Epileptische Anfälle sind ein komplexes neurologisches Phänomen, das durch vielfältige Faktoren ausgelöst werden kann. Ein besonderer Auslöser ist Licht, das bei fotosensitiver Epilepsie eine zentrale Rolle spielt. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Formen epileptischer Anfälle, die Ursachen und Mechanismen der Fotosensibilität und gibt Hinweise zu Prävention und Therapie.
Formen epileptischer Anfälle
Epileptische Anfälle lassen sich grundsätzlich in zwei Hauptformen unterteilen: fokale und generalisierte Anfälle.
Fokale Anfälle
Ein fokaler Anfall entsteht in einem bestimmten, umschriebenen Bereich des Gehirns. Die Symptome variieren je nachdem, welche Funktion der betroffene Hirnbereich steuert.
Motorische Symptome: Oft äußern sich fokale Anfälle durch motorische Symptome, die die Bewegung betreffen. Dies kann sich in Form von Zuckungen (klonischer Anfall) oder Verkrampfungen bzw. Versteifungen (tonischer Anfall) äußern. In manchen Fällen lässt die Muskelspannung in einer Körperregion plötzlich nach (atonischer Anfall), was beispielsweise zu einem abrupten Absinken des Kinns zur Brust oder einem seitlichen Abfallen des Kopfes führen kann.
Sensorische Symptome: Fokale Anfälle können auch mit sensorischen Symptomen beginnen, die Sinneseindrücke betreffen. Patienten berichten von Missempfindungen wie Kribbeln, Brennen, Kälte- oder Wärmegefühlen in einem Körperteil. Auch Halluzinationen sind möglich, bei denen vermeintliche Geräusche, Stimmen, Gerüche oder Geschmäcker wahrgenommen werden. Optische Halluzinationen können sich in Form von Lichtblitzen oder ganzen Szenen äußern.
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Weitere Symptome: Schwindel und Angstgefühle können ebenfalls Begleiterscheinungen eines fokalen Anfalls sein.
Einfache vs. komplexe fokale Anfälle: Bleibt der Patient während des Anfalls bei vollem Bewusstsein, spricht man von einem einfachen fokalen Anfall. Im Gegensatz dazu ist ein komplexer fokaler Anfall von einer mehr oder weniger ausgeprägten Bewusstseinsstörung begleitet. Betroffene wirken benommen, abwesend oder verwirrt und reagieren oft unwillig oder aggressiv auf Störungen von außen. Typisch für komplexe fokale Anfälle sind Automatismen, unbewusste und oft rhythmische Bewegungsabläufe wie Kaubewegungen, Schmatzen, rhythmische Bewegungen der Hände oder Nesteln an der Kleidung.
Die Dauer komplexer fokaler Anfälle erstreckt sich in der Regel über einige Minuten bis zu einer Viertelstunde. Anschließend erinnern sich die Patienten nicht mehr an den Anfall selbst (Gedächtnislücke).
Sekundäre Generalisierung: Ein fokaler Anfall kann sich im weiteren Verlauf generalisieren, d.h. auf das gesamte Gehirn übergreifen. Dies wird als sekundär generalisierter Anfall bezeichnet.
Generalisierte Anfälle
Bei generalisierten Anfällen feuern praktisch alle Nervenzellen im Gehirn kurzzeitig synchron und entladen sich exzessiv. Diese Anfälle sind häufig von Bewusstlosigkeit begleitet, aber nicht zwangsläufig schwerer als fokale Anfälle.
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Motorische Anfallsformen: Generalisierte Krampfanfälle können sich in unterschiedlicher Form äußern, oft mit motorischen Attacken. Dazu gehören tonische, klonische und atonische Anfälle, die jedoch bei generalisierter Epilepsie ausgedehnter sind als bei der fokalen Form.
Tonische Anfälle: Bei einem generalisierten tonischen Anfall verkrampfen und versteifen sich potenziell alle Gliedmaßen. Das Bewusstsein des Patienten ist dabei oft getrübt.
Atonische Anfälle: Bei einem atonischen Anfall lässt plötzlich die Muskelspannung nach, etwa in den Beinen, was zu Stürzen führen kann.
Klonische Anfälle: Ein ausgedehnter klonischer Anfall äußert sich durch langsame Zuckungen großer Muskelgruppen, während der Patient meist bewusstlos ist.
Myoklonische Anfälle: Im Gegensatz dazu kommt es bei einem myoklonischen Anfall zu plötzlichen, schnellen Zuckungen einzelner Muskelgruppen, wobei der Patient meist bei Bewusstsein bleibt.
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Grand-Mal-Anfall: Die bekannteste Anfallsform ist der generalisierte tonisch-klonische Krampfanfall (Grand Mal). Er verläuft in zwei Phasen:
- Tonische Phase: Der Körper ist steif, die Arme und Beine sind meist gestreckt. Der Patient ist tief bewusstlos, und die Atmung kann kurzzeitig aussetzen, was zu Sauerstoffmangel und einer bläulichen Verfärbung der Haut (Zyanose) führen kann.
- Klonische Phase: Nach zehn bis 30 Sekunden folgt die klonische Phase mit unkontrollierten Zuckungen in Armen und Beinen. In dieser Phase können sich Patienten auf die Zunge beißen, und es kann zu unwillkürlichem Harn- und Stuhlabgang kommen. Die klonische Phase dauert im Allgemeinen nur wenige Minuten.
Nach dem Grand-Mal-Anfall fallen die Patienten in einen tiefen Schlaf und erinnern sich nach dem Aufwachen nicht mehr an den Anfall, haben aber meist Muskelkater.
Absencen (Petit Mal): Einige Epilepsie-Patienten erleben generalisierte Anfälle in ihrer mildesten Ausprägung als Absencen. Dabei kommt es zu einer abrupten, sekundenlangen Bewusstseinsstörung, bei der der Betroffene seiner Umgebung keinerlei Aufmerksamkeit schenkt, aber nicht das Bewusstsein verliert.
Mediziner unterscheiden verschiedene Arten von Absencen:
- Typische Absencen: Der Patient hält plötzlich in seiner Aktivität inne, sein Blick wird starr und leer, das Gesicht wirkt ausdruckslos. Nach einigen Sekunden setzt er seine Aktivität fort, als wäre nichts gewesen.
- Komplexe typische Absencen: Eine einfache typische Absence kann mit leichten, beidseitigen Muskelzuckungen einhergehen oder durch plötzliche Muskelanspannung den Kopf nach hinten ziehen (Sternguckerzeichen).
- Atypische Absencen: Die Begleiterscheinungen sind hier noch deutlicher als bei komplexen typischen Absencen. Der Anfall beginnt und endet nicht so abrupt, und atypische Absencen treten eventuell immer häufiger hintereinander auf, bis schließlich ein Absence-Anfall in den nächsten übergeht (Absence-Status), was gefährlich ist und behandelt werden muss.
Epileptischer Anfall durch Licht: Fotosensibilität
Bestimmte visuelle Reize können epileptische Anfälle auslösen. Dies wird als Fotosensibilität bezeichnet, eine Unterart der Reflexepilepsie.
Reflexepilepsie und Fotosensibilität
Die Reflexepilepsie ist eine seltene Form der Epilepsie, bei der Anfälle ausschließlich durch sehr spezifische Auslöser hervorgerufen werden. Das Gehirn reagiert reflexartig auf einen bestimmten Reiz, sei es ein Geräusch, eine Berührung oder eben eine visuelle Wahrnehmung. Die Fotosensibilität ist die häufigste Form der Reflexepilepsie.
Auslöser von Fotosensibilität
Häufige Auslöser sind:
- Stroboskop-Blitze in Diskotheken
- Schnelle Licht-Schatten-Wechsel, z.B. bei Fahrten durch Alleen
- Flackernde Lichtreize mit Frequenzen zwischen fünf und 50 Hertz in Videospielen oder Fernsehsendungen
- Schneller Wechsel von rotem und blauem Licht
- Kontrastreiche Streifen- oder Schachbrettmuster
- Sonne und regelmäßige Streifenmuster, z.B. auf einem Getreidefeld
Gamma-Wellen als Auslöser
Neurowissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass epileptische Anfälle bei Fotosensibilität maßgeblich durch Gamma-Wellen im Gehirn ausgelöst werden. Diese Gehirnwellen im Frequenzbereich zwischen 30 und 80 Hertz entstehen im visuellen Kortex, wenn empfindliche Menschen Bilder mit breiten schwarzen und weißen Balken betrachten. Je stärker die Kontraste, je breiter die Balken und je deutlicher das Gittermuster, desto mehr Gamma-Wellen werden gemessen.
Maßnahmen bei Fotosensibilität
Es gibt einige Maßnahmen, die nachweislich helfen:
- Sonnenbrille tragen, um anfallsgefährdende Licht-Schatten-Kontraste zu verringern
- Stroboskop-Lichter in Diskotheken vermeiden
- Antiepileptika einsetzen
Weitere Formen der Reflexepilepsie
Neben der Fotosensibilität gibt es zahlreiche andere Arten der Reflexepilepsie, die durch höchst spezifische Auslöser hervorgerufen werden können:
- Berührung feinster Strukturen wie Seide oder Zucker
- Akustische Schreckreize (Startle-Epilepsie)
- Bestimmte Töne oder Melodien (audiogene Reflexepilepsie)
- Essen
- Lesen
- Rechnen
- Denken
- Lösen von Sudoku-Rätseln
- Zähneputzen
Epilepsie: Ursachen und Auslöser im Allgemeinen
Epilepsie ist eine chronische neurologische Erkrankung, die durch wiederholte spontane epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle resultieren aus einer Funktionsstörung des Gehirns, bei der es zu einer abnormen und synchronisierten Erregungsausbreitung zentraler Neurone kommt.
Pathogenese der Epilepsie
Die Pathogenese der Epilepsie beruht auf einer Funktionsstörung des Gehirns, bei der es zu einer abnormen neuronalen Erregungsausbreitung kommt. Die Ursachen sind vielfältig und umfassen:
- Ungleichgewicht zwischen erregenden und hemmenden Neurotransmittern (z.B. Glutamat und GABA)
- Dysfunktionen der Ionenkanäle
- Veränderungen der neuronalen Netzwerke
Trigger für epileptische Anfälle
Verschiedene Trigger können Anfälle auslösen:
- Schlafstörungen
- Flackerlicht
- Fieber
- Alkoholkonsum
- Hormonelle Schwankungen (insbesondere bei Frauen)
- Medikamentenentzug
Ursachen von Epilepsien bei Kindern
Bei Kindern können Epilepsien u.a. durch folgende Ursachen ausgelöst werden:
- Medikamentenentzug
- Enzephalitiden (Gehirnentzündungen)
- Porphyrie
Wichtige Hinweise
- Nicht jeder auslösende Faktor lässt sich vermeiden.
- Patienten, die einen bestimmten Auslöser für ihre Anfälle vermuten, sollten dies mit einem Epileptologen abklären.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose von Epilepsie erfordert eine sorgfältige Anamnese, neurologische Untersuchung und EEG-Untersuchungen. Die Behandlung zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika ist die häufigste Behandlungsmethode. Bis zu zwei Drittel der Patienten werden durch die medikamentöse Therapie anfallsfrei.
Weitere Therapieoptionen
- Chirurgische Eingriffe
- Ketogene Diät
- Vagusnervstimulation
Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
Es ist wichtig, dass Angehörige und Betroffene wissen, wie man schnell und präzise Erste Hilfe während eines Anfalls leistet:
- Ruhe bewahren
- Den Patienten vor Verletzungen schützen
- Nicht versuchen, den Krampf zu unterdrücken
- Nach dem Anfall den Patienten in eine stabile Seitenlage bringen
- Bei einem Grand-Mal-Anfall den Notruf wählen, wenn der Anfall länger als fünf Minuten dauert oder sich wiederholt
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