Schwindel: Wenn Gefühl und Gehirn sich nicht einig sind

Schwindel ist ein weit verbreitetes Symptom, das viele Menschen im Laufe ihres Lebens erfahren. Er kann vielfältige Ursachen haben, von harmlosen Auslösern bis hin zu ernsthaften Erkrankungen. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Aspekte von Schwindel, seine Ursachen, Diagnose und Behandlungsmöglichkeiten.

Was ist Schwindel?

Der Gleichgewichtssinn ist ein komplexes System, das es uns ermöglicht, uns im Raum zu orientieren und das Gleichgewicht zu halten. Er basiert auf Informationen, die von unseren Augen, dem Tastsinn, der Tiefensensibilität und den Gleichgewichtsorganen im Innenohr geliefert werden. Diese Informationen werden im zentralen Nervensystem (ZNS) aufgenommen und verarbeitet.

Schwindel entsteht, wenn im ZNS widersprüchliche Informationen eintreffen oder wenn das Gehirn die Informationen aufgrund von Funktionsstörungen nicht richtig verarbeiten kann. Ein bekanntes Beispiel ist das Lesen beim Autofahren: Der Körper nimmt die Bewegung wahr, während die Augen auf ein Buch fixiert sind und Stillstand vermitteln. Diese widersprüchlichen Informationen können Schwindel auslösen.

Da der Ursprung des Gleichgewichtsnervs im Hirnstamm direkt neben dem Ursprung des Nervus vagus liegt, der wichtige Organe wie Magen, Herz und Lunge steuert, können bei Schwindel auch Symptome wie Herzrasen oder Übelkeit auftreten.

Wann ist Schwindel gefährlich?

Schwindel kann gefährlich sein, wenn er zu einem Verlust der Orientierung und Kontrolle über den eigenen Körper führt. Dies kann insbesondere bei älteren Menschen zu Stürzen und Verletzungen wie Prellungen und Knochenbrüchen führen. Auch im Straßenverkehr kann Schwindel lebensgefährliche Situationen auslösen, weshalb Patienten mit Schwindel nicht fahrtauglich sind.

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Grundsätzlich muss ein kurzer Schwindel jedoch nicht auf ein medizinisches Problem hindeuten, insbesondere wenn er eine eindeutige Ursache hat, wie beispielsweise eine lange Schiffsreise oder eine Karussellfahrt. Dennoch sollte Schwindel hausärztlich abgeklärt werden, um ernsthafte Erkrankungen auszuschließen.

Sofort ärztliche Abklärung ist erforderlich bei:

  • Seh-, Schluck- oder Sprechstörungen
  • Missempfindungen des Tastsinns
  • Lähmungserscheinungen im Gesicht oder an den Armen

Ursachen von Schwindel

Schwindel kann verschiedene Ursachen haben, die in der Regel in zwei Hauptkategorien unterteilt werden: vestibulärer und nicht-vestibulärer Schwindel.

Vestibulärer Schwindel

Vestibulärer Schwindel entsteht durch Erkrankungen oder Irritationen des Gleichgewichtssystems im Innenohr oder im Gehirn. Man unterscheidet zwischen peripherem und zentralem vestibulärem Schwindel.

  • Peripherer vestibulärer Schwindel: Die Ursache liegt im Gleichgewichtsorgan oder dem Gleichgewichtsnerv im Innenohr.
  • Zentraler vestibulärer Schwindel: Die Ursache liegt in Hirnstamm, Kleinhirn oder Großhirn.

Häufige Formen des vestibulären Schwindels sind:

  • Gutartiger Lagerungsschwindel (BPLS): Kleine Steinchen im Gleichgewichtsorgan lösen Drehschwindel aus, insbesondere bei schnellen Kopfbewegungen.
  • Neuritis vestibularis: Entzündung des Gleichgewichtsnervs, die zu anhaltendem Drehschwindel führt.
  • Vestibulopathie: Das Gleichgewichtsorgan sendet keine oder fehlerhafte Informationen an das Gehirn.
  • Vestibularisparoxysmie: Regelmäßige, kurze Schwindelattacken, die durch bestimmte Kopfhaltungen ausgelöst werden können.
  • Menière-Krankheit: Erkrankung des Innenohrs, die mit Drehschwindel, Schwerhörigkeit, Tinnitus und Druckgefühl im Ohr einhergeht.
  • Basilaris-Migräne (vestibuläre Migräne): Migräneform mit wiederkehrenden Schwindelattacken, Sehstörungen und Kopfschmerzen.
  • Akustikusneurinom/Vestibularisschwannom: Gutartige Geschwulst des Hör- und Gleichgewichtsnervs.
  • Felsenbeinfraktur mit Labyrinthausfall: Schädigung des Innenohrs durch einen Bruch des Felsenbeins.
  • Vestibuläre Epilepsie: Schwindelgefühl als erstes Anzeichen eines epileptischen Anfalls.
  • Reisekrankheit (Kinetose): Schwindel, Übelkeit und Erbrechen durch ungewohnte Bewegungen.

Nicht-vestibulärer Schwindel

Beim nicht-vestibulären Schwindel liegen die Ursachen nicht im Gleichgewichtssystem, sondern in anderen Körperregionen.

Häufige Ursachen sind:

  • HWS-Syndrom (Halswirbelsäulen-Syndrom): Beschwerden im Nacken-, Schulter- und Kopfbereich, die Schwindel auslösen können.
  • Niedriger Blutdruck (Hypotonie) und orthostatische Dysregulation: Plötzlicher Blutdruckabfall beim Aufstehen.
  • Bluthochdruck (Hypertonie)
  • Blutarmut (Anämie)
  • Herzrhythmusstörungen
  • Herzschwäche (Herzinsuffizienz)
  • Lungenembolie
  • Schwangerschaft: Blutdruckschwankungen in der Schwangerschaft können Schwindel auslösen.
  • Niedriger Blutzuckerspiegel (Unterzucker)
  • Vegetative diabetische Polyneuropathie: Nervenschäden durch Diabetes.
  • Gefäßverkalkung und -verengung (Arteriosklerose)
  • Carotis-Sinus-Syndrom: Überempfindliche Druckrezeptoren in der Halsschlagader.
  • Medikamente: Schwindel als Nebenwirkung.
  • Alkohol und andere Drogen
  • Hyperventilation: Übermäßig schnelles und tiefes Atmen.
  • Schlecht eingestellte oder ungewohnte Brille

Diagnose von Schwindel

Die Diagnose von Schwindel erfordert eine sorgfältige Anamnese und körperliche Untersuchung. Der Arzt wird Fragen zu Art, Dauer, Auslösern und Begleitsymptomen des Schwindels stellen. Zudem werden Gleichgewichts- und Koordinationstests, Gang- und Standprüfungen sowie Untersuchungen der Hirnnervenfunktionen durchgeführt.

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Weitere diagnostische Maßnahmen können sein:

  • Neurologische Untersuchung
  • HNO-ärztliche Untersuchung
  • Blutdruckmessung in verschiedenen Körperlagen (Schellong-Test)
  • Hörtest
  • Video-Okulographie: Aufzeichnung der Augenbewegungen
  • Magnetresonanztomographie (MRT): Bildgebung des Gehirns, des Innenohrs und der Nervenbahnen
  • Genetische Untersuchung: Bei Verdacht auf bestimmte erbliche Erkrankungen

Behandlung von Schwindel

Die Behandlung von Schwindel richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Es gibt verschiedene Medikamente, die Schwindelsymptome lindern können, sowie Medikamente gegen Begleiterscheinungen wie Übelkeit und Erbrechen.

Weitere Behandlungsmöglichkeiten sind:

  • Lagerungsmanöver: Bei gutartigem Lagerungsschwindel können spezielle Lagerungsmanöver helfen, die Steinchen im Gleichgewichtsorgan zu entfernen.
  • Physiotherapie: Bei Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule oder bei Gleichgewichtsstörungen kann Physiotherapie helfen, die Beweglichkeit zu verbessern und das Gleichgewicht zu trainieren.
  • Manuelle Therapie: Massagen und Dehnübungen können Verspannungen im Nackenbereich lösen.
  • Stoßwellentherapie: Kann bei HWS-Syndrom Triggerpunkte auflösen und Verspannungen reduzieren.
  • Psychotherapie: Bei Angst vor Schwindelattacken oder bei psychischen Belastungen kann eine Psychotherapie ratsam sein.
  • Operation: In seltenen Fällen, z.B. bei einem zervikalen Bandscheibenvorfall, kann eine Operation erforderlich sein.

Schwindel durch HWS-Syndrom

Ein komisches Gefühl im Kopf, Schwindel, Übelkeit, Tinnitus und Gleichgewichtsstörungen können durch Probleme in der Halswirbelsäule (HWS) verursacht werden. Dies wird oft als HWS-Syndrom bezeichnet.

Symptome des HWS-Syndroms können sein:

  • Kopf- und Nackenschmerzen
  • Bewegungseinschränkungen
  • Taubheitsgefühle und Kribbeln
  • Übelkeit
  • Sehstörungen
  • Benommenheit

Ursachen des HWS-Syndroms können sein:

  • Fehlhaltungen und Fehlbelastungen (z.B. bei Büroarbeit)
  • Psychische Belastungen
  • Verschleiß
  • Unfälle

Behandlung des HWS-Syndroms:

  • Wärme und Entspannung
  • Stoßwellentherapie
  • Gezielte Übungen
  • Physiotherapie und Osteopathie
  • Injektionen
  • In seltenen Fällen Operation

Was Sie selbst bei Schwindel tun können

  • Ruhe bewahren: Versuchen Sie, ruhig zu bleiben und sich nicht zu überanstrengen.
  • Hinlegen: Legen Sie sich hin und schließen Sie die Augen.
  • Frische Luft: Sorgen Sie für ausreichend frische Luft.
  • Trinken: Trinken Sie ausreichend Wasser, um den Kreislauf zu stabilisieren.
  • Wärme: Bei Verspannungen im Nackenbereich kann Wärme helfen.
  • Arzt aufsuchen: Bei häufigem oder starkem Schwindel sollte ein Arzt aufgesucht werden, um die Ursache abzuklären und eine geeignete Behandlung einzuleiten.

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