Eine Hirnhautentzündung, in der Fachsprache als Meningitis bezeichnet, ist eine Entzündung der Hirnhäute und der benachbarten Strukturen, die das Gehirn und das Rückenmark umgeben. Sie kann durch verschiedene Erreger verursacht werden, darunter Viren, Bakterien, Pilze und Parasiten. Die Erkrankung kann sich innerhalb von Stunden entwickeln und jeden betreffen, wobei Kinder in den ersten drei Lebensjahren ein besonders hohes Risiko haben, an einer bakteriellen Meningitis zu erkranken.
Ursachen einer Hirnhautentzündung
Die Ursachen einer Meningitis sind vielfältig. Man unterscheidet hauptsächlich zwischen infektiösen und nicht-infektiösen Ursachen.
Infektiöse Ursachen
Infektiöse Ursachen sind die häufigsten Auslöser einer Meningitis. Die Erreger können über verschiedene Wege in den Körper gelangen und sich zu den Hirnhäuten ausbreiten.
- Viren: Virale Meningitiden sind die häufigsten Formen der Hirnhautentzündung. Auslöser können verschiedene Viren sein, darunter:
- FSME-Virus (Frühsommer-Meningoenzephalitis), das durch Zeckenbisse übertragen wird.
- Herpes-Simplex-Virus
- Varizella-Zoster-Virus (Windpocken-Virus)
- Epstein-Barr-Virus
- Mumps-Virus
- Coxsackie-Virus (Erreger der Hand-Fuß-Mund-Krankheit)
- Enteroviren
- Parechoviren
- SARS-CoV-2 (Erreger von COVID-19)
- Arboviren (durch Mücken oder Zecken übertragen)
- Grippe-, Masern- und Mumpsviren
- Bakterien: Bakterielle Meningitiden sind seltener, aber gefährlicher als virale Meningitiden. Zu den häufigsten bakteriellen Erregern gehören:
- Meningokokken (Neisseria meningitidis)
- Pneumokokken
- Haemophilus influenzae Typ B
- Streptokokken der Gruppe B
- Listeria monocytogenes
- Escherichia coli (besonders bei Neugeborenen)
- Staphylokokken
- Tuberkulosebakterien
- Borrelien (verursachen Neuroborreliose nach Zeckenbiss)
- Pilze: Pilzinfektionen als Ursache einer Meningitis sind selten und treten hauptsächlich bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem auf, z.B. bei HIV/Aids. Hefe- oder Schimmelpilze können die Auslöser sein.
- Parasiten: Parasitäre Meningitiden sind in Deutschland sehr selten. Bandwürmer oder andere Parasiten können die Ursache sein.
Die Erreger können über verschiedene Wege zu den Hirnhäuten gelangen:
- Tröpfcheninfektion: Viele Erreger werden über Tröpfcheninfektion übertragen, also beim Sprechen, Husten oder Niesen.
- Schmierinfektion: Einige Bakterien, wie Meningokokken, können durch Schmierinfektion über die Hände übertragen werden.
- Direkte Ausbreitung: Bei Entzündungen in der Nähe der Hirnhäute, wie Mittelohrentzündung oder Nasennebenhöhlenentzündung, kann sich die Infektion direkt auf die Hirnhäute ausbreiten.
- Blutbahn: Bakterien können die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums besiedeln, in Blutgefäße eindringen und über die Blutbahn zu den Hirnhäuten gelangen.
- Nervenbahnen: Viren können entlang der Nervenbahnen zu den Hirnhäuten wandern.
- Zeckenbiss: FSME-Viren werden durch Zeckenbisse übertragen.
- Verunreinigte Lebensmittel: Listerien können über verunreinigte Lebensmittel übertragen werden.
Nicht-infektiöse Ursachen
In seltenen Fällen kann eine Meningitis auch nicht-infektiöse Ursachen haben:
Lesen Sie auch: Behandlung von Hirnhautentzündung bei Kindern
- Autoimmunerkrankungen: Erkrankungen wie Sarkoidose, Lupus erythematodes, rheumatoide Arthritis oder Morbus Behcet können eine aseptische Meningitis verursachen.
- Krebserkrankungen: In seltenen Fällen kann eine Krebserkrankung zu einer Meningitis führen.
- Medikamente: Bestimmte Medikamente, wie entzündungshemmende Schmerzmittel oder bestimmte Antibiotika, können als Nebenwirkung eine Meningitis auslösen.
- Toxoplasmose
- Entzündliche Erkrankungen
Symptome einer Hirnhautentzündung
Die Symptome einer Meningitis können je nach Alter des Patienten und Art des Erregers variieren. Im Allgemeinen ähneln die ersten Anzeichen oft denen einer Grippe.
Allgemeine Symptome
- Fieber: Hohes Fieber (bis zu 40 Grad Celsius) ist ein häufiges Symptom, kann aber bei Säuglingen auch fehlen oder durch eine niedrige Körpertemperatur ersetzt sein.
- Kopfschmerzen: Starke, anhaltende Kopfschmerzen, die sich bei Bewegung verschlimmern können.
- Nackensteifigkeit: Schmerzhafte Nackensteifigkeit (Meningismus), die das Beugen des Kopfes zur Brust erschwert oder unmöglich macht.
- Lichtempfindlichkeit: Gesteigerte Empfindlichkeit gegenüber Licht (Photophobie).
- Übelkeit und Erbrechen
- Abgeschlagenheit und Müdigkeit
- Allgemeines Krankheitsgefühl
- Schüttelfrost
- Schwindel
- Unruhe und Verwirrtheit: Konzentrationsstörungen, Desorientierung oder Rastlosigkeit.
- Schläfrigkeit und Apathie: Extreme Müdigkeit und vermehrtes Schlafen.
- Hautausschlag: Bei bakterieller Meningitis können kleine, rot-bräunliche Flecken (Petechien) auf der Haut auftreten, die sich im Verlauf vergrößern.
- Bewusstseinsstörungen: Benommenheit bis hin zum Koma.
- Krampfanfälle
- Neurologische Ausfälle: Sprech- und Bewegungsstörungen.
Symptome bei Säuglingen und Kleinkindern
Bei Säuglingen und Kleinkindern können die Symptome einer Meningitis unspezifischer sein:
- Fieber oder Untertemperatur
- Starke Müdigkeit und Teilnahmslosigkeit
- Gereiztheit und schrilles Schreien
- Trinkschwäche
- Bauchschmerzen
- Krampfanfälle
- Vorgewölbte Fontanelle: Die Fontanelle (Knochenspalte auf dem Schädeldach) kann vorgewölbt sein.
- Berührungsempfindlichkeit
- Appetitlosigkeit
- Weniger offensichtliche Nackensteifigkeit
Spezifische Symptome bei bestimmten Erregern
- Meningokokken-Meningitis: Kleine, punktförmige Einblutungen in die Haut (Petechien), Blutdruckabfall, Schock und Koma.
- Tuberkulöse Meningitis und Meningitis bei Neuroborreliose: Zunächst Fieber als einziges Symptom, langsames Fortschreiten der Krankheit, erst spätes Auftreten von Kopfschmerzen und Nackensteife.
Diagnose einer Hirnhautentzündung
Bei Verdacht auf Meningitis ist eine schnelle Diagnose entscheidend. Der Arzt wird zunächst eine ausführliche Anamnese erheben und den Patienten körperlich untersuchen.
Anamnese
Der Arzt wird Fragen stellen zu:
- Aktuellen Beschwerden (Kopfschmerzen, Fieber, Nackensteifigkeit)
- Vorerkrankungen (HIV, Sarkoidose, Borreliose)
- Medikamenteneinnahme
- Allergien
- Kontakt zu anderen Personen mit ähnlichen Symptomen
- Kürzlichen Auslandsaufenthalten
- Impfstatus
Körperliche Untersuchung
Der Arzt wird auf typische Anzeichen einer Meningitis achten, wie:
Lesen Sie auch: Symptome: Hirnhautentzündung ohne Fieber
- Nackensteifigkeit (Meningismus): Der Arzt versucht, den Kopf des Patienten mit dem Kinn zum Brustkorb zu führen.
- Brudzinski-Zeichen: Beim Anheben des Kopfes zieht der Patient reflexartig die Beine an.
- Kernig-Zeichen: Der Patient kann im Sitzen das Bein nicht mehr ausstrecken, ohne dass es zu starken Schmerzen kommt.
- Lasègue-Zeichen: Beim Anheben des gestreckten Beines verspürt der Patient vom Rücken in das Bein einschießende Schmerzen.
- Hautuntersuchung: Auf Einblutungen (Petechien) achten.
Weitere Untersuchungen
Bei Verdacht auf Meningitis werden weitere Untersuchungen durchgeführt, um die Diagnose zu sichern und den Erreger zu identifizieren:
- Blutuntersuchung:
- Blutkulturen zum Nachweis von Bakterien im Blut.
- Entzündungswerte (Leukozyten, CRP, Blutkörperchensenkungsgeschwindigkeit).
- Lumbalpunktion (Nervenwasserentnahme): Entnahme von Nervenwasser (Liquor) aus dem Rückenmarkskanal zur Untersuchung auf:
- Erreger (Bakterien, Viren, Pilze).
- Entzündungszellen.
- Eiweiß und Zucker.
- Bildgebende Verfahren:
- Computertomografie (CT) oder Magnetresonanztomografie (MRT) des Gehirns, um andere Ursachen auszuschließen oder Komplikationen zu erkennen.
- Rachenabstrich
- Elektroenzephalografie (EEG)
Therapie einer Hirnhautentzündung
Die Therapie einer Meningitis richtet sich nach der Ursache der Erkrankung.
Bakterielle Meningitis
Eine bakterielle Meningitis ist ein Notfall und muss so schnell wie möglich mit Antibiotika behandelt werden. Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige Genesung.
- Antibiotika: Breitbandantibiotika werden sofort nach Verdacht auf bakterielle Meningitis verabreicht, noch bevor der genaue Erreger bekannt ist. Nach Identifizierung des Erregers wird die Antibiotikatherapie entsprechend angepasst.
- Glukokortikoide: Entzündungshemmende Medikamente (Kortikosteroide) können zusätzlich verabreicht werden, um die Schwellung des Gehirns zu reduzieren.
- Intensivmedizinische Behandlung: In schweren Fällen ist eine intensivmedizinische Betreuung erforderlich.
- Isolation: Patienten mit bakterieller Meningitis sind ansteckend und werden für 24 Stunden nach Beginn der Antibiotikatherapie isoliert.
- Prophylaktische Behandlung von Kontaktpersonen: Enge Kontaktpersonen (Familie, Kindergarten, Schule) erhalten möglicherweise vorbeugend Antibiotika.
Virale Meningitis
Eine virale Meningitis verläuft in der Regel milder als eine bakterielle Meningitis und heilt oft von selbst aus. Die Behandlung konzentriert sich auf die Linderung der Symptome:
- Virostatika: Bei bestimmten viralen Erregern (z.B. Herpes-Simplex-Virus) können Virostatika eingesetzt werden.
- Symptomatische Therapie:
- Schmerzlinderung.
- Fiebersenkende Medikamente.
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
- Medikamente gegen Übelkeit.
Weitere Therapien
- Pilzbedingte Meningitis: Antimykotika.
- Parasitenbedingte Meningitis: Antihelminthika.
- Nicht-infektiöse Meningitis: Behandlung der Grunderkrankung (z.B. Autoimmunerkrankung, Krebs).
Vorbeugung einer Hirnhautentzündung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einer Meningitis vorzubeugen:
Lesen Sie auch: Meningitis und Fieber: Was Sie wissen müssen
- Impfungen: Gegen einige der häufigsten bakteriellen Erreger der Meningitis stehen Impfungen zur Verfügung. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt folgende Impfungen für Kinder:
- Meningokokken-Impfung: Impfung gegen Meningokokken C für alle Kinder im Alter von 12 Monaten. Eine fehlende Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden. Für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhtem Infektionsrisiko stehen Vierfach-Impfstoffe gegen Meningokokken der Serogruppen A, C, W und Y zur Verfügung. Gegen die Meningokokken-B-Meningitis gibt es seit 2013/2017 eigene Impfstoffe.
- Pneumokokken-Impfung: Für alle Kinder ab dem Alter von 2 Monaten empfohlen.
- Haemophilus influenzae Typ B (Hib)-Impfung: Für alle Kinder empfohlen.
- Mumps-Masern-Röteln (MMR)-Impfung: Schützt auch vor einer Meningitis, die durch diese Viren verursacht werden kann.
- FSME-Impfung: Für Personen, die in FSME-Risikogebieten leben oder sich dort aufhalten und von Zecken gestochen werden könnten.
- Hygiene: Regelmäßiges Händewaschen kann die Übertragung von Erregern verhindern.
- Küchenhygiene: Sorgfältige Küchenhygiene und der rasche Verzehr frischer Lebensmittel können vor Listerien schützen.
- Vermeidung von Zeckenbissen: In FSME-Risikogebieten sollten Zeckenbisse vermieden werden (lange Kleidung, Zeckenspray).
Verlauf und Prognose
Der Verlauf und die Prognose einer Meningitis hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Art des Erregers: Bakterielle Meningitiden sind in der Regel schwerwiegender als virale Meningitiden.
- Alter des Patienten: Säuglinge und ältere Menschen haben oft eine schlechtere Prognose.
- Allgemeiner Gesundheitszustand des Patienten: Menschen mit einem geschwächten Immunsystem haben ein höheres Risiko für Komplikationen.
- Zeitpunkt der Diagnose und Behandlung: Je früher die Behandlung beginnt, desto besser sind die Chancen auf eine vollständige Genesung.
Unbehandelt führt eine bakterielle Meningitis fast immer zum Tod. Bei rechtzeitiger Behandlung ist die Aussicht auf eine vollständige Genesung jedoch gut. Virale Meningitiden heilen meist innerhalb von wenigen Wochen ohne Folgeschäden aus.
Mögliche Komplikationen und Spätfolgen
- Hirnschäden: Bleibende neurologische Schäden wie Hörverlust, Lähmungen, Lernschwierigkeiten, Gedächtnisprobleme, Epilepsie, psychische Probleme oder Verhaltensauffälligkeiten.
- Hirnödem
- Sepsis (Blutvergiftung)
- ARDS (akutes Atemnotsyndrom)
- Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
- Nierenversagen
- Apallisches Syndrom (Syndrom reaktionsloser Wachheit)
- Retrograde Amnesie
- Tod
tags: #fieber #bei #hirnhautentzündung #ursachen