Meningeome sind Tumore, die von den Hirnhäuten ausgehen, den schützenden Membranen, die das Gehirn und das Rückenmark umgeben. Sie machen etwa 30 % aller intrakraniellen Tumore bei Erwachsenen aus und treten vermehrt ab dem 50. Lebensjahr auf. Jährlich erkranken etwa 9 von 100.000 Menschen neu an einem Meningeom, wobei die Inzidenz mit dem Alter zunimmt. In etwa 90 % der Fälle handelt es sich um langsam wachsende, gutartige Tumoren. Es gibt jedoch auch seltene aggressive Untergruppen, die eine hohe Rezidivrate und rasches Wachstum aufweisen. Meningeome können überall dort entstehen, wo Hirnhäute vorkommen.
Definition und Klassifikation von Meningeomen
Meningeome gehen von den Hirnhäuten (Spinngewebshaut, Arachnoidea) aus, die das Gehirn unterhalb der harten Hirnhaut überziehen. In ca. 85 % der Fälle sind Meningeome gutartig und wachsen langsam. Teilweise können sie verkalken und eine knotige oder flächige Wachstumsform zeigen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) teilt Meningeome in drei Grade ein:
- WHO-Grad 1: Meningeom (gutartig)
- WHO-Grad 2: Atypisches Meningeom
- WHO-Grad 3: Anaplastisches Meningeom (bösartig)
Das Meningeom Grad 1 ist das mit Abstand häufigste. Atypische Meningeome (Grad 2) zeichnen sich durch ein erhöhtes Wachstumspotenzial aus und haben selbst nach kompletter operativer Entfernung eine hohe Rezidivrate. Anaplastische Meningeome vom Grad 3 sind bösartige Tumoren der Hirnhäute mit hochaggressivem Wachstum.
Ursachen von Meningeomen
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Meningeomen sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen Faktoren und bestimmten Umweltbedingungen eine Rolle spielt. Am häufigsten sind genetische Veränderungen bestimmter Tumorsuppressorproteine verantwortlich. Diese Proteine sind dafür zuständig, die Wahrscheinlichkeit zu senken, dass sich aus einer Zelle eine Tumorzelle entwickelt.
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Ein bekannter Risikofaktor für die Entstehung eines Meningeoms ist eine vorangegangene Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich. Die Tumoren können Jahrzehnte nach einer Bestrahlung auftreten. Auch seltene Krebs-Syndrome wie die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) sind mit einem erhöhten Risiko für Meningeome verbunden. Weibliche Geschlechtshormone wie Progesteron (Gestagen) und Östrogen beeinflussen das Wachstum von Meningeomzellen. Klare Hinweise gibt es beispielsweise zum Zusammenhang von hoch dosiertem Cyproteronacetat (CPA) und der Entstehung von Meningeomen.
Symptome von Meningeomen
Die Symptome eines Meningeoms variieren stark und hängen hauptsächlich von der genauen Lage und Größe des Tumors sowie von der Kompression des Hirngewebes ab. Durch ihr langsames Wachstum und die Anpassungsfähigkeit des Gehirns können Meningeome eine beträchtliche Größe erreichen, bevor sie auffällig werden.
Mögliche Symptome sind:
- Kopfschmerzen
- Neurologische Störungen wie Lähmungen der Glieder, Seh-, Sprach- und Riechstörungen
- Krampfanfälle / epileptische Anfälle
- Psychische Veränderungen und Verhaltensauffälligkeiten
- Hirndruckzeichen
- Gedächtnisverlust oder Verwirrtheit
- Schwindel oder Gleichgewichtsprobleme
- Hörverlust oder Tinnitus
Durch Irritationen des Gehirns können Meningeome auch die Ursache von Krampfanfällen sein.
Diagnose von Meningeomen
Die erste Diagnose wird mittels Computer-Tomographie (CT) und Magnetresonanztomographie (MRT) gestellt. In der CT erkennt der Arzt verkalkte Strukturen und eine Schwellung des umliegenden Hirngewebes gut. Das Kontrastmittel reichert sich im Meningeom an, sodass dieses auf dem Bild als helle Struktur sichtbar ist. Mit einer Kernspinuntersuchung (Magnetresonanztomografie, MRT) lässt sich der Tumor ebenfalls sehr gut darstellen. Beide Verfahren ermöglichen es dem Arzt, die genaue Größe und Position der Neubildung zu ermitteln. Aufschlussreich ist auch eine Röntgenuntersuchung der Blutgefäße (Angiografie) des Kopfes. Dadurch finden die Ärzte heraus, welche Gefäße mit dem Tumor in Verbindung stehen und deshalb bei einer Operation zu beachten sind. Außerdem erkennen Ärzte durch diese Untersuchung, ob der Tumor bestimmte Gefäße verlegt hat und dadurch den Blutfluss einschränkt.
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Meningeome unterscheiden sich durch ihre Lage auf der äußersten Hirnhaut (Dura mater) und durch charakteristische Ausläufer in ebendiese. Zudem weisen sie eine intensive Kontrastmittelaufnahme auf. In MRT-Scans werden oft nach außen verlaufende Verdickungen der harten Hirnhaut, das sogenannte „Dural Tail Sign“, sichtbar. Auch kann hier eine eventuelle Verwachsung (Invasion) des umgebenden Hirngewebes und die den Tumor umgebende Wassereinlagerung (Hirnödem) sehr gut dargestellt werden.
Behandlung von Meningeomen
Nicht jedes Meningeom bedarf einer sofortigen Therapie. In manchen Fällen beschränkt man sich auf eine Verlaufsbeobachtung. Ob ein Meningeom behandelt werden muss, kann vom Neurochirurgen je nach den individuellen Beschwerden und dem Ergebnis der bildgebenden Untersuchungen beurteilt werden. Die Therapiemethoden sind vom Gewebetyp des Tumors, vom Alter und Allgemeinzustand des Patienten und von der Größe und Lage des Tumors im Gehirn abhängig. Grundsätzlich gilt auch hier, je früher ein Gehirntumor erkannt wird, umso günstiger ist die Prognose für den Patienten. In Abhängigkeit von der WHO-Klassifikation des Tumors ist meist jedoch keine Heilung, sondern eine Symptomkontrolle ggf. mit Verlängerung des Überlebens und Stabilisierung bzw. Reduktion der Tumorgröße möglich.
Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:
- Mikrochirurgische Resektion: Bei einem mikrochirurgischen Eingriff wird eine möglichst komplette operative Entfernung des gutartigen Hirntumors angestrebt. Wiederholte Tumorentfernungen bei unvollständiger Resektion oder einem Nachwachsen des Tumors sind möglich. Die mikrochirurgische Resektion ist die bevorzugte Behandlungsmethode bei Meningeomen: Ziel des minimal-invasiven Eingriffs ist es, den Tumor möglichst vollständig zu entfernen. Da die Neurochirurgin oder der Neurochirurg dabei mit einer stark vergrößernden Sehhilfe arbeitet, ist eine hohe Präzision möglich und das Risiko, dass das umliegende Gewebe Schaden nimmt, ist sehr gering.
- Strahlentherapie: Die Bestrahlung ist eine häufige Behandlungsmethode bei Meningeomen. Sie kommt zum Einsatz, wenn eine operative Entfernung des Tumors nicht möglich ist, oder wenn sich der Tumor bei einem mikrochirurgischen Eingriff nicht komplett entfernen ließ. Dabei gibt es zwei Therapieformen: Bei der sogenannten stereotaktischen Radiochirurgie wird der Tumor einmalig sehr präzise mit einer hohen Strahlendosis bestrahlt. Das schont das umliegende gesunde Gewebe. Die fraktionierte Strahlentherapie verteilt die Gesamtdosis der Strahlung auf mehrere Sitzungen, was das Risiko von Nebenwirkungen reduzieren kann. Die sehr seltenen anaplastischen Meningeome (WHO Grad 3) werden mit einer zusätzlichen Strahlentherapie behandelt werden.
- Radiochirurgie (CyberKnife- & ZAP-X-Therapie): Die robotergeführte, hochpräzise Behandlung mit dem CyberKnife oder ZAP-X kann als primäre Therapieform bei kleineren, schwer operativ zu entfernenden Tumoren (z. B. Sinus Cavernosus Meningeom) sehr gut eingesetzt werden. In den meisten Fällen sprechen wir von einer einzigen Behandlungssitzung, durch die eine hohe Tumorkontrolle erreicht werden kann. Eine Ausnahme bilden Meningeome, die das optische System bzw. Ihre Sehfunktionen miteinschließen. Es gibt auch Fälle, in denen eine Kombination aus klassischer Operation und der CyberKnife-Therapie erforderlich sein kann. Es entstehen bei einer robotergeführten, radiochirurgischen Behandlung mit der CyberKnife-Therapie oder ZAP-X-Therapie keine Komplikationen durch eine Fixierung oder offene Operation.
- Chemotherapie: Chemotherapeutische Ansätze haben bisher keinen eindeutigen Nutzen zeigen können. Wenn aber Meningeome trotz einer Strahlentherapie schnell weiterwachsen oder wenn es sich doch um ein malignes, also um ein „bösartiges“ Meningeom handelt, kann eine Chemotherapie dabei helfen, das Tumorwachstum zu verlangsamen oder die Symptome zu lindern.
Findet sich um ein Meningeom eine Wasseransammlung im angrenzenden Hirngewebe (peritumorales Ödem), und treten hierdurch bedingt Beschwerden auf, kann mit dem Ziel der Abschwellung eine vorübergehende Therapie mit Kortison notwendig werden. Sind epileptische Anfälle aufgetreten, wird mit krampfanfallshemmenden Arzneimitteln behandelt. Diese medikamentöse Therapie sollte auch nach Entfernung des Meningeoms unter EEG-Kontrolle für einige Zeit fortgeführt werden.
Meningeome und Epilepsie
Das Auftreten vereinzelter epileptischer Anfälle ist bei Gehirntumoren keine Seltenheit. Sie können sogar das erste Symptom sein, mit dem sich ein Tumor im Gehirn zeigt. Wiederholte epileptische Anfälle über einen längeren Zeitraum sind jedoch eher ungewöhnlich und weisen auf eine besondere Gruppe von Tumoren hin. Durch Irritationen des Gehirns können Meningeome auch die Ursache von Krampfanfällen sein. Sind epileptische Anfälle aufgetreten, wird mit krampfanfallshemmenden Arzneimitteln behandelt. Diese medikamentöse Therapie sollte auch nach Entfernung des Meningeoms unter EEG-Kontrolle für einige Zeit fortgeführt werden.
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Prognose von Meningeomen
Die Prognose bei Meningeomen hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere vom WHO-Grad des Tumors, seiner Lage und Größe sowie der Möglichkeit einer vollständigen operativen Entfernung. Gutartige Meningeome (WHO-Grad 1) haben in der Regel eine gute Prognose, insbesondere wenn sie vollständig entfernt werden können. Die vollständige Entfernung eines gutartigen Meningeoms kommt meist einer Heilung gleich. Nach unvollständiger Operation ist das bei mehr als jedem zweiten Betroffenen so. Diese Zahl lässt sich jedoch durch eine Strahlentherapie nach dem Eingriff fast halbieren. So ist ein normales Leben mit einem Meningeom in vielen Fällen möglich. Ein bösartiges Meningeom (WHO-Grad 3) hat eine sehr viel schlechtere Prognose als gutartige Formen (WHO-Grad 1 und 2). Trotz Operation und Strahlentherapie kehrt es in bis zu 80 Prozent der Fälle zurück.
Abhängig von der Vollständigkeit der Meningeomentfernung, hängt das Risiko für ein Rezidiv vom belassenen Tumorrest ab. So findet sich in ca. 13% der Fälle nach vollständiger Resektion, und in bis zu 85% nach unvollständiger Entfernung, ein erneutes Tumorwachstum. Unabhängig davon besteht stets die Notwendigkeit einer regelmäßigen bildgebenden Nachuntersuchung.
Zufällig entdeckte Meningeome
Meningeome werden heute oft zufällig entdeckt. Auswertungen der letzten Jahrzehnte zeigen im Vergleich, dass Meningeome zunehmend häufiger zufällig entdeckt werden. Experten vermuten, dass asymptomatische Meningeome sehr häufig sind. Sie schätzen, dass 1 bis 3 Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen sind. Immer mehr (ältere) Menschen erhalten heute eine Bildgebung des Gehirns, insbesondere wenn aufgrund einer Krebserkrankung nach Metastasen gesucht wird. Dabei werden zunehmend leistungsstarke bildgebende Verfahren wie die MRT und kontrastmittelverstärkte Untersuchungen durchgeführt, mit denen auch kleine Meningeome, die keine Beschwerden machen, gut nachgewiesen werden können.
Die Datenlage: Bislang gibt es keine aussagekräftigen prospektiven Studien zum Umgang mit inzidentellen Meningeomen. Die vorliegenden Daten zeigen: Zufällig entdeckte asymptomatische Meningeome, die beobachtet werden, wachsen meist weiter. Sie führen im Verlauf aber nur sehr selten zu Beschwerden. Individuelle Abwägung notwendig: Das Vorgehen bei gutartigen Meningeomen muss immer die Vorteile einer Behandlung gegen die möglichen Einschränkungen, die das Therapieverfahren mit sich bringt, für den Einzelnen abwägen.
Eine Beobachtung (watch and wait) kommt vor allem bei kleinen Meningeomen infrage, wenn sie keine Beschwerden machen und keine Nachbarstrukturen gefährden. Eine Operation sollte stets angestrebt werden, wenn das Meningeom Beschwerden macht, rasch größer wird oder darüber hinaus in der Bildgebung Hinweise für ein aggressives Tumorwachstum vorliegen. Je nach Größe und Lage kann alternativ auch eine stereotaktische Strahlentherapie beziehungsweise eine Radiochirurgie (SRS) erfolgen.
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