Rückenschmerzen oder Schmerzen in anderen Körperbereichen, die von den Nerven aus dem Rückenmark versorgt werden.
- Sensibilitätsstörungen: Taubheitsgefühle, Kribbeln oder Schmerzen in bestimmten Hautbereichen.
- Motorische Störungen: Muskelschwäche oder Lähmungen der Arme oder Beine.
- Blasen- und Darmfunktionsstörungen: Probleme beim Wasserlassen oder Stuhlgang.
- Sexuelle Funktionsstörungen
- Steifheit im Nacken: Zunehmende Steifheit im Nacken mit Schmerzen beim Drehen des Kopfes nach links und rechts.
- Einschlafen der Arme oder Hände: Typisch ist auch das Einschlafen der Arme oder Hände während der Nachtruhe.
Diagnose einer Einblutung ins Rückenmark
Zur Diagnose einer Einblutung ins Rückenmark werden verschiedene Untersuchungen durchgeführt:
- Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte des Patienten, einschließlich Vorerkrankungen und aktueller Beschwerden.
- Neurologische Untersuchung: Überprüfung der Reflexe, Sensibilität und Motorik.
- Magnetresonanztomografie (MRT): Bildgebendes Verfahren zur Darstellung des Rückenmarks und zur Lokalisation der Blutung. Spinale Infarkte stellen sich am besten in T2-gewichteten Aufnahmen bei sagittaler Schnittführung dar, wo sie als „stiftförmige“ hyperintense Areale erscheinen. Das Rückenmark kann auf Höhe des Infarktes ödematös aufgetrieben sein. Zur genaueren Evaluation der Infarktausdehnung können ergänzende axiale Schnitte durchgeführt werden. Die Kontrastierung lässt sich in manchen Fällen durch Gadolinium-DTPA-Gabe verbessern. Diffusionsgewichtete Aufnahmen (DWI) sind differenzialdiagnostisch hilfreich. Gelegentlich stellt sich als indirekter Hinweis auf eine spinale Ischämie ein Begleitinfarkt in einem Wirbelkörper dar. Suszeptibilitätsgewichtete Aufnahmen (SWI) zeigen Blut- und Eisenablagerungen.
- Liquoruntersuchung: Entnahme und Analyse des Nervenwassers, um andere Erkrankungen auszuschließen (z. B. Entzündungen). Eine Xanthochromie bzw.
- Elektrodiagnostische Methoden: Messung somatosensibel evozierter Potenziale (SEP) oder transkortikale Magnetstimulation (MEP) haben ihren Stellenwert bei der Dokumentation funktioneller Beeinträchtigungen im motorischen und sensiblen System, bei der prognostischen Einschätzung und bei der Verlaufskontrolle.
- CT und Myelo-CT: CT und Myelo-CT sind zur Darstellung spinaler Infarkte nicht geeignet, können aber knöcherne Veränderungen zeigen.
- Thorakale und abdominale MR-Angiografie: Die Darstellung von Stenosen oder Verschlüssen der spinalen Versorgungsgefäße kann nichtinvasiv durch MR-angiografische Verfahren gelingen.
Differenzialdiagnose
Es ist wichtig, andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen. Dazu gehören:
- Akute Myelitiden: Entzündungen des Rückenmarks.
- Akute Bandscheibenvorfälle: Verlagerung von Bandscheibengewebe, das auf das Rückenmark drückt.
- Spinal betonte Formen der Encephalomyelitis disseminata: Multiple Sklerose mit Schwerpunkt auf dem Rückenmark.
- Neuromyelitis-optica-Spektrum-Erkrankungen (NMOSD): Autoimmunerkrankungen, die das Rückenmark und die Sehnerven betreffen.
- Maligne Neoplasien und Metastasen: Krebserkrankungen und deren Absiedlungen im Rückenmark.
Behandlung einer Einblutung ins Rückenmark
Die Behandlung einer Einblutung ins Rückenmark richtet sich nach der Ursache, der Schwere der Symptome und dem allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten. Zu den möglichen Behandlungsoptionen gehören:
- Konservative Therapie:
- Medikamentöse Schmerztherapie: Im frühen Stadium helfen Medikamente gegen leichtere Schmerzen.
- Physiotherapie: Regelmäßige Bewegungstherapie, krankengymnastische und ergotherapeutische Übungen, um die Beweglichkeit wieder zu verbessern und die Muskulatur zu erhalten.
- Funktionelle Elektrostimulation (FES): Kann bei inkompletter Querschnittslähmung eingesetzt werden, um die Muskelaktivität zu verbessern.
- Operative Therapie:
- Entfernung von Kavernomen: Prinzipiell ist die komplette Kavernomentfernung die Therapie der Wahl, wenn ein Kavernom symptomatisch ist oder war (z. B. durch eine Blutung). Hat ein Kavernom einmal geblutet, besteht die Gefahr der erneuten Blutung, die häufig mit schwereren neurologischen Störungen verbunden ist als die primäre Blutung. Trotzdem wird nicht jedes geblutete Kavernom sofort operiert. Insbesondere bei Hirnstammkavernomen, die nicht bis an die Oberfläche reichen und keine oder nur sehr geringe neurologische Störungen verursachen, ist es häufig besser abzuwarten, da allein durch den Zugangsweg zum Kavernom deutliche neurologische Störungen entstehen können. Bei progredienten (fortschreitenden) neurologischen Störungen muß natürlich in jedem Fall operiert werden, da schwere irreversible Behinderungen resultieren können. Auch das Alter des Patienten ist von Bedeutung. Durch die Operation ist eine Heilung möglich. Rezidive sind nach kompletter Tumorentfernung extrem selten (kein Patient bisher in unserer Serie). Deshalb wird immer eine komplette Tumorentfernung angestrebt.
- Dekompressionsoperation: Ziel des neurochirurgischen Eingriffs ist es, dem Rückenmark und den Nerven wieder mehr Raum zu verschaffen. Hierzu wird meistens eine sog „ventrale Fusion“ durchgeführt. Die entfernte Bandscheibe wird dann durch einen Platzhalter ersetzt. Erstreckt sich die Verengung über mehrere Wirbelkörper, ist unter Umständen eine Ersatzoperation einzelner Wirbelkörper erforderlich.
- Rehabilitation: Eine langwierige Rehabilitation in einem Querschnittgelähmten-Zentrum ist notwendig, um verlorene Funktionen wiederzuerlangen und Kompensationsstrategien zu erlernen.
Prävention
Da viele Ursachen für eine Einblutung ins Rückenmark nicht vorhersehbar sind, ist eine gezielte Prävention schwierig. Es ist jedoch wichtig, Risikofaktoren wie Gefäßerkrankungen zu minimieren und Verletzungen vorzubeugen. Bei bekannten Gefäßmissbildungen im Rückenmarksbereich sollten regelmäßige Kontrolluntersuchungen durchgeführt werden.
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