Die Ganglion Stellatum Blockade (SGB), auch bekannt als Stern-Ganglion-Blockade, ist ein Verfahren, das in der Schmerztherapie und zunehmend auch bei anderen Erkrankungen eingesetzt wird. Hierbei wird das Ganglion stellatum, eine Ansammlung von Nervenzellkörpern des sympathischen Nervensystems, gezielt betäubt. Das Ganglion stellatum befindet sich auf Höhe des 6. Halswirbelkörpers und ist ventral (vorne) der Querfortsätze des 6. bzw. 7. Halswirbelkörpers gelegen. Es reguliert unter anderem die Durchblutung und Schmerzentstehung im Versorgungsgebiet, das den gleichseitigen Arm, den oberen Brustkorb, den Hals und eine Kopfhälfte umfasst.
Grundlagen des Ganglion Stellatum
Ein Ganglion ist eine Ansammlung von Nervenzellen, vergleichbar mit einem Kreisverkehr, in dem Nerven aus verschiedenen Richtungen Informationen bündeln und weiterleiten. Das Ganglion stellatum, auch als Ganglion cervicothoracicum bezeichnet, ist eine Verschmelzung des Ganglions cervicalis inferior mit dem 1. Brustganglion. Es gehört zum vegetativen Nervensystem, insbesondere zum sympathischen Nervensystem.
Funktionsweise der Stellatumblockade
Die Stellatumblockade ist eine gezielte Anästhesie des Ganglion stellatum. Durch die Injektion eines Lokalanästhetikums wird die Aktivität der sympathischen Nervenfasern vorübergehend ausgeschaltet. Dies führt zu einer Unterbrechung schmerzleitender Impulse, einer Gefäßerweiterung (Vasodilatation) und einer verminderten Schweißsekretion (Anhidrosis) im betroffenen Gebiet.
Indikationen für die Stellatumblockade
Die Ganglionblockade wird vornehmlich bei Schmerzen eingesetzt, die durch eine zu starke Sympathikusaktivität entstehen. Der Einsatz einer Ganglienblockade bei chronischen Schmerzen ist in den Leitlinien klar festgelegt, sodass nicht bei jeder Form von chronischen Schmerzen diese Therapiemethode eingesetzt werden kann. Darüber hinaus kann diese Methode auch bei Schmerzen in definierten Bereichen, wie zum Beispiel nach Operationen im Urogenitalbereich, angewendet werden.Weitere Indikationen sind:
- Chronische Neuralgien des 3. Trigeminusastes
- Komplexes regionales Schmerzsyndrom (CRPS) der oberen Extremität
Durchführung der Stellatumblockade
Vor der Stellatumblockade muss ein ausführliches Anamnesegespräch erfolgen und der Patient muss über mögliche Komplikationen aufgeklärt werden. Eine röntgenologische Untersuchung der Wirbelsäule stellt neben der gründlichen klinischen Inspektion die Planung der Operation sicher. Thrombozytenaggregationshemmer (verhindern die Aggregation von Blutplättchen (Thrombozyten); blutverdünnende Medikamente) sollten ca. 5 Tage vor der Operation abgesetzt werden. Dies muss mithilfe einer Blutuntersuchung kontrolliert werden. Unter Erwartung von möglichen Komplikationen sollte ein venöser Zugang vorhanden sein. Die Injektion findet unter sterilen Bedingungen statt. Die Stellatumblockade stellt einen sehr komplikationsreichen Eingriff dar. Aufgrund der Gefahr einer lebensgefährlichen Stimmband- oder Atemlähmung (Recurrens- und Phrenicusparese), wird die Stellatumblockade ausschließlich einseitig durchgeführt. Injiziert werden 5 ml eines Lokalanästhetikums (z. B. 0,25 % Bupivacain) für eine Blockade im Bereich des Kopfes.
Lesen Sie auch: Umfassender Ratgeber: Ganglion geplatzt
Für die Durchführung der Stellatumblockade wird am häufigsten der "ventrale Zugang nach Herget" verwendet. Der Patient befindet sich in sitzender Position, während der Kopf in Mittelstellung leicht nach dorsal (hinten) gestreckt ist. 3 cm lateral (seitlich) und 3 cm kranial (kopfwärts) der Fossa jugularis (Drosselrinne), sowie 2 cm lateral des Ringknorpels (Teil des Kehlkopfes) befindet sich die Einstichstelle. Dabei tastet der Anästhesist den M. sternocleidomastiodeus (Muskel; Kopfwender) und die A. carotis interna (Halschlagader) und drängt diese zur Seite. Nun ertastet er den Querfortsatz des 6. Halswirbels und schiebt die Kanüle vor, bis Kontakt zum Knochen besteht.
Nach der Stellatumblockade ist eine engmaschige Kontrolle des Patienten notwendig. Die Beobachtung des Herzkreislaufsystems des Patienten steht im Mittelpunkt. Weiterhin muss der neurologische Status des Patienten ebenfalls streng überwacht werden, um mögliche Komplikationen frühzeitig zu entdecken.
Risiken und Komplikationen
Die Stellatumblockade ist ein komplikationsreicher Eingriff, der ausschließlich einseitig durchgeführt wird, um das Risiko einer Stimmband- oder Atemlähmung zu minimieren. Mögliche Komplikationen sind:
- Rekurrensparese - Lähmung des N. recurrens (Stimmbandnerv)
- Intravasale Applikation (versehentliche Injektion in Gefäße mit systemischen Nebenwirkungen) - besonders gefährdet sind die A. carotis (Halsschlagader) sowie die A. vertebralis
- Plexus-Blockade - z. B. Blockade des Plexus brachialis
- Pneumothorax - Punktion der Pleura (Lungenfell) mit Lufteintritt in den Pleuraspalt. Dies kann zum Zusammenfallen der Lunge führen.
- Ventilationsstörung (Belüftungsstörung) der kontralateralen (gegenüberliegenden) Lunge - z. B. durch Zwerchfelllähmung
Alternative: Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
Eine weniger invasive Möglichkeit zur Reduktion der sympathischen ganglionären Aktivität ist die elektrische Nervenblockade mittels transkutaner elektrischer Nervenstimulation (TENS). Hierbei wird monophasischer Strom (Gleichstrom) im Sinne einer Galvanisation zu einer Hyperpolarisation der Nervenmembran führt. Eine Analgesie im Nervengebiet sowie eine Reduktion der sympathischen Aktivierung des Ganglions durch eine solche Therapie wurden postuliert. Faktisch handelt es sich um eine transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS). Es wird jedoch kein biphasischer Reizstrom wie bei der klassischen TENS verwendet und die empfohlene Frequenz ist mit 20-35 Hz tiefer. Besonders bei repetitiver Anwendung wurden positive Ergebnisse gezeigt, auch im Hinblick auf die Reduktion von Hyperhidrose der Hände. Zudem ist neben einer Hyperämisierung mit keiner weiteren Folge oder starken Nebenwirkungen zu rechnen. Allerdings ist zu beachten, dass im Gegensatz zur biphasischen Elektrotherapie (z. B.
Stellatumblockade bei Posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS)
Die Stellatum-Ganglion-Blockade (SGB) wird zunehmend als potenzielle Behandlungsmethode für Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) bei US-Soldaten untersucht.
Lesen Sie auch: Handgelenksganglion: Symptome, Diagnose und Therapie
- Multizentrische, randomisierte klinische Studie (2019): In dieser Studie erhielten aktive Dienstmitglieder mit PTBS-Symptomen zwei SGB-Behandlungen im Abstand von zwei Wochen.
- Fallserien und retrospektive Studien: Unkontrollierte Fallserien berichteten, dass 70-75 % der Patienten nach einer SGB eine schnelle klinische Verbesserung der PTBS-Symptome erfuhren.
- Kombinierte Therapieansätze: Eine Pilotstudie untersuchte die Kombination von SGB mit intensiver Expositionstherapie. Diese Kombination führte zu einer größeren Reduktion der PTBS-Symptome als jede der beiden Behandlungen allein.
- Laufende Forschung: Das US-Militär führt derzeit weitere Studien durch, um die Wirksamkeit der SGB bei PTBS zu evaluieren.
Die SGB zeigt vielversprechende Ergebnisse zur schnellen Reduktion von PTBS-Symptomen. Erste randomisierte Studien bestätigen die Wirksamkeit, aber weitere Forschung ist nötig. Besonders vielversprechend ist die Kombination mit Expositionstherapie.
Stellatumblockade bei Long-COVID
Anhaltende gesundheitliche Folgen der Erkrankung COVID-19 nach Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2, auch bekannt als Long-COVID, stellen eine komplexe Störung verschiedener Systeme im Körper dar. Häufige Elemente sind Dysautonomie und Schmerzen. Unter Dysautonomie versteht man eine Störung automatischer, nicht willentlich beeinflussbarer, physiologischer Prozesse, die durch das Sympathikus-Nervensystem gesteuert werden und Herzrate, Atmung und Verdauung umfassen. Der Störung zugrundeliegend ist eine anhaltende Hyperaktivität des Sympathikus-Systems. Eine Reihe der Symptome von Long-COVID sprechen nicht gut auf konventionelle Behandlungsansätze an - besonders die Symptome, die mit Dysautonomie in Zusammenhang stehen.
Eine offene, nicht-randomisierte Pilotstudie mit 20 Patienten deutet darauf hin, dass ein dualer Block des Ganglion Stellatum eine vielversprechende Intervention zur Behandlung von Dysautonomie und Schmerz bei Long-COVID darstellt. Die Patienten erhielten einen dualen Ganglion-Stellatum-Block mit einer Woche zwischen der Prozedur auf der rechten und linken Seite. Die Behandlung erreichte nach 4 Wochen eine signifikante Verbesserung der autonomen Dysfunktion sowie der Belastung durch Schmerzen. In Woche 4 wurden zudem signifikante Verbesserungen in Schlafqualität und Fatigue festgestellt. Die meisten der Patienten (88,2 %) berichteten Symptomlinderung.
Eine kurzfristige Blockade des Sternganglions (Ganglion stellatum) mittels Lokalanästhesie verminderte in einer kleinen Fallserie (n=2) Long-COVID-Symptome. Am Beispiel dieser beiden Patientinnen wurden Verbesserungen von Long-COVID-Symptomen unmittelbar und im weiteren Follow-up nach SGB dokumentiert, was darauf hindeutet, dass die zervikale sympathische Kette an Dysbalancen bei Long-COVID-Symptomen beteiligt ist. Die sofortigen Verbesserungen der Geschmacks- und Geruchssinne könnten zum Beispiel auf den SGB-induzierten erhöhten zerebralen Blutfluss zurückzuführen sein, vermuten die Wissenschaftler.
Fallbeispiel: CRPS und repetitive transkutane Elektrotherapie
Berichtet wird von einer 51-jährigen Patientin mit komplexem regionalem Schmerzsyndrom („complex regional pain syndrome“ [CRPS]) der linken Hand nach Radiusdistorsion mit ossärer Fissur. Die antikonvulsive Therapie gestaltete sich bei bestehender Epilepsie mit bereits hoch dosierter dualer Therapie (Lamotrigin und Brivaracetam) schwierig.
Lesen Sie auch: Alles über Ganglien: Ein umfassender Leitfaden
Bei bestehenden neuropathischen Schmerzen, ausgeprägter Allodynie und Hyperhidrose wurde eine repetitive transkutane monophasische Elektrotherapie über dem Ganglion stellatum angewandt. Eine Ganglionblockade konnte klinisch bei fehlendem Horner-Syndrom nicht bestätigt werden. Dennoch konnten neuropathischer Schmerz und Hyperhidrose positiv beeinflusst werden.
Im Gegensatz zu den bestehenden Studien wurde hier jedoch die therapeutische Idee verfolgt, täglich repetitive elektrotherapeutische Behandlungen durchzuführen. Es wurde angenommen, dass dadurch summativ schmerzreduzierende und sympathikotonussenkende Effekte erzielt werden könnten.
Das Aufsuchen des Ganglion stellatum wurde sowohl ultraschallgestützt durchgeführt als auch nach den klassischen Landmarken (ca. 3 cm lateral und 3 cm kranial der Fossa jugularis im tastbaren Sulcus zwischen Trachea und M. sternocleidomastoideus in Höhe des Ringknorpels [C6]. Über dem Ganglion wurde mittels Ultraschallgel die kleine Anode (Pierenblock, Durchmesser 20 mm, Abb. 1) sowie dorsal über Halswirbelkörper 6 (HWK 6) bis Brustwirbelkörper 3 (BWK 3) die große Kathode (130 mm × 80 mm) aufgeklebt, um sicherzugehen, dass sich das Ganglion stellatum im Stromflussgebiet befindet.
Bereits bei der ersten Anwendung zeigte sich eine milde Hyperämisierung um den Pierenblock. Die Patientin berichtete von einem Ziehen im gesamten Arm. Ein Horner-Syndrom blieb aus. Die Schmerzintensität des tiefen Schmerzes im Bereich des Radiokarpalgelenks hätte sich nach 20 min Therapie merklich reduziert (initial 6/10 NRS auf 3/10 NRS).
Acht Wochen nach primärer Anwendung der Elektrotherapie zeigte sich eine deutliche Reduktion der Allodynie in der klinischen Untersuchung. Die Hyperhidrose war im Alltag nicht mehr spürbar, dennoch gab es selten Momente von plötzlicher starker Schweißsekretion palmar (z. B.
Dieser Fall zeigt, dass in der Therapie des CRPS eine häusliche, tägliche therapeutische Nervenbeeinflussung mittels monophasischer TENS als additive physikalische Therapie sinnvoll sein kann. Schmerzen können beeinflusst werden, Eigenverantwortung und Selbstmanagement können gestärkt werden. Dabei ist das Risikoprofil der Therapie äußerst gering und sie kann in einem ambulanten Setting (z. B.