Fieberkrämpfe und Epilepsie sind zwei unterschiedliche neurologische Zustände, die oft miteinander verwechselt werden, insbesondere bei Kindern. Dieser Artikel soll die Unterschiede zwischen Fieberkrämpfen und Epilepsie aufzeigen, ihre jeweiligen Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten erläutern und Eltern und Betroffenen helfen, die Zusammenhänge besser zu verstehen.
Was ist ein Fieberkrampf?
Ein Fieberkrampf ist ein Krampfanfall, der bei Kindern im Alter von etwa sechs Monaten bis fünf Jahren in Verbindung mit Fieber auftritt. Bis zu 5 % der Kinder in diesem Alter erleben mindestens einmal einen solchen Anfall. Fieberkrämpfe werden durch einen raschen Anstieg oder Abfall der Körpertemperatur ausgelöst, wobei der schnelle Temperaturwechsel ausschlaggebender sein kann als die Höhe des Fiebers selbst. Man geht davon aus, dass Abwehrstoffe gegen Krankheitserreger die Krampfschwelle im Gehirn vorübergehend absenken.
Symptome eines Fieberkrampfes
Ein Fieberkrampf kann sich durch folgende Symptome äußern:
- Bewusstseinsverlust
- Verdrehen der Augen
- Versteifung des Körpers
- Zuckungen der Arme und Beine
- Blaufärbung der Lippen (Zyanose)
Die meisten Fieberkrämpfe dauern nur wenige Sekunden bis maximal 15 Minuten und enden von selbst. Nach dem Anfall erholen sich die Kinder in der Regel rasch und vollständig.
Arten von Fieberkrämpfen
Es gibt zwei Hauptarten von Fieberkrämpfen:
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- Einfache Fieberkrämpfe: Diese dauern weniger als 15 Minuten, treten nur einmal innerhalb von 24 Stunden auf und betreffen den ganzen Körper.
- Komplizierte Fieberkrämpfe: Diese dauern länger als 15 Minuten, wiederholen sich innerhalb von 24 Stunden oder betreffen nur einen Teil des Körpers (fokaler Anfall).
Was tun bei einem Fieberkrampf?
Wenn ein Kind einen Fieberkrampf hat, sollten Eltern folgende Maßnahmen ergreifen:
- Ruhe bewahren: Auch wenn es schwerfällt, ist es wichtig, ruhig zu bleiben, um dem Kind bestmöglich zu helfen.
- Umgebung sichern: Entfernen Sie alle gefährlichen Gegenstände aus der Umgebung des Kindes, um Verletzungen zu vermeiden. Schieben Sie beispielsweise einen Stuhl, der sich in der Nähe des Kopfes des Kindes befindet, zur Seite. Wenn das Kind in der Nähe eines größeren Möbelstücks liegt, ziehen Sie es vorsichtig davon weg.
- Kind nicht festhalten: Versuchen Sie nicht, die Zuckungen des Kindes zu unterbinden.
- Nichts in den Mund stecken: Stecken Sie niemals einen Gegenstand zwischen die Zähne des Kindes, da dies zu Verletzungen führen kann.
- Stabile Seitenlage: Wenn sich das Kind erbricht, bringen Sie es vorsichtig in die stabile Seitenlage, um zu verhindern, dass es Erbrochenes einatmet.
- Rettungsdienst rufen: Informieren Sie den Rettungsdienst, insbesondere wenn es sich um den ersten Fieberkrampf des Kindes handelt oder der Anfall länger als fünf Minuten dauert.
- Notfallmedikamente verabreichen: Wenn das Kind bereits früher Fieberkrämpfe hatte und ein Notfallmedikament (z. B. Diazepam-Zäpfchen) verschrieben bekommen hat, verabreichen Sie dieses gemäß den Anweisungen des Arztes.
- Ärztliche Untersuchung: Lassen Sie das Kind nach dem Anfall ärztlich untersuchen, um eine Hirnhautentzündung oder andere ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.
Vorbeugung von Fieberkrämpfen
Es gibt kein sicheres Mittel, um das erneute Auftreten von Fieberkrämpfen zu verhindern. Fiebersenkende Maßnahmen wie Wadenwickel oder fiebersenkende Medikamente können das Wohlbefinden des Kindes verbessern, verhindern aber nicht zuverlässig weitere Anfälle. Eltern sollten sich nicht schuldig fühlen, wenn ihr Kind trotz Fiebersenkung erneut einen Fieberkrampf erleidet.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte, unprovozierte Krampfanfälle gekennzeichnet ist. Ein einzelner Krampfanfall bedeutet nicht automatisch, dass eine Person an Epilepsie erkrankt ist. Erst wenn Anfälle spontan und ohne erkennbaren Auslöser auftreten, spricht man von Epilepsie. Etwa 10 % aller Menschen erleiden in ihrem Leben einen Krampfanfall, ohne jemals an Epilepsie zu erkranken.
Ursachen von Epilepsie
Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft unbekannt. Einige mögliche Ursachen sind:
- Genetische Faktoren: In manchen Fällen ist Epilepsie erblich bedingt.
- Hirnschäden: Schädelverletzungen, Schlaganfälle oder Infektionen des Gehirns können zu Epilepsie führen.
- Entwicklungsstörungen: Angeborene Fehlbildungen des Gehirns können Epilepsie verursachen.
- Stoffwechselstörungen: Bestimmte Stoffwechselerkrankungen können das Risiko für Epilepsie erhöhen.
Arten von Epilepsie
Es gibt verschiedene Arten von Epilepsie, die sich in ihren Symptomen und Ursachen unterscheiden. Einige Beispiele sind:
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- Fokale Epilepsie: Die Anfälle gehen von einem bestimmten Bereich im Gehirn aus.
- Generalisierte Epilepsie: Die Anfälle betreffen das gesamte Gehirn.
- Absence-Epilepsie: Kurze Bewusstseinsaussetzer (Absencen) treten auf.
- Rolando-Epilepsie: Anfälle treten meist im Schlaf auf und betreffen eine Gesichtshälfte.
- Juvenile myoklonische Epilepsie: Muskelzuckungen treten vor allem morgens auf.
- West-Syndrom: Eine schwere Epilepsieform, die im Säuglingsalter beginnt.
- Dravet-Syndrom: Eine seltene, genetisch bedingte Epilepsieform mit schwerwiegenden Entwicklungsstörungen.
Diagnose von Epilepsie
Die Diagnose von Epilepsie umfasst in der Regel folgende Schritte:
- Anamnese: Der Arzt erfragt die Krankengeschichte des Patienten und seiner Familie.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht den Patienten neurologisch.
- EEG (Elektroenzephalogramm): Das EEG misst die Hirnströme und kann Auffälligkeiten aufzeigen, die auf eine Epilepsie hindeuten.
- Bildgebung: MRT (Magnetresonanztomografie) oder CT (Computertomografie) des Gehirns können strukturelle Veränderungen aufdecken, die Epilepsie verursachen könnten.
- Blutuntersuchungen: Blutuntersuchungen können Stoffwechselstörungen oder andere Erkrankungen ausschließen, die Anfälle verursachen könnten.
- Genetische Tests: In manchen Fällen können genetische Tests durchgeführt werden, um genetische Ursachen für die Epilepsie zu identifizieren.
Behandlung von Epilepsie
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsoptionen sind:
- Medikamente (Antiepileptika): Antiepileptika sind die häufigste Behandlung für Epilepsie. Sie helfen, die Erregbarkeit der Nervenzellen im Gehirn zu reduzieren und so Anfälle zu verhindern. Es gibt viele verschiedene Antiepileptika, und der Arzt wird das am besten geeignete Medikament für den jeweiligen Patienten auswählen. Oftmals müssen verschiedene Präparate ausprobiert werden, bis das richtige gefunden ist.
- Ketogene Diät: Eine spezielle Diät mit wenig Kohlenhydraten und viel Fett kann bei manchen Patienten mit schwer behandelbarer Epilepsie helfen, die Anfälle zu reduzieren.
- Vagusnervstimulation (VNS): Ein kleines Gerät wird unter die Haut implantiert und sendet elektrische Impulse an den Vagusnerv, der wiederum das Gehirn beeinflusst. Die VNS kann bei manchen Patienten die Anfallshäufigkeit reduzieren.
- Operation: In seltenen Fällen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um den Bereich im Gehirn zu entfernen, der die Anfälle verursacht. Dies ist jedoch nur möglich, wenn die Anfälle von einem klar definierten Bereich ausgehen (fokale Epilepsie).
Fieberkrampf vs. Epilepsie: Die wichtigsten Unterschiede
| Merkmal | Fieberkrampf | Epilepsie |
|---|---|---|
| Auslöser | Fieber (schneller Anstieg oder Abfall) | Spontan, ohne erkennbaren Auslöser |
| Alter | Meist Kinder zwischen 6 Monaten und 5 Jahren | Kann in jedem Alter auftreten |
| Dauer | Meist kurz (wenige Sekunden bis 15 Minuten) | Variabel |
| Wiederholung | Kann sich bei Fieber wiederholen | Wiederholte Anfälle ohne Fieber |
| Langzeitfolgen | In der Regel keine | Kann zu Entwicklungsstörungen führen |
| Behandlung | Fiebersenkende Maßnahmen, evtl. Notfallmedikamente | Antiepileptika, ketogene Diät, VNS, Operation |
| Risiko für Epilepsie | Gering erhöht | Hoch (da per Definition bereits Anfälle auftreten) |
Langzeitfolgen und Risiken
Fieberkrampf
In den meisten Fällen haben Fieberkrämpfe keine langfristigen Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes. Es besteht jedoch ein leicht erhöhtes Risiko, später im Leben an Epilepsie zu erkranken. Laut einer dänischen Studie steigt die Wahrscheinlichkeit, eine Epilepsie zu entwickeln, nach dem dritten Fieberkrampf auf etwa 15,8 % (verglichen mit einem „normalen“ Risiko von etwa 2,2 %). Wiederholte Fieberkrämpfe können auch das Risiko für psychiatrische Erkrankungen erhöhen.
Epilepsie
Epilepsie kann je nach Schweregrad und Häufigkeit der Anfälle verschiedene Auswirkungen auf das Leben der Betroffenen haben. Häufige Anfälle können körperlich und psychisch belastend sein und zu Konzentrationsstörungen, Angstzuständen und einem verminderten Selbstwertgefühl führen. Es besteht auch ein erhöhtes Verletzungsrisiko durch Stürze während der Anfälle. In manchen Fällen kann Epilepsie die Entwicklung beeinträchtigen und zu Lernschwierigkeiten oder geistigen Behinderungen führen.
Unterstützung und Lebensqualität
Sowohl Kinder mit Fieberkrämpfen als auch Menschen mit Epilepsie benötigen Unterstützung, um ein möglichst normales und erfülltes Leben führen zu können. Eltern von Kindern mit Fieberkrämpfen sollten sich umfassend über die Erkrankung informieren und wissen, wie sie im Notfall reagieren müssen. Menschen mit Epilepsie benötigen eine individuelle Behandlung, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Eine gute medizinische Versorgung, psychologische Unterstützung und der Austausch mit anderen Betroffenen können die Lebensqualität erheblich verbessern.
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